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Veröffentlicht am 28.11.2020

Ausschweifend sprachliches Kunstwerk für Suchende

Die Farbe von Glück
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Darum gehts:
Die alleinstehende Charlotte und das Ehepaar Jules und Luise vereint der Wunsch nach einem Kind. Während Charlotte den von seiner leiblichen Mutter verlassenen Antoine aufnimmt, verhilft ...

Darum gehts:
Die alleinstehende Charlotte und das Ehepaar Jules und Luise vereint der Wunsch nach einem Kind. Während Charlotte den von seiner leiblichen Mutter verlassenen Antoine aufnimmt, verhilft sie außerdem, durch einen Kindertausch in ihrer Rolle als Krankenschwester, Jules und Luise zu einem gesunden Säugling. Dieser kurze Moment, der unrechtmäßigen, schicksalhaften Einmischung, zerstört das innere Gleichgewicht aller Beteiligten. Letztlich zeigt die Geschichte auf, was Selbstvorwürfe und die Flucht vor den eigenen Gefühlen anrichtet, wie Wiedergutmachung aussehen könnte und warum nur man selbst weiß, was persönliches Glück bedeutet.

Interessant:
Es wird nicht erwähnt in welcher Zeit und an welchem Ort die Geschichte spielt, aber die Autorin spricht von der modernen Welt im Westen und einer östlichen Welt, in der man sich auf das Wesentliche besinnt.

Meinung:
Clara Maria Bagus stellt die innere Zerrissenheit ihrer Protagonisten so bildhaft dar, dass man als Leser oder Leserin nicht an der Botschaft vorbeikommt: Schuldgefühle, Angst, Trauer, Vergebung, Mut - die ganze Palette der Emotionen sind Teil des Lebens - und dass ein einziger Moment ausschlaggebend sein kann, um einen Richtungswechsel zu vollziehen. Die Autorin findet für komplizierte Empfindungen treffende Worte, beschreibt bildhaft, lebendig und klug. Die Charaktere entwickeln sich durch Lebenserfahrung und Einfühlungsvermögen - erst ihre Erfahrungen und Demut führt zu tiefer Weisheit. Sie suchen den Kompromiss zwischen Extremen und die beste Lösung für problematische Lebenssituationen. Ich fand einige wirklich schöne Textstellen, die mich berührt haben -, aber irgendwann war ich die, sich immer wiederholenden Lebensweisheiten, überdrüssig: „Das Leben ist kein Spaziergang…“ Oder: „Wer beim Absturz die Arme ausbreitet, fliegt.“ Die Handlung wirkt wie ein Maschendrahtzaun, vollgestopft mit philosophischen Ansätzen und spirituellen Weisheiten, um die Lücken zu füllen. Die Gegenüberstellung einer Mutter, die ihrem Sohn Mut macht, seinen eigenen Weg zu gehen, und einer Mutter, die ihrer Tochter ihre persönlichen Wünsche und Sehnsüchte aufzwingen möchte, wirkt bisweilen ein wenig platt. Ebenso, die erfahrenen, alten Ratgebenden, die an abgelegenen Orten nur darauf warten, ihre Erkenntnisse mitzuteilen.

Fazit:
Ein durchwachsener Roman, der seinen Sog durch die verwobenen Schicksale unterschiedlicher Menschen entfaltet, lebensverändernde Gespräche und fragmentierte Gefühlswelten sichtbar macht - spirituell, philosophisch, ausschweifend pathetisch und zuweilen melodramatisch -, jedoch in einer märchenhaften Welt spielt, die den Hang zur Realität verliert und von mystischem Schicksal und konturlosen Charakteren geprägt ist.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Nette Geschenkidee für Badewannen-Leser

Mord unter Null
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Ein Fall für die Kripo: Ein ungewöhnlicher Mord, ein sympathisches Ermittlerduo, die Gedanken eines Mörders, ein dramatisches Ende - für einen kurzen Schmöker in der Badewanne wahrscheinlich ausreichend. ...

