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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.11.2017

Geld, Intuition und Utopie, eine heiße Mischung!

Million Dollar Boy
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Das Cover wirkt recht schick, nur der Klappentext auf der Rückseite des Buches sieht ein bisschen "billig gemacht" aus. Auch an der handwerklichen Ausführung des Taschenbuchs muss ich leider herumkritteln. ...

Das Cover wirkt recht schick, nur der Klappentext auf der Rückseite des Buches sieht ein bisschen "billig gemacht" aus. Auch an der handwerklichen Ausführung des Taschenbuchs muss ich leider herumkritteln. Es kam, direkt von der Auslieferung, mit einer abgeriebenen Oberfolie bei mir an. Entweder war die nicht gut am Untermaterial befestigt oder es wurde zu rabiat verpackt. Aber das alles sind ja nur ästhetische Mängel.

Die Idee selbst ist sehr spannend: eine Welt ohne Geld, in all ihren Auswirkungen und mittendrin Ede, der eigentlich nur Tierarzt werden möchte, aber durch ein juckendes Knie seine an Genialität grenzende Begabung für das Roulette entdeckt. Sein Knie verrät ihm nämlich immer rechtzeitig welche Zahl oder welche Möglichkeiten an Zahlen als nächstes fallen könnten. Für ihn ein einträgliches Geschäft, welches aber schnell die Begehrlichkeiten anderer weckt.

Die Story ist spannend und visionär, lediglich in der Mitte des Buches gibt es eine Durchhänger- Phase, wenn Edes Reise um die Welt von Casino zu Casino beginnt sehr repetitiv und damit etwas langweilig zu werden. Man fragt sich währenddessen zwar die ganze Zeit, wie es dem Autor gelingt mit dieser Geschichte zu den in der Leseprobe beschriebenen Zuständen zu kommen, es gelingt ihm aber und das sehr gut! Beim Schreibstil merkt man manchmal, dass der Autor scheinbar Mitteldeutscher sein muss (oder dort lange gelebt hat), manche Ausdrucksweisen sind da möglicherweise zu spezifisch für Leser mit einem anderen Sprachhintergrund. Die Figuren im Roman wirken durchaus schlüssig, lediglich Wladimir/Alexander wirkt etwas zu stereotyp und überzeichnet. Sehr sympathisch wird mir der Autor auch dadurch, dass Ede als Figur wahrhaftig wirkt, durch seine Art, die Ehrlichkeit mit der seine Sexualität und seine Sehnsucht nach echter Liebe beschrieben wird, chapeau, da shat mich gefreut.

Und da kommen wir auch schon zu einem weiteren Mängel: laut Buch gab es ein Lektorat und ein Korrektorat. Ich habe davon leider nicht viel gemerkt. Der Job des Lektors wäre es gewesen, den Autor manchmal zu bremsen wenn er zu detailliert wird in seinen Beschreibungen der Roulette-Taktiken und damit den Leser nicht gerade fesselt. Es hätte z.B. auch 80% der im Buch vorkommenden Abbildungen defintiv nicht gebraucht. Der Job des Korrektors wäre es gewesen, die Rechtschreib- und Tippfehler, die reichlich vorhanden sind, zu korrigieren. An dieser Stelle bitte zukünftig nachbessern, Books On Demand!

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Will Hofmann nach seinem Buch "Götter" ein weiteres Werk mit visionärer Strahlkraft geschrieben hat, welches ein wenig an dem Mangel an Liebe in der Verlagsarbeit leidet, jedoch auch damit ein lesenswertes und tiefgründiges Buch bleibt. Da ich es unredlich fände, dem Autor das Versagen des Verlages anzulasten, vergebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Mehr als ein gewöhnlicher Krimi

Oxen. Das erste Opfer
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Das Cover ist ein wenig zu knallig, die extremen Farben gefallen mir nicht so gut, auch wenn sie sicher den Blick anziehen.

Viel wichtiger aber: die Geschichte selbst, es ist der Auftakt einer ...

Das Cover ist ein wenig zu knallig, die extremen Farben gefallen mir nicht so gut, auch wenn sie sicher den Blick anziehen.

