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Nilchen

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Ein wartender Mann in Lissabon

Tage ohne Cecilia
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Ein Roman, der das Zeug hat zum Klassiker zu werden. Denn er ist einerseits unserem Zeitgeist sehr nahe, aber doch so zeitlos wie ein guter Roman sein sollte. Alleine der erste Satz zieht einen in die ...

Ein Roman, der das Zeug hat zum Klassiker zu werden. Denn er ist einerseits unserem Zeitgeist sehr nahe, aber doch so zeitlos wie ein guter Roman sein sollte. Alleine der erste Satz zieht einen in die Geschichte, wenn es da heißt: „Ich habe mich in dieser Stadt niedergelassen, um dort auf das Ende der Welt zu warten.“ Die Stadt von der hier die Rede ist, ist Lissabon. Übrigens ein elementarer Protagonist in diesem Roman ist die Stadt! Der alternde Mann in dessen Kopf wir fortwährend der Geschichte seiner Subjektivität folgen, zieht hier mit seiner jüngeren Frau Cecilia hin nachdem er in die Frührente aus New York entschwand. Im Grunde genommen hat ihn sein amerikanischer Arbeitgeber loswerden wollen und das Paar macht das Beste daraus. Sie, die titelgebende Cecilia, ist deutlich jünger und als Hirnforscherin hochaktiv und ständig auf Achse und so wird endlich das alte Klischee von Frau wartet auf Mann aufgebrochen und es heißt so schön: „Tage von Cecilia“, denn er wartet sehnsüchtig auf sie.
Im Original ist der Roman auf Spanisch bereits 2019 erschienen und mir scheinen hier viele Erlebnisse des Autoren Antonio Muñoz Molina eingegangen zu sein, denn er lebt in Lissabon, der Wartende wohnt auch in seinem Viertel und Muñoz Molina leitete das Instituto Cervantes in New York bis 2006. Somit kennt er die Lebensrealität dieses Mannes sehr genau was die äußeren Bedingungen angeht.
Ein Roman der sachte und atmosphärisch die Situationen erzählt, es werden Gerüche und Geräusche plastisch. Besonders eindringlich werden Personen beschrieben. Eine wahre literarische Freude dieses Buch zu lesen! Besonders da die Übersetzung von Willi Zurbrüggen sehr gelungen ist!
Als Gastland 2022 der Frankfurter Buchmesse erhoffe ich diesem Titel eine besondere Aufmerksamkeit!

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Die Sapiens-Superkraft

Wie wir Menschen die Welt eroberten
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Der Israeli Yuval Noah Harari hat sich mit ‚Homo Deus‘ und ‚21 Lektionen für das 21. Jahrhundert‘ an die Spitze der Sachbuch-Bestsellerliste geschrieben und uns global beeindruckt mit seiner Art die Menschheitsgeschichte ...

Der Israeli Yuval Noah Harari hat sich mit ‚Homo Deus‘ und ‚21 Lektionen für das 21. Jahrhundert‘ an die Spitze der Sachbuch-Bestsellerliste geschrieben und uns global beeindruckt mit seiner Art die Menschheitsgeschichte aufzurollen. Nun hat er für die jüngere Fraktion nachgelegt und ein Kinderbuch geschrieben.
In diesem Buch wird nichts weniger als die Menschheitsgeschichte erklärt und wie wir es als Homo Sapiens es geschafft haben uns durch unsere Superkraft von anderen Tieren zu unterscheiden. Ein Sachbuch, dass auf 175 Seiten die Geschichte der letzten 6 Millionen Jahre erklärt von der Wiege Afrikas bis nach Südamerika.
Das Buch erklärt wunderbar die Zusammenhänge und die Entwicklung des Menschen. Bleibt in einfacher Sprache, baut aber auf dem Gelesenen auf und auch durch lateinische Fachbegriffe bereichert, kann viel mitgenommen werden. Es wird alles erklärt und die junge Leserschaft wird auch oft direkt mit Fragen angesprochen um sich als Teil der Geschichte zu verstehen. Ja, besonders zum Ende hin wird deutlich das wir es als Menschheit nun in der Hand haben wie es mit unserem Planeten weitergeht. Was ich auch gut finde an den Erklärungen, dass es auf vorangegangene Textstellen und Erklärungen zurückgreift. So bleibt doch einiges hängen. Daher bietet es sich auch an es klassisch von vorne nach hinten zu lesen.
Unterteilt ist das viele Wissen natürlich in einzelnen leicht verdaulichen Texten und in größeren Kapiteln zusammengefasst, die da wären: Wir Menschen sind auch nur Tiere, Die Sapiens-Superkraft, Wie lebten unsere Vorfahren und Wo sind all die Tiere hin!
Die Altersangabe ab 10 Jahren ist gut gewählt, sicher ist schon das eine und andere aufgeweckte Kind in jüngeren Jahren hoch interessiert, muss aber auch die Menge an Wissen verarbeiten können. Sprich, wenn früher dann vorlesend!
Natürlich auch hervorragend übersetzt von Birgit Niehaus und sehr toll in Szene gesetzt mit den Illustrationen von Richard Zaplana Ruiz!
‚Wie die Menschen die Welt eroberten‘ ist ein wirklich sehr gelungenes Kinder-Sachbuch, dass auch so manchem Erwachsenen die Augen öffnen kann!

