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Veröffentlicht am 07.10.2018

Auftakt einer absoluten Lieblingstrilogie

Die weiße Möwe
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Inhalt

Dürfen wir zurückkommen?, fragten sie. Irgendwann, jetzt oder bald oder am Ende der Zeiten?
Da gab er denen, die die Gabe der Liebe und das Geschenk der Freude verachtet hatten, die Gabe der Sehnsucht, ...

Inhalt

Dürfen wir zurückkommen?, fragten sie. Irgendwann, jetzt oder bald oder am Ende der Zeiten?
Da gab er denen, die die Gabe der Liebe und das Geschenk der Freude verachtet hatten, die Gabe der Sehnsucht, als Schmerz und als Hoffnung.
Allein diese Sehnsucht, sagte Rin, wird euch mit Rinland verbinden. Und wenn sie stark genug ist, wird sie euch hierhin zurückbringen. (S. 7)


Als Bruder und Freunde der 16-jährigen Mino sich mit einem Schiff aufmachen wollen, um Rinland zu finden, versucht sie, die gefährliche Reise aufzuhalten. So hindert sie Blitz, ihren besten Freund, in den sie heimlich verliebt ist, daran mitzukommen, als die anderen schließlich doch in See stechen.
In seinem Zorn reißt der Junge von zu Hause aus, um sich in ein anderes Abenteuer zu stürzen. Dabei fällt er jedoch schon nach kurzer Zeit Räubern in die Hände.
Mino findet sich plötzlich bei einem Riesen wieder und leidet an einem Gedächtnisverlust.
Und das ist erst der Anfang...


Meine Meinung

Fantasy und Christentum? Da ziehen die Leute schnell die Augenbrauen hoch. Das geht nicht?! Lena Klassen beweist, wie gut es tatsächlich geht.
Ihre Geschichte hat fantastische, märchenhafte Züge und verarbeitet gleichzeitig biblische Motive und christliche Werte - und das mit einer Leichtigkeit, die diese Inhalte als Einladung verstehen lässt, ohne sie dem Leser aufdrängen zu wollen.
Den Auftakt der Rinland-Trilogie im selben Atemzug zu nennen wie "Die Chroniken von Narnia" von C.S. Lewis, halte ich durchaus für angemessen.

Der Klappentext verrät nur einen winzigen Bruchteil des Buches. Als ich ihn zum ersten Mal las, war ich mir nicht sicher, was da auf mich zukommen würde.
Es ist schwer zu beschreiben, worum es tatsächlich geht, ohne Wesentliches vorwegzunehmen. An dieser Stelle nur so viel: Es lohnt sich!

Zu Beginn habe ich mich ein bisschen schwer damit getan, trotz der häufig wechselnden Perspektiven (in der dritten Person) Nähe zu den Charakteren zu gewinnen, doch das ist offenbar Gewöhnungssache und hat sich nach einer Weile gelegt.
Inzwischen sind mir sämtliche Figuren - inklusive des ein oder anderen Bösewichts - ans Herz gewachsen und ich bin froh, dass es noch zwei weitere Bände gibt. Man sollte es nicht glauben, aber hier sind auch knapp 500 Seiten schlicht und ergreifend nicht genug
Jeder Charakter zeigt eine unverwechselbare Persönlichkeit und konnte vor meinem inneren Auge lebendig werden.

Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass das Buch ein Pageturner ist. Die Spannung kommt sicherlich nicht zu kurz, aber was ich als noch wichtiger empfunden habe, sind die leisen Töne, die bewegenden Momente, das ZwischendenZeilen und die Bedächtigkeit.

Was nicht unerwähnt bleiben darf: der Schreibstil. Ich liebe ihn!
Das Zitat, das ich für die Inhaltsangabe gewählt habe, stammt aus dem Prolog, der in seinem Stil deutlich an die Bibel angelehnt ist. Der Rest des Buches ist ebenfalls wunderschön geschrieben, jedoch anders und flüssiger zu lesen.

