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Veröffentlicht am 26.05.2023

Agentenkämpfe in Triest

Sturm über Triest
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„Sturm über Triest“ von Günter Neuwirth bildet nunmehr den Abschluss dieser exzellent recherchierten historischen Romantrilogie mit Inspector Bruno Zabini.

Klappentext:
Über der »Stadt der Winde« tobt ...

„Sturm über Triest“ von Günter Neuwirth bildet nunmehr den Abschluss dieser exzellent recherchierten historischen Romantrilogie mit Inspector Bruno Zabini.

Klappentext:
Über der »Stadt der Winde« tobt der Wüstensturm Scirocco und in den Straßen der Stadt wimmelt es von Agenten. Seit die k.u.k. Kriegsmarine die drei Schlachtschiffe der Radetzky-Klasse auf Kiel gelegt hat, sind die Geheimdienste aller Großmächte hinter den Bauplänen her. Nachts wird auf den Gleisen ein toter Schiffsbauingenieur gefunden. Als Inspector Bruno Zabini den Fall untersucht, ahnt er noch nicht, dass in Triest ein mörderischer Agentenkrieg droht. Zu allem Überfluss kündigt sich die frostige Bora an. Bruno hat alle Hände voll zu tun, eine Eskalation internationalen Ausmaßes zu verhindern.

Da ich bereits die anderen Teile dieser Trilogie kannte, tauchte ich nach wenigen Zeilen wieder ins Triester Leben zu jener Zeit ein, in die Stimmung am Hafen, in das geschäftige Treiben. Ich fand mich ohne weiteres wieder in Brunos beruflichem und privatem Umfeld zurecht. Ich denke, dass auch Neueinsteiger problemlos in die Story hineinfinden, wobei das umfangreiche Personenverzeichnis sich bestimmt als sehr hilfreich erweist. Nichtsdestotrotz würde ich raten, alle drei Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, um den privaten roten Faden genau verfolgen zu können und die Entwicklung der Protagonisten in vollem Umfang zu durchblicken.

Wie bei den Vorgängerbänden „Dampfer ab Triest“ und „Caffè in Triest“ stimmt auch diesmal das Cover mit einer alten Hafenansicht sehr eindrucksvoll auf die Zeit und die Atmosphäre ein. Die genaue Datierung der Kapitel veranschaulicht einen Handlungszeitraum von knapp über zwei Wochen im November 1907. Der Schreibstil ist flüssig, durch Austriazismen, italienische und antiquierte Ausdrücke sprachlich der damaligen Zeit angepasst.

Der Autor versteht es ausgezeichnet, das historische Ambiente lebendig zu machen. Man versinkt förmlich in der damals herrschenden Stimmung, ob es sich nun um das für Triest so typische Wetter, die Bora, handelt, oder das unruhige politische Klima. Sehr anschaulich gewinnt man einen Eindruck vom Polizeialltag, diversen Neuerungen, wie Daktyloskopie, Fotografie am Tatort, erfährt ebenso, dass das Zehnfingersystem beim Schreibmaschineschreiben Schule machte. Im Zuge des Spionagefalles, der im Mittelpunkt dieses Bandes steht, wird auch das beginnende Wettrüsten mit immer verheerenderen technischen Waffen thematisiert, im Übrigen basierend auf sehr fundiertem Fachwissen.

Die komplexe Handlung entwickelt sich zunächst etwas langsamer, bis die diversen spionierenden Protagonisten vorgestellt sind. Die stetigen Perspektivenwechsel zwischen Bruno Zabinis polizeilichen Ermittlungen, seinem privaten Umfeld und den Aktionen der in Triest stationierten Agenten gestalten die Handlung sehr abwechslungsreich und sorgen für zahlreiche Spannungsmomente. Als Leser fühlt man sich stets nah am Geschehen und genießt so manchen Wissensvorsprung gegenüber den Protagonisten. Überraschende Wendungen stellen Zabini vor immer neue Herausforderungen. Durch geschicktes Taktieren gelingt es ihm, die rivalisierenden Geheimagenten zur Zusammenarbeit mit der Polizei zu bewegen, sodass die Mordserie gestoppt und schließlich in einem dramatischen Showdown die Bösewichte gefasst werden können.

