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Veröffentlicht am 01.03.2024

Guter Überblick über die Rolle der Frau in Korea

Miss Kim weiß Bescheid
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Das Buch schließt inhaltlich an das vorherige Buch der Autorin an, "Kim Jiyoung, geboren 1982", und behandelt ebenfalls zentral die Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Statt einer einzelnen ...

Das Buch schließt inhaltlich an das vorherige Buch der Autorin an, "Kim Jiyoung, geboren 1982", und behandelt ebenfalls zentral die Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Statt einer einzelnen Protagonistin, haben wir hier jedoch eine Anthologie. Jede Geschichte beleuchtet einen anderen Aspekt.

Insgesamt wird von den Frauen sehr viel erwartet: Sie sollen sich um alles und jeden kümmern, egal ob sie wollen oder nicht und gedankt wird es ihnen kaum. Es gilt einfach als selbstverständlich. Und trotz dessen, dass sie sich um so viele zentrale Aspekte des Lebens und Zusammenlebens kümmern, gelten sie immer als weniger wert als Männer.

Da ist die Mutter, die ihre Tochter ständig spüren lässt, dass sie lieber einen Sohn gehabt hätte. Da ist die Großmutter, die keine Lust dazu hat, ihren Enkel zu hüten, weil sie gerne selbst etwas von ihrem Leben hätte, jetzt wo die eigenen Kinder groß sind. Da sind diverse Frauen, die jetzt erst ihr Leben genießen und sich frei entfalten können, nachdem ihre Männer gestorben sind und sie ihre "Pflicht gegenüber der Gesellschaft" getan haben.

Wer sich für die koreanische Gesellschaft interessiert, insbesondere für die Rolle der Frau, dem kann ich dieses Buch sehr empfehlen! Wenn man schon etwas darüber weiß, ist dieses Buch nicht weniger gut. Mir hat es sehr gefallen!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Ebenso faszinierend wie erschreckend!

Mut zur Freiheit
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Dieses Buch ist die Autobiographie von Yeonmi Park, die als 13-Jährige mit ihrer Mutter aus Nordkorea floh. Es gliedert sich in drei Abschnitte: Nordkorea, China und Südkorea. Im ersten Teil beleuchtet ...

Dieses Buch ist die Autobiographie von Yeonmi Park, die als 13-Jährige mit ihrer Mutter aus Nordkorea floh. Es gliedert sich in drei Abschnitte: Nordkorea, China und Südkorea. Im ersten Teil beleuchtet sie nicht nur ihr eigenes Leben und das ihrer Schwester Eunmi, sondern erzählt uns auch die Lebensgeschichten ihrer Eltenr und Großeltern, was einem noch besser hilft, die Situation der Menschen dort zu verstehen. Der zweite Teil schildert ihre Zeit in China, die sie als Illegale dort verbrachte und wo sie ständig von einem Menschenhändler zum nächsten weitergereicht wurde. Zuletzt berichtet sie über ihr neues Leben in Südkorea und die damit verbundenen Probleme.


Wie Zeitreisende kamen sich Yeonmi Park und ihre Mutter sich vor, als sie in China und später in Südkorea ankamen. Nordkorea ist technisch sehr rückständig und es gibt in der Regel nicht einmal Strom. Wir lesen von Hungersnöten, in denen Yeonmi und ihre Schwester auf den Wiesen Gräser gegessen haben, um irgendetwas im Bauch zu haben. Wir lesen von der Angst, für eine kleine Gedankenlosigkeit schon ins Lager zu kommen und vom mystischen Kult um die Führer, die angeblich mit ihren Gedanken das Wetter beeinflussen und die Gedanken der Bürger lesen können.

Wir bekommen Einblicke in eine Gesellschaft, in der jede Ordnung zusammengebrochen ist und sich darunter eine verdeckte zweite gebildet hat, in der jeder versucht, durch Verbrechen wie illegalen Handel zu überleben und in der ohne Bestechung nichts funktioniert, mit Bestechung jedoch fast alles - solange man nicht erwischt wird.