Um zuletzt noch einmal zu den Parallelen zur Bibel zu kommen: Es gibt sie definitiv und ihre Umsetzung hat mir sehr sehr gut gefallen. Ich glaube aber nicht, dass man bibelfest sein muss, um in diesem Buch einen Schatz zu erkennen. Und die Sehnsucht nach Rinland spiegelt für mich ein Gefühl wider, das in jedem Menschen verwurzelt ist - welchen Glauben auch immer er haben mag.

Fazit

Es gibt viele Bücher, die ich liebe, aber nur wenige von ihnen haben mich auf diese Weise berührt.
"Die weiße Möwe" hat mir das Gefühl gegeben, mittendrin zu sein. Ich habe oft lächeln müssen, manchmal um das Leben der Charaktere gezittert und immer wieder haben mich Worte und Begebenheiten des Buches direkt ins Herz getroffen.
Eine wunderschöne Geschichte mit viel Tiefe und Wärme. Ich bin beeindruckt.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Perfekte Fortsetzung

Der Erbe des Riesen
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Inhalt

"Du willst die Einzige sein, die unschuldig ist? Und die es immer bleibt? Wie willst du das anstellen, Mino? Wir könnten gegen Zukata kämpfen und alles verlieren. Einschließlich dieser Insel. Oder ...

Inhalt

"Du willst die Einzige sein, die unschuldig ist? Und die es immer bleibt? Wie willst du das anstellen, Mino? Wir könnten gegen Zukata kämpfen und alles verlieren. Einschließlich dieser Insel. Oder wir tun, was er wünscht, und verlieren nur unseren Stolz. Wie könntest du aus dieser Sache herauskommen, ohne etwas zu opfern? Worum wird es gehen? Um Freiheit? Um Glück? Oder um das nackte Leben? Egal was du tust, du bist schon schuldig." (S. 256)

Was Zukata, der Erstgeborene des Riesenkaisers, nie erwartet hätte, ist eingetroffen - Blitz, der Junge, den er schon fast als Sohn betrachtete, hat seine Pläne durchkreuzt. Nun sinnt er auf Rache. Doch für das Versprechen des Throns hat er geschworen, Blitz' Leben zu verschonen. Also beginnt er seinen Feldzug dort, wo er Blitz am meisten treffen kann: auf den Glücklichen Inseln.
Immer noch strebt er danach, Kaiser über Deret-Aif zu werden. Doch was er nicht weiß - noch während er seine Macht vergrößert und Pläne schmiedet, wächst ein vollkommen außergewöhnliches Kind heran. Ein Kind, das sich ihm in den Weg stellen könnte...

Meine Meinung

Nach "Die weiße Möwe", dem Trilogieauftakt, der mich absolut überzeugt hat, war ich sehr gespannt, wie es nun weitergehen und ob die Fortsetzung meinen Erwartungen gerecht werden würde. Ich bin nicht enttäuscht worden.

Es kommt zum Wiedersehen mit den bekannten Charakteren, aber auch neue Gesichter sind mit von der Partie. Hier möchte ich aber noch nichts vorwegnehmen. Mein Tipp an dieser Stelle: Lest nicht im Voraus das Personenverzeichnis (Spoilergefahr!).
Bei den Figuren sind inzwischen fast alle Wesensarten und Altersklassen vertreten.

Die Geschichte baut eng auf dem Vorgängerband auf und daher sollte man diesen unbedingt gelesen haben.
Vorne gibt es allerdings eine gute Zusammenfassung darüber, "was bisher geschah", sodass man sich auch dann zurechtfindet, wenn man die Ereignisse der "weißen Möwe" nicht mehr so präsent hat.

Die Grundstimmung des Buches habe ich als ein wenig bedrückender und düsterer empfunden als bisher. Es geht um Verrat, Machtgier, zerstörte Hoffnungen, Liebesleid, Schmerz und auch um Krieg.
Sehr realistisch wird gezeigt, wie verführbar Menschen sein können, wenn es um Ansehen und Reichtum geht.
Dennoch bleiben auch die zuversichtlichen und bewegenden Szenen nicht aus, die mich schon bei Band 1 so faszinieren konnten.

