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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.04.2018

Die Geister der Vergangenheit

Krokodilwächter
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Ein junges Mädchen ist bestialisch ermordet worden. Ausgerechnet Gregers Hermansen, ein alter Herr, der im selben Haus wohnt, findet die Leiche und erleidet prompt einen Schock. Die beiden Ermittler, Jeppe ...

Ein junges Mädchen ist bestialisch ermordet worden. Ausgerechnet Gregers Hermansen, ein alter Herr, der im selben Haus wohnt, findet die Leiche und erleidet prompt einen Schock. Die beiden Ermittler, Jeppe Kørner und Anette Werner, untersuchen zunächst das Umfeld der Toten. Wer könnte ein Motiv haben? Etwa die Vermieterin des Mädchens, die pensionierte Universitätsdozentin Esther de Laurenti? Immerhin versucht sie sich als Krimiautorin und ihr Manuskript scheint die Vorlage zu dem Mord geliefert zu haben. Andererseits hatte sie das Manuskript ins Internet gestellt, zwar auf die Seite einer geschlossenen Benutzergruppe, aber jemand könnte sich Zugang verschafft haben. Oder hat Kristoffer etwas mit dem Mord zu tun, der junge Mann, der offensichtlich in das Mädchen verliebt war und mit dem sie am Tatabend zusammen war? Auch die Familie des Mädchens wird unter die Lupe genommen, zumal sich die Eltern zur Tatzeit in Kopenhagen aufhielten.
Als Informationen über die Vergangenheit des Mordopfers bekannt werden, bekommt der Fall eine neue Wendung...
Die beiden Ermittler sind mir sympathisch. Anette bleibt zwar relativ blass, doch von Jeppe erfährt der Leser jede Menge Persönliches. Zum Beispiel, dass er von seiner Frau verlassen wurde und immer noch sehr darunter leidet. Doch im Laufe der Ermittlungen lernt er eine attraktive Zeugin kennen, die ihn, zumindest zeitweise, von seinem Kummer ablenkt.
Der Roman ist teilweise sehr humorvoll geschrieben. Der Stil gefällt mir sehr. Ich würde ihn allerdings nicht als Thriller bezeichnen, auch wenn es manchmal sehr blutig zugeht. Am wenigsten hat mir das Ende und die Auflösung des Falls gefallen, das erschien mir dann doch sehr konstruiert und an den Haaren herbeigezogen. Einen logischen Fehler meine ich auch entdeckt zu haben: Gregers erinnert sich an einen Mann, der aber erst im Haus war, als Gregers bereits ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
Mein Fazit: Ein starker Krimi mit einem schwachen Schluss. Nichtsdestotrotz werde ich die Fortsetzung der Serie mit Sicherheit ebenfalls lesen.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Berührende Schicksale

Der Zopf
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Das Buch führt uns in drei verschiedene Länder und erzählt die Schicksale dreier Frauen: Giulia aus Sizilien, Smita aus Indien und Sarah, die in Montreal, Kanada, lebt. Alle stehen an einem Scheidepunkt ...

Das Buch führt uns in drei verschiedene Länder und erzählt die Schicksale dreier Frauen: Giulia aus Sizilien, Smita aus Indien und Sarah, die in Montreal, Kanada, lebt. Alle stehen an einem Scheidepunkt in ihrem Leben. Die Herausforderungen, die sich ihnen stellen, sind völlig unterschiedlich, doch alle drei beschließen, sich nicht einfach in ihr Schicksal zu fügen, sondern zu kämpfen.
Zunächst dachte ich, das Buch ist zu kitschig für meinen Geschmack, denn ich habe schon nach der Leseprobe geahnt, wie sich die Geschichten miteinander verknüpfen. Aber ich habe mich getäuscht: „Der Zopf“ ist ein wunderschöner und berührender Roman, den man nicht aus der Hand legen kann.
Was mir besonders naheging, ist die Schilderung der Dalits, der „Unberührbaren“ Indiens. Es ist kaum vorstellbar, unter welchen Bedingungen diese Menschen selbst heute noch leben. Auch die Vergewaltigungen und die allgemeine Frauenfeindlichkeit, die in Indien herrscht und von denen die Medien immer wieder berichten, sind ein Thema, das zur Sprache kommt. Doch die Dalit Smita will sich nicht mit ihrer Rolle abfinden, und vor allem soll ihre Tochter einmal ein besseres Leben führen als sie. Dafür nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen und ihr Schicksal in die Hand.
Sarah, Anwältin und Karrierefrau, mangelt es nicht an Geld und Prestige, doch sie wird krank, und ihr Leben verändert sich von heute auf morgen grundlegend.
Giulia wiederum muss als 20jährige den traditionsreichen Familienbetrieb übernehmen. Auch sie steht vor einer große Entscheidung und muss sich gegen erhebliche Widerstände behaupten.
Alle drei Frauen haben eines gemeinsam: Sie sind Einzelkämpferinnen und geben nicht auf.
„Der Zopf“ ist ein beachtlicher Debütroman, den ich an einem Abend gelesen habe und wirklich empfehlen kann.

