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Veröffentlicht am 02.06.2022

Spannend, fesselnd –ein Verwirrspiel der Extraklasse

Die Verdammten
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Die Straße. Das Video. Die Radfahrerin in der Nacht – und dann der fürchterlich zugerichtete Frauenkörper… was war das denn! Ein Traum? Ist es Wirklichkeit? Schon die ersten Seiten lassen mir das Blut ...

Die Straße. Das Video. Die Radfahrerin in der Nacht – und dann der fürchterlich zugerichtete Frauenkörper… was war das denn! Ein Traum? Ist es Wirklichkeit? Schon die ersten Seiten lassen mir das Blut in den Adern gefrieren. Das Spiel beginnt und ich bin mittendrin, kann mich dem Sog, die dieser Psychothriller erzeugt, nicht entziehen.

Drei sehr unterschiedlichen Menschen begegne ich, tauche in ihr Leben ein, meine zu wissen, wie sie ticken. Die einen mag ich sofort, andere sind mir suspekt, ich traue ihnen so gar nicht. Im Wechsel begleite ich Sebastian, Cherry und Karo. Ihr Leben, ihre Wege, die sich irgendwann kreuzen. Es entstehen Sympathien, Antipathien, Unverständnis, sehr viele Zweifel und des Öfteren schlichtweg Empörung über Lügen, Intrigen, über das Überschreiten von Grenzen.

Sebastian – seine Ex-Frau macht ihm das Leben zur Hölle, die gemeinsamen Kinder hält sie tunlichst von ihm fern, sie wünscht ihm alles erdenklich Schlechte und genau so handelt sie. Kann und will er das so einfach wegstecken? Cherry steckt in einer schwierigen Beziehung, an der sie trotz allen Widrigkeiten festhalten will. Sie ist eine treue Seele – ist sie das? Und Karo – sie hat ihr Leben nicht so ganz im Griff. Warum wohl?

Die drei Akteure werden gut skizziert, das Bild von jedem einzelnen ist in meinem Kopf verankert. Ich bin voreingenommen, verurteile, gelange aber immer wieder an einen Punkt, an dem ich zweifle. Nur phasenweise glaube ich, den Durchblick zu haben. Bin ich der Autorin auf den Leim gegangen? Wieder mal, wie schon so oft? Astrid Korten ist eine Meisterin des Verwirrspiels und auch hier, bei und mit den „Verdammten“ zieht sie wieder alle Register. Geschickt führt sie ihre Leser auf falsche Fährten und erst ganz zum Schluss wird so einiges erklärbar. Warum nur habe ich die Anzeichen nicht gesehen, sie nicht deuten können?

Die Verdammten dieser Welt – es gibt sie, es sind gar nicht so wenige.

Ein erstklassiger Thriller ist ausgelesen, ein subtiles, ein nervenaufreibendes Spiel mit der Wahrnehmung ist zu Ende. Im Nachwort geht die Autorin näher auf Pseudologia phantasica (zwanghafte Lügen) ein. Astrid Korten beleuchten immer ernste Themen, sie recherchiert dazu gründlich, man merkt dies ihren Büchern an.

„Die Verdammten“ ist ein spannender, wendungsreicher Thriller mit Charakteren, die polarisieren, die keinen kalt lassen. Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

Eine Sizilienreise vom Feinsten

Der Puppenspieler von Palermo
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Es ist schon viel zu lange her, dass ich „Kaktusfeigen“ gelesen habe und endlich geht es weiter. Wird Linda ihre Zwillingsschwester finden? Schon immer spürt sie, dass ihre Schwester noch lebt und nun ...

Es ist schon viel zu lange her, dass ich „Kaktusfeigen“ gelesen habe und endlich geht es weiter. Wird Linda ihre Zwillingsschwester finden? Schon immer spürt sie, dass ihre Schwester noch lebt und nun will sie es wissen. Auch ihren Vater möchte sie endlich kennenlernen, den stolzen Sizilianer, von dem Mitzi, ihre esoterisch angehauchte Mutter, so gar nichts mehr wissen will. Linda ist so unerschrocken wie leichtsinnig, legt sie sich doch mit einem Mafia-Boss an. Hinterher hätte sie es natürlich anders anpacken müssen, sie bringt nicht nur sich selber, sondern ihr ganzes Umfeld in Gefahr.

Eine Sizilienreise vom Feinsten bietet Anna Castronovo wiederum. Auch sie hat eine sizilianische Familie, kennt die Gepflogenheiten der heißblütigen Italiener von Kindesbeinen an, ist sowohl den Münchenern als auch den Sizilianern sehr verbunden.