Viel wichtiger aber: die Geschichte selbst, es ist der Auftakt einer Trilogie, spielt wirklich in der Krimi- Oberliga mit. Dänemark ist als Schauplatz von Krimis und Thrillern deutlich unverbrauchter als Schweden oder Island, auch wenn ausführliche Landschaftsbeschreibungen durchaus mal vorkommen, aber keinen großen Raum einnehmen.

Der Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte ist Niels Oxen, der den gefallenen Helden verkörpert, mittellos, von Kriegstraumata verfolgt und unkonventionell eingestellt geht man am Anfang der Story erstmal mit ihm containern. Von Müllbehälter durchwühlenden armen Schlucker bis zum Sonderermittler für den Geheimdienstchef ist es ein weiter Weg und diesen geht man gern mit Oxen. Der Autor hat sich wirklcih große Mühe gegeben seinen Hauptcharakter glaubwürdig darzustellen, mit Ecken und Kanten, der eben nicht immer ein strahlender Held war, wie es seine diversen Militärauszeichnungen nahelegen. Auch andere Chraktere wie Geheimdienstchef Axel Mossmann sind mit Liebe zumDetail ausgearbeitet.

Ein weiterer großer Pluspunkt: man kann es nur schlecht spoilerfrei formulieren, aber man hat am Anfang wirklich keinerlei Ahnugn welche Wendung die Geschichte nehmen wird, diese Unvorhersehbarkeit und die sich ständig verändernden Verdachtsmomente halten den Plot hochspannend.

Für mich ein absoluter Top- Krimi mit der Pflicht zum Lesen, für jeden Krimifan, der gerne mal etwas anderes hätte als schwedische Psychopathenkiller vs. schwedische alleinerziehende Kriminalbeamte (irgendwie in gefühlt jedem 2. Schwedenkrimi), ist Oxen eine absolute Kaufempfehlung!

Veröffentlicht am 13.11.2017

Witzige Unterhaltung mit tiefgründigen Anklängen

QualityLand (QualityLand 1)
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Von Qualityland gibt es zwei verschiedene Ausgaben, eine helle und eine dunkle. Um diese mögliche Verwirrung gleich zu Beginn aufzuklären: beide Ausgaben unterscheiden sich kaum, lediglich die „Werbung“ ...

Von Qualityland gibt es zwei verschiedene Ausgaben, eine helle und eine dunkle. Um diese mögliche Verwirrung gleich zu Beginn aufzuklären: beide Ausgaben unterscheiden sich kaum, lediglich die „Werbung“ zwischen den Kapiteln ist unterschiedlich. Es handelt sich aber natürlich nicht um echte Werbung sondern um zum Buch passende, Fantasie- Werbung der in dieser Dystopie fast alles dominierenden Konzerne. Die Werbung der jeweils anderen Ausgabe kann auf der Homepage von Qualityland angesehen werden.
In dieser Dystopie zeichnet Marc- Uwe Kling eine futuristische Welt in der Deutschland in Qualityland umbenannt wurde, Konzerne genau wissen was gut für einen ist und natürlich auch was man will und Roboter trotzdem noch am kleckerfreien Servieren von Tassen scheitern. In dieser Welt muss sich Peter Arbeitsloser zurecht finden, der Maschinenverschrotter mit einem Faible für defekte Geräte beginnt zu hinterfragen, ob die allmächtigen Konzerne wirklich wissen was er will.
Marc- Uwe Kling liest sein Buch selbst und macht das ganz vortrefflich. Große Teile liest er betont emotionsarm, was super zu seinem passiven und resignierten Hauptcharakter Peter Arbeitsloser passt und der oft vorkommenden Situationskomik viel Raum zur Entfaltung lässt, etwa als Peter einen One-Night-Stand haben möchte und die Dame seiner Wahl (oder besser gesagt: die Dame die das System als gut zu ihm passend ausgesucht hat) ihn erstmal einen Sexvertrag unterschreiben lassen will. Auch die Publikumslacher wirken nicht störend.
Kurzum: eine tolle Geschichte, die unserer modernen Welt den Spiegel vorhält, brandaktuell und dabei wirklich witzig. So geht Erzählkunst.

Veröffentlicht am 19.10.2017

Genial und witzig

Sex Story
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Kann man die sexuelle Kulturgeschichte des Menschen, angefangen bei den Urmenschen bis hinein in die Zukunft als Comic darstellen, auch die unschönen Themen? Ja, Sex Story beweist: es geht!