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Kunst auf der Straße mit weiblichem Blick

Street Art is Female (dt.)
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Wer sind Mina Mania, Swoon, Lula Goce, Elle und Miss Van? Was? Unbekannt? Dann solltet ihr schleunigst das neue „Street Art is Female“ Buch zur Hand nehmen und die Welt der weiblichen Street Art Künstlerinnen ...

Wer sind Mina Mania, Swoon, Lula Goce, Elle und Miss Van? Was? Unbekannt? Dann solltet ihr schleunigst das neue „Street Art is Female“ Buch zur Hand nehmen und die Welt der weiblichen Street Art Künstlerinnen kennenzulernen. Es ist eine Fülle an 24 portraitierten Künstlerinnen, die ihrer Rebellion auf unterschiedlichste Art und Weise zum Ausdruck bringen. Die größte Gruppe bilden Künstlerinnen aus den USA, wie Maya Hayuk oder Alice Mizrachi, aber auch etliche andere Nationalitäten sind vertreten: Frankreich, Japan, Italien, Spanien, Afghanistan, UK, Ecuador und viele mehr.
In der Tat eine bunte Mischung, was diesen Band auch wirklich kurzweilig macht. Die künstlerischen Stile könnten teilweise nicht unterschiedlicher sein! Die Themen die hier verarbeitet wurden in ihren Werken sind brandaktuell. Natürlich vorne weg der feministische Blick auf die Welt, rassistische Auseinandersetzungen und alles was die körperliche Wahrnehmung (Bodyshaming, Körperbild) betrifft. Auch hier Facetten, aber nicht erschöpfend durch die große Bandbreite. Mich haben besonders #lediesis, Zabou und Annatomix begeistert, wenn ich es denn auf eine TOP3 reduzieren müsste.
Dieses Buch ist von der Journalistin Alessandra Mattanza zusammengetragen und mit einem Vorwort von Stephanie Utz versehen. Alessandra Mattanza hat bereits ein schönes Buch zu dem allseits bekannten Banksy und ein weiteres über StreetArt veröffentlicht. Also folglich sehr treffend endlich die weibliche Welt in Szene zu setzen und bekannter werden zu lassen. Die Genderschublade für bestimmte Tätigkeiten ist auch hier zum glück aus den Angeln geflogen. Sie hat die Künstlerinnen allesamt interviewed und daraus spannende Texte formuliert.
Anschauenswert, zum Staunen spannend und es gibt eine tolle Street Art Künstlerinnnegemeinde zu entdecken!

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Herrlich rollendes Lesevergnügen

Stella rollt an
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Wenn man dieses nette Buch gelesen hat, will man sofort die Rollschuhe bzw. die Inlineskates aus dem Keller kramen und durch die Welt rollen. Das ging nicht nur meiner 9jährigen Tochter so, auch ich als ...

