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Veröffentlicht am 28.08.2017

Todesurteil per Anruf oder SMS

Marthas Widerstand
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Stell Dir vor das Rechtssystem wird verändert. Es gibt keine Gerichte mehr und niemanden interessieren Beweise oder Indizien. In "Marthas Widerstand" von Kerry Drewery (ONE Verlag) urteilen Zuschauer der ...

Stell Dir vor das Rechtssystem wird verändert. Es gibt keine Gerichte mehr und niemanden interessieren Beweise oder Indizien. In "Marthas Widerstand" von Kerry Drewery (ONE Verlag) urteilen Zuschauer der TV-Sendung "Death is Justice" über Leben und Tot der Angeklagten.

Zum Inhalt:


Die 16-jährige Martha Honeydew wird festgenommen. Sie hält ein Waffe in der Hand und ruft. "Ich war's". Neben ihr liegt erschossen ein einflussreicher und bekannter Mann, der sich als Wohltäter einen Namen gemacht hat. Martha kommt als Mörderin in ein besonderes Gefängnis. Jeden Tag werden die Zellen gewechselt, die jeden Tag kleiner, dunkler und enger werden. Über Marthas Schuld oder Unschuld und damit über ihr Leben oder ihren Tod entscheiden die TV-Zuschauer in einem Fernsehvoting per Anruf, SMS oder Website. Nur sieben Tage bleiben Martha bis zu ihrer Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl.
Die psychologische Betreuerin Eve ist die einzige Person, die mit Martha reden darf. Eve hat allerdings die Vermutung, dass Martha unschuldig ist und die Schuld für jemanden anderen auf sich nimmt. Es beginn ein Wettlauf mit der Zeit, um Martha vor ihrem tödlichen Schicksal zu bewahren.

Mein Eindruck:

Kerry Drewery entwickelt in diesem Thriller für junge Erwachsene ein düsteres und in höchstem Maße ungerechten Rechtssystem. Ähnlich wie in realen und überall bekannten Casting Shows wird in dieser Geschichte über das Schicksal der Beschuldigten gerichtet. "Senden Sie STERBEN oder LEBEN an 7997" lässt die Zuschauern zu Richtern und Henkern gleichermaßen werden. Wäre dies nicht schon schlimm genug, gibt es keinerlei fachliche Kontrolle. Alle Gerichte wurden abgeschafft, Beweise oder Indizen, Zeugen... All das spielt keine Rolle mehr und das Fernsehen manipuliert die Zuschauern nach Belieben. Eine Situation die mich nach Abschluss des Buches noch sehr beschäftigt.
Die Darstellung der Geschehnisse erfolgt in kleinen Abschnitten, jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven. So gewährt die Autorin Einblicke in die Gefühle und auch Ängste der generell sehr starken Sechszehnjährigen, deren Tod unmittelbar bevorsteht. Nach und nach fügt sich die Vorgeschichte mittels Rückblenden zusammen und es entwickelt sich unter anderem auch ein aussichtsloser Kampf gegen das System.
Die besonders starken Charaktere Martha und Eve haben mich begeistert. Sie erscheinen mir tatsächlich wie normale Menschen, die plötzlich in eine Situation geraten, die niemand gewollt hat. Beide nehmen eine Entwicklung, die mir sehr gefallen hat und diese Charaktere sehr sympathisch macht.
Die Handlung und damit die Spannung schreitet mit jedem Tag und jeder Stunde in den Todeszellen stetig voran. Es ist eine Geschichte, die man nur schwer zur Seite legen mag.
Einige Kleinigkeiten, bzw. offene Fragen aus den Lesegeschehen sind mir leider offen geblieben und das Ende erscheint mir etwas zu konstruiert, was der Geschichte insgesamt aber nur einen kleinen Dämpfer gibt. Unter Umständen ist dies auch einem zwingenden Abschluss dieses Bandes geschuldet, um auf den Folgeband (es sollen wohl eine Trilogie werden) vorzubereiten.

Fazit:

"Marthas Widerstand" hat mich allein schon durch die beängstigende Entwicklung von Justiz und Fernsehunterhaltung und deren beeindruckende Beschreibung begeistert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Originalität
  • Spannung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.08.2017

Typisch amerikanisch, solide und unterhaltsam

Der Anruf kam nach Mitternacht
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„Der Anruf kam nach Mitternacht“ von Tess Gerritsen wirft zwei ganz normale Menschen in das Agenten- und Spionagemilieu, was den besonderen Reiz dieser Geschichte ausmacht. Dieser Thriller ist durchaus ...

