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Veröffentlicht am 10.04.2023

Humor und Tragödie in einem – leichtfüßig, saukomisch, bittersüß, wundervoll

Frankie
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Straßenkater Frankie hat schon einiges durch in seinem kurzen Katerleben. Aktuell haust er unter einer Badewanne oben auf dem Müllberg. Doch so ein richtiges Zuhause würde ihm schon auch gefallen. Als ...

Straßenkater Frankie hat schon einiges durch in seinem kurzen Katerleben. Aktuell haust er unter einer Badewanne oben auf dem Müllberg. Doch so ein richtiges Zuhause würde ihm schon auch gefallen. Als er eines Tages ein Haus entdeckt und dort durchs Fenster guckt, sieht er drinnen einen Mann, der mit einem Faden spielt. Wie nett, Katzen spielen ja auch total gern mit Fäden. Frankie weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der Faden ein Strick ist und der Mann gerade dabei war, seinem Leben ein Ende zu setzen. Frankie platzt also in diese Situation hinein, bringt Richard Gold, den Mann, damit von seinem Selbstmord erst mal ab. Grund: Frankie kann Menschich sprechen, sich also mit Gold unterhalten. Gold weiß nicht so recht, ob er nun völlig durchgeknallt ist doch wie auch immer: jetzt ist der Kater nun mal da und er hat Hunger. Und will fernsehen. Im Bett schlafen. Ein eigenes Katzenklo haben. Gestreichelt werden. Die beiden unterhalten sich viel und ohne das Frankie das beabsichtigt hat (er weiß ja zunächst noch immer nicht, was es mit diesem langen Faden auf sich hat), hilft er Gold, zurück ins Leben zu finden.

Die Geschichte wird von Frankie erzählt und das in einem lockeren, flapsigen Ton, der zu so einem Straßenkater mit angefressenem Ohr super passt. Ich liebe diesen Schreibstil und hatte die ganze Lektüre durch ein breites Grinsen im Gesicht. Das wurde zwischendurch nur durch den einen oder anderen Kloß im Hals abgelöst. Wie hier die Balance gehalten wurde zwischen einer zum Brüllen komischen und einer tieftraurigen Story kann ich nur als genial bezeichnen. Leichtfüßig begleite ich Frankie und Gold, erlebe mit, wie sie sich näherkommen, erfahre Frankies Geschichte und die Tragödie aus Golds Leben und freue mich unbändig, dass gerade diese beiden zusammengekommen sind. Ihre Unterhaltungen sind außergewöhnlich witzig und gleichzeitig sehr tiefgründig. Frankie sieht das Leben ganz anders als ein Mensch. Er lebt im Hier und Jetzt und denkt nicht so viel über alles nach, sondern lebt einfach. Wie er es damit schafft, zu Gold durchzudringen, quasi sein neuer Lebenssinn wird, ist herzerwärmend, sehr berührend und urkomisch. So schade, dass ich durch das Buch so schnell durch war. Ich hätte gerne noch ewig darin gelesen.

Das Cover mit Frankie vorne drauf ist ein echter Hingucker und wird nur von dem wirklich außergewöhnlichen Inhalt, also der Geschichte, übertroffen. Für mich auf jeden Fall ein Jahreshighlight. Ein Buch zum Verlieben und ein echter Lesegenuss. Voller Weisheit, Philosophie, Liebe, Wärme und Humor.

„Ich hab noch nie drüber nachgedacht, wie andere Tiere aussehen. Ob die schön sind oder hässlich. Die Menschen sind da anders. Die sagen ständig, wie jemand aussieht oder was jemand is‘. Und das spielt dann ne riesige Rolle.“ (Seite 127)

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Veröffentlicht am 09.04.2023

„Leben lernen“ mit Panda und Drache – wunderschönes Buch

Die Reise
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Eines Tages überkommt Kleiner Drache das Gefühl, ihm würde etwas fehlen, obwohl er zusammen mit Großer Panda ein zufriedenes Leben führt. So machen sich die beiden Freunde auf, um den Fluss zu überqueren. ...