Genaue Inhalte über ihren Lebenslauf möchte ich gar nicht im Detail wiedergeben. Aber bevor ich dieses Buch gelesen habe, hatte ich bereits jede Dokumentation zu Nordkorea verschlungen, die ich im Internet finden konnte. Dieses Buch gewährt einem jedoch noch einmal völlig andere Einblicke in dieses Land. Es zeigt Seiten des Landes, die keine westliche Kamera jemals erblicken wird.

In der Mitte des Buches gibt es außerdem auch einige Fotos von Yeonmi und ihrer Familie zu sehen, die sie aus Nordkorea mitnehmen konnten.

Dieses Land ist gleichermaßen faszinierend wie erschreckend!
Yeonmi Park schildert ihre Geschichte sehr offen und obwohl ich bereits so viele Berichte über Nordkorea gesehen hatte, zeigte es mir unendlich viel Neues, das ich noch nicht wusste. Die Biographin selbst ist mir auch sehr sympatisch und ich habe das Buch sofort noch ein zweites Mal gelesen.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Das Mädchen mit den sieben Namen

Schwarze Magnolie
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Kurz vor ihrem 18. Geburtstag beschließt die junge Nordkoreanerin, die damals noch Min-young Park hieß, über den gefrorenen Fluss nach China zu schleichen. Ein letztes verbotenes Abenteuer, bevor sie erwachsen ...

Kurz vor ihrem 18. Geburtstag beschließt die junge Nordkoreanerin, die damals noch Min-young Park hieß, über den gefrorenen Fluss nach China zu schleichen. Ein letztes verbotenes Abenteuer, bevor sie erwachsen wird. Doch dann kommt es ganz anders, der Rückweg ist ihr versperrt und sie muss notgedrungen in China bleiben - in ständiger Gefahr entdeckt und ausgeliefert zu werden.



Nachdem Mut zur Freiheit von Yeonmi Park gelesen hatte, wollte ich noch eine zweite Nordkorea-Biografie lesen, um vergleichen zu können. Und ich bin sehr froh darüber, denn Hyeonseo Lee gibt einem noch einmal völlig andere Einblicke in dieses Land. Beide Frauen stammen aus der Grenzstadt Hyesan und haben jahrelang illegal in China gelebt, bevor sie schließlich nach Südkorea flohen. Das ist jedoch auch schon alles, was die beiden gemeinsam haben.

Im Gegensatz zu Yeonmi Park ist Hyeonseo Lee in Nordkoreas Oberschicht aufgewachsen und führte daher ein eher angenehmes Leben dort. Selbst die große Hungersnot musste sie nie am eigenen Leib erfahren. Allerdings war es sehr spannend, unter was für schlechten Umständen selbst die hochrangigen Familien zum Teil leben müssen. So beschreibt sie zum Beispiel eine Wohnung, in der die Familie gelebt hat, mit schwarzem Schimmel an der ganzen Außenwand und ohne Heizung oder warmes Wasser.

Zudem hat Hyeonseo Lee viel länger die Schule besucht und auch die Jungpioniere, die entfernt vergleichbar mit der Hitlerjugend sein dürften.

In China war ihr Weg ein sehr untypischer. Sie gelangte nicht durch Schleuser hinüber, sondern ging alleine und kam zunächst bei Leuten unter, die sie kannte. Bald schon jedoch musste sie sich allein durchschlagen und sie gehört wohl zu den ganz wenigen, die nie gezwungen waren im Rotlichmileu zu arbeiten. Auch ihre Flucht in den Süden könnte untypischer nicht sein. Man sagte ihr damals, sie gehöre zu den seltenen 1 %, die auf diesem Wege ins Land kommen. Umso schwieriger gestaltete es sich, ihre Familie nach zu holen. Ich habe wirklich mit ihr gelitten!

