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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2023

Morde im München der 1910er Jahre

Fräulein Anna, Gerichtsmedizin (Die Gerichtsärztin 1)
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MEINE MEINUNG
Das Cover hat mich sehr angesprochen, und einen interessanten historischen Krimi versprochen. Das hat der Inhalt auch gehalten, allerdings war es mehr Historienroman als Krimi.

Die Einbettung ...

MEINE MEINUNG
Das Cover hat mich sehr angesprochen, und einen interessanten historischen Krimi versprochen. Das hat der Inhalt auch gehalten, allerdings war es mehr Historienroman als Krimi.

Die Einbettung einer Kriminalgeschichte in das München der 1910er-Jahre fand ich sehr interessant. Die beiden Protagonisten, Anna und Friedrich, werden sehr klar heraus gearbeitet und könnten kaum unterschiedlicher sein. Sie stammen aus verschiedenen Welten - Anna aus einer armen Familie auf dem Land, Friedrich ist verarmter Adel, hat aber in eine reiche bürgerliche Familie geheiratet. Vor allem Anna ist zu Beginn sehr naiv und gutgläubig, lernt aber durch ihre Arbeit und durch Friedrich sehr viel über das Leben und die Menschen und es war sehr spannend, sie auf dieser Reise zu begleiten. Auch Friedrich entwickelt sich im Laufe des Buches, und ich habe gut verstanden, was die beiden am jeweils anderen fasziniert und interessiert.

Vielleicht auch, weil dieses Buch der Auftakt einer Reihe ist, nimmt sich die Autorin für die Charaktere und ihre Entwicklung sehr viel Zeit. Den Beginn, als Anna in der Rechtsmedizin anfängt und man sehr viel über die Arbeit dort und die Herangehensweise der Ärzte erfährt, hat mich gefesselt, aber davon ist im weiteren Verlauf des Buches nur recht wenig zu finden. Vor allem im mittleren Teil ist die Ermittlung, sofern man überhaupt von einer sprechen kann, völlig in den Hintergrund gerückt. Vielmehr geht es um die beiden Hauptfiguren, ihre Unterhaltungen und Unternehmungen. Ich fand den historischen Kontext spannend, die gesellschaftlichen Erwartungen und Rollenbilder sowie die sozialen und politischen Entwicklungen bis hin zum Ausbruch des ersten Weltkrieges toll dargestellt, und habe sie gern gelesen. Ich hatte aber etwas mehr Krimi und etwas weniger Historienroman erwartet.

Der Schreibstil gefiel mir gut, ich fand ihn dem geschichtlichen Kontext angemessen und flüssig lesbar. Ich konnte mich gut in die Szenerie hinein versetzen und fand vor allem die Stimmungen in der Bevölkerung gut dargestellt-. Auch wenn manche Figuren ein wenig sehr klischeehaft anmuten, glaube ich, dass sie authentisch für die Zeit sind.

Insgesamt wurde ich gut unterhalten, und werde vermutlich auch den zweiten Band lesen - in der Hoffnung, dass der Fokus ein wenig mehr auf dem Kriminalfall, weniger auf den privaten Unternehmungen der Protagonisten liegt.

FAZIT
Interessante Protagonisten in einem spannenden Fall, der leider zugunsten der Charakterentwicklung und gesellschaftlichen Ereignisse ein bisschen zu viel zurück tritt.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2023

Viel Potential liegen gelassen

EAST. Welt ohne Seele
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MEINE MEINUNG
Welt ohne Seele ist das erste Buch der EAST-Trilogie von Jensen, und kein neues Buch - sondern im Original bereits 1997 erschienen.

Mit seinen OXEN-Büchern hat der Autor größere Erfolge ...

MEINE MEINUNG
Welt ohne Seele ist das erste Buch der EAST-Trilogie von Jensen, und kein neues Buch - sondern im Original bereits 1997 erschienen.

Mit seinen OXEN-Büchern hat der Autor größere Erfolge gefeiert, EAST kann da in meinen Augen nicht mithalten, und ich werde auch Band 2 und 3 nicht lesen.

