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Veröffentlicht am 13.05.2024

Stark überzeichnet

Die Ladenhüterin
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Die japanische Autorin Sayaka Murata erzählt in ihrem Buch „Die Ladenhüterin“ von einer nicht mehr ganz jungen Frau, die damit zu kämpfen hat, den Erwartungen der Allgemeinheit nicht zu entsprechen und ...

Die japanische Autorin Sayaka Murata erzählt in ihrem Buch „Die Ladenhüterin“ von einer nicht mehr ganz jungen Frau, die damit zu kämpfen hat, den Erwartungen der Allgemeinheit nicht zu entsprechen und Strategien entwickelt sich trotzdem als nützliches Teilchen der Gesellschaft zu fühlen.

Die 36jährige Keiko, die so vermute ich, denn gesagt wird es nie, eine Art von Autismus hat, arbeitet seit 18 Jahren als Aushilfe in einem 24Stunden Minisupermarkt. Als Studentin hat sie nebenher damit angefangen und wurde von ihrer Familie zu ihrer Entscheidung beglückwünscht. Doch nachdem sie das Studium aufgegeben hat und immer noch in diesem „Konbini“ arbeitet, nicht für Freundschaften oder fürs Heiraten zu begeistern ist, verzweifelt ihre Familie und im Shop wird sie allmählich schräg angesehen. Dabei waren die sich stetig wiederholenden Abläufe, auch die Begrüßungsformeln für die Kunden, die im Morgenappell regelmäßig geübt wurden für Keiko eine gute Möglichkeit die Schwierigkeiten eines „normalen“ Lebens zu umschiffen. Als sie dann den nichtsnutzigen, schmarotzenden Mann Shirara in ihr Leben lässt um die Gesellschaft endlich zufriedenzustellen , bricht ihr bis dahin eigentlich ganz glückliches Lebensmodell zusammen.

Die Figuren sind sehr stark überzeichnet. Einzelne Szenen wirkten dadurch witzig, bzw. satirisch und haben mich zum Schmunzeln gebracht. Trotzdem konnte mich der kurze Roman nicht wirklich erreichen. Die Moral der Geschichte , die Gesellschaftskritik insbesondere auch das Frauenbild der männlichen Japaner, die die Autorin anprangert, waren sehr sehr plump dargestellt. Ich habe es da gerne etwas subtiler. Die Geschichte selbst ist recht einfach gestrickt und die Charaktere wirkten wie Karikaturen, so dass ich mich überhaupt nicht mit ihnen identifizieren konnte. Sie blieben mir fremd.

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Veröffentlicht am 13.05.2024

Ein bisschen wenig Plot

Unschuld
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Florentin Carver sitzt im Todestrakt wegen Mordes an dem 16 jährigen Casper Rosendale ein, und sein Urteil soll in 35 Tagen vollstreckt werden. Seine Tochter Molly, die von seiner Unschuld überzeugt ist, ...

Florentin Carver sitzt im Todestrakt wegen Mordes an dem 16 jährigen Casper Rosendale ein, und sein Urteil soll in 35 Tagen vollstreckt werden. Seine Tochter Molly, die von seiner Unschuld überzeugt ist, schleust sich als Hausmädchen bei den Rosendales ein, um ihren Vater in letzter Sekunde noch vor der Giftspritze zu retten. Soviel zur Ausgangssituation.

Man könnte meinen, es handele sich um einen Krimi, aber auf dem Cover steht Roman, zu Recht. Dem Autor geht es glaube ich auch weniger um einen Kriminalfall, als vielmehr um die Beziehungen der handelnden Personen zueinander und das Herausstellen von Missständen in den USA wie Medikamentenmissbrauch, das Recht auf Schusswaffenbesitz und die riesige Schere zwischen Arm und Reich zum Beispiel.

Den Schreibstil von Takis Würger mochte ich dann auch sehr, den Plot umso weniger. Dieser ist total vorhersehbar und verläuft genauso, wie ich es schon frühzeitig vermutet hatte. Es gibt keinerlei Überraschungen, leider.

Dennoch habe ich das Buch recht gerne gelesen. Es liest sich locker flockig weg. Besonders die Beziehung der Protagonistin Molly zu ihrem Onkel und ihrem Vater war so toll. Die Familie hat so gut wie keinen Besitz, lebt von der Hand in den Mund und hat doch soviel Herzenswärme. Molly ist auf der anderen Seite aber auch keine wirkliche Heldin. Sie hat ein schweres Suchtproblem, schluckt Tabletten wie Brausebonbons und bekommt ihr Stottern, dass sie von Kindheit an begleitet nicht in den Griff. Außerdem befürchtet sie eine Krankheit geerbt zu haben, traut sich aber nicht sich Klarheit zu verschaffen. Ihre raue Schale täuscht. So sind nicht nur die reichen Rosendales irgendwie „Versehrte“, sondern auch sie.