Bruno Zabini steht im Mittelpunkt der Handlung. Er wirkt nicht nur sympathisch, attraktiv und verantwortungsvoll, sondern ist auch aufgeschlossen für alles Neue und führt so manches modernes Ermittlungsverfahren ein. Er ist intelligent und verfügt über einen ausgezeichneten Spürsinn, auch über gute Menschenkenntnis. Seine Methoden sind manchmal unkonventionell, erweisen sich letztlich stets als erfolgreich. Als Schwachpunkt könnte man seinen Hang zur Weiblichkeit sehen. Nicht nur, dass er seit Jahren Affären mit zwei verheirateten Frauen pflegt, ist er auch den Reizen anderer nicht abgeneigt – was aber diesem Roman auch ein bisschen Erotik verleiht.

Auch die diversen anderen handelnden Personen sind mit markanten Eigenschaften gut vorstellbar beschrieben. Positiv empfand ich, dass sich Zabinis Assistent Luigi Bosovich zunehmend profiliert und zu einem wertvollen Mitarbeiter herausmausert. Die Frauen rund um Zabini sind ebenfalls sehr facettenreich charakterisiert, emotional und lebendig.

„Sturm über Triest“ hat mich wiederum begeistert: nicht nur das exzellente historische Flair, sondern auch die spannende Handlung voller Action, gefahrvoller Momente, aber auch der Blick auf Privates, Liebesbeziehungen und generell auf das Leben der Frauen zu jener Zeit. Last but not least nimmt man auch viel Wissenswertes aus dieser Lektüre mit. Mit Bedauern habe ich das Buch geschlossen, freue ich mich aber über die Ankündigung des Autors, dass es jedoch eine weitere Trilogie rund um Bruno Zabini geben wird, die im Jahr 1908 spielt.

Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 22.05.2023

Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher (Animal Farm, George Orwell)

Richter jagen besser
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In „Richter jagen besser“ von Thorsten Schleif hat Amtsrichter Siggi Buckmann nunmehr seinen zweiten Fall zu lösen, mit tatkräftiger Unterstützung einer taffen jungen Journalistin.

Klappentext:
Amtsrichter ...

In „Richter jagen besser“ von Thorsten Schleif hat Amtsrichter Siggi Buckmann nunmehr seinen zweiten Fall zu lösen, mit tatkräftiger Unterstützung einer taffen jungen Journalistin.

Klappentext:
Amtsrichter Siggi Buckmann hat sich geschworen, für Gerechtigkeit einzustehen – notfalls auch nach Feierabend. Als sein einstiger Mentor tot in einem Waldstück aufgefunden wird, macht er sich auf die Suche nach den Schuldigen. Schneller als gedacht handelt er sich dabei Ärger mit einer dubiosen Immobilienfirma, der russischen Mafia und dem Sohn des Ministerpräsidenten ein. Die einzige Verbündete gegen seine neuen Feinde ist die kluge Journalistin Robin Bukowsky. Aber kann er ihr wirklich trauen? Vieles scheint dagegen zu sprechen. Zum Beispiel Buckmanns nicht ganz so gesetzeskonforme Vergangenheit …

Das Cover finde ich durch den abgebildeten Richterhammer sehr stimmig zum Titel passend. Der Roman erschien 2023 und ist der Folgeband zu „Richter morden besser“. Die Handlung spielt in der nicht näher bezeichneten Gegenwart. Die über 60, extrem kurzen Kapitel verfügen weder über Zeit- noch Ortsangaben. Rein optisch störten mich die zahlreichen Leerseiten, fast nach jedem Kapitel eine.

