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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2021

aktuell und eindringlich

Wenn ich wiederkomme
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Rezension zu „Wenn ich wiederkomme“ von Marco Balzano
Marco Balzano kann erzählen. Sein Schreibstil liest sich flüssig und zügig, seine Geschichten erzählt er leise und eindringlich. Daniela, Mutter zweier ...

Rezension zu „Wenn ich wiederkomme“ von Marco Balzano
Marco Balzano kann erzählen. Sein Schreibstil liest sich flüssig und zügig, seine Geschichten erzählt er leise und eindringlich. Daniela, Mutter zweier Kinder, lebt jahrelang in Rumänien von einem mageren Arbeitslosengeld. Ihr Mann ist ein „Nichtsnutz“ mit großen Plänen aber wenig Durchhaltevermögen. Um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen, geht sie nach Italien, um dort private Pflegekraft zu arbeiten.
Der Roman ist aufgeteilt in drei Teile. Im ersten Teil erzählt der Sohn. Er beschreibt seine Kindheit, das plötzliche Verschwinden der Mutter nach Italien und damit das langsame auseinanderfallen der Familie. Er schildert Träume und Enttäuschungen und man spürt schnell, wie weitreichend die Folgen seiner Lebenssituation für ihn sind.
Im zweiten Teil erzähl Daniela. Als Leser kann man nachvollziehen, warum sie nach Italien ging und es wird schnell deutlich, wie sehr die Situation alle Familienmitglieder belastet.
Im letzten Teil kommt die Tochter zu Wort und vollendet so das Familienbild.
Schön ist, dass die Geschichte weitergeht und nichts doppelt erzählt wird. Gut zur Geschichte passt auch, dass der Vater nicht zu Wort kommt, da er meistens mit Herumsitzen oder Abwesenheit glänzt.
Insgesamt sind die Figuren toll gezeichnet. Sie sind authentisch dargestellt und mitten aus dem Leben gegriffen. Das Thema, die Migration von Osteuropäern nach Italien (oder eben auch Deutschland) ist erschreckend aktuell und realistisch dargestellt. Ich habe schon häufiger über die Ausbeutung dieser Menschen nachgedacht und dieser Roman sorgt dafür, dass es mir wieder sehr präsent im Kopf ist.
Mit „Wenn ich wiederkomme“ ist Marco Balzano wieder ein toller Roman gelungen, der noch lange nachhallt.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

kurzweilig und inspirierend

Die Frau, die den Himmel eroberte
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Rezension zu „Die Frau, die den Himmel eroberte“ von Vanessa Giese
Vanessa Giese erzählt die Geschichte von Katharina Paulus. Sie berichtet überraschend kurzweilig und einnehmend von einer jungen Frau, ...

Rezension zu „Die Frau, die den Himmel eroberte“ von Vanessa Giese
Vanessa Giese erzählt die Geschichte von Katharina Paulus. Sie berichtet überraschend kurzweilig und einnehmend von einer jungen Frau, die sich durchsetzt. Katharina ist ein realer Charakter der fasziniert. In einer Zeit, in der Frauen nichts zu sagen haben, kämpft sie für ihren Traum, das Fliegen. Dabei erlebt sie viel Schönes und hat so manches Mal Glück, doch auch schwere Schicksalsschläge bestimmen ihr Leben. Das ist es, was die Geschichte dieser besonderen Frau nie langweilig macht. Es ist schwer hier viel zu schreiben, ohne zu verraten, welchen Lauf ihr Leben nimmt. Daher nur soviel: Liebe und Trauer, Freude und Unglück begleiten sie ihr Leben lang. Sie fällt und steht auf und das in ungewöhnlichen und aufwühlenden Zeiten. Vanessa Giese lässt geschickt die Konventionen des Kaiserreichs durchscheinen und verdeutlicht die Schrecken, Entbehrungen und Hoffnungen des Ersten Weltkrieges und die Zwiespältigkeit der Gesellschaft, wie sie tatsächlich belegt ist. Mittendrin die reale Figur Käte Paulus. Dies und ein gut recherchierter historischer Hintergrund machen die Geschichte authentisch. Schnell wird klar: Käte Paulus ist eine ganz besondere Frau, die zeigt, wie wichtig es ist für sich selbst und seine Träume einzustehen. „Die Frau, die den Himmel eroberte“ ist ein inspirierender Roman, der auch mit spannenden Wegbegleitern Kätes aufwarten kann. Käte Paulus ist zwar ein Kind ihrer Zeit, aber mit Träumen, die sehr fortschrittlich waren und mit einem scharfen Verstand gesegnet. Empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 03.10.2021