Der Schreibstil gefiel mir anfangs gut, teilweise ist er sehr derb und direkt in der Wortwahl, das fand ich im Gegensatz zu vielen Standard-Thrillern erfrischend. Mit der Zeit jedoch fand ich ihn sehr distanziert; der Protagonist wird häufig mit vollem Namen genannt, was für mich ein wenig seltsam anmutete und vielleicht auch dazu beitragen hat, dass ich mit ihm nicht wirklich warm wurde. Auch seine Europol-Gegenspielerin sowie die Frau, die er in Krakau aufspürt, fand ich nicht wirklich greifbar und auch nicht sympathisch. Die anderen Figuren bleiben eher blass, wirkliche Charaktere werden hier nicht ausgearbeitet.

Die Handlung hat eigentlich alles, was ein spannender Thriller braucht: Agenten, geheime Waffenforschung, Verrat, Begierde, unbekannte Gegenspieler und einen wunderschönen Schauplatz - aber konnte mich leider nicht wirklich packen. Stellenweise hatte die Geschichte Längen, in denen kaum etwas geschah und nichts voran kam, außer, dass sich die Figuren miteinander beschäftigten. An anderen Stellen überschlug sich die Handlung geradezu, sodass ich Mühe hatte, den Überblick zu behalten. Dazwischen gab es einige Nebenstränge, die sich für mich nicht wirklich gut einfügen konnten und auch am Ende hatte ich das Gefühl, dass sich kein rundes Bild ergeben hat, obwohl eigentlich alles aufgelöst wurde.
Zwischendurch gab es Lichtblicke, die ich interessant fand, gern gelesen habe und die mich versönlicher gestimmt haben.

FAZIT
Der Thriller hätte richtig gut werden können, wenn die Figuren sympathischer und nahbarer gewesen wären und die an sich gute Handlung etwas besser dargestellt worden wäre. So ist in meinen Augen viel Potenzial liegen gelassen worden.

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Veröffentlicht am 14.01.2023

Konnte nicht ganz überzeugen

Wehrlos
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MEINE MEINUNG
Das Cover fand ich sehr stark - die düstere Atmosphäre hat mich sofort neugierig gemacht und die Schaukel deutet ja schon an, worum es geht - Kindesentführung. Auch die ersten Kapitel fand ...

MEINE MEINUNG
Das Cover fand ich sehr stark - die düstere Atmosphäre hat mich sofort neugierig gemacht und die Schaukel deutet ja schon an, worum es geht - Kindesentführung. Auch die ersten Kapitel fand ich toll erzählt. Eine Mutter, die mitansehen muss, wie ihr Kind vom Spielplatz entführt wird, und das nicht vor einem Erwachsenen, vor dem sie immer gewarnt haben, sondern von einem anderen Kind. Da ich selbst Mutter bin, wohl eines der schlimmsten Szenarien, die man sich denken kann, und ich war völlig in der Geschichte drin. Doch nach diesem packenden Beginn hat für mich der Plot und auch der Spannungsbogen leider sehr nachgelassen.

Die Kapitel sind kurz, manche nur gut eine Seite, und von Kapitel zu Kapitel wechselt die Perspektive. Der Erzähler wechselt zwischen der Mutter, dem Ermittler, und auch den Entführern. Dazwischen gibt es einige Nebenstränge. Manche Kapitel sind so geschrieben, dass man anfangs gar nicht erkennt, um welche Person es geht, bzw. der Name wird nicht genannt, und erst mit der Zeit fügt sich das Bild zusammen. Leider hat es mir der ständige Wechsel schwer gemacht, wirklich eine Bindung zu den Figuren zu entwickeln. Kaum habe ich mich auf eine Perspektive eingelassen und rein gedacht, schon war das Kapitel wieder vorbei. Auch fand ich die Figuren zwar authentisch und ihr Handeln größtenteils nachvollziehbar, aber kaum jemanden wirklich sympathisch.