Dies ist mein erstes Buch von Takis Würger und ich werde auf jeden Fall nochmal etwas anderes von ihm lesen, auch wenn „Unschuld„ für mich nicht der große Wurf war.

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Veröffentlicht am 10.05.2024

Vererbte Wut

Verbrenn all meine Briefe
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Alex Schulman hat mit seinem Roman „Verbrenn all meine Briefe“ einen sehr persönlichen Roman über die eigene Biografie geschrieben. Über sich selbst erschrocken bemerkt der Autor, dass nicht nur seine ...

Alex Schulman hat mit seinem Roman „Verbrenn all meine Briefe“ einen sehr persönlichen Roman über die eigene Biografie geschrieben. Über sich selbst erschrocken bemerkt der Autor, dass nicht nur seine Frau nicht länger gewillt ist seine Wutausbrüche zu ertragen, sondern dass er auch seinen Kindern Angst zu machen scheint. Er beginnt den Ursprung seiner Wut zu ergründen und sucht sich therapeutische Hilfe.

Jetzt möchte er mehr über den jähzornigen Großvater erfahren und beginnt intensiv zu recherchieren.

Neben Berichten über seine Recherche, gibt es immer wieder Kindheitserinnerungen des Autors in Bezug auf seine Großeltern und ein weiterer Erzählstrang wird durch das gefundene Recherchematerial wie z.b Briefe und Tagebücher gefüllt.

Es ist die Geschichte einer Dreiecksbeziehung ohne Happy End, soviel kann man vorwegnehmen. Die blutjunge Übersetzerin Karin heiratet den bekannten Schriftsteller Sven Stolpe, der sie immer mehr einengt und demütigt. Sie lernt Olof, einen jungen, aufstrebenden Schriftsteller kennen und verliebt sich in ihn. Ich mochte die vorsichtige Annäherung zwischen Karin und Olof, der ein ganz anderer Typ als ihr Ehemann ist. Karin gewinnt zunehmend an Selbstbewusstsein und blüht in ihrer Affaire auf.

Doch Sven in seiner Eifersucht lässt keinen Zweifel offen, dass man ihn nicht verlässt ohne selbst vernichtet zu werden.

Diese Familiengeschichte kommt wirklich einem Thriller nah und hat mich sehr erschüttert. Man kann sich natürlich fragen, ob es ethisch vertretbar ist die eigene sehr persönliche Familiengeschichte post mortem zu veröffentlichen, zumal sowohl der Schriftsteller Sven Stolpe als auch sein Konkurrent Olof Lagercrantz sehr bekannt waren. Ich denke aber schon, da sich der Autor das Einverständnis der Familien eingeholt hat und es sich um einen Roman handelt, der natürlich auch fiktionale Momente hat.

Ich finde Alex Schulman hat die tragische Geschichte seiner Familie sehr ehrlich, sensibel und respektvoll erzählt. Der Erzählstil hat mir ausgesprochen gut gefallen. Seine Geschichte macht es sehr nachvollziehbar, dass die toxischen Wesenszüge des Großvaters auch die nachfolgenden Generationen vergiftet hat.


S. 178 der Autor über seine Großmutter Karin :

„ und so ist sie mir in Erinnerung geblieben – selbst nach all den Jahren der Demütigungen durch Sven. Sie hatte Selbstachtung. Sie wurde zwar von ihm klein gemacht, erhielt sich aber eine Art Würde. Sie schrumpfte mit geradem Rücken.“

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Veröffentlicht am 08.05.2024

Unterhaltsames Gedankenexperiment

Wir werden jung sein
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In Maxim Leo‘s Roman „ Wir werden jünger“ treffen wir auf 4 Probanden einer Medikamentenstudie in der Berliner Charité . Sie alle haben Probleme mit ihrem Herzen und sie alle bekommen das noch nicht zugelassene ...

In Maxim Leo‘s Roman „ Wir werden jünger“ treffen wir auf 4 Probanden einer Medikamentenstudie in der Berliner Charité . Sie alle haben Probleme mit ihrem Herzen und sie alle bekommen das noch nicht zugelassene neue Medikament verabreicht, dass ihnen mehr Lebensqualität ermöglichen soll. Zur Überraschung des Studienleiters und Professors, der sich im Übrigen das Medikament auch selbst verabreicht hat, werden die Probanden durch die Einahme nach einiger Zeit jünger.

