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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2020

Klischeehafter, aber zufriedenstellender Reihenabschluss

Das Buch der gelöschten Wörter - Die letzten Zeilen
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Quan Surt, dem skrupellosen Anführer der Absorbierer, ist es tatsächlich gelungen, mit dem Buch der gelöschten Wörter in die reale Welt zu fliehen und so auch den Buchfiguren den Weg durch das Portal zu ...

Quan Surt, dem skrupellosen Anführer der Absorbierer, ist es tatsächlich gelungen, mit dem Buch der gelöschten Wörter in die reale Welt zu fliehen und so auch den Buchfiguren den Weg durch das Portal zu öffnen. Während also Bösewichte aus den verschiedensten Werken durch die Straßen Londons ziehen und dort ihr Unwesen treiben, machen Hope und Rufus sich auf die Suche nach Surts Autor, denn nur mit Hilfe des originalen Manuskripts kann es gelingen, den Schurken ein für alle mal zu vernichten. Doch auch ein Verräter im Inneren macht der Organsitation der Verwandler und Wanderer das Leben schwer - wem können die beiden und ihre Freunde noch trauen?

Der dritte und finale Band der Reihe knüpft erneut genau an den Vorgänger an und im Gegensatz zu dem wirklich mittelmäßigen Band zwei, macht die Autorin hier vieles richtig. Die beiden Protagonisten Hope und Rufus arbeiten zum ersten Mal wirklich zusammen, anstatt sich ständig kritisch zu beäugen oder miteinander zu streiten. Darüber hinaus spielt die Buchwelt mit ihren Figuren und deren spezifischen Talenten wieder eine größere Rolle - zum Glück, denn das ist genau der Dreh- und Angelpunkt, der die Geschichte trägt und zu etwas Besonderem macht. Auch Rufus' Begleiter Gwen und Lance bekommen endlich die Chance zu zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind und die Freundschaft der vier untereinander ist toll anzusehen.

Einige Kritikpunkte bleiben dennoch. Manche Handlungselemente wirken, wie aus einem Baukasten ausgesucht. Sie hier aufzuzählen, würde das Ende der Geschichte verraten, daher nur so viel: Es wird mit Klischees nicht gegeizt und einiges davon könnte genauso gut Episode einer Telenovela sein. Zudem erweisen sich Dinge, die bereits im ersten Band angedeutet wurden, als tatsächlich wahr, was ebenfalls nicht gerade für einen gelungenen Spannungsbogen spricht. Man muss nicht unbedingt Sherlock Holmes sein, um der Lösung auf die Spur zu kommen, dennoch bietet "Die letzten Zeilen" von allen drei Bänden den meisten Lesespaß und lässt den Leser am Ende zufrieden zurück.

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Veröffentlicht am 15.03.2020

Schönes Geschenk für Pflanzenliebhaber, für Anfänger eher uninteressant

Pflanzenliebe
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Als die Autorin Summer Rayne Oakes in die Großstadt New York zog, fehlte ihr zunehmend die Natur. Also begann sie, sich Zimmerpflanzen für ihr Apartement anzuschaffen und diese eigenhändig zu vermehren. ...

Als die Autorin Summer Rayne Oakes in die Großstadt New York zog, fehlte ihr zunehmend die Natur. Also begann sie, sich Zimmerpflanzen für ihr Apartement anzuschaffen und diese eigenhändig zu vermehren. Heute besitzt sie einen YouTube-Kanal mit knapp 200.000 Abonennten, veranstaltet Kurse für Pflanzenliebhaber und hat in ihrer Wohnung einen mehr als 1000 Pflanzen umfassenden Dschungel herangezogen. In "Pflanzenliebe" nähert sie sich nun der Frage, welchen Mehrwert Pflanzen für unser Leben haben und was wir tun können, damit diese sich bei uns wohlfühlen.

Eins vorneweg: Das Buch ist kein handelsüblicher Ratgeber zum richtigen Umgang mit Zimmerpflanzen. Zwar gibt die Autorin zum Ende des Buches hin auch Tipps, wie man die Pflege der eigenen Pflanzen verbessern kann und welche Arten den ein oder anderen Fehler verzeihen, dennoch geht es eher um biologische und vor allem psychologische Aspekte der Pflanzenhaltung. In acht Kapiteln, deren Anfänge stets kleine Pflanzenillustrationen beinhalten, teilt Summer Rayne Oakes ihre Geschichte mit uns. Sie berichtet von dem Beginn ihrer Leidenschaft, von einem Nachbarschaftsgarten, den sie in New York betreut und streut Anekdoten aus ihren Seminaren ein. Wir erfahren jedoch auch, dass Pflanzen Musik lieben, besonders Mozart, dass sie Partnerschaften untereinander eingehen und depressiven Menschen bei einer Therapie helfen können. Am Ende jedes Kapitels folgen schließlich "Wachstumsübungen", in welchen der Leser sich mit dem Thema Pflanzen eingehender beschäftigen soll.

