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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.03.2024

Wunderbar kurzweilige Hommage an das Lesen

Die souveräne Leserin
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Die Queen trifft bei einem Spaziergang auf einen Bücherbus, eine fahrende Bibliothek, und obwohl sie wahrlich genug Bücher zu Hause hätte, ist es genau dieser Bus, der sie auf die Idee bringt zu Lesen. ...

Die Queen trifft bei einem Spaziergang auf einen Bücherbus, eine fahrende Bibliothek, und obwohl sie wahrlich genug Bücher zu Hause hätte, ist es genau dieser Bus, der sie auf die Idee bringt zu Lesen. Das hat sie vorher nämlich nie getan. Lesen ist ein Hobby und die Queen hat kein Hobby zu haben, weil ein Hobby zu haben immer bedeutet eine bestimmte Menschengruppe, die diesem Hobby nicht fröhnen, auszuschließen (finde ich im Übrigen ein sehr interessante Sichtweise auf das Thema Hobby). In dem Fall der Queen kommt es allerdings überaus deutlich raus, denn ob den neu lieb gewonnen Büchern, vergisst sie fast die Welt im sich herum.

Und genau hier hatte mich der Autor. Es ist eine Geschichte darüber, wie wir uns in Büchern verlieren können und wie wir über das Lesen in andere Welten abtauchen, die für Nicht-Eingeweihte nicht zugänglich sind. Eine Hommage an das Lesen, die es auf gerade einmal etwa 100 Seiten auf den Punkt bringt, warum wir so gerne lesen, was es mit uns macht und zu guter Letzt welche Auswirkungen es haben kann (das Ende ist tatsächlich ein sehr überraschendes).

Das Büchlein ist eine tolle kurzweilige Geschichte, die sich wunderbar als kleine Lektüre für den Sonntagnachmittag oder als Geschenk für Bücherfreunde eignet.

Veröffentlicht am 26.02.2024

Spannende Geschichte, klug vernetzt

Die Halbwertszeit von Glück
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Holly, Mylène und Johanna tragen, jede für sich, von jetzt auf gleich eine große Bürde mit sich, die ihr Leben, wie sie es bisher kannten, auf eine harte Probe stellt.

Dabei wird die Geschichte der drei ...

Holly, Mylène und Johanna tragen, jede für sich, von jetzt auf gleich eine große Bürde mit sich, die ihr Leben, wie sie es bisher kannten, auf eine harte Probe stellt.

Dabei wird die Geschichte der drei Frauen in drei verschiedenen Handlungssträngen erzählt die sich am Ende kreuzen. Eine dieser Verbindungen ist relativ schnell klar, wie der Rest zusammenhängt, da bin ich nicht drauf gekommen, egal wie viel ich nachgegrübelt habe. Die Erzählstränge wechseln von Kapitel zu Kapitel. Da jedes Kapitel mit einem Mini-Cliffhanger endet und die Länge genau richtig ist, ergibt sich ein wirklich toller Lesefluss.

Die Hauptprotagonistinnen sind nicht alle gleich sympathisch und ein paar wenige, wenn auch wichtige, Entscheidungen fand ich ziemlich drüber. Aber gut, das Drama spitzt sich dadurch relativ schnell zu und das Leiden der Frauen (die eine leidet mehr, die andere weniger) damit ebenfalls.
Wo ich anfänglich mit Hollys und Mylènes Verhalten nicht so recht warm geworden bin, wandelt sich ihre emotionale Lage und ihre Sichtweise auf die Dinge, was es wiederum nachvollziehbar und auch irgendwie authentisch macht (treffen wir aus manchen Situation raus nicht alle auch mal undurchdachte Entscheidungen?!). Schlussendlich fügt sich alles sehr passend und stimmt einen irgendwie auch versöhnlich. Es ist ein wirklich schönes Buch; was mir defacto unter dem Strich aber gefehlt hat ist das Alleinstellungsmerkmal. Irgendwie hat man das Gefühl, das alles schonmal gelesen zu haben.