„Der Anruf kam nach Mitternacht“ von Tess Gerritsen wirft zwei ganz normale Menschen in das Agenten- und Spionagemilieu, was den besonderen Reiz dieser Geschichte ausmacht. Dieser Thriller ist durchaus unterhaltsam und kurzweilig, bedient sich aber vieler bereits aus Hollywood bekannter Strickmuster.

Zum Inhalt:
Sarah Fontaine erhält eines Nachts einen Anruf. Ihr Mann Geoffrey ist bei einem Hotelbrand in Berlin ums Leben gekommen. Diese traurige Nachricht erhält sie von Nick O’Hara, der im U.S. Außenministerium arbeitet. In seinen Aufgabenbereich fällt routinemäßig das Überbringen von Todesnachrichten und die Überführung der Leichname zurück in die USA. Dieser Fall ist aber anders. Geoffrey Fontaine sollte sich eigentlich in London aufhalten. Warum ist er aber in einem Hotel in Berlin bis zur Unkenntlichkeit verbrannt ?Nick führt einige nicht ganz offizielle Untersuchungen durch und folgt Sarah, die kurz nach der Beerdigung ihres Mannes nach London fliegt. Was folgt, ist eine temporeiche Suche in Europa nach Geoffrey Fontaine, wobei Sarah und Nick als Amateure ins Fadenkreuz des CIA und in einen kriminellen Rachefeldzug hineingeraten.

Mein Eindruck:
Der Thriller folgt mehr oder weniger dem typischen amerikanischen Muster, das man bereits aus zahlreichen Kino- und Fernsehserien kennt. Dennoch ist diese Geschichte sehr unterhaltsam und kurzweilig. Die damit verbundenen Actionszenen sind temporeich und bildhaft beschrieben. Die Handlung verläuft rasant und ohne größere Pausen quer durch das Buch.Die Bösewichte könnten ebenso aus bekannten Filmen entspringen und ähneln daher sehr den bekannten Stereotypen mit einem entsprechenden Gewaltpotential.Die in diesem Thriller verarbeitete Liebesgeschichte zwischen Sarah und Nick hat mich dann doch etwas verwundert. War Sarah nicht gerade noch auf der Suche nach ihrem Ehemann ? Dessen ungeachtet bedient das "Zueinanderfinden" der beiden Hauptcharaktere dann die bekannten Klischees.Die Charaktere sind solide gestaltet und werden durch den angenehmen Schreibstil gut in Szene gesetzt. Sie gehen nur soweit in die Tiefe, wie es für diese Art von Thriller notwendig ist.Da es sich um ein Werk handelt, dass bereits vor der Wende (1987) entstanden ist, darf man sich um die noch präsente Berliner Mauer in diesem Buch nicht wundern.

Mein Fazit:
Solider und unterhaltsamer Thriller im Geheimdienstmilieu nach bekannten Mustern.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Tolle Idee, aber leider nicht durchgängig überzeugend

Die Verlassene
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Stell Dir vor, du kommst nach Hause und dein Partner, den du liebst, ist spurlos verschwunden. Fast so, als ob es ihn niemals gegeben hätte. Mit ihm verschwinden aber auch alle Fotos und Erinnerungsstücke. ...

Stell Dir vor, du kommst nach Hause und dein Partner, den du liebst, ist spurlos verschwunden. Fast so, als ob es ihn niemals gegeben hätte. Mit ihm verschwinden aber auch alle Fotos und Erinnerungsstücke. Der Psychothriller "die verlassene" von Mary Torjussen klingt daher erst einmal vielversprechend.

Zum Inhalt:

Großbritannien. Hannah wird von ihrem Freund verlassen. Still und heimlich verschwindet Matt aus ihrem Leben und nimmt alle seine Sachen mit. Aber nicht nur das. Er löscht alle Fotos, SMS, Mails und Telefonnummern auf Hannahs Telefon und ihrem iPad. Er hinterlässt keine einzige Erinnerungen an ihre gemeinsamen vier Jahre.

Hannah begibt sich auf die Suche nach Matt. Obwohl sie im Grunde sehr karrierebewusst ist, vernächläßigt sie ihren Job und auch sich selbst. Als plötzlich merkwürdige SMS auf ihrem Telefon erscheinen und unerklärliche Dinge in ihrer Wohnung passieren, die mit Matt in Verbindung zu stehen scheinen, intensiviert sie ihre Anstrengungen ihn zu finden.

Mein Eindruck:

Dieser Psychothriller lebt von einer immerwährenden Grundspannung. Sehr kurze Kapitel und ein angenehmer Schreibstil, verleiten zu einem raschen Lesetempo.