Obwohl ich den ersten Band nicht kenne, kam ich in die Geschichte problemlos hinein, muss jedoch zugeben, dass mich die diversen Hinweise auf Siggis indirekte Beteiligung an einem Mord neugierig gemacht haben; muss ich unbedingt nachholen. Auf jeden Fall ist es ratsam, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Der Schreibstil ist flüssig, bei Beschreibungen ausreichend detailliert, nie zu ausschmückend. Mich amüsierten insbesondere die humorvollen Dialoge bzw. der Gegensatz von Siggis Gedanken zu seinen Äußerungen, sowie die Gespräche mit seinem Kater Grisu. Was die geschilderten Zustände im Justizwesen anbelangt, Korruption und Freunderlwirtschaft, so würzt das natürlich die Handlung, wobei man nur hoffen kann, dass das meiste nicht auf Erfahrungswerten des Autors basiert – immerhin ist er ja Richter von Beruf -, sondern nur seiner Fantasie entsprang.

„Richter jagen besser“ ist ein Roman, nicht explizit als Krimi bezeichnet. Dennoch wird – seitens des Richters und der Journalistin – ermittelt, teils offiziell, teils inoffiziell. Nicht nur die kurzen, zum Weiterlesen animierenden Kapitel machen das Buch zu einem Pageturner, sondern auch die stetigen Perspektivenwechsel zwischen den getrennten Nachforschungen von Siggi und Robin einerseits und den Aktionen der verbrecherischen Gegenseite andererseits. Als Leser ist man stets involviert, verfügt demzufolge auch immer wieder über einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern. Am liebsten würde man das Buch in einem Zug auslesen. All die kriminellen Machenschaften werden wunderbar aufgelockert durch die sich langsam entwickelnde Beziehung zwischen Siggi und Robin, mit einem Hauch Erotik als Tüpfelchen auf dem i. Der Fall löst sich schlüssig, das Ende hinterlässt allerdings einige Fragezeichen, da wird wohl erst der nächste Band Antworten bringen.

Siggi Bruckmanns für einen Richter sehr menschliche, unkonventionelle Denkweise, sein Humor und seine sympathische Ausstrahlung haben mich gleich ab den ersten Seiten für ihn eingenommen. Die Journalistin Robin fand ich in ihrer Zielstrebigkeit, ihrem fast leichtsinnigen Mut und ihrer sportlichen Energie sehr authentisch. Auch die diversen Politiker, Kriminellen und sonstigen Nebenfiguren wirken, wenn auch weitgehend klischeehaft beschrieben, lebendig und gut vorstellbar.

Für mich war „Richter jagen besser“ ein Lesegenuss. Das Buch bot alles, was ich an einem Buch schätze: sympathische Protagonisten, Action und Spannung und zum Darüberstreuen ein bisschen Liebesgeplänkel. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 19.05.2023

1969 - erstmals Frauen im Polizeidienst

Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens
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„Die Kriminalistinnen – Der Tod des Blumenmädchens“ von Mathias Berg beinhaltet nicht nur einen spannenden Kriminalfall, sondern thematisiert insbesondere das Frauenbild Ende der 60er Jahre.

Klappentext:
Düsseldorf, ...

„Die Kriminalistinnen – Der Tod des Blumenmädchens“ von Mathias Berg beinhaltet nicht nur einen spannenden Kriminalfall, sondern thematisiert insbesondere das Frauenbild Ende der 60er Jahre.

Klappentext:
Düsseldorf, 1969: Erstmals werden Frauen zu Kriminalbeamtinnen ausgebildet – ein Novum, das Widerstände in der Behörde und der Bevölkerung hervorruft. Die zweiundzwanzigjährige Lucia Specht lässt sich davon nicht abhalten. Sie ist fasziniert vom Beruf der Kriminalistin und fest entschlossen, der Enge ihrer Heimatstadt zu entkommen. Als ein junges Hippiemädchen brutal ermordet wird, nimmt sich Lucia unter Mithilfe ihrer Kolleginnen des Falls an – und beweist, dass sie das Zeug zur Ermittlerin hat.

