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Veröffentlicht am 21.06.2018

Ein wunderbar bildhaft dargestellter aber wenig spannender historischer Roman

Die letzte Stunde
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Juli 1348. In England wütet die Pest und viele Menschen finden den Tod. Ein Zustand, der Lady Anne dazu bewegt, ihr kleines Reich vor der sich schnell ausbreitenden Krankheit zu schützen. Die Zugbrücke ...

Juli 1348. In England wütet die Pest und viele Menschen finden den Tod. Ein Zustand, der Lady Anne dazu bewegt, ihr kleines Reich vor der sich schnell ausbreitenden Krankheit zu schützen. Die Zugbrücke wird zerstört und der Zugang zum übrigen Land abgeschnitten. Von nun an sind die Bewohner auf sich gestellt und lernen recht schnell, mit der außergewöhnlichen Situation umzugehen. Denn Lady Anne hat nicht nur einen fähigen Verwalter bestimmt, da ihr Gatte auf Reisen weilt, sie hat auch das Zepter fest in der Hand und setzt sich für die Beseitigung aller anfallenden Probleme ein. Doch als Plünderer versuchen, ihre zur Neige gehenden Vorräte zu stehlen und darüber hinaus in ihren Reihen ein heimtückischer Mord geschieht, sieht es plötzlich nicht mehr so gut für Lady Anne und ihre Schutzbefohlenen aus.

"Die letzte Stunde" ist der erste Teil eines historischen Romans, der von Minette Walters stammt, die als Krimiautorin sehr erfolgreich ist. Und obwohl sie das Genre gewechselt hat, lässt auch diesmal ein Verbrechen geschehen, das eine nicht unbedeutende Rolle in dem mit vielen historischen Details angereicherten Geschehen einnimmt. Doch bis es so weit ist und Lady Anne einem perfiden Mörder auf die Schliche kommt, taucht der Hörer tief in die Besonderheiten einer Epoche ein, in der die Menschen nicht durch Mord und Totschlag das Zeitliche segnen, sondern eine nicht zu beherrschende Epidemie. Da sind Angst und Verzweiflung vorprogrammiert, da kaum jemand das nötige Wissen zu Bekämpfung der tödlichen Krankheit hat.

Gelesen wird der durch seine authentische Kulisse sehr interessante allerdings nur mäßig spannende Roman von Gabriele Blum, die es wunderbar versteht, die Figuren und ihre Gefühle darzustellen. Angefangen mit Lady Anne, die als selbstbewusste und intelligente Frau gegen längst verstaubte Konventionen zu kämpfen hat über den neu ernannten Verwalter Thaddeus, der trotz seiner Klugheit und Besonnenheit nur schwer einzuschätzen ist, bis hin zu Lady Annes Tochter Eleanor, die genauso eigensinnig und dumm, wie Lady Anns Gatte Sir Richards ist, verleiht sie allen eine Stimme, die zu ihnen passt und ihre Charaktereigenschaften gut zum Ausdruck bringt.

Fazit:
Ein wunderbar bildhaft dargestellter und gut gelesener historischer Roman, der sich zwar oft in seinen dargebotenen Details verliert, dafür aber gut nachvollziehbar ist.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Ein subtiler, leider aber auch spannungsarmer Roman über eine verhängnisvolle Freundschaft

Das Paar aus Haus Nr. 9
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Die Texterin Sara wohnt mit ihrem Mann Neil und den gemeinsamen Kindern Patrick und Caleb in einem Doppelhaus, das in einer der besseren Gegenden Londons steht. Und während sie regelmäßig mit dem Haushalt ...

Die Texterin Sara wohnt mit ihrem Mann Neil und den gemeinsamen Kindern Patrick und Caleb in einem Doppelhaus, das in einer der besseren Gegenden Londons steht. Und während sie regelmäßig mit dem Haushalt und der Kindererziehung beschäftigt ist, versucht er in seiner Firma den Job eines Generaldirektors zu erringen. Ein unauffälliges Paar, das plötzlich wie umgewandelt wirkt, als mit Gavin und Louise zwei Künstler in die frei stehende Hälfte des Hauses ziehen und sie merken, wie spießig ihr wohlgeordnetes Dasein wirklich ist. Von nun an kapseln sich Sara und Neil von ihren einstigen Freunden ab und beginnen nur noch für ihre neuen Nachbarn und deren faszinierende Lebensweise da zu sein.