Ich bin sehr froh, noch ein anderes Buch zu diesem Thema gelesen zu haben und war doch überrascht, wie wenig Gemeinsamkeiten die beiden Geschichten der jungen Frauen aufweisen. Aber es zeigt uns deutlich, dass es unzählige dieser Geschichten dort draußen gibt und auf lange Sicht möchte ich gerne noch mehr davon hören bzw. lesen.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Tiefes Eintauchen

Was ich euch nicht erzählte
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Lydia ist tot. Aber wie kam es dazu? Die Lees sind auf den ersten Blick eine ganz normale, amerikanische Familie, bestehend aus dem Vater, der von chinesischen Einwanderern abstammt, der Mutter und ihren ...

Lydia ist tot. Aber wie kam es dazu? Die Lees sind auf den ersten Blick eine ganz normale, amerikanische Familie, bestehend aus dem Vater, der von chinesischen Einwanderern abstammt, der Mutter und ihren drei - nun nur noch zwei - Kindern. Nach und nach blicken wir immer tiefer hinter diese Fassade. Es gibt so vieles, das niemals ausgesprochen wurde, so vieles, das falsch verstanden wurde, weil man nicht miteinander geredet hat. Und während man immer tiefer in die Familie eintaucht, wird das Bild immer klarer.


Das Cover versteht man erst richtig, wenn man das Buch gelesen hat. Nun finde es aber wahnsinnig toll, denn nach dem Lesen weiß man genau, welcher Ort das ist und durch wessen Augen man hier blickt.
Vorher hat es mich optisch auch schon sehr angesprochen, weil es so schlicht ist aber durch die ungewöhnliche Perspektive heraussticht. Außerdem ziehen mich Cover mit Pflanzen an, ich weiß auch nicht wieso.


Ich gebe zu, ich hatte eigentlich eine andere Geschichte erwartet. Es gibt keinen Klappentext, lediglich drei Zitate aus englischsprachigen Zeitungen und ich hatte die Lebensbeichte einer Mörderin erwartet. Stattdessen fand ich aber eine mit sehr viel Liebe zum Detail und sehr viel Gefühl ausgestaltete, äußerst verschachtelte Familiengeschichte, die mich sehr begeistert hat.

Ich liebe multiperspektivische Bücher, die aber keine klar getrennten Handlungsstränge, sondern fließende Übergänge haben. Wir begleiten mal den einen, mal den anderen und sehen dabei so viele Dinge, die die Familienmitglieder voneinander nicht wissen. Sehr eindrucksvoll zeigt uns die Autorin, wie all diese unausgesprochenen Dinge schließlich zu massiven Mauern werden, die die Familienmitglieder voneinander separieren, sodass wir letztlich eine Familie haben, in der jeder irgendwie alleine und auf sich gestellt ist.
Dieses Buch zeigt, was geschehen kann, wenn man nicht offen zueinander ist. Ein Thema, das mich auch privat oft beschäftigt, da ich sehr ehrlich und direkt bin und häufig Probleme damit habe, dass die Mehrheit der Leute es nicht ist.

Hier gibt es den Vater, dessen Eltern aus China eingewandert sind und der sein Leben lang darunter gelitten hat, überall immer nur "der Chinese" zu sein und der so gerne einfach wäre, wie alle anderen. Die Mutter, die früher Ärztin werden wollte und so gerne anders als alle anderen Frauen geworden wäre. Lydia, die stets versucht es beiden Eltern recht zu machen und durch diese gegensätzlichen Anforderungen förmlich zerrissen wird. Für ihren Vater versucht sie das beliebte Mädchen zu sein, für ihre Mutter die überdurchschnittliche Wissenschaftlerin. Nath, der ältere Bruder, interessiert sich dabei viel mehr für all das, was die Mutter so begeistert, doch das sieht sie überhaupt nicht, weil sie so sehr auf Lydia fixiert ist. Gleichzeitig braucht Lydia ihren Bruder, um all dem Druck überhaupt standhalten zu können. Und dann ist da noch Hannah, das jüngste Kind, das von keinem in der Familie wirklich zur Kenntnis genommen wird, obwohl sie sich so sehr nach Liebe sehnt.
Das war natürlich nur ein grober Umriss. Die ganze Familiengeschichte ist sehr verschachtelt, ebenso wie die Handlung. Man kann sich in jeden Einzelnen ehrlich gut hineinfühlen!

