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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2022

✎ Erik Axl Sund - Victoria Bergman 2 Narbenkind

Narbenkind
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Der 2. Teil einer Trilogie hat es ja bekanntlich am schwersten, da er den Anfang und das Ende verbinden muss, ohne langweilig daherzukommen, ohne zu viel zu wiederholen und ohne zu viel vorwegzunehmen.

Bei ...

Der 2. Teil einer Trilogie hat es ja bekanntlich am schwersten, da er den Anfang und das Ende verbinden muss, ohne langweilig daherzukommen, ohne zu viel zu wiederholen und ohne zu viel vorwegzunehmen.

Bei "Narbenkind" hatte ich da so meine (kleinen) Probleme: Anfangs war ich Feuer und Flamme, weil mich der erste Teil total fasziniert hat, aber ziemlich schnell merkte ich, dass ich nicht so konzentriert bei der Sache war wie bei "Krähenmädchen". Auch hatte ich das Gefühl, dass doch einiges wiederholt wurde, was meiner Meinung nach nicht nötig gewesen wäre. (auch, wer die Bücher bei Erscheinen gelesen hatte, wird keine Probleme beim Erinnern gehabt haben, schließlich sind sie immer innerhalb von 2 Monaten erschienen, was kein großer Zeitraum ist)

Trotzdem hat mich dieser Teil auf seine Art und Weise auch wieder mit- bzw. gefangengenommen - genau wie sein Vorgänger.

Man muss aber immer an der Geschichte dran bleiben, denn hier tauchen sooo viele Namen und Menschen auf, dass es definitiv keine Geschichte für Zwischendurch ist. Durch die kurzen Kapitel lässt sich das aber super bewerkstelligen, da man immer denkt "eins kannst du noch"..

Die nüchterne Erzählweise gefällt mir ebenso hier ganz gut. Auch die Hinweise, die man immer wieder bekommt, regen zum Nachdenken an, auch wenn ich weiß / vermute, dass sich meine Gedanken garantiert am Ende als falsch herausstellen werden. (zumal bereits hier schon was gesagt wurde, was ich so absolut nicht vermutet hätte)

Ich bin absolut gespannt auf den dritten Teil und vor allem auf die Auflösung, denn ich denke, Erik Axl Sund wird es mir nicht so leicht machen, wie ich gerne glauben würde..

©2015 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 31.10.2022

✎ Stephen King - Bill Hodges 2 Finderlohn

Finderlohn
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Nachdem mir 'Mr. Mercedes', der erste Teil der Bill-Hodges-Trilogie, so gar nicht zugesagt hat, hatte ich meine Erwartungen für diesen zweiten Teil echt runtergeschraubt. Ich wurde aber positiv überrascht, ...

Nachdem mir 'Mr. Mercedes', der erste Teil der Bill-Hodges-Trilogie, so gar nicht zugesagt hat, hatte ich meine Erwartungen für diesen zweiten Teil echt runtergeschraubt. Ich wurde aber positiv überrascht, denn dieser Teil gefiel mir recht gut.

'Finderlohn' ist in meinen Augen so ganz anders als der erste Teil. Auch würde ich diesen hier zu den Krimis zählen, was ich bei 'Mr. Mercedes' definitiv nicht getan habe.

Anfangs war ich echt noch skeptisch, zumal etwas aus dem ersten Roman aufgegriffen und quasi aus einer anderen Sicht nochmal erzählt wurde. Hat mich nicht wirklich interessiert, denn das kannte ich ja schon und ich fragte mich, was genau das zu bedeuten hätte.

Dann jedoch war ich erstaunt, dass die Geschichte doch einen anderen Handlungsablauf nimmt und da war dann auch meine Neugier geweckt. Denn genau dieser Anfang war es, den es brauchte, um diese beiden Geschichten zu verbinden. Zwar stehen beide Handlungen für sich, aber ich würde trotzdem sagen, dass man den ersten Teil vorher lesen / hören sollte, sonst entgeht einem so einiges.

Wer die Storys von Stephen King kennt, weiß, dass er irgendwie (fast) immer Themen benutzt, die die Gesellschaft kritisieren oder zumindest in einem kritischen Licht erscheinen lassen. Das ist auch hier nicht anders und ich finde, das Cover sagt echt viel, wenn nicht sogar alles, aus. Es geht darum, was Literatur mit den Menschen macht - wie viel Einfluss sie auf unser Leben haben kann oder auch wie viel Einfluss wir vielleicht auf sie haben. Für mich ein wirklich sehr interessantes Thema! Und vor allem vom Schriftsteller in meinen Augen sehr gut umgesetzt.

Nur ein wenig zu konstruiert fand ich manchmal die Ermittlungen, aber in dieser Sparte sag ich mir dann auch öfter, dass es halt Fiktion und daher ok ist, wenn es denn nicht zu sehr aus der Reihe tanzt.

Dieser Krimi ist definitiv nichts für Zartbesaitete, denn auch hier geht es manchmal echt zur Sache - aber das ist ja nichts Neues bei dem Autor.