Eines Tages überkommt Kleiner Drache das Gefühl, ihm würde etwas fehlen, obwohl er zusammen mit Großer Panda ein zufriedenes Leben führt. So machen sich die beiden Freunde auf, um den Fluss zu überqueren. Während Kleiner Drache oft zweifelt, sich unsicher ist, alles hinterfragt und mit Angst in die Zukunft blickt, ist Großer Panda der ruhende Pol, der auf alles eine Antwort zu haben scheint und seinem kleinen Freund durch diese für ihn schwierige Zeit hilft. Beide müssen Gefahren bestehen und die Reise ist nicht leicht. Doch sie wagen es dennoch und gemeinsam finden sie ihren Weg. Und Kleiner Drache sogar seinen inneren Frieden. („Mir ist klar geworden, dass es nicht immer die Situation ist, die mich unglücklich macht, sondern meine Art, sie wahrzunehmen“ Seite 142).

Schon der Einband aus Halbleinen macht das Buch zu etwas Besonderem und das Cover gefällt mir ausgesprochen gut. Doch all das wird noch getoppt von dem, was mich dann im Inneren erwartet. Nämlich eine Geschichte voller Weisheit, Wärme und Liebe, was sich nicht nur im Text, sondern auch in den traumhaft schönen Zeichnungen zeigt. Der Text pro Seite ist kurz, manchmal nur ein Zweizeiler. Doch selbst dann steckt er voller Kraft und schafft es, mich zu fesseln und mir tatsächlich das Herz zu erwärmen. Wer sich gerne mit den Themen Lebensbewältigung, Achtsamkeit, Buddhismus beschäftigt, wird das Buch sicher lieben. Ein kleiner Augen- und Herzöffner, der mit so viel Weisheit daherkommt und mich oft nachdenklich gemacht hat. Weil es einfach stimmt, was da steht. 1 zu 1 auf das eigene Leben anwendbar und für mich einfach perfekt umgesetzt in dieser liebevollen Geschichte rund um die beiden tierischen Freunde.

Am Ende des Buchs, im Nachwort, erläutert der Autor nochmal so einiges zur Geschichte, seinen Zeichnungen, was er sich dabei gedacht hat und wie er es versucht hat, umzusetzen. Mit den Farben, die mal grau, mal bunt sind, mit der Landschaft, die mal trist, mal wunderschön ist und selbst die Bewegungsrichtung der Bilder hat einen Sinn. Danach liest man das Buch gleich nochmal, diesmal mit ganz anderen Augen, aber immer noch mit demselben Ergebnis: ein kleines Juwel!

Ein wunderschönes Bilderbuch mit einer zu Herzen gehenden Geschichte, die einem bestenfalls einen Anstoß gibt, die Dinge um sich herum auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, dass nachdenklich, aber auch zuversichtlich und mutig macht. Was man eben gerade braucht, im Leben. 5/5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.04.2023

Thriller, Krimi, Sozialstudie, Geschichte einer Kleinstadt – all das und noch so viel mehr

Dinge, die wir brennen sahen
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Ronnie und Esther leben ihr Leben in der australischen Kleinstadt Durton, in der jeder jeden kennt. Eines Tages verschwindet Esther und ganz Durton macht sich auf die Suche, die leider kein gutes Ende ...

Ronnie und Esther leben ihr Leben in der australischen Kleinstadt Durton, in der jeder jeden kennt. Eines Tages verschwindet Esther und ganz Durton macht sich auf die Suche, die leider kein gutes Ende nimmt. Esthers Vater wird als Verdächtiger festgenommen, doch es kommen auch noch so einige andere in Frage. Wem kann man noch trauen? Besser gesagt: wem traut man einen Mord zu? Und warum Esther? Zwei Polizisten aus Sydney ermitteln und decken dabei noch das eine oder andere auf, das einige der Bewohner in keinem guten Licht dastehen lässt.