Celeste Ng hat zudem einen wunderbaren Schreibstil, der mit vielen ungewöhnlichen, aber sehr poetischen, malerischen Metaphern daherkommt.


Dies ist eins dieser Bücher, die sich beim Lesen zusammensetzen, wie ein Puzzle. Ich könnte jetzt noch seitenweise darüber schreiben, aber am besten lest ihr es einfach selbst! Es ist fantastisch!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Eins mit der Wüste

AMANI - Rebellin des Sandes
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Am Ende der Wüste fristet Amani ein unbefriedigendes Leben bei Onkel im kleinen Ort Dustwalk, der rund um eine Eisenmine erbaut wurde. Ihr großes Talent ist die Treffsicherheit mit ihrer Pistole. Bei einem ...

Am Ende der Wüste fristet Amani ein unbefriedigendes Leben bei Onkel im kleinen Ort Dustwalk, der rund um eine Eisenmine erbaut wurde. Ihr großes Talent ist die Treffsicherheit mit ihrer Pistole. Bei einem Schießwettbewerb versucht sie an Geld zu kommen, um Dustwalk verlassen zu können, doch stattdessen trifft sie auf Jin. Ehe sie sich versieht, sind sie zusammen auf der Flucht und bald schon geht es um so viel mehr: um Djinni, um den Sultan und die Revolution.


Amani war mir sehr sympathisch und ich fand sie als Charakter sehr glaubwürdig. Sie ist daran gewöhnt, sich in erster Linie um sich selbst und um ihr Überleben zu kümmern und daher ist es nur glaubhaft, dass sie auch nach ihrem Aufeinandertreffen mit Jin zunächst weiter nur an sich denkt. Das hat mir sehr gefallen, denn viel zu oft sind weibliche Protagonisten einem plötzlich auftauchenden Jungen viel zu hörig. Auch ihre trockene Art, ihre Reserviertheit und Schlagfertigkeit mag ich sehr.

Jin ist mir insgesamt weniger sympathisch. Ich hoffe, das entwickelt sich im zweiten Teil noch etwas. Die aufkeinemde Schwärmerei zwischen den beiden hat mich mitunter gestört, weil sie teilweise in den absurdesten Situationen durchgeschlagen ist. Positiv ist aber, dass Amani sich dennoch nicht kopfüber in eine Romanze stürzt und es gibt keinen übertriebenen Kitsch.

In der Handlung gab es einige Punkte, die mir zunächst nicht so gut gefallen haben. Zum Einen gibt es mitunter Zeitsprünge und ich persönlich hätte über diese ausgelassenen Stellen auch gerne noch mehr erfahren; allerdings weiß ich, dass andere wiederum genau dieses Abkürzen sehr schätzen und insgesamt kann man es dann doch verschmerzen. Zum Anderen erreichen die beiden dann irgendwann einen Ort, an dem schlagartig eine Vielzahl weiterer Nebencharaktere dazukommt und mir persönlich ist es erstmal schwer gefallen, die alle auseinander zu halten und kennen zu lernen und sich von jedem ein Bild zu machen. Das hat mich ein wenig überfordert. Auch die Atmosphäre ändert sich hier vorübergehend und mir hat das davor und danach besser gefallen. Wenn man weiterliest, legt sich das allerdings alles wieder.

Gegen Ende kamen mir einzelne Szenen zudem etwas unüberlegt vor, als hätte die Autorin beim Schreiben Ideen in der Umsetzung angefangen und dann wieder verworfen, aber das kann auch gewollt sein, also ziehe ich dafür nichts ab. Eventuell habe ich sogar ein Plothole gefunden, das wird man noch sehen.
Im Großen und Ganzen haben die Welt und auch die Handlung bei mir jedoch sehr großen Anklang gefunden!

Auf jeden Fall eines der besten Jugendbücher, die ich bisher so gelesen habe! Die Welt ist mal etwas komplett Anderes und hat mir sehr gut gefallen. Auch Amani ist eine meiner liebsten Hauptcharaktere seit Langem. Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Teil.

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