"Das Paar aus Haus Nr. 9" ist ein sehr ruhig verlaufender und mit einer düsteren Grundstimmung versehender Roman, der sich ausschließlich um die sich immer stärker entwickelnde Freundschaft zwischen den beiden im Haus Nr. 9 wohnenden Familien dreht. Dabei merken Sara und Neil lange Zeit nicht, welche destruktive Wirkung das unbeschwerte Künstlerleben auf sie hat und welche unerfüllten Sehnsüchte es in ihnen weckt. Eine fatale Entwicklung, die ihren Sog immer mehr verstärkt, während sich der Leser sich langsam fragt, wie lange das noch so weitergeht. Und ganz allmählich steuert das vertrackte Geschehen auf einen Höhepunkt zu, der letztendlich viel zu mager ausfällt und sein Potenzial nicht wirklich nutzt. Hier wäre etwas mehr Dramatik angebracht gewesen, um dem subtilen Handlungsverlauf einen passendes Finale zu verleihen.

Die Figuren selbst treten mehr oder weniger stark in Erscheinung, können aber mit ihrem Verhalten und ihrer Wirkung gut eingeschätzt werden. Vor allem Sara, aus deren Sicht der immer mehr auf eine Katastrophe zusteuernde Prozess erzählt wird, offenbart viel von ihren Gefühlen, merkt aber selbst erst spät, dass mit den Nachbarn etwas nicht stimmt. Dann aber geht sie rigoros dagegen vor, während ihr Mann Neil noch immer ganz verrückt nach seinen neuen Freunden ist und die Probleme seiner Frau nicht wirklich versteht. Demgegenüber nehmen Gavin und Louise stets die Rolle der im Hintergrund agierenden aber dennoch dominanten Spielmacher ein, die mit ihren Nachbarn, wie mit Puppen umgehen.

Fazit:
Ein Roman, der von dem verhängnisvollen Zusammenspiel seiner Figuren lebt, dabei allerdings zu spannungsarm und ruhig geraten ist.

Veröffentlicht am 20.05.2018

Ein durchwachsener Einstieg in eine neue Krimireihe, die noch viel erwarten lässt

Das korsische Begräbnis
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Ein altes Familiengeheimnis sorgt dafür, dass der bekannte Pariser Schriftsteller Eric Marchand Hals über Kopf nach Korsika reist, wo einst seine Urgroßmutter zu Hause war. Das jedenfalls besagen alte ...

Ein altes Familiengeheimnis sorgt dafür, dass der bekannte Pariser Schriftsteller Eric Marchand Hals über Kopf nach Korsika reist, wo einst seine Urgroßmutter zu Hause war. Das jedenfalls besagen alte Unterlagen, die Eric nach dem Tod seiner Mutter fand und denen er nun auf den Grund gehen will. Doch kaum ist er dort angekommen, gerät er auch schon in eine Blutfehde hinein, die ihm das Leben kosten kann. Aber nicht nur er versucht, sich gegen einen dort ansässigen Clan zu stellen. Auch Chefinspektor Mahmoud Clément bekommt es mit der einflussreichen Familie zu tun, als er ein tödliches Attentat auf den stellvertretender Bürgermeister aufklären will.

"Das korsische Begräbnis" ist der Auftakt zu einer Krimireihe mit dem französischen Schriftsteller Eric Marchand, der mit Vorliebe über das organisierte Verbrechen und seine Vernetzung im In- und Ausland schreibt. Kein Wunder also, dass er genau, wie sein abgewrackter Kommissar Figuret ein Faible für die Aufklärung von Verbrechen hat und sogar der Polizei in seinem Heimatland bei der Aufklärung von 4 Fällen behilflich war. Nun aber gerät er selbst in ein mörderisches Komplott hinein, das ungeahnte Ausmaße besitzt und mit einstigen Vergeltungsschlägen und perfiden Racheplänen zusammenhängt.