Ihre Charaktere sind allesamt fein gezeichnet, jede ist auf ihre Art authentisch. Mit Mitzi ist ihr eine gestandene Bayerin gelungen, sie nimmt kein Blatt vor den Mund, ist ein wenig derb und dann wieder zeigt sie eine ganz andere Seite, das Universum lässt schön grüßen. Linda ist eine junge Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht, auch wenn ihre Gefühle grad Achterbahn fahren - schuld daran sind Silvo und Mario. Und endlich hat Linda ihren Vater gefunden, den Puppenspieler Gaetano - in Palermo ist er zuhause. Die anderen alle von ihrer sizilianischen Familie kennt sie schon ne Weile, in „Kaktusfeigen“ habe auch ich sie getroffen. Sie sind mir ans Herz gewachsen - die einen mehr, die anderen weniger.

Die fiktive Geschichte um den „Puppenspieler von Palermo“ hat einen ernsten Hintergrund. Im Anschluss an den Roman schreibt die Autorin über die Kinder der kalabrischen Ndrangheta. Ein Programm, das Kindern, Jugendlichen und auch Frauen hilft, aus dieser mächtigsten Mafiaorganisation auszusteigen. Und dieses für viele so hilfreiche Programm für die Kalabresen hat Anna Castronovo nach Sizilien verlegt und es sehr gekonnt in die Story des „Puppenspielers“ integriert.

Beim Lesen spüre ich die Sonne Siziliens, aber nicht nur sie wärmt mich. Dieser wundervolle Roman um eine sizilianisch-bayerische Familie ist so lebensnah, zuweilen grantig, dann mit viel Humor und sehr liebenswert vor der herrlichen Kulisse Siziliens geschrieben – leidenschaftlich, temperamentvoll, einfach fantastisch - ein Lesegenuss, den ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

Witzig, spritzig, unterhaltsam

Affenhitze (Ein Kluftinger-Krimi 12)
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Der zwölfte Kluftinger schon und doch ist „Affenhitze“ mein erster. Das ungekürzte Hörbuch von Hörbuch Hamburg haben mir die beiden Autoren vorgelesen, unterstützt von Martin Umbach, der mir als Schauspieler ...

Der zwölfte Kluftinger schon und doch ist „Affenhitze“ mein erster. Das ungekürzte Hörbuch von Hörbuch Hamburg haben mir die beiden Autoren vorgelesen, unterstützt von Martin Umbach, der mir als Schauspieler und Synchronsprecher ein Begriff ist.

Die Wiege der Menschheit liegt im Allgäu – zumindest will das Professor Brunner herausgefunden haben, als Beweis dient ihm das Skelett des Uhrzeitaffens Udo. Und nun, während einer Feierstunde, bei der sich auch Bayerns Ministerpräsident die Ehre gibt, werden Brunners Überreste gefunden. Kluftinger und seine Kollegen von der Kripo Kempten ermitteln. Dabei sind sie nicht nur einer zwielichtigen Kommune auf der Spur, an Verdächtigen mangelt es beileibe nicht.

Der Kluftinger ist schon ne Marke, ein etwas chaotischer Umstandskramer, der dem Fortschritt immer ein wenig hinterherhinkt, dies aber nicht zugeben will. Er weiß sich schon zu helfen, auch wenn er ob seiner tollpatschigen Art immer ein wenig unbedarft wirkt. Es gibt genug Szenen, in denen ich erst mal so richtig ablachen musste, um dann weiterzuhören. Wenn der Kluftinger beim Italiener bestellt, dann wird auch was geliefert, auch wenns nicht gerade das ist, was die Familie eigentlich möchte. Aber so eng darf man das nicht sehen, schließlich will er für jeden nur das Beste.

Es sind diese alltäglichen Kleinigkeiten, die jeder mehr oder weniger gut bewältigt und unser Held ist stets bemüht, auch ist er jetzt endlich in den sozialen Medien angekommen und klopft sich symbolisch selber auf die Schultern, dass er so schnell den absoluten Durchblick hat. Wie nebenher hilft er auch noch seiner Frau, genug Brauchbares für den Flohmarkt ranzuschaffen.

Es passiert eine ganze Menge, sowohl im privaten Umfeld als auch den Fall betreffend. Dass seine Enkelin nun ein Kindermädchen hat, passt Kluftinger ganz und gar nicht. Also wird diese observiert, schließlich und endlich ist er die Polizei und kennt sich in Sachen verdeckte Ermittlung aus.

Das Hörbuch habe ich sofort gemocht, die beiden Autoren vermitteln das Gefühl, direkt dabei zu sein. Sie sind schlichtweg ne Wucht! Bestens unterstützt von dem sehr erfahrenen Sprecher Martin Umbach. Auch wenn kein Klischee ausgelassen wird, so ist die ganze „Affenhitze“ amüsant und urkomisch. Auch kommt der eigentliche Fall nicht zu kurz, an der Aufklärung wird kontinuierlich gearbeitet und schrittweise kommen sie voran. Dem Kluftinger macht keiner so schnell was vor. Der zwölfte seiner Art hat mich für ihn eingenommen, ich möchte unbedingt mehr davon, es gibt schließlich elf Vorgängerbände, die mir bestimmt – so wie dieser hier – vergnügliche Stunden bescheren werden.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Spannung bis zum Schluss

Kalte Blüten
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Der zweite Fall für die deutsch-französische Kommissarin Marie Mercier ist gelöst. Es heißt für mich nun Abschied nehmen von all den kulinarischen Genüssen und der zauberhaften Landschaft, die Julie Dubois ...