Das Buch ist nicht als Krimi oder Thriller deklariert, sondern als literarische Unterhaltung. Und das trifft es auch super. Es gibt zwar Krimi- und Thrillerelemente, doch letztlich ist es die Auseinandersetzung einer Kleinstadt mit einem scheußlichen Verbrechen, es ist ein Blick auf menschliche Abgründe, auf das Leben in einer ländlichen Provinz mit all seinen Vorurteilen, Geheimnissen hinter verschlossenen Türen und Jugendsünden. Ich war von Anfang an absolut gefesselt von dem Aufbau. Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt: von Ronnie (Esthers beste Freundin), Sarah (Polizistin aus Sydney), Lewis (Klassenkamerad von Ronnie und Esther), Constance (Esthers Mutter) und von einer zunächst unbekannten Partei, die im Buch mit „Wir“ betitelt wird. Als Leser erfährt man bereits auf den ersten 2 bis 3 Seiten, das Esther tot ist und hat damit den Menschen in Durton dieses Wissen voraus. Das hat mich noch viel betroffener gemacht, da ich ja mitbekommen habe, wie die Figuren unter Esthers Verschwinden leiden, wie schmerzvoll dieser ganze Prozess für sie ist. Scrivenor versteht es glänzend, die Empfindungen zu transportieren und auf mich zu übertragen. Unerheblich, ob es die Gefühle der Erwachsenen sind oder der Kinder, beide sind glaubwürdig und greifbar und damit sehr berührend. Sie hat schon eine ganz besondere Art, diese schweren, drückenden, dunklen, traurigen, schmerzhaften Dinge so zu schreiben, dass sie zwar einerseits irgendwie unbekümmert und leichtfüßig geschildert werden, so ganz direkt, ohne Schnörkel und ohne reißerisch zu sein, andererseits aber vielleicht gerade deswegen bei mir einschlagen wie eine Bombe. Es kommen viele Dinge ans Licht, die mich immer wieder dazu verleitet haben, einen anderen zu verdächtigen. Die tatsächliche Auflösung der Story habe ich so dann absolut nicht erwartet.

Wer Friede-Freude-Eierkuchen-Bücher mit Happy End sucht, der sollte hier die Finger von lassen. Wer sich jedoch in einer australischen Kleinstadt verlieren will, sich gerne von berührenden Beschreibungen und einem atmosphärischen Setting davontragen lässt, Blicke hinter zugezogene Vorhänge spannend findet, es liebt mit zu rätseln und einen Schreibstil feiert, der direkt und sehr fesselnd eine alles andere als plumpe 08/15-Story erzählt, dem sei dieses Buch empfohlen. Ich feiere es mit 5/5 Sternen!

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Veröffentlicht am 01.04.2023

Krieg und verbotene Liebe – emotionales Buch über die Liebe zweier Männer in England Anfang 1900

Durch das große Feuer
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Gaunt und Ellwood sind Freunde in einem Internat für die hochwohlgeborenen Jungs. Sie sind homosexuell, was damals gesetzlich verboten war und streng bestraft wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass ...

Gaunt und Ellwood sind Freunde in einem Internat für die hochwohlgeborenen Jungs. Sie sind homosexuell, was damals gesetzlich verboten war und streng bestraft wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass Gaunt seine Gefühle für und gegenüber Ellwood verheimlicht, was ihm einiges abverlangt. Und auch Ellwood leidet unter dieser Situation, liebt er Gaunt doch über alles, darf es aber nicht zeigen, auch nicht Gaunt gegenüber. Zumal er nicht ahnt, dass Gaunts Gefühle für ihn ähnlich groß sind. Als der erste Weltkrieg ausbricht, muss Gaunt an die Front. Ellwood bleibt zunächst daheim, hält es aber nicht lange aus ohne Gaunt und meldet sich ebenfalls zum Einsatz. Der Krieg mit seinen Gräueltaten lässt die Männer bald verzweifeln, bald resignieren und verändert sie nachhaltig. Nun endlich kommen sie sich näher und gestehen sich ihre Liebe ein – bis etwas Schreckliches passiert.

Anfangs, als die Story sich noch im Internat abspielte, dachte ich mir, dass mir das Buch nicht so wirklich gefällt. Mir war das zu viel Sexualität, zu viel Gewalt zwischen den Jungs und ich habe da irgendwie keinen Bezug zu bekommen, mir kam das übertrieben und einfach zu viel vor. Doch dann, als sich alles an die Front, in die Kriegszeit verlagerte, hat das Buch mich eiskalt erwischt! Die Beschreibungen sind nichts für zarte Gemüter, sondern regelrecht grausam (so wie der Krieg eben auch) und ich musste mehr als einmal schlucken, war aber sowas von gefesselt und mitgerissen und konnte das Ebook nicht mehr weglegen. Da waren dann die Liebesszenen zwischen Gaunt und Ellwood regelrecht Balsam für die Seele. Die Figuren sind allesamt lebendig und greifbar und ich fühlte mich wie in einem Film – kennt ihr z.B. Widersehen mit Brideshead? So in der Art fühlte es sich an. Mittendrin gab es dann eine Schlüsselszene und ich dachte nur NEIN, das kann jetzt nicht wahr sein und war kurz davor, das Buch (nicht aus Wut, sondern weil es mich so tief berührt hat) in die Ecke zu pfeffern. Zum Glück habe ich das nicht.