Nun bin ich gespannt, was der dritte Teil dieser Serie beinhaltet. Das Ende lässt zumindest vermuten, dass es ein runder Abschluss wird. (ich hoffe, ich muss nicht zu lange darauf warten)

©2016 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 25.10.2022

✎ Saskia Hödl & Pia Amofa-Antwi - Steck mal in meiner Haut!

Steck mal in meiner Haut!
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Als ich das Werk das erste Mal in den Händen hielt und begann zu lesen, war ich begeistert. So viel Wissen auf einem Haufen, so wunderschön illustriert.

Nachdem ich dann jedoch begann, mit meiner 4 1/2 ...

Als ich das Werk das erste Mal in den Händen hielt und begann zu lesen, war ich begeistert. So viel Wissen auf einem Haufen, so wunderschön illustriert.

Nachdem ich dann jedoch begann, mit meiner 4 1/2 Jährigen darüber zu sprechen, weil sie selbst danach fragte, was das alles für Menschen sind, merkte ich bald, dass wir schnell an unsere Grenzen stoßen.
Die Texte auf jeder einzelnen Seite sind sehr lang und teilweise voll von komplizierten Begriffen. Natürlich werden diese Begriffe erklärt, doch die Aufnahmefähigkeit bei einem so komplexen Thema muss sehr hoch sein. Und die ist meiner Erfahrung nach im Kindergarten so noch nicht gegeben.
Ich habe mir also ein paar wichtige Stichpunkte auf jeder Seite gemacht und diese dann nach und nach mit meinem Kind besprochen.

Man wird langsam an die Materie herangeführt. Es wird zuerst darauf eingegangen, dass keiner ist wie eine andere*r. Dann wird das Wort 'Rassismus' erklärt.

Es werden äußerst viele Gesichtspunkte des Rassismus dargestellt.
Die, deren Worte uns direkt einfallen, wenn wir den Ausdruck hören: Kolonialismus, Holocaust, Sklaverei.
Doch auch jene, mit denen unsere Kinder tagtäglich in Berührung kommen: Namen, Lieder, Kostüme, Essen.

Es wird ihnen dargestellt, wie sie Fremdenhass begegnen können und was manche Erwachsene dagegen tun. Sie lernen, dass niemand alleine ist.

Bei den Illustrationen hätte ich mir vereinzelt noch ein bisschen mehr Diversität gewünscht. Ganz besonders bei der Doppelseite über Familien. Im Text werden sehr viele Familienkonstellationen genannt, die auf den Bildern leider keinen Platz finden.

Was manche zu irritieren scheint: Behinderte Menschen bekommen in diesem Buch - außer auf den Zeichnungen - keinen Raum. Das ist verständlich, denn sie werden diskriminiert, aber sie erfahren keinen Rassismus - und um den geht es in diesem Werk schließlich. (es sein denn natürlich, sie gehören einer Gruppe an, die Rassismus erfährt und sind zudem behindert)

Der Verlag vergibt eine Altersempfehlung ab 5 Jahren. Dem kann ich leider, wie bereits oben erwähnt, nicht zustimmen. Mir ist die Lektüre für die Zielgruppe zu textlastig und zu komplex. Außerdem gibt es auf fast jeder Doppelseite Hinweise für Erwachsene. Auch das Glossar gehört nicht zum Wortschatz der Kinder.

Von mir gibt es daher an dieser Stelle eine absolute Leseempfehlung an Kinder im Grundschulalter und an alle Interessierten. Ein Buch, welches aufklärt und empowert!

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 25.10.2022

✎ Kacen Callender - Felix Ever After

Felix Ever After
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2018 habe ich mein erstes Buch gelesen, in dem es um eine trans Person ging. Damals war es "George" - ein Kinderbuch, welches für mich persönlich nicht ausgereift genug war.
Bei "Felix Ever After" hoffte ...

2018 habe ich mein erstes Buch gelesen, in dem es um eine trans Person ging. Damals war es "George" - ein Kinderbuch, welches für mich persönlich nicht ausgereift genug war.
Bei "Felix Ever After" hoffte ich auf mehr Tiefe, mehr Emotionen, mehr Abgeholtwerden.

Dass Kacen Callender - genau wie Felix - Schwarz, queer und trans ist, merkt man der Geschichte an. Sie kommt so authentisch rüber, wie sie eine Außenstehender kaum in Worte fassen kann.

All die Emotionen und Gefühle, die der Jugendliche durchlebt, spürte ich selbst auf meiner Haut. Seine Verzweiflung, seine Selbstfindung, seine Unsicherheiten, sein Hinterfragen. Die ganze Entwicklung seines Charakter geschieht häppchenweise - eben genau so, wie es auch im richtigen Leben ist.

Lesende werden auf eine Achterbahn der Gefühle mitgenommen. Sie sind nicht nur Zuschauerinnen, sondern erleben (noch einmal), was eine jede*r durchmachen wird: das Wachstum vom/von der Jugendlichen zum/zur Erwachsenen.