Ein Fall für die Kripo: Ein ungewöhnlicher Mord, ein sympathisches Ermittlerduo, die Gedanken eines Mörders, ein dramatisches Ende - für einen kurzen Schmöker in der Badewanne wahrscheinlich ausreichend. Mich konnte die Kurzgeschichte leider nicht packen; allerdings darf man auch nicht zu viel erwartet: hier geht es vor allem um das Erlebnis, mal etwas Neues auszuprobieren. Während es dem Mordopfer ziemlich kalt wurde, ist einem in der Badewanne schön warm.
Richtige Leseratten bräuchten vermutlich gleich mehrere Wannenbücher, denn die Büchlein sind eher kleine Appetizer im Vergleich zum dicken Schmöker. Die Lesezeit lag sogar deutlich unter den angegebenen 15 Minuten, was ich in Anbetracht des Produktionsaufwandes sehr schade finde. Deshalb würde sich für mich ein Kauf nicht lohnen. Ich tauche lieber in komplexe Geschichten ein und das darf auch gern länger dauern. Deshalb eignet sich das Buch aus meiner Sicht vor allem als Geschenkidee für Badewannen-Liebhaber, die mal etwas Neues ausprobieren möchten und die Wannenbücher noch nicht kennen.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Faszination Natur

Das Faultier und die Motte
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Der Kater Homer führt eigentlich ein gemütliches Leben, aber als daheim das Chaos ausbricht, beschließt er, sich eine neue Bleibe zu suchen, mit Freunden, die ihn zu würdigen wissen. Hier beginnt die Reise ...

Der Kater Homer führt eigentlich ein gemütliches Leben, aber als daheim das Chaos ausbricht, beschließt er, sich eine neue Bleibe zu suchen, mit Freunden, die ihn zu würdigen wissen. Hier beginnt die Reise von Homer. Der bietet bei seiner Auswahl einen vielseitigen Überblick über Freundschaften, Zweckgemeinschaften und andere tierische Beziehungen in der Tierwelt.

Die Geschichte um Homer ist schnell erzählt. Er dient vor allem als Reiseführer durch dieses Tierlexikon. Die Kinder fanden es interessant, haben aber schnell das Interesse verloren. Es fehlte einfach die persönliche Note. Die Illustrationen sind herausragend, aber die Seiten wirken vollgestopft und überfordernd. Wen das nicht stört, der kann auf den Doppelseiten eine Menge entdecken und lernen. Im Anschluss können die Kinder selbst aktiv werden, und über einen Test herausfinden, welcher Freundschafts-Typ sie sind. Ein Spaß, den man nicht allzu ernst nehmen sollte. Während es den Kindern gefallen hat, empfand ich dieses Test als unnötige Ergänzung.

Fazit: Kurzweiliges und interessantes Bilderbuch, welches mit herausragenden Illustrationen einen Überblick über tierische Beziehungen und Freundschaften biete.

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Veröffentlicht am 23.09.2020

Netter Roman über Selbstfindung, mit kleinen Schwächen

Das Buch eines Sommers
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Ein gestresster Unternehmer gerät nach dem Tod des geliebten Onkels in eine Sinneskrise. In seinem Traum begegnet er daraufhin der erfolgreichsten literarischen Erfindung seines Schriftsteller-Onkels und ...

Ein gestresster Unternehmer gerät nach dem Tod des geliebten Onkels in eine Sinneskrise. In seinem Traum begegnet er daraufhin der erfolgreichsten literarischen Erfindung seines Schriftsteller-Onkels und beginnt seine Ideale zu hinterfragen. Es geht um den unerschütterlichen Glauben, an die eigenen Fähigkeiten, das unermüdliche Dranbleiben, und darum, sich der eigenen Endlichkeit und der Kostbarkeit des Lebens bewusst zu werden. Loslassen, und warum es uns so schwer fällt, ist eine ganz zentrale Frage des Romans. Nicholas träumte von einem selbstbestimmten Schriftstellerleben voller Leichtigkeit, wie sein Onkel es führte, doch er scheiterte und kommt schließlich an einen Punkt, wo er sich fragen muss, was ihm wirklich wichtig ist.
Bas Kast schreibt lebendig über seinen Haupt-Protagonisten Nicholas, und stürzt ihn in innere Konflikte, aus denen aber nie ernsthafte Krisen entstehen. Das sinnlich beschriebene hügelige Landschaftsbild aus „französischen Weinbergen, Wäldchen und vereinzelten Flecken Ackerland“, als auch das zeitlos aktuelle Thema erinnert an Romane wie „Ein guter Jahrgang“ und „Das Café am Rande der Welt“. Die leidenschaftliche Verbindung zur Literatur ist durchgehend spürbar und die Idee, einer Romanfigur eine therapeutische Rolle zukommen zu lassen, wurde geheimnisvoll umgesetzt. Die Geschichte ist Spiegel und Fenster zugleich. Man erfährt auch etwas über sich selbst, während man durch das aufgestoßene Fenster von Nicholas blickt, das er nur mit Hilfe gedanklicher Anschubser öffnen konnte. Handwerklich durchdacht, auf das Wesentliche fokussiert, tiefergehend und heilsam zugleich. Die fantasievollen Quatschgeschichten, die Nicholas seinem Sohn erzählt, fand ich besonders originell. Die kleinen Geschichten in der Geschichte selbst bedienen eine bildhafte Verständnis-Ebene und machen Botschaften individuell (be)greifbar. Während diese Fantastereien zum einen Nicholas kreatives Talent untermauern, dienen die psychologischen Geschichten und Fabeln eher dazu, zum Nachdenken anzuregen. Fast alle waren mir schon bekannt, da hätte ich mir mehr Einfallsreichtum gewünscht. Leider wirkte der Roman stellenweise, in seiner ratgebenden Funktion, unnatürlich aufdringlich. Beispielsweise fällt Nicholas, aus heiterem Himmel, eine Geschichte ein, die, bei genauer Betrachtung, den Leser dazu anhalten soll, über seine eigene Komfortzone nachzudenken. Einige Klischees haben zwar einen bitteren Beigeschmack hinterlassen - zu einem genussvollen Moment gehört offenbar immer Alkohol und wenn man Kinder adoptiert, dann am besten aus Afrika -, insgesamt fand ich den Roman aber inspirierend und unterhaltsam.