Ich kannte bereits Mathias Bergs Krimis „Preis der Rache“ und „Lohn des Verrats“ und freute mich, Otto Hagedorn, dem Ermittler aus diesen Bänden, wieder zu begegnen. Dennoch ist dieses Buch keine Fortsetzung, sondern offensichtlich der Start einer neuen Reihe rund um sechs Frauen, die sich im von Männern dominierten Polizeiapparat behaupten müssen. Die Handlung des Romans ist zwar erfunden, doch basiert sie auf einer Tatsache. Dieses Experiment „Frauen bei der Kriminalpolizei“ im Jahr 1969 gab es tatsächlich.

Das Buch erschien 2023. Bereits das Cover stimmt durch Motiv und Farbgebung auf die sogenannte Flower-Power-Zeit ein. Das Buch gliedert sich in drei Teile, innerhalb dieser wiederum in Kapitel mit angenehmer Länge, die zum Teil datiert sind. Der Handlungszeitraum umfasst zwei Wochen im August des Jahres 1969.

Der Schreibstil liest sich flüssig, die Sprache ist jener Zeit angepasst. Sehr bildhaft wurde ich in meine Teenagerzeit zurückversetzt. Ende 1969 war ich 16, zwar kein Hippiemädchen und manches, das hier geschildert wird, habe ich nie selbst erlebt, wie Hippie-Partys oder verrauchte Bars oder Beisln, aber das bürgerliche Umfeld ist mir noch lebhaft vor Augen: Telefonzellen, Telefone mit Wählscheibe, diktierte Texte zu stenografieren, die Schlagermelodien, Buchtitel, Marken wie Tosca, Pitralon oder Sinalco, VW-Käfer, natürlich die Mode, aber auch die Ermordung von Sharon Tate ist mir erinnerlich, u.v.a.m. Der Autor zeichnet ein authentisches Bild der damaligen Zeit, mit deutlichem Fokus auf das damalige Frauenbild, die Abhängigkeit der Frauen von den Ehemännern, die bestimmen durften, ob man und welchen Beruf man ausübt, dieses „Frauen-gehören-hinter-den-Herd“-Denken bis hin zu den riskanten verbotenen Abtreibungen. Deutlich spürt man, wie Frauen behandelt wurden, als Me-Too und Political Correctness noch nicht erfunden waren.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Lucia Specht, eine dieser jungen Frauen, die sich zur Kriminalbeamtin ausbilden lassen. Die Geschehnisse werden in Ich-Form aus ihrer Perspektive geschildert. Man ist einerseits mitten drinnen in den Ermittlungen, in den offiziellen ebenso wie in Lucias eigenmächtigen Aktionen, blickt andererseits aber auch in ihre Seele, lernt ihr privates Umfeld kennen, ihre Vergangenheit, ihre Motivation für die Berufswahl. Sie zeigt ihre verletzliche Seite ebenso wie ihren Durchsetzungswillen und ihre Zielstrebigkeit. Die Charakterisierung ihrer Person ist am ausführlichsten, doch auch ihre Kollegenschaft u.a. Nebenfiguren zeichnen sich durch markante Eigenschaften und Verschiedenartigkeit aus, wirken lebendig, mehr oder weniger sympathisch und sind gut vorstellbar beschrieben. Die Milieuschilderungen spannen sich vom Spießbürgerlichen bis zur lockeren Hippie-Party, inklusive einer Prise Erotik.

Die Handlung ist gut aufgebaut. Nachdem man im ersten Teil in die Atmosphäre dieser Zeit eingeführt wird und die handelnden Personen kennenlernt, steigert sich die Spannung ab Teil 2 zusehends, durch gefährliche Momente, Action und dramatische Ereignisse, bis sich letztlich, nach einigen irreführenden Fährten, der Fall schlüssig löst. Das Ende, der Aufbruch zum nächsten Fall, macht bereits neugierig auf die Fortsetzung.