Die Situation in der Hannah feststellt, dass ihr Freund spurlos verschwunden ist, ist hervorragend beschrieben. Im Mittelteil verlangsamt sich die Handlung etwas und der Verlauf erscheint etwas schleppend. Es geht phasenweise nicht so wirklich voran.

Die Auflösung hingegen ist wiederum sehr temporeich und setzt der Geschichte ein I-Tüpfelchen auf. Spätestens hier wird Hannahs Charakter in ganzer Bandbreite offenbart. Durch die Ich-Perspektive, in der Hannahs Geschichte erzählt wird, wird ihre Verzweiflung und ihre Entwicklung sehr deutlich beschrieben. Ihre Gefühls- und Gedankenwelt ist als Leser spannend zu beobachten. In weiten Teilen handelt sie plausibel, wenngleich einige Punkte für mich aber nicht ganz nachvollziehbar waren.

Fazit:

"die verlassene" konnte mich leider nicht ganz überzeugen. Die Idee des Buches hat mich durchaus begeistert. Die Grundspannung motiviert zum Weiterlesen. Trotzdem schwächen einige Dinge im Handlungsverlauf und in Hannahs Entwicklung und Denken meine Begeisterung leider ab.

Veröffentlicht am 30.07.2017

Tiefgehende Charaktere, ihre (ver)zweifelnde Liebe zueinander und Computercode

Heartware
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„HEARTWARE“ von Jenny-Mai Nuyen ist ein Thriller anderer Art. Wer besonders tiefgreifende und etwas andere Charaktere mag, wird hier goldrichtig aufgehoben sein, denn es handelt sich eben nicht um einen ...

„HEARTWARE“ von Jenny-Mai Nuyen ist ein Thriller anderer Art. Wer besonders tiefgreifende und etwas andere Charaktere mag, wird hier goldrichtig aufgehoben sein, denn es handelt sich eben nicht um einen temporeichen Actionthriller. Das Mitfühlen und Miterleben der Geschichte aus Sicht der Charaktere steht hier vollkommen zu Recht im Mittelpunkt, was mindestens ebenso mitreissend ist.

Zum Inhalt:

Adam Eli, ein junger Mann mit krimineller Vergangenheit, hält sich als Ghostwriter über Wasser. Er hängt in einer Dauerschleife, in der ihn eine einfache und kurze Email aufrüttelt, die ihn auffordert, nach seiner ersten und einzigen Liebe Willenya zu suchen. Adam hatte sie in einem Bootcamp in Bolivien kennen und lieben gelernt, in das er wegen Dealens mit Medikamenten in seiner Schule geschickt worden war. Auch Willenya hatte eine kriminelle Vergangenheit. Gemeinsam flüchteten Sie aus dem Camp und brachen kurz darauf in ein Haus ein, um einen Computer zu stehlen. Dabei wurden sie bei einer Schießerei voneinander getrennt. Während Adam in einem Gefängnis landete, verschwand Willenya spurlos aus seinem Leben.
Mit der eingehenden Email werfen sich alle Fragen und Zweifel der Vergangenheit wieder in den Vordergrund. Hatte Willenya ihn damals verraten ? Hatte sie ihn wirklich geliebt oder vielleicht doch nur ausgenutzt ?
Er beginnt eine wilde Suche über den halben Globus, um Willenya zu finden und seine offenen Fragen zu beantworten. Ihm zur Seite steht Mariel Marigny, die als Hackerin und Expertin für Datensicherheit von ihren Auftraggeber zur Seite gestellt wird. Dabei rückt auch der damals gestohlene Computer in den Mittelpunkt.

Mein Eindruck:

Schnell wird klar, dass es hier kein herkömmlicher Thriller mit schnellen und hektischen Morden oder Mordermittlungen handelt. Vielmehr stehen hier die Charaktere und ihre Geschichte im Mittelpunkt. Zwei Personen mit einer schwierigen Kindheit entwickeln im tropischen Bolivien eine sehr intensive, wenn auch eine sehr spezielle Beziehung zueinander. Diese erste Liebe lässt Adam auch nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis nicht los. Der Autorin Jenni-Mai Nuyen gelingt es eindrucksvoll, Adams Gedanken- und Gefühlswelt und diese schwer zu umreissende Liebesbeziehung in Szene zu setzen.
Dabei setzt sie diese Menschen in eine spannende Handlung ein, die ebenso speziell und hintergründig zu beschreiben ist. Hierzu verwendet sie einen flüssigen und sehr gut lesbaren Schreibstil, der selbst schwierige und diffuse Situationen und Hintergründe absolut verständlich und anschaulich auf den Punkt bringt. Insgesamt stellt sich mir die Handlung über alle Kapitel hinweg durchdacht und miteinander verknüpft dar. Abschnitte mit tieferen Einblicken in die Charaktere wechseln mit rasanten und mit Action geladenen Szenen ab. Leider leidet an einigen Stellen die Spannung unter den - wenn auch sehr interessanten Charakterbeschreibungen.
Das Thema des Thrillers - es geht letztlich um künstliche Intelligenz - schwingt im Kopf nach. Man kann und sollte sich selbst schon die Frage erlauben, welches Stadium der künstlichen Intelligenz wir heute erreicht haben und wer die Gewinner und die Verlierer eines solch mächtigen Computerprogramms sein könnten.

Fazit:

„HEARTWARE“ von Jenny-Mai Nuyen möchte ich mit einer Bewertung von 4 Punkten für Charakterliebhaber empfehlen.

Veröffentlicht am 15.06.2017

Rasante Mordermittlungen im Moor

Mooresschwärze: Thriller
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Catherine Shephard gelingt mit ihrem Thriller „Mooresschwärze“ ein temporeiches und spannendes Wettrennen gegen die Zeit.

Zum Inhalt:

Dr. Julia Schwarz ist Rechtsmedizinerin und ist normalerweise mit ...

Catherine Shephard gelingt mit ihrem Thriller „Mooresschwärze“ ein temporeiches und spannendes Wettrennen gegen die Zeit.

Zum Inhalt:

Dr. Julia Schwarz ist Rechtsmedizinerin und ist normalerweise mit der Obduktion von gewaltsam aus dem Leben gerissenen Opfern betraut. Mit dem Kriminalkommissar Florian Kessler pflegt sie eine enge Zusammenarbeit und beide schätzen gegenseitig ihre fachlichen Qualitäten. In diesem gemeinsamen Fall werden beide mit einer im Moor liegenden Frauenleiche konfrontiert, die den Beginn einer Mordserie markiert. Nachdem dann plötzlich die Leiche verschwindet, macht sich Julia Schwarz auf die Suche und findet dabei weitere Hinweise im Umfeld des Tatortes. Bei der gemeinsamen Spurensuche und Ermittlungsarbeit stellt sich schnell heraus, dass sie es mit einem Serientäter zu tun haben, der ganz offensichtlich noch weitere Morde geplant hat. Eine wichtige Gemeinsamkeit der Opfer ist ein merkwürdiges Tattoo auf dem Bauch. Es entwickelt sich ein Wettlauf mit der Zeit, der Julia und Kessler mit dem ungeahnten Bösen konfrontiert.

Mein Eindruck:

Catherine Shephard hat diesen Thriller wie gewohnt leicht verständlich und sehr gut lesbar geschrieben. Es wird ein starker Spannungsbogen entwickelt, der durch zwei Handlungsstränge und durch verschiedene Perspektiven getragen wird. Das Handlungstempo steigert sich im Laufe des Romans bis zum Ende hin alles drunter und drüber geht. Es bricht eine Welle neuer Erkenntnisse über die Protagonisten herein und plötzlich ergibt sich die Auflösung aller Rätsel und Handlungsstränge. Einige Wendungen tauchen im Verlauf des Romans unvorhergesehen auf und binden den Leser mit immer neuen Rätseln. So ist es beispielsweise doch verwunderlich, dass die Leiche des ersten Opfers einfach verschwindet. Das dadurch die Ermittlungen extrem erschwert werden und in eine neue Richtung gehen, versteht sich von selbst. Natürlich will man auch als Leser diesen Vorfall ergründen.
Die Charaktere, allen voran Julia Schwarz und Florian Kessler kommen sympathisch rüber. Hier und da wird mir die Vorgeschichte von Julia Schwarz etwas zu oft wiederholt, dennoch erscheint sie mir als Charakter rund und glaubwürdig, ebenso wie der Kommissar Florian Kessler. Die Geschichte und die Charaktere eignen sich sicherlich für weitere Romane dieser Art.


Fazit:

Insgesamt bin ich von der Geschichte sehr angetan, auch wenn das Grundmuster natürlich vielen Genremitgliedern ähnelt, ohne das als negativ werten zu wollen. Mit der recht großen Schrift sind die etwas über 300 Seiten ein kurzweiliges, inhaltlich rasantes und sehr spannendes Lesevergnügen.