Manche Nebenstränge enden in der Luft, weil sie nicht zuende erzählt werden, manches wird angerissen, viel angedeutet, aber häufig nicht ausgeführt. Einerseits ist das gut, weil es die Fantasie beim Lesen angefacht hat, aber manchmal hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin deutlicher geworden und den Gedanken zuende gesponnen hätte, statt ihn nur anzureißen. So kam es mir stellenweise vor, als sollte mit Gewalt ein Spannungsbogen erzeugt werden, der bei mir aber nicht immer ankam.

In der Mitte fand ich die Geschichte ein wenig zäh - die Ermittlungen kommen nicht wirklich voran, und ich hatte das Gefühl, dass sich einiges wiederholt. Auch das Ende fand ich leider nicht überzeugend. Ich fand es etwas weit her geholt, konnte das Agieren der Ermittler nicht verstehen, und hatte das Gefühl, dass sich die Figuren aus dramaturgischen Gründen unlogisch verhalten.

Schade, denn das Thema fand ich spannend, die Idee - Kind entführt Kind - außergewöhnlich, aber die Umsetzung konnte mich leider nicht ganz überzeugen.


FAZIT
Hier wäre definitiv mehr drin gewesen, aber nach einem spannenden Anfang wurde es für mich etwas zäh und manches nicht nachvollziehbar. Schade.

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Blasse Charaktere, stümperhafte Ermittlungen

Spüre meinen Zorn
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MEINE MEINUNG
Das Cover gefiel mir sehr, es hat mich sofort angesprochen. Auch den Schreibstil mochte ich, er lässt sich flüssig lesen, die Seiten blättern sich wie von selbst um. Es gab nur ein oder zwei ...

MEINE MEINUNG
Das Cover gefiel mir sehr, es hat mich sofort angesprochen. Auch den Schreibstil mochte ich, er lässt sich flüssig lesen, die Seiten blättern sich wie von selbst um. Es gab nur ein oder zwei Wiederholungen, bei denen ich dachte: Wenn ich das noch einmal lese, dann schreie ich.

Der Anfang war interessant und hat mich neugierig gemacht, aber der gute erste Eindruck hielt leider nicht lange vor. Die Charaktere fand ich größtenteils sehr blass. Bei der Täterin und bei Nathan Weiß merkt man, dass der Autor sich viel Mühe gegeben hat, die übrigen dagegen konnte ich nicht wirklich als Charakter greifen, fand sie zum Teil in sich widersprüchlich. Mich hat aber keine Figur emotional erreicht. Geschildertes Leid und menschliche Tragödien fand ich relativ nüchtern und kurz dargestellt, das hat mich nicht berühren können. Die Emotionen der Charaktere fand ich an vielen Stellen glaubhaft und auch nachvollziehbar, aber mitgefühlt oder auch mitgelitten habe ich nicht. Die Täterin verhielt sich an einigen Stellen für mich nicht logisch, und auch grundsätzlich entspricht ihr Verhalten nicht dem, was ich aus Literatur und True Crime über solche Tätertypen weiß.

Zu den Ermittlungen fällt mir leider nur die Beschreibung "stümperhaft" ein. Hier wird nicht vernünftig gearbeitet, kaum Beweise gesammelt, man kommt nicht auf Naheliegendes, überprüft nicht einmal die Alibis der Tatverdächtigen, stattdessen werden voreilige Schlüsse gezogen, und der Fokus liegt darauf, den Fall schnell statt gründlich zu lösen. Hier führen nicht kriminalistischer Spürsinn und Beharrlichkeit zum Erfolg, sondern (für mich willkürliche) Intuition und Kommissar Zufall, nachdem sie lange im Nebel herumgestochert haben - und dabei sind ihnen Unschuldsvermutung und Auswirkungen von öffentlichen Verdächtigungen anscheinend egal, und der Flurschaden, den sie anrichten, ist groß.

Das Ende fand ich unerwartet, aber leider auch unbefriedigend, es fügte sich für mich aber in den Gesamteindruck ein.

FAZIT
Die Story hatte durchaus Potenzial, aber ich fand die Charaktere zu blass, sie haben mich emotional nicht erreicht, und die Ermittlungen waren stümperhaft. Schade.