Sehr anschaulich werden zudem die verschiedenen Label herausgearbeitet, sodass auch Laien und Menschen, die gerade in der Selbstfindung sind, einen Überblick erhalten, wie bunt unsere Welt doch ist. Hinzu kommt, dass der Frage, ob man überhaupt ein Label benötigt, nachgegangen wird. Etwas, was viel zu sehr in sehr vielen Köpfen verankert ist - jemanden in eine Schublade stecken wollen.

Obwohl ich über die LGBTQIAP+ Szene (mittlerweile) eine ganze Menge weiß, bringen mich Werke wie "Felix Ever After" immer wieder dazu, in mich zu gehen. Nicht, um mich zu hinterfragen. Sondern einfach der Identität, die ich für mich selbst gewählt habe, ein Nicken zukommen zu lassen. Aber eben auch zu merken, dass wir Menschen unser ganzes Leben lang im Wandel sind.

Literatur wie diese brauchen unsere Jugendlichen.
Der Anfang war zwar ein bisschen schleppend - und ich hatte echt Angst, dass dieses Buch für mich ein Flop wird. Doch dann begleitete ich Felix auf seinem genuinen Weg gerne.

Die Nebencharaktere sind speziell. Es gibt toxische Beziehungen. Transfeindliche Äußerungen und Aktionen. Und doch sind sie einfach nur aus dem Leben gegriffen.
Die Spalte, die in unserer Gesellschaft trotz Aufklärung noch immer herrscht, zeichnet Kacen Callender mit genau diesem Freundeskreis.

Von mir bekommt dieses Werk eine Hörempfehlung. Nicht nur an Jugendliche, die sich selbst derzeit in einer ähnlichen Phase ihres Lebens befinden, sondern an ALLE! Es klärt auf, macht Mut und öffnet unseren Blick für diese Welt und die Diversität, die darauf herrscht.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 19.10.2022

✎ Eva Maria Nielsen - Auf Wiedersehen, kleiner Bruder

Auf Wiedersehen, kleiner Bruder
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Mit 15 habe ich meine Uroma verloren. Kein Geschwisterkind und doch den Menschen, der mir am allernächsten stand. Ich durfte sie über Wochen hinweg auf ihrem letzten Weg begleiten und musste erfahren, ...

Mit 15 habe ich meine Uroma verloren. Kein Geschwisterkind und doch den Menschen, der mir am allernächsten stand. Ich durfte sie über Wochen hinweg auf ihrem letzten Weg begleiten und musste erfahren, wie es ist, mit der Trauer allein gelassen zu werden. Das möchte ich bei meinem Kind gerne anders machen, wenn es soweit ist, weswegen ich mich schon jetzt mit entsprechender Lektüre auseinandersetze.

Eva Maria Nielsen ist es gelungen, eine liebevolle Umgebung zu zeichnen, die trotzdem nicht perfekt ist, sondern so, wie sie da draußen tatsächlich existiert: mit Höhen und Tiefen.

Wir erleben dieErzählung aus der Perspektive des neunjährigen Leos.
Lesende werden in eine normale Welt hineingeworfen, in der Geschwister einfach nur Geschwister sind. Die Familie ist herzerwärmend und führt ein fröhliches Leben.
Nach und nach kommt man zu dem Punkt, an dem Pauls Diagnose im Raum steht.
Ab diesem Zeitpunkt ist nichts mehr, wie es war.
Gefühle treffen auf Gedanken. Emotionen kochen über. Handlungen sind nicht immer direkt nachvollziehbar.

Im Vordergrund steht ganz klar Leos Gefühls- und Gedankenwelt. Ihn begleiten wir und erleben somit, was es für eine kleine Kinderseele heißt, dass das Leben auf einmal auf dem Kopf steht. Das kommt sehr authentisch rüber. Dass das Ganze aus Leos Sicht geschildert wird, gibt Lesenden die Möglichkeit, tief in ihn hineinblicken zu können.
Kindgerecht und einfühlsam wird zudem vermittelt, dass jeder mit solch einer Konstellation anders umgeht. Eltern, Geschwister, Großeltern, Bekannte - eine jede*r verarbeitet es auf seine/ihre Weise.

Hin und wieder gibt es einen Bezug zu Gott, der jedoch nicht essenziell ist. Man kann es aufgreifen und gut darüber reden. Lesende sollten sich bewusst sein, aus welchem Verlag dieses Buch stammt und dass dieser Aspekt daher natürlich einen Teil der Geschichte einnimmt.

Am Ende gibt es noch "Die zehn wichtigsten Dinge für alle, die Kinder in ihrer Trauer begleiten", in denen Punkte aufgezählt werden, die sehr hilfreich sind, um sich auch auf das hinterbliebene Kind zu fokussieren, wenn man selbst nichts mehr um sich drumherum wahrnimmt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kind, welches sich aktuell in einer derartigen Situation wie Leo befindet, auch noch mit einem Buch konfrontiert werden möchte, in dem ein ähnlicher Umstand herrscht.
Auch zur (direkten) Nachbereitung ist es in meinen Augen eher nicht geeignet.
Daher geht meine Empfehlung an alle - Kinder und Erwachsene -, die sich mit dem Thema einfach beschäftigen wollen - egal, ob ein Trauerfall in nächster Zeit ansteht oder nicht.

©2022 Mademoiselle Cake