Das Buch ...

Kann man die sexuelle Kulturgeschichte des Menschen, angefangen bei den Urmenschen bis hinein in die Zukunft als Comic darstellen, auch die unschönen Themen? Ja, Sex Story beweist: es geht!

Das Buch hat ein ziemlich großes Format, was aber natürlich bei einem Comic nur von Vorteil ist. Der Zeichenstil erinnert ein wenig an das Lustige Taschenbuch, also eher Old School als zeitgenössisch, was wahrscheinlich mit Absicht so gewählt wurde, denn das Thema des Buches soll ja nicht nur Comicleser ansprechen, überdies ist das Buch sehr stabil gebunden.

Der große Pluspunkt des Buches ist sein erlesener Humor. Selbst schwierige Themen wie z.B. Inzest oder die Unterdrückung der Frau werden immer mit einer Prise Leichtigkeit und Galgenhumor behandelt, die einem trotz der düsteren Thematik ein Grinsen abringt. Laut lachen muss man dann durchaus bei den auch im Buch behandelten mythologischen Geschichten rund um Sexualität, da wird ein Blick auf die Erzählungen der römischen und griechischen Sagenwelt geworfen, die sind wirklich extrem witzig. Ebenso z.B. die nacherzählten Lebensgeschichten (die natürlich immer nur die sexuellen Eskapaden der beleuchteten Personen erzählen) von z.B. Kleopatra oder Casanova.

Das Buch ist rundum empfehlenswert, ich würde sagen es ist ab einem Alter von 16 Jahren geeignet, da es natürlich stets und ständig explizit sexuellen Inhalt hat.

Für erwachsene Comicfans ein ganz heißer Geschenktipp (no pun intended).

Veröffentlicht am 15.10.2017

Große Ethikfragen verpackt in einem spannenden Roman

Scythe – Die Hüter des Todes
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Stell dir vor dass der natürliche Tod der Vergangenheit angehört, jeder ewig leben kann; Krankheiten und Verletzungen, Hunger und Leid, Schmerz und Verzweifelung, Krieg und Flucht, alles nur noch Schreckgespenster ...

Stell dir vor dass der natürliche Tod der Vergangenheit angehört, jeder ewig leben kann; Krankheiten und Verletzungen, Hunger und Leid, Schmerz und Verzweifelung, Krieg und Flucht, alles nur noch Schreckgespenster der Vergangenheit. Schöne neue Welt.

Seit die Menschheit Thunderhead, die übergeordnete künstliche Intelligenz, erschaffen hat ist die Realität in der Welt von Citra Terranova und Rowan Damisch. Doch auch eine übermenschliche KI hat ihre Grenzen und da der Planet nur begrenzte, wenn auch maximal effizient genutzte, Ressourcen hat und immer wieder Kinder geboren werden, müssen Leben auch enden. Dieses Beenden von Menschenleben, sowohl die Selektion der Personen als auch die Ausführung liegt in den Händen der Scythes. Einer ganz eigenen Berufskaste, zu deren Auszubildenden Citra und Rowan vom Scythe Faraday berufen werden.

Das Faszinierendste an diesem Werk ist die Welt die Neal Shusterman in diesem preisgekrönten Jugenbuch entwirft. Immer wieder beginnt man als Leser selbst zu überlegen ob man hinter den schweren moralischen Entscheidungen, die immer wieder getroffen werden in diesem Buch, stehen könnte. Ein Buch das zum Mitdenken anregt.

Jedoch, auch ein Buch an dem ich in seiner logischen Geschlossenheit immer noch zu kauen habe, einige Fragen wollen sich mir partout nicht erschliessen. Warum, beispielsweise, bekommen die Menschen angesichts des fehlenden Todes überhaupt noch Kinder? Den werdenden Eltern muss doch klar sein, dass ihr Kind das Todesurteil für einen anderen Menschen bedeutet, dass das Zeugen von Kindern somit unter diesen Bedingungen vollkommen unmoralisch ist?

Aber das sind nur kleine Mängel an diesem insgesamt unglaublich faszinierenden Roman.

Das ist ein Buch an das ich lange zurückdenken werde und das meiner Meinung defintiv Pflichtlektüre und ein Must Read des Jahres 2017 sein sollte.