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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2018

Spannende Geschichtsstunden

Verloren in Eis und Schnee
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Ich bin extrem begeistert von diesem Jugendbuch, das ich äußerst gespannt las, von dem ich einige historische Dinge lernte und das mich mit seiner graphischen Gestaltung beeindruckte.

Ich habe schon einige ...

Ich bin extrem begeistert von diesem Jugendbuch, das ich äußerst gespannt las, von dem ich einige historische Dinge lernte und das mich mit seiner graphischen Gestaltung beeindruckte.

Ich habe schon einige Bücher rund um den 2. Weltkrieg gelesen, aber von der Belagerung Leningrads habe ich bisher nichts gewusst. Und wie schnell es ging, dass die Vorräte in der Stadt aufgebraucht waren und die Einwohner elendig verhungerten. Leningrad war ab dem 8. September von den Deutschen eingekesselt, und das Buch endet bereits im November 1941. Zu diesem Zeitpunkt steht den Einwohnern das Schlimmste wohl noch bevor, denn die Blockade dauerte bis zum Januar 1944.

Viktor verschlägt es nicht bis nach Sibirien, Kasan ist der östlichste Ort den er erreicht. Aber er muss trotzdem gegen die bittere Kälte und gegen den Hunger kämpfen, um sich in seine Heimatstadt Leningrad zurück zu kämpfen. Dabei geht er manchmal leichtsinnig oder auch ungestüm vor, aber immer äußerst mutig. Genauso wie seine Wegbegleiter.
Dasselbe kann ich aber auch über seine Schwester Nadja sagen, die auf andere Hindernisse stößt und diese mit viel Mut überwinden will.
Von Viktor wussten wir immerhin seit dem Prolog, dass er zumindest im November 1941 noch am Leben sein wird. Dennoch fand ich die abenteuerliche Reise der Geschwister äußerst spannend zu verfolgen.

Erschrocken hat mich manchmal, wie russische Soldaten / Behörden / 'Offizielle' selbst mit ihren eigenen Landsleuten umspringen. Egal wo Nadja oder Viktor hinkommen, sie werden eigentlich immer wie Kriminelle oder im besten Fall 'ruppig' behandelt. Das geht schon los auf dem Bahnhof, wo die Züge der Kinder abfahren und bleibt so bis zum Ende des Buches. Eine ruhmreiche Ausnahme ist die nette Frau, die Viktor und seine Freunde für eine Nacht beherbergt und ihnen Mäntel aus ihren Decken näht.

Ich war an vielen Stellen im Buch so froh, dass ich nicht in jener Zeit und an diesem Ort gelebt habe. Meine Großeltern sind allerdings genauso alt gewesen wie die Zwillinge. Leider kann ich sie jetzt nicht mehr zu ihren Erfahrungen befragen, und auch nicht mehr meine Eltern ob sie ihnen damals was erzählt hätten. Uns Enkeln wurden jedenfalls nie irgendwelche Kriegserlebnisse berichtet. Mein Großvater musste als Jugendlicher kurz vor Kriegsende noch zur Marine, als sein Schiff versenkt wurde geriet er in britische Kriegsgefangenschaft und blieb dort auch noch viele Monate nach Kriegsende. Erzählt hat er uns davon aber nie etwas.

Abschließend muss ich unbedingt noch ein Wort (oder auch viele) über die graphische Aufbereitung des Buches sagen, das mich wahrlich begeistert hat. Der Hauptteil des Textes stammt aus den jeweiligen Tagebüchern von Nadja und Viktor (und schon allein das wurde authentisch nachgestellt), die ihren Berichten manchmal Fotos, Landkarten oder Zeichnungen hinzu gefügt haben. Den Rahmen bildeten schließlich Berichte von Oberst Smirnow vom Volkskommisariat für Innere Angelegenheiten, der diese Tagebücher genauestens studierte und immer wieder Anmerkungen macht. Das, und die einzelnen Utensilien auf seinem Schreibtisch, wurden toll wiedergegeben.

