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Veröffentlicht am 08.07.2022

Kurzweiliges Lesevergnügen

Der Mann in den Dünen
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Lena Lorenzen ist zurück! Das LKA in Kiel hat sie wieder, jedoch macht die Schreibtischarbeit sie nicht gerade glücklich. Als Reinhard Doormann vermisst wird, wird Lena nach Sylt gerufen. Der Hamburger ...

Lena Lorenzen ist zurück! Das LKA in Kiel hat sie wieder, jedoch macht die Schreibtischarbeit sie nicht gerade glücklich. Als Reinhard Doormann vermisst wird, wird Lena nach Sylt gerufen. Der Hamburger Reeder hat sich vom Tagesgeschäft zurückgezogen und lebt überwiegend in seiner Sylter Villa. Marc und Susanne, seine beiden ehelichen Kinder, sind hier. Auch Sven, sein unehelicher Sohn, hat sich dazugesellt. Bald stellt sich heraus, dass es sich um eine Entführung handelt. Nicht alle Familienmitglieder sind kooperativ. Lena, die ihren jungen Kollegen Johann wieder an ihrer Seite hat, begegnen sie nicht gerade freundlich, ihre teils unwirsche Art ist deutlich spürbar. Spätestens als am Strand Blutspuren entdeckt werden, deutet alles auf ein Gewaltverbrechen hin.

Der mittlerweile neunte Band um die Inselkommissarin hat alles, was einen spannenden Krimi ausmacht. Rund um den Vermisstenfall menschelt es, die Charaktere sind allesamt glaubhaft angelegt.

In der Familie Doormann herrscht nicht immer eitel Sonnenschein. Die Firmenspitze sollte in der renommierten Reederei neu geregelt werden, Eifersüchteleien und Grabenkämpfe bleiben nicht aus. Wenn dann plötzlich der Senior auf mysteriöse Weise verschwindet, wird jeder Einzelne durchleuchtet. Aber nicht nur sie, auch Außenstehende hätten durchaus ein Motiv.

Lena und Johann sind ein gutes Team, auch ihr Privatleben gehört dazu. Die Ermittlungen stehen dabei schon im Vordergrund, zu Lenas Leben gehören aber auch Erck und Bent, ihr kleiner Sohn. Auch über Johann erfahren wir ein wenig - all dies wohl dosiert. Der Spagat zwischen Beruflichem und Privatem ist nicht immer einfach, ist aber tägliche Realität.

Die Aufklärungsarbeit und das Private zwischendrin sind immer glaubhaft, gut nachvollziehbar und an keiner Stelle überzogen. Die Figur der Lena ist sehr authentisch, als junge Mutter hat sie immer ein schlechtes Gewissen sowohl ihrem Mann als auch ihrem Kind gegenüber und doch will sie sich in ihrem Traumberuf wieder einbringen, beides ist wichtig für sie. Und sie ist gut in dem, was sie tut.

„Der Mann in den Dünen“ und Anna Johannsen haben mir kurzweilige Lesestunden beschert. Der Fall ist aufgeklärt, die überraschende Wendung hat sich gegen Schluss abgezeichnet, ein lesenswerter Krimi, der Lust auf den nächsten Band macht.

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Veröffentlicht am 05.07.2022

Vergiftete Freundschaften

Syltstille
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Es beginnt gemächlich, als ob man sich erst mal einrichten, die Gegend erkunden müsste. Anna ist Landschaftsarchitektin, Ehefrau und Mutter des kleinen Christopher, auch Pepper, ihr Hund, passt hervorragend ...

Es beginnt gemächlich, als ob man sich erst mal einrichten, die Gegend erkunden müsste. Anna ist Landschaftsarchitektin, Ehefrau und Mutter des kleinen Christopher, auch Pepper, ihr Hund, passt hervorragend in die Familie. Ihr Mann Nick ist Polizist und mit Uwe, seinem Kollegen, versucht er die Todesumstände eines Bauunternehmers aufzuklären. Ausgerechnet Anna hat ihn gefunden, als sie bei einer Kundin den Auftrag durchsprechen will.

Es ist der zweite Fall um Anna Bergmann, ich habe der ungekürzten Hörbuchausgabe gelauscht. Die Hörbuchsprecherin Ulla Wagener hat mich 9 Stunden und 25 Minuten am doch recht turbulenten Geschehen teilhaben lassen. Diese Turbulenz war anfangs so gar nicht zu spüren, hat sich aber dann doch gesteigert, je weiter ich ihr zuhörte.

Zuweilen hatte ich das Gefühl, als ob dem Tod um den Bauunternehmer nicht viel Bedeutung beigemessen wird. Dreht sich die Nebenstory doch eher um Annas Privatleben. Um ihre ehemalige Mitschülerin Stella, die sie bei einem Klassentreffen wiedertrifft. Schon damals waren sie sich eher in Feindschaft abgeneigt und doch meint man, die beiden wären die allerbesten Freundinnen, zumindest gibt sich Stella so.