Thomas Thiemeyer, der hier unter dem Pseudonym Vitu Falconi einen ungewöhnlichen Ermittler ins Rennen schickt, hat bereits mehrere erfolgreiche Fantasy- und Jugendthriller verfasst. Mit seiner neuen Figur, dem Schriftsteller Eric Marchand, wendet er sich erstmalig dem klassischen Kriminalroman zu, lässt ihn aber nicht etwa in Deutschland spielen, sondern in Korsika, wo auch heute noch mafiöse Strukturen zu finden sind. Eine interessante Wahl, die seine Leser an einen Ort voller Gegensätze führt und ihnen dabei die Schönheit der im Mittelmeer liegenden Insel näherbringt.

Erzählt wird der wunderbar atmosphärische Kriminalroman in einem eher sachlichen und auf das Wesentliche beruhenden Schreibstil, der wenig Platz für Emotionen lässt, dafür aber der Handlung einen großen Spielraum einräumt. So gibt es gleich zu Beginn ein Mord, der einen guten Einblick in die Zwistigkeiten zweier Familienclans bietet und die Grundlage für Eric Marchands Probleme erklärt. Doch obwohl auch im weiteren Verlauf viel geschieht, bleibt die Spannung zunächst auf der Strecke, zieht aber später enorm an. Gleichzeitig wird einem Großteil der Figuren nur eine Nebenrolle eingeräumt, in der sie blass und farblos bleiben, während der Leser Eric Marchand sowie seine kurzzeitige Vermieterin Madame Borghetti und die Ex-Frau seines Rivalen Mateu besser kennenlernt.

Fazit:
Ein durchwachsener Einstieg in eine neue Krimireihe, die in dem Urlaubsparadies Korsika angesiedelt ist, wo gleich mehrere handfeste Verbrechen geschehen. Doch trotz des schleppenden Beginns überzeugt er vor allem durch seine Hauptfigur Eric Marchand, der hoffentlich in seinem nächsten Fall beizeiten dramatische Verwicklungen durchleben muss.

Veröffentlicht am 15.05.2018

Ein emotionsgeladener Roman, der tief in die Gefühlswelt seiner Figuren blicken lässt

Die Lichter unter uns
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Ein Urlaub am Meer, fünf Menschen, die Erholung suchen und enorm viel Zeit, die ungeahnte Tücken in sich birgt. Denn anstatt die willkommene Auszeit aus dem stressigen Alltag zu genießen und gemeinsam ...

Ein Urlaub am Meer, fünf Menschen, die Erholung suchen und enorm viel Zeit, die ungeahnte Tücken in sich birgt. Denn anstatt die willkommene Auszeit aus dem stressigen Alltag zu genießen und gemeinsam mit der Familie glücklich zu sein, schleichen sich in die malerische Idylle unerfüllte Träume und lang gehegte Sehnsüchte ein. Gefühle, die ganz allmählich zu brodeln beginnen und dazu führen, dass die Stimmung unweigerlich kippt. Wie bei Anna, die in ihrer Ehe mit Jo jeden Tag aufs Neue liebevolle Gesten vermisst und dadurch zu verdorren droht. Oder Florian, der mit der schwangeren Freundin seines Vaters schläft und damit ungeahnte Hoffnungen herauf beschwört.

"Die Lichter unter uns" ist ein intensiver Roman, der vollgepackt mit Beobachtungen und Gedanken, jede noch so kleine Unzulänglichkeit schonungslos ans Tageslicht zerrt. Dabei sind es oft nur Zufälle, die in einem bedeutungsvollen Licht gesehen zu Veränderungen führen. Angefangen mit einem Blick, der mehr verspricht, als in ihm steckt über einen vom Wind weggewehten Hut, der seiner Besitzerin zurückgebenden wird bis hin zu einem eigenwilligen Kind, das ohne es zu ahnen gleich eine ganze Kette von Ereignissen auslöst. Und alle diese Dinge führen dazu, dass aus unerwarteten Begegnungen, hoffnungsvolle Gefühle entstehen, die ohne eine Grundlage zu haben, zum Scheitern verurteilt sind.