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Hatte mir etwas anderes erhofft

Das kommt von oben, da können wir nichts machen!
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MEINE MEINUNG
Der Autor lässt die Leser an seinem Leben teilhaben, beschreibt seine Laufbahn bei der Polizei und welche Gründe ihn letztlich dazu bewogen, dieser den Rücken zu kehren. Außerdem lässt er ...

MEINE MEINUNG
Der Autor lässt die Leser an seinem Leben teilhaben, beschreibt seine Laufbahn bei der Polizei und welche Gründe ihn letztlich dazu bewogen, dieser den Rücken zu kehren. Außerdem lässt er sich zur Politik im Allgemeinen und zur Corona-Pandemie im Besonderen aus, beschreibt Zustände, die aus seiner Sicht nicht tragbar sind, und welche unüberwindbare Hürde die Bürokratie manchmal darstellt.

Ich fand das Buch insgesamt sehr negativ. Es kam mir weniger vor wie eine Autobiografie, sondern mehr wie eine Abrechnung mit der Polizei, Behörden und Politik. Er schildert zwar auch manche positive Erlebnisse bei der Polizei, größtenteils aber beschreibt er Situationen, in denen er sich gegängelt, bevormundet und systematisch benachteiligt fühlte. Den titelgebenden Satz habe er so oft gehört, beschreibt aber keine einzige Szene, in der dieser Satz fiel. Stattdessen fühlt er sich benachteiligt, denn "die Mama mit dem mittlerweile schulpflichtigen Kind darf halbe Tage machen, aber der ledige Andreas darf zur Belohnung für seine Halbtagstätigkeit und auf Dauer das Kellerkind mimen." Dass das schulpflichtige Kind vermutlich mittags nach Hause kommt und der Mama gar nichts übrig bleibt als halbtags zu arbeiten; es außerdem in meinen Augen sehr positiv ist, dass hier Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird, hat auf der Waagschale natürlich nichts zu suchen.

Nach einer mehrjährigen Fortbildung und einer Stelle, auf der er kreuzunglücklich war, kehrt er in seine neue alte Dienststelle zurück, stellt aber fest: "Was ist bloß aus der guten, alten Polizei geworden, bei der und für die ich so gerne gearbeitet habe?" Den Eindruck, dass er gerne bei der Polizei gearbeitet hat, hatte ich im ganzen Buch nicht. Zwar beschreibt er auch Anekdoten und Erfolge, aber für mich überwogen ganz klar negative Schilderungen.

So beschreibt er auch, wie er neben und nach dem Polizeidienst, zusammen mit seiner Lebensgefährtin, in der Gastronomie immer wieder gegen bürokratische Hürden läuft und mit Menschen zu tun hat, die egoistisch und eigennützig handeln und ihn damit immer wieder vor Probleme stellen.

So setzt es sich im Buch weiter fort, und als er in den letzten Kapiteln zu einem Rundumschlag gegen die Politiker und Politik, ausholt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Corona-Maßnahmen als "Farce" bezeichnet, namentlich den "Pandemie-Onkel Lauterbach, der sich in seiner Rolle des großen Mahners und Propheten gut gefällt" verurteilt sowie den Medien einseitige Berichterstattung nicht nur in Bezug auf die Pandemie vorwirft, ist für mich das Fass übergelaufen. Klar darf eigene Meinung in einer Biografie stattfinden, aber in dem Maße, wie hier aus subjektiven Erfahrungen und einzelnen Vorkommnissen ein Systemversagen skizziert wird, konnte ich nicht nachvollziehen, auch wenn ich in einzelnen Punkten der gleichen Meinung bin wie der Autor.

Er hebt seine positiven Eigenschaften Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Geradlinigkeit immer wieder hervor, aber Empathie habe ich in diesem Buch häufig vergeblich gesucht.

FAZIT
Für mich ist dies weniger eine Autobiografie, ich hatte vielmehr den Eindruck, als sei dies eine Abrechnung mit der Polizie und Behörden, der Politik und manchen Menschen im Speziellen. Damit konnte mich das Buch leider nicht überzeugen.

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