Und dann nimmt auch der ursprüngliche Todesfall, der sich als Mordfall herausstellt, Fahrt auf. Verdächtig machen sich so einige und jedem würde man die Tat zutrauen. Es geht um Neid und Missgunst, um Eifersucht und Rache. Die Charaktere sind ziemlich klischeebehaftet – die einen sind die Guten und die anderen haben all das, was man als das Böse bezeichnen könnte. Das Ende war dann für meine Begriffe doch ein wenig überzogen.

„Syltstille“ hat neben den unterhaltsamen Elementen so einiges mehr zu bieten. Letztendlich vermengen sich der eigentliche Mordfall und das vermeintlich Private ganz gut. Aus dem anfänglich gemächlich Dahinplätschernden ist ein spannender Krimi vor herrlicher Kulisse geworden.

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Veröffentlicht am 02.07.2022

Den Vater suchen – geht das noch?

Das Marterl
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Johannes Laubmeier lebt schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt, A. nennt er sie kurz und bündig. Wer es denn wissen will, um welche niederbayerische Kleinstadt es sich handelt, wird sicher fündig. ...

Johannes Laubmeier lebt schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt, A. nennt er sie kurz und bündig. Wer es denn wissen will, um welche niederbayerische Kleinstadt es sich handelt, wird sicher fündig. Ein Bub ist er noch, als seine heile Welt in sich zusammen stürzt. Der Vater verunglückt mit seinem Motorrad tödlich.

„Je länger etwas zurückliegt, desto stärker tritt es einem vor Augen.“ Die Zeit heilt Wunden sagt man, die Erinnerung verklärt so manch traumatisches Erlebnis, anderes tritt in den Hintergrund, man vergisst es und wieder anderes bleibt lebendig, man empfindet es im Nachhinein sehr viel intensiver.

Ein Marterl wird von den Hinterbliebenen zur Erinnerung an ein Unglück aufgestellt, man sieht sie immer wieder am Wegesrand. Ob der Erzähler eines dieser Wegekreuze meint oder ob eher die Bilder seines Vaters in seiner Phantasie geweckt werden, als Metapher sozusagen – wer weiß.

Johannes kommt alleine ins Haus seiner Eltern, in dem seine Mutter nach wie vor lebt, diese sich aber gerade auf Reisen befindet. Er will es so, will ungestört als erwachsener Mann der Vergangenheit nachspüren. Sein Leben sieht so ganz anders aus als das, was er hier immer noch vorfindet. Traditionsbehaftet sind sie schon. Diejenigen, die hier geblieben sind. Fest verwurzelt in A., es ist ihre Heimat.

Und so ziehen seine Kinderjahre an ihm vorüber, die Kapitel erzählen etwa von dem kleinen „Tiefseetaucher“, dessen Bild auf dem Cover sehr authentisch rüberkommt - „der Junge“ wie der Autor ihn nennt, wie er war, wie er mit seinem Vater so einiges erlebt. Viele Erinnerungen kommen wieder an die Oberfläche. Die Jahre der Kindheit wechseln sich ab mit Kapiteln vom heutigen Johannes. Wo und wie er lebt wird kurz angerissen, vor allem aber entdeckt er A. wieder.

Viel hat sich nicht verändert. Es ist eher ein nüchterner Blick ohne Emotionen. Eine Abrechnung mit seiner alten Heimat, so kommt es mir stellenweise vor. Mit dem Mief, dem Althergebrachten. Auf den Spuren seines Vaters habe ich ihn vermutet, aber je mehr ich lese, desto weniger glaube ich es ihm. Als ob er diejenigen verachtet, die hiergeblieben sind, die einen sehr beschränkten räumlichen Radius haben. Er, der aufgeschlossene Weltbürger, fühlt sich denen nicht mehr zugehörig. War er es je? Als Junge vielleicht…

Und dann lese ich weiter, nachdem ich das Buch ein paar Tage zur Seite gelegt habe. Und lerne Johannes und sein Anliegen anders kennen. Schicht für Schicht arbeitet er sich durch die Kartons und die alten Möbel im Schuppen, bis er auf Sachen seines Vaters stößt. Und Seite für Seite lese ich mehr, sehr viel mehr, sehr viel intensiver. Ich meine die Verbundenheit zu seinem zu früh verstorbenen Vater zu spüren. Es ist viel Zeit vergangen, er kann sich gerade an die emotionalsten Momente nicht mehr gut erinnern – ich kann es sehr gut nachempfinden.

Er, der Sohn vom Hans, hat sich die Erinnerung an seinen Vater auf seine Weise zurückgeholt. Es war ihm ein tiefes Bedürfnis.

„Das Marterl“ ist eine Biographie mit mehr oder weniger fiktionalen Elementen. Unsere Erinnerung – spielt sie uns nicht auch ab und an einen Streich, ist eher stellenweise fiktional? Ein Buch, das Emotionen weckt. Das ich gerne gelesen habe, das ich verurteilt habe. Mit dem ich mich versöhnt habe.

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Unterhaltsam

Mord in Montagnola
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Auf Hermann Hesses Spuren wandelnd, bin ich in Montagnola gelandet. Und dies nicht, um mehr von einem meiner Lieblingsdichter zu erfahren, den es für etliche Jahre in diese malerische Gegend gezogen hat. ...