Während "Die weiße Möwe" für mich eher ein Buch der ruhigen Töne war - auch wenn die Spannung auch dort nicht zu kurz kam - habe ich "Der Erbe des Riesen" ein wenig schneller durchgehabt. Die Bedrohungen und Konflikte haben mich noch mehr um die Charaktere und mit ihnen zittern lassen und es war völlig unvorhersehbar, worauf alles hinauslaufen würde.

Am Ende bleiben viele Fragen offen und am dritten Band führt kein Weg vorbei. Gut dass er schon im Regal auf mich wartet...

Fazit

Märchenhafte Fantasy, die mich aufs Neue verzaubert hat. Pure Magie, nicht durch Zauberei und klischeehafte Geschöpfe, sondern durch Worte. Gute und schlechte Seiten des Menschseins (und Riesenseins :D) kommen hier in ihrer Vielfalt zum Ausdruck.
Ich kann diese Trilogie jedem ans Herz legen.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Wunderschönes Finale der Trilogie

Der Thron des Riesenkaisers
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Inhalt

"Das war's schon. Danke." Doch an der Tür drehte sie sich noch einmal um. "Wie kann der Segen auf etwas liegen, das auf Lüge, Täuschung und Betrug beruht? Auf Hass und Gewalt und immerwährendem ...

Inhalt

"Das war's schon. Danke." Doch an der Tür drehte sie sich noch einmal um. "Wie kann der Segen auf etwas liegen, das auf Lüge, Täuschung und Betrug beruht? Auf Hass und Gewalt und immerwährendem Kummer?"
"Der Segen ist unberechenbar", erwiderte der Abt, "und nicht den Guten vorbehalten." (S. 239)

Der neue Kaiser hat sein Wort nicht gehalten und das Volk leidet über der willkürlichen Herrschaft. Da macht Sorayn, der Gesegnete, sich auf, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Womit er dabei nicht rechnet - der Gegner hat seine Schwachstelle gefunden.
Doch bald schon stellt sich die Frage, ob der Kampf um den Thron überhaupt noch von Bedeutung ist, denn es tauchen alte Botschaften aus Rinland auf. Botschaften, die den Untergang des Königreichs vorhersagen...

Meine Meinung

Im Laufe meiner Karriere als Vielleserin habe ich gelernt, Trilogien mit Vorsicht zu genießen.
Wenn die Geschichte gut ist und man die Charaktere mag, hat es sein Gutes, wenn man sich nach dem Lesen des ersten Teils sicher sein kann, dass es noch weitergeht. Allzu häufig aber geschieht es, dass durch die Verteilung des Plots auf drei Bände unnötige Längen entstehen, die Figuren sich zum Negativen entwickeln, Ideen völlig ausgeschlachtet werden oder ein Teil als schwächster hervorsticht.

Wozu meine Vorrede? Ganz einfach: um deutlich zu machen, wie einzigartig wunderbar die "Sehnsucht nach Rinland"-Trilogie ist :)
Ich habe den ersten Teil gelesen, mich in die Welt der Trilogie eingefunden und die Charaktere kennengelernt. Auch wenn ich zu Beginn überhaupt nicht wusste, was mich erwartet, konnte mich "Die weiße Möwe" sehr bald in ihren Bann ziehen.
Dann folgte wenig später Teil 2: "Der Erbe des Riesen". Der wunderschöne Schreibstil wurde auch hier durchgehend beibehalten, die altbekannten Charaktere waren wieder dabei und es kamen einige neue dazu. Band 2 stand Band 1 in nichts nach.
Nun also Band 3 - und ich bin aufs Neue restlos begeistert.