Fazit: Ein Roman, der vor allem für die kulturliebende Leserschaft interessant ist und nachhaltige Denkanstöße liefert. Insbesondere für Menschen, die schon immer ein Buch schreiben wollten oder andere unerfüllte Träume mit sich herumtragen, werden sich über diesen ermunternden Roman freuen, in dem viel Weisheit, Leichtigkeit, Fantasie und Liebe zur Literatur steckt.

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Veröffentlicht am 11.08.2020

Einfühlsamer Familienroman, errichtet auf Erinnerungen

Ein Sonntag mit Elena
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Eine Geschichte darüber, dass Familie das ist, was wir daraus machen und eingestürzte Brücken neu errichtet werden können.

Flüchtige Begegnungen können Steine ins Rollen bringen: Eindrucksvoll von Fabio ...

Eine Geschichte darüber, dass Familie das ist, was wir daraus machen und eingestürzte Brücken neu errichtet werden können.

Flüchtige Begegnungen können Steine ins Rollen bringen: Eindrucksvoll von Fabio Geda inszeniert, durch die zufällige Begegnung eines siebenundsechzigjährigen Mannes mit einer fremden Frau und ihrem Sohn.
Das Besondere: Seine Tochter Giulia erzählt rückblickend über dieses Zusammentreffen und die Zeit danach, über den Vater und die Familie. Zu dem Zeitpunkt, als ihr Vater Elena und ihrem Sohn Gaston begegnete, war ihr Kontakt zu ihm eingeschlafen. Warum, und andere Fragen, werden erst im Laufe des Buches geklärt, während Giulia aus ihren Erinnerungen berichtet: der Beziehung zu ihren beiden Geschwistern, ihren Eltern und besonders zum Vater, ihrer Leidenschaft zum Theater und ebenso zufälligen, schicksalshaften Zusammenkünften. Neben Verlust, Vergebung und dem Erwachsenwerden behandelt das Buch das zerbrechliche Band zwischen Vater und Tochter und der Frage: Kann Liebe bedingungslos sein oder ist diese immer an Erwartungen und Vorlieben geknüpft?

Die Erzähl-Perspektive ist eine interessante Wahl, leidet jedoch unter den eingefärbten Gedanken und Ansichten der Erzählerin. Andere Perspektiven, vor allem die des Vater, wären interessant gewesen. Dadurch ist die Handlung zu Beginn mühselig, beinahe schwermütig - ich habe mich schwer getan, dran zu bleiben. Überzeugt hat mich hingegen die ausdrucksstarke Sprache. Der Schreibstil ist stetig stilvoll und ohne Anstrengung flüssig und lebendig. Selbst endlos verzweigte Sätze wirken spielerisch. Letztlich ist die Familiengeschichte belanglos und lebt allein davon, welche Bedeutung und Erkenntnisse ihr der Leser beimisst. Es fehlt zwar an Höhepunkten, aber es gibt berührende Momente und ein genügsames Ende. Fazit: eine sprachlich beeindruckende Geschichte, wie sie sich tatsächlich ereignet haben könnte, mit wertvollen Impulsen und zart gezeichneten Protagonisten, die kurzweilige Unterhaltung bietet.

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