Dennoch gibt es von mir eine Leseempfehlung für alle, die beispielsweise Der späte Ruhm der Mrs Quinn oder Das Licht zwischen den Schatten mochten.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 22.02.2024

Toller Wohlfühlkrimi mit viel britischem Flair

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam
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Sir Peter, Marlows reichster Einwohner wird auf der Party am Tag vor seiner Hochzeit von einem Schrank erschlagen. Seltsam nur, dass Sir Peter selbst Judith auf höchst merkwürdige Weise zu seiner Party ...

Sir Peter, Marlows reichster Einwohner wird auf der Party am Tag vor seiner Hochzeit von einem Schrank erschlagen. Seltsam nur, dass Sir Peter selbst Judith auf höchst merkwürdige Weise zu seiner Party eingeladen hat und dabei so klang, als wüsste er, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Während die Polizei von einem Unfall ausgeht, glauben Judith, Becks und Suzie nicht daran und beginnen zu ermitteln.

Die drei Frauen sind immer noch genauso liebenswert wie im ersten Teil. Jede von ihnen hat auch weiterhin ihre kleinen Problemchen und eigenen Marotten, die sie einfach sehr authentisch wirken lassen, auch wenn die Geschichte und der Krimiplot selbst nicht das sind, was ich als realitätsnah beschreiben würde. Macht aber nichts, weil genau das macht es so besonders. Der Fokus liegt hier nicht unbedingt auf dem klassischen Whodunnit (es gibt nicht so wahnsinnig viele Protagonisten, da hat man doch sehr schnell einen Verdacht) sondern vor allem geht es um das Wie. Die Umstände sind überaus mysteriös. Auf die Auflösung wäre ich niemals gekommen, da hätte ich noch sehr sehr lange grübeln können. Hier gibt es auch für mich den einzigen Kritikpunkt: es gibt seeehr viele Repetitionen. Gefühlte 1000 mal werden die Todesumstände wiederholt und warum die Situation so vertrackt ist. Das war dann doch etwas anstrengend.

Das hier ist der zweite Teil von Mrs Potts Mordclub und entsprechend gibt es im Buch Spoiler zum ersten Teil. Die Kriminalgeschichten an sich sind abgeschlossen, aber da der Mordclub selbst nicht noch einmal ausführlich vorgestellt wird, würde ich empfehlen mit dem ersten Teil zu beginnen, wenn man Judith Potts noch nicht kennt.

Alles in allem ein schöner Wohlfühlkrimi, der zum Miträtseln einlädt und mit einer überraschenden Aufklärung zum Schluss aufwartet. Mir hat dieser Teil fast noch besser gefallen als der erste. Empfehlenswert für alle Cosy Crime Liebhaber!

Veröffentlicht am 20.02.2024

Interessante Reise nach Russland, die sehr nachdenklich macht

Das Philosophenschiff
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Eine 100-jährige Architektin, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit ihren Eltern auf einem Schiff, einem sog. „Philosophenschiff“, aus Russland ins Exil gebracht wird, erzählt einem Schriftsteller ...

Eine 100-jährige Architektin, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit ihren Eltern auf einem Schiff, einem sog. „Philosophenschiff“, aus Russland ins Exil gebracht wird, erzählt einem Schriftsteller ihre Lebensgeschichte.

Die Erzählweise von Anouk Perleman Jacob ist Gold. Witzig, intelligent und charismatisch. Man sieht diese 100-jährige eine Zigarette nach der anderen rauchen (irgendwann ist’s auch egal, da tut man alles, dass das Ende schneller kommt), wie sie in ihrem Sessel sitzt und redet und redet und redet.