Verena, eine ehemalige Weltklasseschwimmerin schwimmt wieder Rekorde ganz ohne Vorbereitung.

Jenny wird völlig unerwartet schwanger und das nach jahrelangen Fehlversuchen in der Kinderwunschklinik.

Wenger, ein Patrirach wie er im Buche steht, hat seine Firma wohl zu früh an die beiden Kinder übergeben, die alles was er aufgebaut hat reformieren wollen. Zum Sterben scheint es plötzlich zu früh.

Und der jüngste gerade mal 17 jährige Jakob, der sich trotz seines kranken Herzens zum ersten Mal verliebt hatte, spürt keine Lust mehr, weil sein Körper, zu dem eines Kindes geworden ist.



Verrückt, aber so schön erzählt , besonders als Hörbuch auch wunderbar vorgelesen von Simon Jäger, dass ich mich sehr gut unterhalten fühlte. Es war ein interessantes Gedankenexperiment, das auch viele ethische Fragen aufwirft.

Natürlich weckt der Nebeneffekt des Medikaments, die Möglichkeit der Verjüngung Begehrlichkeiten. Doch wenn die Alten sich immer wieder verjüngen, ist auch die Überbevölkerung wieder ein größeres Thema. Die Gesellschaft dürfte sich radikal verändern,und wer bekäme überhaupt Zugang zu der neuen Wunderpille?

Das Ende war leider etwas schnell abgehandelt und hat mir nicht ganz so gut gefallen, aber ansonsten hatte ich viel Spaß an dieser humorvollen an Satire grenzenden Geschichte.

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Veröffentlicht am 05.05.2024

Ein bisschen Wahnsinn

Salt and Silver am Meer
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Mich begeistern immer wieder Menschen, die sich tatsächlich ihren Lebenstraum erfüllen und eine Sache, die sie lieben mit aller Kraft und Leidenschaft umsetzen.

Cozy und Jo sind zwei unzertrennliche ...

Mich begeistern immer wieder Menschen, die sich tatsächlich ihren Lebenstraum erfüllen und eine Sache, die sie lieben mit aller Kraft und Leidenschaft umsetzen.

Cozy und Jo sind zwei unzertrennliche Freunde, die in diesem Buch über ihre Reisen durch die Küchen der Welt und die Umsetzung ihres Traums ein Restaurant am Meer zu eröffnen, erzählen.

2022 ist es endlich soweit, das Salt &Silver in St.Peter-Ording, eine traumhafte Location, die wir im Urlaub schon kennenlernen durften, wird mit großem Erfolg eröffnet.

Neben den innovativen Rezepten mochte ich auch die vielen Geschichten hinter die Kulissen, die einen intensiven Einblick in die Gastroszene vermitteln. Um den täglichen Druck und das Tempo aushalten zu können, muß man wohl ein Stück weit wahnsinnig sein, sagen die Jungs selbst, und ich kann dem beim Lesen nur zustimmen. Die beiden Freunde und ihr Team sind aber mit soviel Leidenschaft bei der Sache, dass man sich sofort auf den Weg machen möchte, um bei ihnen zu speisen. Großen Wert legen sie auf regionale Produkte von hoher Qualität.

Das Buch hat eine sehr hochwertige Ausstattung mit Leineneinband und Lesebändchen. Den Text und die vielen tollen Fotos fand ich sehr inspirierend . Vom Frühjahr bis zum Winter finden sich zunächst wunderschöne Fotos des Strandrestaurants und im Anschluss dann auch entsprechende jahreszeitlich abgestimmte Rezepte.

Ich freue mich darauf das ein oder andere Rezept einmal auszuprobieren. Mit den pfiffigen Grundrezepten am Ende des Buches kann man sicherlich so manch ein eigenes Rezept auch ein bisschen aufpeppen. Die Köche nennen diese Grundrezepte treffend Geschmacksbooster. Die Salzzitronen z.b. scheinen so vielseitig einsetzbar, dass sie wohl als erstes Einzug in meine Küche nehmen werden.

Wer gutes Essen liebt und sich durch kreative ungewöhnliche Rezepte inspirieren lassen möchte, wer darüberhinaus auch eine spannende Lebensgeschichte von zwei leidenschaftlichen Weltenbummlern lesen mag, der wird mit diesem Buch mit Sicherheit lange viel Freude haben.

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