Veröffentlicht am 10.10.2018

Erfolgreich zusammengeflickt

Das Leben ist kein Flickenteppich
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Ich war vorgewarnt. Dass dieses Buch kein locker leichter Frauenroman ist. Es werden eine Menge ernste Themen angesprochen, in mehr oder weniger großem Ausmaß: Mobbing, Verlust des Vaters, Essstörungen, ...

Ich war vorgewarnt. Dass dieses Buch kein locker leichter Frauenroman ist. Es werden eine Menge ernste Themen angesprochen, in mehr oder weniger großem Ausmaß: Mobbing, Verlust des Vaters, Essstörungen, Autounfall, tätlicher Angriff, Alkoholismus, Drogen.
Trotzdem hinterlässt die Geschichte von Nora eine durchaus positive Grundstimmung. Denn Nora hat zwar die meisten der obengenannten Dinge am eigenen Körper erlebt, aber sie ist so eine wahnsinnig starke Frau, dass sie sich nicht unterkriegen lässt.

Das Starksein musste sie schon als junges Mädchen lernen. Im Alter von 10 Jahren verlässt ihr über alles geliebter Vater urplötzlich und ohne jede Erklärung Frau und Kinder, obwohl auch er seine 2 Töchter abgöttisch liebte und jeden Tag mit ihnen die tollsten Abenteuer erlebte. Noras jüngere Schwester Lily zieht sich daraufhin in sich zurück, so dass Nora auf einen Schlag die beiden Menschen verliert, die sie am meisten liebte. Ihren Frust futtert sie buchstäblich in sich hinein, und vergräbt sich in ihren Schulbüchern. Täglich muss sie die Hänseleien ihrer Mitschüler ertragen, Freunde hat sie gar keine. Aber sie erträgt das alles, mit dem festen Ziel im Auge später aufs College und die Uni gehen zu können.

Dort blüht sie auf, lernt später den tollsten Mann von Boston kennen und sie verbringen einige glückliche Monate. Doch auch jetzt muss sie immer noch stark sein, besonders nach dem 'großen bösen Vorfall', als ihre Welt plötzlich nicht mehr bunt sondern nur mehr grau ist, zwingt sie sich zu einer positiven Einstellung. Bis sie dann von einem Laster angefahren wird, und ihr Freund an ihrem Krankenbett Schluss macht und schon mit der nächsten flirtet. Körperlich und seelisch tief verletzt macht sie sich auf in die Heimat, wo noch nicht mal ihre Mutter sie haben will - geschweige denn die anderen Bewohner der kleinen Insel. Und doch hält sie ihren Kopf weit erhoben, beißt sich durch, gibt nicht auf. Vor allem nicht bei ihrer Nichte Poe, die - wie es sich für einen 15jährigen Teenager gehört - einfach nur genervt von der ganzen Welt und ganz besonders von ihrer Tante ist.

Ich bewundere Nora wirklich für ihr Durchhaltevermögen auch in schwierigen Situationen. Wie sie zB ihren Erzfeinden aus der Schulzeit entgegen tritt. Ich wäre spätestens bei Teeny Fletcher ausgezuckt, aber sie reagiert einfach nur cool! Ich weiß auch nicht, ob ich bei Poe so geduldig und ausdauernd gewesen wäre. Auch ihre Stärke Bobby gegenüber ist ebenfalls bewundernswert, ich hätte seinem Drängen nach einer 2. Chance wohl nachgegeben, wo sie ihn doch vorher in den allerhöchsten Tönen lobt.

Eine potentielle neue Liebe steht für Nora aber auch gar nicht im Vordergrund, darauf ist sie gar nicht so erpicht. Und das gefiel mir recht gut, dass es im Buch gar nicht um eine (neue? oder doch alte?) Romanze geht sondern darum wie Nora ihr Leben wieder auf die Reihe kriegt.
~~~ACHTUNG: Kleiner Spoiler:~~~
Auch dass der Himmel nicht voller Geigen ist, als sie nach langer Zeit mal wieder geküsst wird, fand ich sehr gut. Eine sehr willkommene Abwechslung von den sonstigen Büchern dieser Art, wo dann an dieser Stelle immer die Welt still steht und sich die Protagonisten wie neugeboren fühlen, oder ...[bitte fügen Sie hier eine kitschige Beschreibung ihrer Wahl ein]...
~~~Spoiler Ende~~~