Ich hatte manchmal Angst, den roten Faden zu verlieren und auch die Erzählerin muss sich hin und wieder bremsen um nicht weiter abzuschweifen. Worauf die Geschichte hinaus will, erfahren wir tatsächlich erst ganz zum Schluss und auch wenn es im Nachhinein betrachtet ein sehr cleveres Ende ist, so habe ich einfach nicht damit gerechnet, dass die Geschichte diese Wendung einschlägt.
Manche Ideen und Personen, wie die der Alice und auch, dass der Schriftsteller (der sich als Köhlmeier selbst outet) neben der Erzählung von Frau Perleman Jacob auch noch weitere Recherchen anstellt, hätte ich mir weiter ausgearbeitet gewünscht. Für mich zunächst vergebenes Potential, da sich hier zwei gute Spannungsfelder hätte entwickeln können. Aber nun ist man am Ende, wie so häufig im Leben, schlauer, was mich dazu verleitet zu denken, dass es gar nicht um das ging, was ich bis zuletzt erwartet habe, sondern es hier keine umfassende Auflösung gibt.

Ob Köhlmeier uns mit der Geschichte noch mehr erzählen wollte? Kann oder muss sogar die Erzählung auf die gegenwärtige Situation in Russland übertragen werden? Das muss wohl jeder nach der Lektüre für selbst sich beantworten. Ich fand die Reise auf dem Philosophenschiff sehr spannend und möchte sie allen empfehlen, die gerne undurchsichtige Geschichten lesen, die einen rätselnd und nachdenklich zurück lassen.

Veröffentlicht am 29.01.2024

Unterhaltsam und bedrückend gleichermaßen

Die Frau in Hitlers Badewanne
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Als ich in „Liebe in Zeiten des Hasses“ über Lee Miller und ihre Beziehung zu Man Ray gelesen habe, wusste ich, dass ich mehr über dies Frau erfahren möchte. Diese Biografie erzählt die Geschichte wie ...

Als ich in „Liebe in Zeiten des Hasses“ über Lee Miller und ihre Beziehung zu Man Ray gelesen habe, wusste ich, dass ich mehr über dies Frau erfahren möchte. Diese Biografie erzählt die Geschichte wie Lee zunächst als Fotomodell vor und später dann durch Man Ray hinter der Kamera berühmt wurde. Nachdem sie und Man Ray getrennte Wege gingen, machte sie sich zuerst einen Namen als Modefotografin. Dabei ist es genau diese Rolle in ihrem Leben, die ihr am meisten missfiel. Man spürt in diesem Buch wie sie immer neue Abenteuer sucht, was auch ihr Antrieb war als Kriegsberichterstatterin zu arbeiten.

Mich haben vor allem die Kapitel in der Welt um die Surrealisten und Künstler in Paris fasziniert. Diese auch einmal aus der weiblichen Perspektive kennenzulernen, hat mir gut gefallen. Hier bin ich mit dem Lesen nur sehr langsam voran gekommen, weil ich jedes Bild, sei es nun das Portrait Picassos von ihr oder die Solarisationsbilder von Man Ray, googeln musste (was ich immer tue, wenn ein Bild beschrieben ist, das ich nicht vor meinem inneren Auge parat habe) was mir immer wahnsinnig viel Freude bereitet.

Sehr bedrückend und eindrücklich hingegen sind die Schilderungen Lees im zweiten Weltkrieg. Insbesondere die Beschreibung der Befreiung des KZ Dachaus ist beklemmend. Lee hat hingesehen und alles festgehalten. Ohne ihre Bilder und das damit verbundene Zitat „Glaubt mir, es ist alles wahr!“ wäre das Grauen dort wohl nicht in dieser Schonungslosigkeit ans Licht gekommen. Dieser immens wichtige Beitrag gegen das Vergessen macht sie zu einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts.

Diese Biografie ist unterhaltsam und bedrückend gleichermaßen und macht sie damit wahnsinnig lesenswert. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der Hass wieder aufkeimt, ist es unabdingbar sich das Grauen vor Augen zu halten, denn nie wieder ist jetzt!

Those who cannot remember the past are condemned to repeat it.
- George Santayana