Mir hat das Buch in seiner Gesamtheit ausnehmend gut gefallen, eine gut dosierte Mixtur aus Kriminalfall und Zeitbild. Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Idylle und Romantik

Willkommen in Rodderbach
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„Willkommen in Rodderbach - Frühlingsmorgen“ von Petra Schier ist der Auftakt zu einer neuen Liebesroman-Reihe voller Romantik und idyllischem Lokalkolorit.

Klappentext:
Die junge Schriftstellerin Larissa ...

„Willkommen in Rodderbach - Frühlingsmorgen“ von Petra Schier ist der Auftakt zu einer neuen Liebesroman-Reihe voller Romantik und idyllischem Lokalkolorit.

Klappentext:
Die junge Schriftstellerin Larissa Weiß hat sich in dem zauberhaften Eifelstädtchen Rodderbach eingemietet. Schreiben will sie hier und für ihren neuen Roman recherchieren. Auch sucht sie nach einer hässlichen Trennung Frieden für ihr verletztes Herz. Zwischen Gassen mit Kopfsteinpflaster, Bauernhöfen und einem uralten Kloster scheint sie endlich die ersehnte Ruhe zu finden. Doch die Mahlers, die sie freundlich aufnehmen, haben nicht nur hübsche Ferienwohnungen mit Familienanschluss zu bieten, sondern auch einen hochattraktiven Sohn. Mehr und mehr fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Dabei hatte sie sich geschworen, sich niemals wieder auf eine Beziehung mit einem Mann einzulassen, der so ganz anders ist als sie. Schon bald muss sie sich die Frage stellen, was sie wirklich will und ob sie den Mut aufbringen kann, noch einmal ganz neu anzufangen.

Schon das Cover vermittelt ein heimeliges, harmonisches Flair. Das Buch erschien 2023 im Weltbild-Verlag. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker, sehr dialogreich und wunderbar detailliert und bildhaft, was beschauliche Beschreibungen insbesondere der Eifel-Landschaft und des kleinstädtischen Umfelds anbelangt. Rodderbach selbst ist zwar ein fiktiver Ort, aber man bekommt generell richtig Lust in die Eifel zu fahren, Natur und Waldesruhe auf sich einwirken zu lassen. Das Lokalkolorit wird auch sehr gut durch den in dosierter Form eingestreuten Dialekt unterstrichen. Des Weiteren werden auch die landwirtschaftlichen Berufe und deren Bedeutung und Vielseitigkeit thematisiert.

Wie bei ersten Bänden neuer Reihen oft der Fall, kommt die Handlung erst langsam Schwung, wird man doch zunächst einmal mit dem Umfeld und vor allem mit den diversen Figuren bekannt gemacht, den übrigens sehr zahlreichen Akteuren. Anfangs hätte ich schon des Öfteren gerne ein Personenverzeichnis zum Nachschlagen gehabt. Erst im Laufe der Zeit überblickte ich die weitläufige Verwandtschaft sowie die übrigen wesentlichen Bewohner von Rodderbach. Die meisten der Nebenfiguren werden wohl in den kommenden Bänden in den Mittelpunkt rücken.

Nicht nur Larissa, die Hauptperson dieses Romans, fühlt sich willkommen in Rodderbach, sondern ich wurde ebenso von Beginn an von dieser herzlichen Atmosphäre erfasst, genoss dieses familiäre Wohlfühlklima. In Zeiten wie diesen, wo es in den Medien scheinbar nur Hiobsbotschaften zu geben scheint, wo nachbarliche Streitigkeiten, Mobbing und Attacken aller Art an der Tagesordnung sind, da flieht man gerne wenigstens für einige Lesestunden in eine heile Welt, in ein Märchen für Erwachsene, voller Liebe, Respekt und Harmonie, ein Märchen nicht nur ohne böse Hexen, hinterlistige Gnome oder gefräßige Wölfe, sondern eben ohne Missgunst, Eifersucht, Machtgier.