"Pflanzenliebe" leistet durchaus einiges. Das Buch macht deutlich, dass Pflanzen Lebewesen sind, die wir nur ins Haus holen sollten, wenn wir ihnen gerecht werden können. Ebenso positiv ist anzumerken, dass die Autorin stets die botanischen Namen nutzt - ein echter Pflanzenfreund wird mit den reinen Verkaufsnamen auf Dauer nicht viel anfangen können. Und gerade da liegt auch der Schwachpunkt des Buches: Anfänger können hier kaum brauchbare Tipps zur Pflanzenpflege finden - es scheint daher eher für Menschen geeignet zu sein, die bereits Vorkenntnisse haben und ist hier auch durchaus als nettes Geschenk geeignet. Ich persönlich hätte mir zudem noch einige Fotoseiten gewünscht, denn wer im Internet die Pflanzensammlung der Autorin entdeckt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Schade, dass diese nicht in "Pflanzenliebe" gezeigt wird; so bleibt das Geschriebene zuweilen etwas trocken und abstrakt.

Fazit: Ein schönes Geschenk für Pflanzenfans, für Anfänger eher uninteressant

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Eine nette kleine Geschichte

Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen
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Frau Yeom besitzt in Seoul einen kleinen 24 Stunden-Laden, den sie zum Leidwesen ihres Sohnes noch immer betreibt, obwohl er nur wenig Gewinn abwirft. Der würde stattdessen lieber verkaufen und das Geld ...

Frau Yeom besitzt in Seoul einen kleinen 24 Stunden-Laden, den sie zum Leidwesen ihres Sohnes noch immer betreibt, obwohl er nur wenig Gewinn abwirft. Der würde stattdessen lieber verkaufen und das Geld in seine eigenen Ideen investieren. Doch dann lernt Frau Yeom durch Zufall den Obdachlosen Dok-go kennen und bietet ihm die Nachtschicht in ihrem Laden an. Schon bald hat er sich eingelebt und beeinflusst das Leben seiner Kundschaft auf die ein oder andere Weise.

„Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen“ ist der erste Roman des Redakteurs und Drehbuchautors Kim Ho-yeon. Er ist der erste Band einer Reihe und wird in Korea derzeit als Theaterstück und fürs Fernsehen adaptiert. Erzählt werden im Prinzip lauter kurze Begegnungen in der Vergangenheitsform, die sich in bzw. im Zusammenhang mit Frau Yeoms Laden abspielen. Die Personen wechseln dabei ständig, im Fokus stehen aber sicherlich die Ladenbesitzerin selbst und Dok-go, die beide mit ihrem Wesen und Verhalten ihre Umgebung beeinflussen.

Frau Yeoms Entscheidung, einen Obdachlosen in ihrem Laden arbeiten zu lassen, trifft nicht nur auf Verständnis. Während die junge Angestellte Si-hyeon ihre Vorbehalte schon bald aufgeben kann, bleibt die ältere Frau Oh lange Zeit misstrauisch und verhält sich Dok-go gegenüber abweisend, wenn sie ihn beim Schichtwechsel im Laden trifft. Überhaupt hat mir nicht gefallen, wie über den Obdachlosen gesprochen wird. Er wird von beinahe allen als ein zotteliges Tier beschrieben, das auch die entsprechenden Laute von sich gibt. Diese Vorurteile werden leider erst spät von den handelnden Figuren selbst herausgefordert oder überdacht.

Thematisch gesehen erzählt der Roman viele kleine Geschichten. Da geht es um berufliche Träume, um das schwierige Verhältnis zur eigenen Familie, um Alkoholsucht und um das verlorene Gedächtnis von Dok-go, dessen Name übrigens „einsam und allein“ bedeutet. Erst gegen Ende der Handlung kann dieser die Bruchstücke seines Lebens wieder zusammensetzen – dieser Teil wirkt seltsam „angehängt“ und relativiert Aussagen, welche die Handlung eigentlich transportieren will. Schade!

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Nicht wie erwartet

Griechischstunden
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Han Kang gehört, seit ich im letzten Jahr ihren Roman „Menschenwerk“ gelesen habe, zu meinen liebsten Autorinnen. Mit „Griechischstunden“ ist nun ihr neustes Buch erschienen, übersetzt von Ki-Hyang Lee. ...

Han Kang gehört, seit ich im letzten Jahr ihren Roman „Menschenwerk“ gelesen habe, zu meinen liebsten Autorinnen. Mit „Griechischstunden“ ist nun ihr neustes Buch erschienen, übersetzt von Ki-Hyang Lee. Darin begegnen wir einer jungen Frau in Seoul, die ihre Stimme verloren hat und einen älteren Mann, ihren Griechischlehrer, der zu erblinden droht. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit entdecken die beiden Gemeinsamkeiten und bewegen sich wie in Zeitlupe aufeinander zu.