verwirrender Klappentext; bleibt hinter den Erwartungen

Der Panzer des Hummers
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Rezension zu „Der Panzer des Hummers“ von Caroline Albertine
Caroline Albertine schreibt in einem guten Stil. Er lässt sich gut und flüssig lesen. Der Beginn des Romans ist dennoch etwas wirr. Dies liegt ...

Rezension zu „Der Panzer des Hummers“ von Caroline Albertine
Caroline Albertine schreibt in einem guten Stil. Er lässt sich gut und flüssig lesen. Der Beginn des Romans ist dennoch etwas wirr. Dies liegt daran, dass im ersten Abschnitt Charlotte spricht, die bereits verstorben ist und es dauert etwas, bis man das versteht. Sie taucht immer wieder auf. Diese Abschnitte sind mal hilfreich für die Geschichte (wenn sie mit ihrem Mann über die Familie spricht oder über die Familie nachdenkt) und mal schräg (wenn sie beschreibt, wo sie sich befindet und ihre Gedanken wirr sind).
Die Figuren sind mal mehr mal weniger ansprechend. Charlotte ist die Mutter der Familie. Die Geschichte wechselt in ihren Abschnitten zwischen ihren drei Kindern hin und her. Diese Perspektivwechsel sind gut gelungen und lassen den Roman vollständiger wirken. Ea ist die Älteste, lebt in den USA und wirkt am „normalsten“. Ihre Geschichte habe ich gerne verfolgt, da sie meistens nachvollziehbar war. Die zweitälteste Tochter ist Sidsel. Sie arbeitet in einem Museum. Die Abschnitte, in denen sie sich mit ihrem Job beschäftigt, sind spannend und machen Spaß. Auch ihre Tochter ist gut gestaltet. Allerdings hat sie immer wieder Abschnitte, die ich gar nicht mochte. Die Autorin nutzt in diesen Abschnitten eine derbe Sprache, die ich eher abstoßend fand. Der Jüngste im Bunde ist Niels, über den man lange am wenigsten weiß. Lange war er mir sympathisch, aber dann stellten sich auch bei ihm so einige Dinge heraus, bei denen ich mich gefragt habe: WARUM?.
Lange habe ich die Geschichte mit angenehmer Spannung verfolgt, weil ich wissen wollte, wie und wann sich die Familie annähert, wie es der Klappentext versprach. Allerdings trifft dies bis zum Schluss nicht zu und dass ist wohl die größte Schwäche des Romans. Der Klappentext versprach eine Familiengeschichte mit der Frage, ob sie wieder zueinander finden können. Diese Frage erübrigt sich aber, da die Geschwister kaum Kontakt haben und auch wenig bis gar nicht übereinander nachdenken. Jeder ist mit seinem Kram beschäftigt. Daher habe ich den Familienkonflikt sehr vermisst. Zusammen mit den teilweise schrägen Verhaltensweisen der Figuren lässt sich sagen: Caroline Albertine hat einen schönen Erzählstil, aber die Geschichte an sich ist weniger zu empfehlen, auch wenn sich einige Abschnitte ganz gut lesen lassen. Mich ließ der Roman verwirrt und auch etwas ratlos zurück.

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Veröffentlicht am 20.09.2021

märchenhaft und ganz besonders

Junge mit schwarzem Hahn
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Leserunde zu „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte
Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, auch durch einen angenehm lesbaren Erzählstil, der immer wieder nahezu poetisch ist. Dies passt ...