Veröffentlicht am 30.03.2018

Die Geister, die ich rief...

Das Eis
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Da ich noch nie ein Buch gelesen hatte, das in der Arktis spielt, war ich sehr gespannt auf „Das Eis“. Die Leseprobe hatte mir sehr gut gefallen, doch als ich dann das Buch las, fiel es mir zunächst schwer, ...

Da ich noch nie ein Buch gelesen hatte, das in der Arktis spielt, war ich sehr gespannt auf „Das Eis“. Die Leseprobe hatte mir sehr gut gefallen, doch als ich dann das Buch las, fiel es mir zunächst schwer, in das Geschehen hineinzukommen. Ich wusste zuerst nicht, wer wer ist, und die Zeitsprünge, die oft nicht einmal als solche gekennzeichnet sind, waren ebenfalls sehr verwirrend. Doch nach diesem etwas mühsamen Einstieg hat mich das Buch gefesselt.
Zu Beginn erleben wir eine Gruppe wohlhabender Kreuzfahrttouristen in der Arktis, die unbedingt einen vom Werbeprospekt versprochenen Eisbären in natura sehen möchte. Mittels Drohne wird ein Eisbär ausgemacht und, quasi als Zugabe, erlebt die Gruppe noch die Kalbung eines Eisbergs, bei der die Leiche eines vor Jahren verunglückten und verschollenen Umweltaktivisten freigelegt wird.
Das Buch beleuchtet die Hintergründe seines Todes, aber auch die diversen politischen und wirtschaftlichen Interessen in der Arktis. War Tom Hardings Tod in einer zusammenstürzenden Eishöhle durch die Klimaerwärmung und das dadurch in die Höhle eindringende Wasser bedingt? Oder handelt es sich um ein Verbrechen, um zu verhindern, dass Harding Informationen öffentlich macht, die eine Gruppe von Investoren mit aller Macht geheim halten möchte?
Einer der Investoren ist Sean Cawson, ein langjähriger Freund Hardings, dem es gelungen war, Harding von seinem Projekt, einer mit der Natur im Einklang stehenden Luxus-Lounge mitten in der Arktis, zu überzeugen. In den Jahren davor hatten die Freunde sich aus den Augen verloren bzw. waren sich aus dem Weg gegangen. Was war zwischen ihnen passiert?
Eine Gerichtsverhandlung, in der die Umstände von Hardings Tod geklärt werden sollen, gibt letztendlich Aufschluss über die Geschehnisse und die erschreckenden und skrupellosen Machenschaften gewisser Investoren. Obwohl die Geschichte fiktiv ist, werden genügend Fakten genannt, die – ohne erhobenen Zeigefinger – dem Leser bewusst machen, wie fragil und gefährdet das Ökosystem der Arktis ist. Ein spannendes und informatives Buch, absolut lesenswert.

Veröffentlicht am 22.01.2018

Familiengeheimnisse

All die Jahre
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In den 1950er Jahren wandern die Schwestern Nora und Theresa Flynn von Irland nach Amerika aus. Nora wird dort ihren zukünftigen Ehemann, den früheren Nachbarsjungen Charlie, wiedertreffen, während die ...