"Der Thron des Riesenkaisers" ist unbeschreiblich. Das Wort würde auch auf die anderen beiden Teile zutreffen, aber ich muss sagen, dass mir der Abschluss der Trilogie noch einmal ganz besonders gut gefallen hat.
Was noch an Fragen, Rätseln und Ahnungen offen war, wird zuende geführt.
Unerwartete Überraschungen halten den Leser auf Trab; die Charaktere wirken nach so vielen Seiten unendlich vertraut und man brennt darauf, ihren weiteren Weg mitverfolgen zu können.
Biblische Motive spielen weiterhin eine Rolle, fügen sich perfekt ins Gesamtbild ein, ohne sich jedoch nichtchristlichen Lesern aufzudrängen.
Das Ende ist rundum gelungen, absolut rund und stimmig und sehr verheißungsvoll.

Fazit

"Der Thron des Riesenkaisers" ist genau wie seine beiden Vorgänger ein absolutes Meisterwerk von Buch!
Mit dieser Trilogie hat die Autorin mich nicht nur bestens unterhalten, sondern mein Herz erreicht und das funktioniert nun mal leider bei weitem nicht bei jedem Buch.
Ich hatte ein unvergessliches Leseerlebnis und könnte nicht sagen, welcher der drei Bände für mich der beste war. Eins ist klar: diese Bücher geb ich niemals wieder her! Lesen, lesen, lesen!!!

Veröffentlicht am 14.08.2018

Informativ, ermutigend & inspirierend

Frauen, die keinen Punkt machen, wo Gott ein Komma setzt.
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Worum geht's?

„Liegt Gottes Plan für unser Leben vielleicht nicht in den Extremen, sondern in der Unsicherheit dazwischen, die uns so viel mehr Gottvertrauen abverlangt?" (S. 134)

Zwischen Rollenerwartungen, ...

Worum geht's?

„Liegt Gottes Plan für unser Leben vielleicht nicht in den Extremen, sondern in der Unsicherheit dazwischen, die uns so viel mehr Gottvertrauen abverlangt?" (S. 134)

Zwischen Rollenerwartungen, Schönheitsidealen, eigenen Träumen und Grenzen versuchen Frauen heute wie früher überall auf der Welt ihren Platz im Leben zu finden.
Welche Freiheiten bietet uns das Frausein in unserer Zeit und welche Möglichkeiten und Wege eröffnen sie uns? Was ist Gottes Plan für dein Leben?
In „Frauen, die keinen Punkt machen, wo Gott ein Komma setzt" setzt Sarah Keshtkaran sich mit den verschiedenen Lebensbereichen und -situationen von Frauen auseinander, immer das Ziel vor Augen, mutig weiblich zu sein.

Was mich neugierig gemacht hat:
Natürlich hat - neben der wundervollen Gestaltung des Buches von Kathrin Spiegelberg - vor allem der lange und doch sehr griffige Titel mich sofort angesprochen.
Besonders neugierig haben mich die Kapitel „Quotenfrau: Frauen auf der Karriereleiter" und „Verhängsnisvolle Schönheit - Sexualisierte Frauen" gemacht.

Wie es mir gefallen hat:
Schon vor dem Lesen besticht das Buch durch sein liebevoll gestaltetes Äußeres wie Inneres. Sanfte Farben und edle Goldelemente auf den Buchdeckeln, die sich auch im Layout wiederfinden, dazu die großformatigen Zitate und Fotografien, die Seiten innerhalb der einzelnen Kapitel schmücken. Das Buch lädt dazu ein, immer wieder darin zu blättern, und strahlt etwas Sanftes und zugleich Kraftvolles aus - ein wahres Schmuckstück!

Auch inhaltlich gibt es in acht Kapiteln viel zu entdecken.
Nach einem Vorwort folgt ein einleitender Themenblock über die Geschichte von Frauen, von biblischen Geschichten bis hin zu Feminismusbewegungen und einer Bestandsaufnahme der Frauen in unserem Land und unseren Kirchen heute. Die weiteren Kapitel behandeln die Themen Karriere, Schönheitsideale, Familie, Ehe, Frauen in kirchlichen Leitungspositionen, ihre Situation in Entwicklungsländern und münden in einem zusammenfassenden Schlusswort.