Fünf Menschen, die mit Bedacht gewählt unterschiedliche Eigenarten besitzen, verstehen es, in diesem Roman eine ganz besondere Wirkung zu entfachen. So hält die Autorin den von ihnen zur Schau gestellten Oberflächlichkeiten einen Spiegel vor und weist damit auf die zahlreich vorhandenen Defizite hin. Eine interessante Art sie zu beleuchten, die aber leider zulasten der Handlung geht. Denn obwohl die Atmosphäre an der Ostküste Siziliens einzigartig beschrieben ist und die Figuren mit allen ihren Facetten zum Leben erwachen, fehlt von einem nachhaltigen und spannenden Handlungsverlauf jede Spur. So dümpeln die Geschehnisse nur sehr träge in der Sonne vor sich hin, während der Augenmerk in diesem Roman ausschließlich auf das Zusammenspiel der verschiedenartigen Charaktere und ihre dadurch ausgelösten Gefühle gerichtet sind.

Fazit:
Ein ruhiger und emotionsgeladener Roman, der tief in die Gefühlswelt seiner Figuren blicken lässt und damit deren momentane Unzufriedenheit und die daraus resultierenden Träume und Sehnsüchte schonungslos offenbart.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Ein eher schwacher Mosby

Nachtschatten
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Er dringt in die Häuser seiner Opfer ein, legt sich unter ihre Betten und schlägt, wenn sie tief und fest schlafen, erbarmungslos zu. Fünf Frauen hat der Creeper bereits die Hölle beschert, hat sie misshandelt ...

Er dringt in die Häuser seiner Opfer ein, legt sich unter ihre Betten und schlägt, wenn sie tief und fest schlafen, erbarmungslos zu. Fünf Frauen hat der Creeper bereits die Hölle beschert, hat sie misshandelt und missbraucht und hat sie, wenn er fertig mit ihnen war, wie nutzlosen Müll liegen gelassen. Nun aber gibt es einen ersten Mord und noch immer wissen Detective Inspector Zoe Dolan und ihr Team nicht, wer hinter den brutalen Verbrechen steckt. Denn der Creeper scheint ungemein clever zu sein und während er ohne Spuren zu hinterlassen, weiter auf Beutezug geht, merkt Zoe nicht, dass auch sie längst ein Objekt seiner Begierde geworden ist.

"Nachtschatten" ist ein Thriller, der ungemein spannend beginnt, dann aber schnell an Fahrt verliert. So geht es dem Leser nicht anders, als den Ermittlern. Immer, wenn sie händeringend versuchen, hinter die Identität eines gefährlichen Verbrechers zu kommen, verstricken sie sich in nebensächlichen Details und erkennen einfach nicht, was wirklich wichtig ist. Deshalb dauert es einige Zeit, bis es gelingt, die Spreu vom Weizen zu trennen und ein Geheimnis ans Tageslicht tritt, das fatale Folgen hat. Dabei spielt vor allem die Seelsorgerin Jane Webster eine große Rolle, die nach einem verstörenden Anruf die richtigen Schlüsse zieht.

Das erschreckende Geschehen wird in mehreren Handlungssträngen erzählt, von denen einer über Zoe Dolans Ermittlungen berichtet, ein anderer die Ereignisse rund um Jane Webster thematisiert und ein weiterer die Bemühungen einer Frau namens Margarete in den Mittelpunkt stellt, die gleich mit zwei Männern arge Probleme hat. Aber auch der Mörder selbst kommt zu Wort, der Einiges über sich und seine Taten verrät. Und während der Leser das emsige Treiben der im Buch vorkommenden Figuren verfolgt, lernt er sie immer besser kennen und hegt schon bald einen Verdacht, wer die abscheulichen Taten begangen hat. Ob er damit aber richtig liegt, erfährt er erst zum Schluss, wenn ein packendes Finale die Lösung präsentiert.

Fazit:
Ein eher schwacher Mosby, der zu viele Spannungsschwächen besitzt und nur durch seine interessanten Figuren punkten kann.