Eine grandiose, gefühlvolle, bildgewaltige, berührende Geschichte, die mich nicht so schnell loslässt. Und eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die wehtut und gleichzeitig so zart ist. Ganz klar 5/5 Sterne.

Wer mit Krieg, Tod, Verstümmelung, Leichen und deren expliziten Beschreibungen nicht klarkommt, sollte die Finger vom Buch lassen. Allen anderen lege ich es wärmstens ans Herz. Ein großartiger Roman über eine große, verbotene Liebe. Mitreißend, berührend, bemerkenswert.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Mit Schnecke Emma die eigenen Stärken entdecken – wunderschönes Kombipaket aus Buch und Hörspiel

Emma
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Emma freut sich darauf, an diesem schönen Tag die Welt zu entdecken und so macht sie sich fröhlich und gut gelaunt auf den Weg. Sie trifft Ameisen, die super fleißig sind und furchtbar stark. Sie trifft ...

Emma freut sich darauf, an diesem schönen Tag die Welt zu entdecken und so macht sie sich fröhlich und gut gelaunt auf den Weg. Sie trifft Ameisen, die super fleißig sind und furchtbar stark. Sie trifft die Raupe, die offensichtlich zaubern kann. Den Specht mit seinem Klopfen, an dem jeder ihn erkennt. Eine Grille, die so schön musizieren und so hoch springen kann. Eine Spinne, die ihr wunderschönes, kunstvolles Netz spinnt. Libellen, die durch die Luft tanzen und so schön schillern. Frösche, die ein schönes Konzert geben. Nach all den tollen Tieren ist Emma plötzlich traurig, weil sie meint, selbst gar nichts zu können. Als Maulwurf die weinende Emma fragt, was denn los ist, erzählt sie ihm, was sie heute erlebt hat. Es kommen immer mehr Tiere dazu, die Emma gebannt zuhören. Und die ihr sagen, was für eine tolle Beobachterin und Geschichtenerzählerin sie ist. Emma ist überglücklich! Denn sie weiß, dass auch sie etwas ganz Besonderes ist und auf sich stolz sein kann.

Schon das Cover zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht – wie süß ist das denn bitte?! Im Inneren geht das genau so weiter: lauter zauberhafte, bunte, detaillierte Zeichnungen, die immer eine ganze Seite und auch noch ein bisschen der Textseite mit einnehmen. Auch ist beim Text immer mal eine andere Schriftart und -farbe gewählt, was es sehr auflockert. Der Text ist kindgerecht, doch keineswegs kindisch. Ganz im Gegenteil. Der bildhafte Schreibstil schafft es zusätzlich zu den Zeichnungen, dass schöne, lebendige Bilder im Kopf entstehen – Kopfkino schon für die ganz Kleinen. Hört man sich zum Lesen bzw. Bilder ansehen dann auch noch die beiliegende CD mit dem Hörspiel an, hat man ein Gesamterlebnis, das einfach umwerfend ist! Die Sprecherin hat eine sehr angenehme, deutliche, hohe und lebendige Stimme, die perfekt zum Text passt. Die Musik gibt die Stimmung von Emma wieder, man hört deutlich heraus, wo sie fröhlich oder traurig ist. Zudem gibt sie die Bewegungen der anderen Tiere musikalisch wieder, was schlicht ein tolles Erlebnis ist. Kinder erhalten durch Emma nicht nur eine wichtige Botschaft (Du bist gut, so wie Du bist, jeder ist etwas Besonderes, Du hast das Recht, selbstbewusst und stark zu sein), sondern lernen auch die Welt der (klassischen) Musik kennen. Lesen, sehen, hören, bewegen, fühlen. All das ist mit dem Buch möglich, daher empfinde ich es als pädagogisch äußerst wertvoll und kann es allen Eltern und Erziehenden empfehlen. Ganz klar 5/5 Sterne.

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