Die Autorin hat eine sehr begeisternde Art. Zeitweise hatte ich das Gefühl, einer Rednerin zu lauschen. Sie bindet Fakten und Fallbeispiele sehr gut in den Text ein, sodass er sowohl informativ ist als auch unterhaltsam, inspirierend und bewegend. Abgerundet wird das Ganze zusätzlich durch einige Interviews mit verschiedenen Frauen zu den einzelnen Themen.

Sarah Keshtkaran gelingt es im Großen und Ganzen gut, keinen bestimmten „Typ" Frau anzusprechen, sondern verschiedene Lebensentwürfe und Charakterzüge gleichberechtigt nebeneinanderzustellen und verschiedene Perspektiven einzunehmen.
Das Einzige, was ich mir noch gewünscht hätte, wäre eine stärkere Berücksichtigung von Frauen, die vielleicht nicht oder noch nicht den typischen Lebenslauf mit Ehemann, Kindern und Amt in der Kirche aufweisen oder anstreben.

Nicht ganz schlüssig fand ich, dass an manchen Stellen Bibelverse aus den Paulus-Briefen so ausgelegt werden, dass sie unmittelbar und wörtlich so Gottes Ansicht darstellen. Dabei müsste meines Erachtens mitbedacht werden, dass es sich um Aussagen von einem Mensch an andere in bestimmte Situationen hinein handelt, auch wenn dieser Mensch nach Gottes Willen gehandelt haben mag.

Bis auf Kleinigkeiten, die mich gestört, oder Dinge, die ich mir noch gewünscht hätte, hat mir das Buch wirklich sehr sehr gut gefallen. Es fallen viele wahre und schöne Sätze dazu, wie man seine Gaben einsetzen, seinen Platz finden und seine eigenen Entscheidungen treffen darf und kann, ohne sich selbst zu überfordern. Manches davon ist leider viel leichter gesagt als getan. Es bleibt wohl ein lebenslanger Prozess, die eigene Weiblichkeit zu entdecken und mutig zu leben.

(Für wen) Lohnt es sich?
Dieses Buch eignet sich für Frauen jeden Alters (ganz besonders auch für Ehefrauen, Mütter und Mitarbeiterinnen in der Gemeinde), die sich mit christlichen Werten identifizieren können und sich nicht die von der Gesellschaft bereitgestellten Masken überziehen lassen wollen, ohne sie zu hinterfragen. Auch eine wunderschöne Geschenkidee!

In einem Satz:
„Frauen, die keinen Punkt machen, wo Gott ein Komma setzt" ist ein lebensbejahendes, ermutigendes Buch, das dazu anregt, die eigenen Werte und Ziele zu reflektieren, Ballast wie Leistungs- oder Erwartungsdruck abzuwerfen und die Frau zu werden, die man sein möchte und sein sollte.


Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar für die Leserunde an den Verlag!

Veröffentlicht am 05.08.2018

Ein ernstes, schonungsloses, tiefgründiges Buch - und ein wichtiges!

Du wolltest es doch
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Worum geht's?

„Sie bricht nicht zusammen", fährt meine Mutter ihn an.
Ich breche nicht zusammen. Ich werde an den Säumen auseinandergerissen und mein Innerstes wird herausgezerrt, bis ich leer bin. (S. ...

Worum geht's?

„Sie bricht nicht zusammen", fährt meine Mutter ihn an.
Ich breche nicht zusammen. Ich werde an den Säumen auseinandergerissen und mein Innerstes wird herausgezerrt, bis ich leer bin. (S. 252)

Emma hat immer alles gegeben, um das Bestmögliche aus sich herauszuholen, sowohl, was ihr Aussehen als auch ihren Beliebtheitsstatus angeht. Doch sie muss die bittere Erfahrung machen, dass durch einen einzigen Moment, durch eine Entscheidung, die mutig und verwegen sein sollte, alles ins Gegenteil umschlagen kann.
Nach einer Party finden sie ihre Eltern mit zerrissenem Kleid und von der Sonne verbrannt in ihrem Vorgarten. Was ist passiert? Emma erinnert sich nur noch dunkel an Paul, mit dem sie im Schlafzimmer von Seans Eltern gelandet ist und an die Pillen, die er ihr angeboten hat. Auch daran, dass Dylan und Fitzi auftauchten und sie noch zusammen anderswo weiterfeiern wollten. Doch dann?
Als die Bilder im Netz auftauchen, ist die Lage für alle klar: Diese Emma O'Donovan - war ja klar, dass der das passieren würde. Sie hat es ja drauf angelegt. Sie wollte es doch.