Und das Ganze ist so wunderbar geschrieben (und vor allem auch übersetzt worden!), oftmals mit einem kleinen Anflug von Humor (wenn sie zB manch andere Inselbewohner beschreibt, oder reden lässt), der genau mein Ding ist. Xiaowen fand ich Spitze!
Ich habe vor einiger Zeit schon ein Buch von Kristan Higgins gelesen, das ich toll fand. Das war auch der Grund, warum ich zu diesem Buch griff. Die Kurzbeschreibung allein hätte mich wohl nicht überzeugt. Umso froher bin ich, dass ich das Buch schließlich doch gelesen habe!

Veröffentlicht am 06.10.2018

Schwieriges Thema absolut lebensecht dargestellt ohne kitschig zu werden

Hundert kalte Winter
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Ich habe im Frühjahr ein Buch von Kristina Moninger gelesen und war ganz begeistert. Also freute ich mich, als ich jetzt ein neues Buch von ihr entdeckte. Doch dann las ich die Kurzbeschreibung...und zögerte. ...

Ich habe im Frühjahr ein Buch von Kristina Moninger gelesen und war ganz begeistert. Also freute ich mich, als ich jetzt ein neues Buch von ihr entdeckte. Doch dann las ich die Kurzbeschreibung...und zögerte. Es geht um einen kleinen Jungen, der stirbt, und wie seine Mutter dann damit umgeht. Ein kleiner Junge so wie ich einen zu Hause habe. Eigentlich mag ich gar nicht lesen, wie die Trauerbewältigung in so einem Fall aussehen mag. Denn ich reagiere in solchen Fällen immer gleich sehr emotional und versetze mich in die Protagonisten rein. Aber dann gab es soo viele positive Rezensionen zu dem Buch, dass ich es doch gewagt habe.

Und das war eine sehr gute Entscheidung! Denn obwohl wir oft hautnah dabei sind, wie Sandra um ihr Kind trauert und ihre Welt zu zerbrechen droht, so erzählt Kristina Moninger nie über-melodramatisch oder rührselig. Und trotzdem absolut realistisch, und mitfühlend. Und zwar nicht nur über Sandra, die Mutter des kleinen Jungen. Sondern auch die Gefühlswelt von Katharina, der Mutter des kranken Mädchens, und vor allem auch die der Geschwister - Leo und Nele - werden äußerst gut dargestellt. Die Geschwister von kranken oder auch gestorbenen Kinder geraten sehr oft in den Hintergrund, werden vergessen. An einer Stelle wird das in einer tollen Metapher sehr gut erklärt: wenn man zwei Kinder hat, und eines davon wird schwer krank so ist das wie auf einem kleinen Floß mitten im stürmischen Meer und man kann nur ein Kind auf das Floß retten. Welches Kind lässt man dann los? Das, von dem man glaubt dass es schon allein schwimmen kann! Und dann merkt man vielleicht oft nicht, wie es dennoch droht zu ertrinken obwohl man schon längst das rettende Ufer erreicht hat (d.h. das kranke Kind wieder genesen ist).

Ich war begeistert von dem Buch, trotz des schweren Themas. Der Schreibstil von Kristina Moninger gefällt mir sehr, und auch die Art wie sie ihre Charaktere so differenziert beschreibt und absolut natürlich darstellt. Und dann sind da noch die vielen Kleinigkeiten, Details mit denen ich mich selbst identifizieren kann: einen Opel Vectra fahren, Jonah ist nach dem kleinen Jungen aus "Schlaflos in Seattle" benannt, Leo findet lauter Spitznamen für Nele aus diversen Büchern (die ich alle gelesen habe).

Zum Abschluss noch mein Lieblingssatz aus dem Buch: "Sie war nicht gut darin, etwas zu sagen, ohne etwas zu sagen zu haben."

Veröffentlicht am 30.09.2018

Abenteuerliche Erkundungen

Stella Montgomery und der schaurige See von Wormwood Mire
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Nach den Erlebnissen aus dem 1. Teil wird Stella von ihren Tanten fortgeschickt, bzw. eigentlich zurückgeschickt an den Ort wo sie vor 10 Jahren mit Mutter und Schwester lebte. Dort will sie mehr über ...