Der zweite Fall für die deutsch-französische Kommissarin Marie Mercier ist gelöst. Es heißt für mich nun Abschied nehmen von all den kulinarischen Genüssen und der zauberhaften Landschaft, die Julie Dubois so einladend beschreibt.

Unter einem Walnussbaum werden ein Schädel und kurz darauf der ganze Leichnam gefunden. Eine Ölmühle sollte hier, auf dem Grundstück der Familie Bartes, neu gebaut werden. Marie, die erst vor kurzem aus Paris zurück in ihre Heimat gezogen ist und das für diesen Fall zuständige Kommissariat leitet, ermittelt. Nicht jeder ist davon begeistert, sie stößt auf viel Widerstand.

„Kalte Blüten“ ist ein eher unblutiger, aber durchaus fesselnder Krimi. Marie hat das Haus geerbt, in dem sie mit Leonie, ihrer rüstigen Großtante, in einer WG lebt nach der Devise leben und leben lassen - zwei sehr sympathische Charaktere. Leonie bekocht sie mit regionalen Köstlichkeiten, da möchte man direkt mit am Tisch sitzen.

Der Fall ist undurchsichtig, so mancher Typ nicht gerade vertrauenerweckend. Auch die Familie Barthes ist keine Vorzeigefamilie, sie sind sich untereinander nicht gerade wohlgesonnen. Was ist passiert damals, als das Unglück geschah? Oder war es Mord? Man rätselt und hat bald Verdächtige, um dann doch wieder zu zweifeln. So manch dunkles Geheimnis kommt zum Vorschein aber alle schweigen sie. So einiges ist passiert und gegen Ende kommt nochmal richtig Schwung in die Sache.

Die Spannung ist immer da, auch wenn es zwischendurch eher gemächlich zugeht. So manche Passage hat mich des Öfteren schmunzeln lassen - ein liebens- und lesenswerter Krimi mit viel Charme und immer feinen Gerüchen in der Nase. „Kalte Blüten“ fesselt bis zum Schluss – ich freue mich schon auf den nächsten Fall, der hoffentlich nicht zu lange auf sich warten lässt.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Großartig erzählt

Terra di Sicilia. Die Rückkehr des Patriarchen
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Das abwechslungsreiche Leben des Barnaba Carbonaro oder „eine deutsch-italienische Familiengeschichte über die Suche nach dem großen Glück“.

Über drei Generationen lerne ich die Familie Carbonaro kennen, ...

Das abwechslungsreiche Leben des Barnaba Carbonaro oder „eine deutsch-italienische Familiengeschichte über die Suche nach dem großen Glück“.

Über drei Generationen lerne ich die Familie Carbonaro kennen, allen voran den Patriarchen. Um ihn geht es, um seine großen Träume, seinen unbedingten Willen trotz widriger Umstände etwas aus seinem Leben zu machen. Sie sind arm, schon bald muss der kleine Barnaba mit anpacken, jede Lira wird gebraucht. Zum Lernen ist da kein Platz, lesen wird immer ein Problem bleiben und doch gibt er nie auf, seine hochtrabenden Pläne wollen erreicht werden. Die Zahlen haben es ihm angetan, er kann sie sehen, spüren, schmecken – hier macht ihm keiner was vor.

Mario Giordano ist eine anrührende und warmherzige Geschichte gelungen. Seinen Erzählstil kennt man von den Tante Poldi-Büchern, er beschreibt die Lebensgeschichte eines Sizilianers, der zuweilen ein wenig schlitzohrig daherkommt. Ihm wird nichts geschenkt, er will das aber auch gar nicht. Von ganz unten fängt er an, lernt alles über die Zitrusfrüchte und schafft sich mit dem Export nach Deutschland ein gutes Auskommen.

Abwechselnd sind wir auf Sizilien im Gestern und in München um 1960. Als alter Mann kehrt er hierher zurück, seine Kinder und Enkel leben hier. Beide Erzählstränge habe ich gerne verfolgt, auf Sizilien war ich noch ein Stückchen lieber.

Um Barnaba Carbonaro, dem Urgroßvater des Autors, rankt sich „Terra di Sicilia“. Ein Produkt der Fantasie ist dieser Roman, hie und da historisch verwurzelt – so lese ich die letzten Zeilen dieser großartigen Familiengeschichte. Ein unterhaltsamer Lesegenuss.

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