Was mich neugierig gemacht hat:

Das Buch wurde auf dem Bloggertreffen auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt und uns dort sehr ans Herz gelegt.
Ich hatte vor Kurzem „Caroline & West" von Ruthie Knox aus dem LYX-Verlag gelesen, das zwar nicht dasselbe, aber mit Revenge Porn doch ein um einige Ecken verwandtes Thema behandelt.
Unabhängig davon lese ich gern Romane mit komplexen, auch gern mal kantig-schwierigen Protagonisten und war mir ziemlich sicher, in Emma eine solche zu finden.

Wie es mir gefallen hat:

Von „gefallen" oder „nicht gefallen" kann man bei einem solchen Buch eigentlich gar nicht sprechen.
Es ist keine schöne Geschichte zum Abschalten, sondern will Resonanz erzeugen, will erschüttern, aufrütteln, zum Nachdenken bringen und zwingen, Wut erzeugen, ent- und zugleich ermutigen.
Und all das gelingt ihm auf sehr eindrückliche Weise.

Louise O'Neill hat sich bewusst für eine Protagonistin entschieden, die keine Sympathieträgerin ist und nicht die Absicht hat, eine Art Prototyp darzustellen, dem man einen Stempel aufdrücken kann oder darf.
Mir persönlich hat Emma schon vor dem wirklichen Einstieg ins Geschehen leidgetan. Weil sie Prioritäten gesetzt hat, die immer nur auf ihre Wirkung auf andere abzielen sollten. Weil die Beziehung zu ihren besten Freundinnen zu so großen Teilen aus Konkurrenzdenken bestand. Weil zu ihren Eltern so wenig echte Nähe spürbar war.
Emma ist aus meinen Augen eine junge Frau, die, wie jeder Mensch, ein Kind ihres Umfelds war - und genau das, könnte man sagen, wird ihr zum Verhängnis.

Die Umsetzung der Geschichte ist beeindruckend. Allein die Art des Erzählens vermittelt, wie etwas in Emma bricht, das nicht wieder zusammengesetzt werden kann. Mit aller Macht versucht sie sich von ihrem alten Ich zu trennen, was zum totalen Rückzug führt.
Ihre Gedanken, insbesondere die, die sie gar nicht haben will, sind stets in Klammern gesetzt, was ich als sehr gelungenes Stilmittel empfunden habe.
Das Buch zu lesen drückt nieder, es tut weh und lässt die Ohnmacht greifbar werden, die Emma empfindet. Dass kaum Raum für Hoffnung und Emma und dem Leser nichts erspart bleibt, macht die Geschichte umso authentischer und augenöffnender.

Eine notwendige und gute Abrundung wird durch das Nachwort der Autorin sowie einem zusätzlichen Nachwort zur deutschen Ausgabe von Daniela Chmelik vorgenommen.

(Für wen) Lohnt es sich?

Wer nach einem ernsten, schonungslos, tiefgründigen und wichtigen Buch zum Thema Victim Blaming und Slut Shaming sucht, für den führt kein Weg an „Du wolltest es doch" vorbei.
Da Emmas Depression und Gebrochenheit und auch die Vergewaltigung mit allen Konsequenzen offen und detailliert thematisiert werden, ist die Altersempfehlung ab 16 Jahren angemessen.

In einem Satz:

„Du wolltest es doch" ist in gewissem Sinne ein ernüchterndes Buch, aber gerade darin liegt seine unglaubliche Schlagkraft, die hoffentlich bei vielen Lesern einen starken Nachhall haben wird.


Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar an den Verlag !