Nach den Erlebnissen aus dem 1. Teil wird Stella von ihren Tanten fortgeschickt, bzw. eigentlich zurückgeschickt an den Ort wo sie vor 10 Jahren mit Mutter und Schwester lebte. Dort will sie mehr über diese beiden herausfinden, und kann dabei auf die tatkräftige Hilfe ihres Cousins und Cousine zählen.

Dieses Mal hat es Stella also deutlich besser getroffen, denn entgegen ihren Befürchtungen sind Theodor und Hortense äußerst lieb zu ihr und sogar die Governante ist ein Engel, die den Kindern erstaunliche Freiheiten lässt. So können sie unbehelligt das gesamte Anwesen ihres Vorfahren, eines leidenschaftlichen Forschers & Sammler seltener Spezies aus dem Tier- und Pflanzenreich, erkunden. Und da finden sich zahlreiche skurille Exemplare, die herrlich in dieses Buch aus der viktorianischen Zeit hinein passen.

Während der 1. Teil ein Kriminalfall war, steht hier eindeutig das Abenteuer im Vordergrund. Mir war im 1. Teil gar nicht so sehr bewusst geworden, welche Gabe Stella eigentlich hat. Diese erweist sich hier jedenfalls als sehr hilfreich, denn am Schluss muss Stella schon wieder um ihr Leben bangen. Ich hoffe ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage dass ein 3. Band bald (im Original) erscheinen soll!

Veröffentlicht am 28.09.2018

Winter in Algravia

Die drei Magier - Das gestohlene Drachenfeuer
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Die magische Welt von Algravia wird um einige Wesen erweitert. Und obwohl man sich vor Drachen normalerweise eigentlich fürchtet, waren meine Kinder vom Drachenbaby Zapfi sehr angetan. "Süüß!" war ihre ...

Die magische Welt von Algravia wird um einige Wesen erweitert. Und obwohl man sich vor Drachen normalerweise eigentlich fürchtet, waren meine Kinder vom Drachenbaby Zapfi sehr angetan. "Süüß!" war ihre einstimmige Meinung. (Dieselbe hatten wir vorher auch schon von den Igeln! Die Magier kümmern sich also auch um ihre Umwelt, sehr löblich!)

So fieberten sie auch gespannt mit, ob es denn Vicky, Conrad und Mila gelingen würde, Zapfi zu ihrer Drachenmutter zurück zu bringen. Und da kam dann auch wieder der alte Bösewicht Rabenhorst ins Spiel. Diesmal lernten wir auch seine Burg kennen, dessen Beschreibung meinem älteren Sohn besonders gefiel. Wahrscheinlich auch, weil die Illustrationen dazu (wie überhaupt im gesamten Buch) wieder mal richtig toll geworden sind. Eine ganze Doppelseite wurde dem runden Lesezimmer im Burgturm gewidmet.

Rabenhorst zu überrumpeln ist nicht ganz so einfach wie gedacht (das gefiel mir als Erwachsene eigentlich recht gut, dass man für manche Dinge vielleicht auch mehr Anläufe braucht, aber zumindest nicht gleich aufgeben soll), und so blieb das Buch auch für die Kinder spannend. Die Länge der Kapitel sind perfekt! Die Länge des Buches auch genau richtig, länger sollte es wohl für dieses Lesealter nicht sein. Dann würde es auch zu lange dauern, bis das Buch fertig gelesen wäre - und so langen können sich die kleinen Geister bei so einer spannenden Geschichte gar nicht gedulden!

Man muss übrigens die ersten beiden Bücher nicht unbedingt gelesen haben, die wichtigsten Dinge (wieso die drei Kinder zaubern können und was ihre jeweiligen Stärken sind) werden erklärt. Aber hilfreich ist es schon, die Vorgänger zu kennen. Denn es tauchen bereits liebgewonnene Figuren aus Algravias Zauberwelt wieder auf, die wir schon aus Band 1 + 2 kennen.