In Rodderbach begegnet man (fast) nur sympathischen Menschen, freundlich, fröhlich, zuvorkommend, fleißig, verantwortungsbewusst und verlässlich. Es ist eine idealisierte Gemeinschaft, es schwingen keine negativen Gefühle mit. Natürlich, sie leben in einer Kleinstadt, wo Klatsch und Tratsch ein Lebenselixier darstellen, aber der Tenor ist stets positiv, humorvoll, nie bösartig. Auch die Nebenpersonen verfügen über markante Wesenszüge oder äußerliche Merkmale, sodass man sie sich recht gut vorstellen kann und sie lebendig wirken.

Im Fokus stehen natürlich Larissa und Holger. Traumfrau trifft auf Traummann. Vor allem Larissa ist sehr intensiv charakterisiert, in ihrem geschwächten Selbstwertgefühl, ihrer Unsicherheit, geprägt durch ihre vorherige gescheiterte Beziehung, aber auch wie sie sich letztlich entwickelt. Man lernt auch ihre andere Seite kennen, die Seite der akkurat recherchierenden und auch erfolgreichen Autorin. In diesem Zusammenhang erfährt man sehr viel über die aufwendige und arbeitsintensive Tätigkeit des Bücherschreibens, das nicht nur aus Recherche und Schreiben besteht; auch über Vorurteile, mit denen AutorInnen immer wieder konfrontiert sind.

Es ist ein Liebesroman mit wunderschönen, romantischen Liebes- und auch Sexszenen, soft, trotzdem anregend, Leidenschaft vermittelnd. Die Autorin schafft diesen schmalen Grat der feinen Erotik hervorragend.

Was mich amüsierte war, dass, da ich schon einige Liebesromane von Petra Schier gelesen habe, ich den entzückenden, das Liebespaar verbindenden Hund vermisste.

So sehr ich diese allumfassende Harmonie genossen habe, so fehlte mir dennoch ein wenig Würze. Ein massiverer Stolperstein, der die Beziehung in Gefahr gebracht hätte. Larissas Selbstzweifel und Hedwigs Versuch, Holger anderweitig zu verkuppeln, waren mir etwas zu wenig unruhestiftend. Man will ja, dass es ein Happy-End gibt, aber davor sollte es mal ordentlich kriseln.

Das Buch ist eine entspannende Wohlfühllektüre, die für wenige Stunden aus der realen in eine heile sorgenfreie Welt entführt. Ich habe diese Wellness für die Seele genossen und freue mich schon auf weitere partnerschaftliche Entwicklungen in Rodderbach. Ich empfehle das Buch gerne jedem, der Romantisches liebt.

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Spannungsgeladen und gefühlsstark

Theodora und der Tod des Richters
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„Theodora und der Tod des Richters“ von Ruth Edelmann-Amrhein ist bereits der zweite Band mit dem Schwäbischen Ermittlerduo Theodora Klein und Georg Eisele.

Klappentext:
Die Geheimnisse eines toten Richters, ...

„Theodora und der Tod des Richters“ von Ruth Edelmann-Amrhein ist bereits der zweite Band mit dem Schwäbischen Ermittlerduo Theodora Klein und Georg Eisele.

Klappentext:
Die Geheimnisse eines toten Richters, ein altes Tagebuch und ein unaufgeklärter Mord vor mehr als vierzig Jahren beschäftigen Theodora Klein und ihren Assistenten Georg Eisele in ihrem zweiten gemeinsamen Mordfall. Dieser führt sie über die Grenzen der Landeshauptstadt Stuttgart hinaus auf die Schwäbische Alb ins geheimnisvoll schöne Lautertal. Während ein tragisches Ereignis Theodora Klein aus den Ermittlungen reißt, verschwindet Georg Eisele spurlos. Zurück bleibt sein verbranntes Auto und eine verkohlte Leiche. Doch wo ist Georg Eisele und wer ist dieser Tote?

Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt, bis auf die Anfangsszene aus 1948, 65 Jahre danach, also 2013. Die Kapitel sind nummeriert und mit Wochentagen übertitelt, wodurch chronologisch gut nachvollziehbar ist, dass sich die Ermittlungen über zehn Tage erstrecken, mit einem Nachwort zwei Wochen nach Abschluss des Falles.

Der Schreibstil ist flüssig, sehr bildhaft, es entsteht wunderbares Kopfkino, sowohl was die handelnden Personen anbelangt als auch das Genre Regionalkrimi. Geschickt wird Lokalkolorit eingewoben. Ich mag vor allem den urig anmutenden, irgendwie amüsant klingenden schwäbischen Dialekt, der gut dosiert eingesetzt wird und auch von mir als Österreicherin locker verständlich ist.

Grundsätzlich sind die Geschichten der beiden Bände in sich abgeschlossen. Dennoch würde ich raten, sie in richtiger Reihenfolge zu lesen, da die charakterliche Entwicklung der Protagonisten mit den Reiz dieser Reihe ausmacht.

Bereits nach wenigen Seiten ist das Interesse an der Geschichte geweckt. Welche Bedeutung hat die Geburt eines Kindes im Jahr 1948 für den Fall? Und wer ist der Mörder, dessen Gedanken man 65 Jahre danach mitverfolgt? Und schließlich stirbt ein alter Mann in einem Seniorenheim. Theodora und Eisele erliegen zunächst einer falschen Spur, abgelenkt durch ihre privaten Probleme. Die stetigen Szenen- und Perspektivenwechsel zwischen dem Mörder einerseits und den getrennt agierenden Ermittlern, die so nach und nach dem Mörder gefährlich nahe kommen, andererseits, gestalten die Handlung nicht nur tempo- und abwechslungsreich, sondern steigern die Spannung bis zum dramatischen Showdown. Es fehlt weder an bedrohlichen Situationen noch an Action, manche Szenen sind richtig gruselig.

Ich wurde schon in Band 1 zum Fan dieses originellen Ermittlerpaares, das die Autorin sehr lebendig und vielschichtig charakterisiert. Denn die beiden haben so ihre Schrullen und einige nicht so liebenswürdige Wesenszüge, sodass es selten Liebe auf den ersten Blick ist, die man für diese Protagonisten empfindet. Es sind schwierige Charaktere, mit einer Menge Eigenarten, durch Elternhaus und Kindheit geprägt, die mit sich selber und mit der Umwelt so ihre Probleme haben. Aber je mehr man von ihnen erfährt, das Warum erkennt, weswegen sie so wurden wie sie sind, desto mehr schließt man sie in sein Herz. In diesem Band liegt der Fokus auf der Entwicklung der beiden noch mehr als im ersten. Das Gefühlsspektrum ist facettenreich, von Glücksgefühlen bis zu wütender Verzweiflung. Man erfährt viel von beider Seelenleben, ihren Wünschen und Hemmnissen und wie es ihnen letztlich gelingt, sich zu öffnen und zu verändern. Aber auch die Nebenfiguren, wie Eiseles nervige Mutter, die fürsorgliche Aylin oder der geckenhafte Leiter der Kriminalabteilung wirken authentisch.

Mit „Theodora und der Tod des Richters“ ist der Autorin wiederum nicht nur ein äußerst spannender Krimi gelungen, sondern das Buch besticht auch durch die emotional geprägten Persönlichkeiten des Ermittler-Duos. Es war pures Lesevergnügen und ich freue mich schon auf eine Fortsetzung!

Eine unbedingte Leseempfehlung meinerseits!

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