Wenn man dieses nette Buch gelesen hat, will man sofort die Rollschuhe bzw. die Inlineskates aus dem Keller kramen und durch die Welt rollen. Das ging nicht nur meiner 9jährigen Tochter so, auch ich als Mutter habe im Keller gewühlt und wir sind dann gemeinsam los.
Aber warum kommt man dazu nach dem Lesen? Wir begegnen in diesem tollen Auftaktband mit der Protagonistin Stella einem Leben rund um die Rollschuhe und Inlineskates. Stelle geht in die 5. Klasse eines Gymnasiums und würde gerne IMMER Rollschuhe an den Füßen haben, genauso wie ihre Freundinnen: den Rolling Angels. Leider gibt es da noch die nervigen Inlineskater: Skating Devils. Ein typisches Mädchen gegen Jungs Szenario, aber wirklich gut gemacht und da fand sich meine Tochter auch wieder. Sie betonte mehrfach, dass sie die Charaktere insgesamt alle gut nachvollziehbar empfindet. Stella steht zwar im Fokus, aber das Potpourri an Kindern ist groß, meine Tochter fand Nelly besonders cool. Leider droht der grummelige Hausmeister der lokalen Rollschuhhalle, dass die Halle geschlossen wird! Oh Schreck! Was nun? Das kann nicht sein und die beiden verfeindeten Lager tun sich teilweise zusammen um die Situation zu lösen. Es folgen Aktionen, Lösungen werden gefunden.
Aus meiner Elternbrille finde ich die Eigenständigkeit der Kinder im Roman wirklich sehr positiv und auch die Freude und Hingabe zu ihrem Hobby extrem gut! Ich fand es gut ausbalanciert, da Jungs wie Mädchen hier zum Glänzen kommen, auch wenn Stella klar im Fokus ist.
Vielleicht trivial, aber erwähnenswert ist die leichte Beschaffenheit des Buches mit seinen 315 Seiten und die angenehme Schriftgröße. Ich finde nichts schlimmer als schwere Bücher für Kinder, die sie kaum halten können. Außerdem gebührt der Illustratorin Edda Skibbe ein großer Applaus für ihre tolle Umsetzung der einzelnen Szenen im Roman sowie die detaillierte Gestaltung!
Lesbar ab der Grundschule, ca 4 Klasse, mit guten Lesekenntnissen.
Ein rundum gelungenes Kinderbuch finde wir und freuen uns schon auf Band 2 und 3, die bereits in der Ausarbeitung sind! Wir sind gespannt wie es mit Stella & Co weitergeht!

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Veröffentlicht am 21.09.2022

Innenansichten

Ich und Jimmy
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Für alle die sich für Feministinnen erklärt haben und alle anderen auch, sollten unbedingt Clarice Lispector kennen und lieben lernen. Die 1920 in der Ukraine geborene und schon 1922 mit ihren Eltern nach ...

Für alle die sich für Feministinnen erklärt haben und alle anderen auch, sollten unbedingt Clarice Lispector kennen und lieben lernen. Die 1920 in der Ukraine geborene und schon 1922 mit ihren Eltern nach Brasilien gelangte Autorin ist phänomenal und hat mich schon öfters begeistern können. Weil diese wunderbare Autorin in ihrer letzten Heimat Brasilien zu Recht Kultstatus, hat der Manesse Verlag sie in ihr ‚Mehr Klassikerinnen‘ Programm aufgenommen mit der Kurzgeschichtensammlung ‚Ich und Jimmy‘. Es wurde sehr gut frisch übersetzt ins Deutsche von Luis Ruby und mit einem Nachwort von Teresa Praäuser versehen, dass uns die Autorin noch mal näherbringt. Auch ist das Buch selbst eine reizend gestaltet und in einem handlichen Format, dass wirklich in jede Tasche passt, ich fand es praktisch als Unterwegs-Lektüre.
Das titelgebende ‚Ich und Jimmy‘ ist nur eine der 30 Kurzgeschichten, die sich hier versammeln. Es sind allesamt alltägliche Szenen: mal unspektakuläre Handlungen, mal richtungsweisende Entscheidungen. Clarice Lispectors nimmt uns mit in die Köpfe der Frauen, die sie hier ins Scheinwerferlicht stellt. Wir begeben uns in ihre Köpfe und fühlen mit den einzelnen Protagonistinnen, mögen sie noch so unterschiedlich sein: alt, jung, arm, reich, verzweifelt oder zu gesättigt. Sie alle bekommen einen Platz in dieser feinen Sammlung an Kurzgeschichten.
Was die Geschichten so gut macht ist vor allem Clarice Lispectors Prosa. Sie schreibt großartig. Sprachlich war sie eine Virtuosin und es macht einfach Spaß diese Texte zu lesen.
Wie selbstgestimmt diese tolle Autorin im letzten Jahrhundert durchs Leben ging, zeigt schon die Anekdote, dass sie ihr Geburtsjahr offensiv um 5 Jahre nach vorne verlegte: 1925! Sollte ich auch in Betracht ziehen!

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