Erzählt wird die Handlung aus zwei Perspektiven. Der Professor spricht in der Ich-Form, wendet sich aber auch kapitelweise an andere Personen. Da hier immer nur von einem „Du“ die Rede ist, muss aus dem Kontext geschlossen werden, um wen es gerade geht. Die Perspektive der jungen Frau wird in der dritten Person geschildert – vielleicht, weil sie neben ihrer realen, auch die innere Stimme verloren hat. Eine Konversation zwischen beiden Hauptfiguren ist somit beinahe unmöglich, denn der Professor kann kaum noch sehen.

Die junge Frau hat einige Schicksalsschläge hinter sich. Erst kürzlich starb ihre Mutter und sie verlor das Sorgerecht für ihren Sohn. Nun steht der Vater kurz davor, mit ihm ins Ausland zu ziehen und es gäbe somit so vieles für sie zu sagen. Dennoch kann sie einfach nicht sprechen, obwohl es dafür keine körperliche Ursache gibt. Der Professor hingegen verheimlicht, dass er schon fast erblindet ist. Zudem hat er sowohl in Deutschland als auch in Korea gelebt und fühlt sich nun in beiden Ländern als Außenseiter. Vielleicht kann er daher die junge Frau so gut verstehen.

Sprachlich ist Han Kang wieder ein wunderbarer Text über Menschen gelungen, die an einem Scheidepunkt ihres Lebens stehen. Inhaltlich und vor allem emotional konnte „Griechischstunden“ mich jedoch nicht erreichen. Die Anonymisierung der Figuren und Szenen, deren Kontext erraten werden muss, lassen mich keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Noch dazu passiert erst bei etwa 75% des Romans das, was der Klappentext verspricht, nämlich ein richtiges Aufeinandertreffen der Charaktere. Daher ist auch der Schluss für mich leider nicht plausibel.

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Hoffnung und verlorene Träume

Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah
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Schon seit 36 Jahren lebt Mani mit ihren Eltern in demselben Haus im Seouler Viertel S-dong, doch nun steht ein Umzug an und damit die Hoffnung, von der Armut der Unterschicht in die Mittelschicht aufzusteigen. ...

Schon seit 36 Jahren lebt Mani mit ihren Eltern in demselben Haus im Seouler Viertel S-dong, doch nun steht ein Umzug an und damit die Hoffnung, von der Armut der Unterschicht in die Mittelschicht aufzusteigen. Mani als Frau trägt neben den Makeln des fehlenden Geldes und ihrer Arbeitslosigkeit noch einen weiteren: sie ist unverheiratet und wohnt noch immer mit ihren Eltern zusammen. Wird der Umzug in ein neues Viertel wirklich die gewünschte Veränderung bringen?

„Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah“ ist der zweite, auf Deutsch erschienene Roman der südkoreanischen Autorin Cho Nam-Joo; die Übersetzung stammt von Jan Henrik Dirks. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Protagonistin Mani in der Ich- und Vergangenheitsform. Der Titel des Romans ergibt schon bald einen Sinn, denn das Viertel S-dong befindet sich auf steilen Hügeln, die sich dem Mond entgegen recken.

Hier träumte Mani seit ihrer Kindheit von einer Karriere als Kunstturnerin, doch dieser Traum sollte sich aufgrund der fehlenden Mittel und, ehrlich gesagt, auch ihrer fehlenden Begabung nicht erfüllen. Diese Erfahrung hat ihr Leben geprägt und zwar deutlicher, als die im Klappentext erwähnte Schande des Unverheiratet-Seins. Hier hätte ich mir einen etwas stärkeren Blick auf die Rolle der Frau in Korea und speziell die Erwartungen an junge Frauen gewünscht.

Das zweite zentrale Thema ist die Armut der Familie. Der Vater bemüht sich, Frau und Tochter zu ernähren, doch die Zeiten haben sich geändert und sein Imbiss hat nicht mehr so viele Kunden wie früher. Manis Job hingegen wurde von ihrer Firma gestrichen, um Geld zu sparen und die Mutter kann selbst nicht arbeiten. Als der Familie ein Angebot gemacht wird, ihr Haus an einen Investor zu verkaufen, klammert sich die Familie an diese Hoffnung, doch es scheint, als wollte man sie betrügen – kann ihr Traum noch wahr werden oder sind all ihre Ersparnisse verloren?

Fazit: Ein nüchterner Roman über Armut und verlorene Träume, der sich so auch in einem deutschen Plattenbau abgespielt haben könnte. Cho Nam-Joos vorangegangene Bücher konnten mich mehr abholen.

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