Leserunde zu „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte
Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, auch durch einen angenehm lesbaren Erzählstil, der immer wieder nahezu poetisch ist. Dies passt sehr gut zu der Erzählweise und der Geschichte insgesamt, da sie immer wieder an ein Märchen erinnert. Viele Geschehnisse wirken unwirklich und dann doch wieder klar und verdeutlichen so machen Probleme der Gesellschaft. Viele Ereignisse dienen als Bildnis.
Erzählt wird nicht konsequent linear, sondern es werden vor allem zu Beginn immer wieder vergangene Erlebnisse des Jungen erzählt. Faszinierend ist die Erzählstimme, weil sie aus der kindlichen Perspektive berichtet. Da das Kind aber ungemein klug ist, wird dies immer wieder leicht durchbrochen.
Der Junge heißt Martin und ist ein besonderes Kind. Mit seinem ausgesprochen wachen Geist hebt er sich von den meisten Dorfbewohnern seiner Heimat und vielen weiteren Figuren ab. Mit seinem feinen Gespür für Moral und Recht und Unrecht sind seine Gedanken das Licht in einer ansonsten eher düsteren Erzählung. Der Junge gibt Hoffnung auf bessere Zeiten.
Spannend ist der Hahn, der den Jungen stets begleitet. Immer wieder fragt man sich als Leser, ob er real ist oder einen Teil des Unterbewusstseins des Jungen wiederspiegelt.
Ein weiterer wichtiger Charakter ist zudem der Maler, der dem Jungen eine wichtige Stütze ist und vor allem der Erste ist, der erkennt, dass dieser Junge besonders ist.
Die Handlung schreitet insgesamt rasch voran, was der Geschichte guttut. Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich.
Die Hauptcharaktere sind vielschichtig und stechen damit gut heraus.
„Junge mit schwarzem Hahn“ ist ein ganz besonderes Buch, das noch länger nachhallt und zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

geschickt mit der Realität verwoben

Russische Botschaften
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Rezension zu „Russische Botschaften“ von Yassin Musharbash
Yassir Musharbash schreibt mit in einem Stil, der sich zügig und flüssig lesen lässt. Von Beginn an war ich gefesselt von der Geschichte.
Die ...

Rezension zu „Russische Botschaften“ von Yassin Musharbash
Yassir Musharbash schreibt mit in einem Stil, der sich zügig und flüssig lesen lässt. Von Beginn an war ich gefesselt von der Geschichte.
Die Protagonistin Merle ist sehr menschlich. Ganz Reporterin geht sie auch mal über Grenzen hinweg, ist resolut und durchsetzungsfähig, wenn sie Dinge herausbekommen möchte. Manchmal war ich etwas erschrocken über ihr Handeln, dann habe ich sie wieder als menschlicher empfunden. Sie ist in jedem Fall ein spannender Charakter. Gleiches gilt auch für Erlinger, ihren Kollegen. Vom Unsympath mausert er sich zu einem vielschichtigen Charakter, ebenso wie viele andere, die den Weg Merles in diesem Fall kreuzen. Der Autor schafft es, sehr unterschiedliche Charaktere zu einem Team zu formen und dies ganz natürlich wirken zu lassen. Nichts wirkt erzwungen.
Die größte Stärke dieses Romans sind aber die vielen realen Begebenheiten und aktuellen politischen Aspekte, die äußerst geschickt in die Handlung eingearbeitet wurden. Zum einen ist dies angenehm, weil dem Leser eine gewisse Grundintelligenz zugetraut wird (die realen Aspekte könnte man sonst wahrscheinlich nicht zuordnen). Zum anderen sorgt es dafür, dass die Geschichte nicht als „platter“ Thriller daherkommt, sondern mit relevantem Inhalt unterfüttert wird. Das macht ihn gleichzeitig deutlich realistischer.
Zum Ende hin fällt die Spannungskurve leider ab. Ein unerwarteter Twist fehlt leider. Das Ende der Geschichte passt dennoch zum Anfang. Es wird deutlich, wie verstickt die ganze Angelegenheit von Beginn an ist.
Insgesamt ist „Russische Botschaften“ ein lesenswerter Thriller, der vor allem durch die geschickte Verflechtung mit realen Begebenheiten und vielseitigen Charakteren überzeugen kann.

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