In den 1950er Jahren wandern die Schwestern Nora und Theresa Flynn von Irland nach Amerika aus. Nora wird dort ihren zukünftigen Ehemann, den früheren Nachbarsjungen Charlie, wiedertreffen, während die begabte Theresa sich zur Lehrerin ausbilden lassen soll.
Doch das Leben meint es anders mit ihnen. Im Jahr 2009, Nora ist mittlerweile Witwe, Theresa Nonne in einem Kloster in Vermont, verunglückt Noras ältester Sohn Patrick. Nora, die seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester hat - zu viele Dinge sind in der Vergangenheit geschehen, die sie ihr nicht verzeihen kann –, ruft im Kloster an, um Theresa über Patricks Tod zu informieren. Was sie nie für möglich gehalten hätte: Theresa kommt zur Beerdigung. Eine Chance für die beiden Schwestern, sich auszusprechen. Doch werden sie sie auch nutzen?
Die ganze Familie Flynn versammelt sich für die Beerdigung. John, Patricks jüngerer Bruder, den alle für steinreich halten, der jedoch über seine Verhältnisse lebt, die Schwester Bridget, die mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin Natalie erscheint, doch das Thema Homosexualität ist kein Thema, das in der Familie Flynn offen angesprochen wird, sowie der Jüngste, Brian, der Patrick am Nächsten stand und für den mit dessen Tod eine Welt zusammenbricht.
Alle haben sie ihre Geheimnisse voreinander, doch das größte Geheimnis von allen verbindet Nora und Theresa...
„All die Jahre“ ist ein berührender, jedoch nicht kitschiger Familienroman. Er beleuchtet die Situation im Irland der 1950er Jahre und die Lebensumstände der Einwanderer an der Ostküste der USA zu dieser Zeit. Mit viel Feingefühl werden die einzelnen Familienmitglieder der Familie Flynn geschildert. Ich habe den Roman verschlungen, lediglich die Beschreibungen, in denen es um Baseball geht, haben mich gründlich gelangweilt, aber natürlich ist das Buch in erster Linie für ein amerikanisches Publikum geschrieben, das mit Baseball mehr anzufangen weiß als ich.

Veröffentlicht am 15.01.2018

Die dunkle Seite der Hauptstadt

Dunkel Land
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Verena Hofer ist pleite. Deshalb beschließt sie, von Nürnberg ins Havelland zu fahren, wo sie sich während des Sommers um den Neffen der Gutsbesitzerin von Wuthenow kümmern soll. Das vermeintliche Kind ...

Verena Hofer ist pleite. Deshalb beschließt sie, von Nürnberg ins Havelland zu fahren, wo sie sich während des Sommers um den Neffen der Gutsbesitzerin von Wuthenow kümmern soll. Das vermeintliche Kind stellt sich als erwachsener Mann heraus, der bei einem Attentat verletzt wurde und deshalb sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat. Carl von Wuthenow ist von Beruf Profiler. Kaum ist Vera auf dem Gut angekommen, wird Carl von der Staatsanwaltschaft in Berlin als Experte angefordert und Vera muss ihn begleiten.
Bei dem neuen Fall handelt es sich um einen grausamen Mord an einem jungen Stricher. Obwohl Vera die ihnen gezeigten Tatortbilder zutiefst schockieren, findet sie sich bald gut in ihrer neuen Rolle als Carls „Beraterin“ zurecht, denn als solche stellt er sie bei Polizei und Staatsanwaltschaft vor. Nachdem weitere Leichen gefunden werden, arbeiten sie gemeinsam mit der Polizei unter Hochdruck daran, den Täter zu finden. Dabei dringen sie tief ein in die Berliner Unterwelt und stellen fest, dass vieles sich ganz anders verhält, als es zunächst scheint...
Der Roman ist sehr spannend geschrieben, allerdings nichts für Zartbesaitete. Die Personen sind sympathisch, meine anfängliche Angst, das Ganze könnte ins Kitschige abgleiten (als Vera Carls veilchenblaue Augen und seinem athletischen Körperbau beschreibt), hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Das offene Ende deutet möglicherweise auf eine Fortsetzung der Reihe um Verena Hofer und Carl von Wuthenow hin.