Auf Hermann Hesses Spuren wandelnd, bin ich in Montagnola gelandet. Und dies nicht, um mehr von einem meiner Lieblingsdichter zu erfahren, den es für etliche Jahre in diese malerische Gegend gezogen hat. Nein, in der Nevèra, einem der typischen historischen Tessiner Eiskeller, liegt ein Toter.

„Hochspannung vor malerischer Kulisse!“ Ja, ein kurzer Blick auf Cover und Titel und meine Neugier war geweckt, der Klappentext tat ein Übriges – diesen Krimi musste ich lesen. „Tödliches Tessin – der furiose Auftakt einer neuen Krimireihe“ macht Laune und Lust auf mehr.

Moira ist her gekommen, um nach Ambrogio, ihrem Vater, der einen leichten Schlaganfall hatte, zu sehen. Bald begegnet sie Luca, ihrer Jugendliebe, der als Rechtsmediziner arbeitet und sie in diesem ominösen Fall bittet, der örtlichen Polizei als Dolmetscherin zur Verfügung zu stehen.

Moira Rusconi ermittelt… und das, obwohl sie keine Polizistin ist. Sie arbeitet Chiara, der echten Polizistin, zu. Die beiden verstehen und vertrauen sich.

Wie eine erfrischende Brise lesen sich die ersten Seiten, dabei wollte ich nur mal kurz hineinschnuppern und bin direkt hängen geblieben. Sympathischen Charakteren, allen voran Moira und Luca, habe ich über die Schulter geschaut.

Der erste Zwischenfall ist schon beunruhigend: Original Hesse-Briefe sind verschwunden. Ambrogio als ehemaliger Literaturprofessor ist wohl der richtige Ansprechpartner in dieser Angelegenheit. Und natürlich muss in dem Mordfall ermittelt werden. Moira hat das richtige Gespür und gibt auch dann nicht auf, als der Fall scheinbar gelöst ist.

Ein Krimi, der mit der richtigen, wohldosierten Mischung aus Mordermittlung und Privatem gut unterhält. Die so unterschiedlichen Protagonisten sind überzeugend und lebensnah dargestellt, die Handlungsstränge logisch nachvollziehbar, wenn auch ein wenig überzeichnet. Der gelungene Auftakt mit viel Lokalkolorit. Ein Wohlfühlkrimi, in dem es vordergründig nicht blutig und knallhart zur Sache geht. Gerne bin ich wieder dabei, wenn es heißt: Moira Rusconi ermittelt wieder.

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Veröffentlicht am 25.06.2022

Die etwas andere Landpartie in vier Aufzügen

Landpartie
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Sasha Senderovsky besitzt nicht nur ein Landhaus außerhalb New Yorks, auch gehören Gästebungalows zu seinem Anwesen und die bieten sich geradezu an, die Pandemie bei gutem Essen und viel Alkoholika gemeinsam ...

Sasha Senderovsky besitzt nicht nur ein Landhaus außerhalb New Yorks, auch gehören Gästebungalows zu seinem Anwesen und die bieten sich geradezu an, die Pandemie bei gutem Essen und viel Alkoholika gemeinsam mit alten Freunden zu überstehen. Und es gefällt ihm, dem russischstämmigen Schriftsteller, der Anführer dieser ländlichen Menagerie zu sein.

„Acht Freunde. Vier Romanzen. Sechs Monate Isolation“ - die Landpartie ist in vollem Gange.

Ein Thema, das jeder kennt und selbst durchleben musste.

Wer es sich in dieser Situation leisten kann, sein Dasein auf dem Lande zu verbringen und die damit einhergehende freiere Lebensweise, ist schon privilegiert. Es sind ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, die hier aufeinandertreffen. Ihre Gespräche geben Einblick in ihr bisheriges Leben, es wird gnadenlos durchleuchtet und nicht nur dieses eine allumfassende Virus gibt den Takt an. Einhergehend mit der Isolation werden Emotionen freigesetzt, die unter normalen Umständen nie an die Oberfläche gelangen würden.

Das Virus und die Mythen, auch all die mittlerweile wohlbekannten Verschwörungstheorien kommen zur Sprache. Die Pandemie wird immer mehr zum zwischenmenschlichen Intermezzo. Fast wie im Rauschzustand vergessen sie alles um sich herum, die Moralvorstellungen werden zunehmend lockerer, es geht zur Sache. Und hört beinahe nicht mehr auf, je weiter ich lese – ein Zuviel des Guten. War ich anfangs noch neugierig – es war durchaus kurzweilig, ja amüsant, ihnen zuzuschauen - so musste ich mich später zwingen, dem Ganzen zu folgen.

Ironisch, entlarvend, gesellschaftskritisch - Gary Shteyngart hat mit seiner „Landpartie“ in mehreren Aufzügen einen Blick zurück getan. Ein in weiten Teilen lesenswerter Roman mit einem Ende, das es so nicht gebraucht hätte.

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