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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.03.2020

Soloide Unterhaltung

Celeste bedeutet Himmelblau
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Dieser Kriminalroman bildet laut Aufdruck auf dem Buchumschlag den Auftakt zu einer Krimireihe um den jungen Polizisten Frank Liebknecht. Von der Großstadt in das kleine Örtchen Vielbrunn im Odenwald versetzt, ...

Dieser Kriminalroman bildet laut Aufdruck auf dem Buchumschlag den Auftakt zu einer Krimireihe um den jungen Polizisten Frank Liebknecht. Von der Großstadt in das kleine Örtchen Vielbrunn im Odenwald versetzt, macht er sich dort schnell unbeliebt, weil er unerbittlich auf der Suche nach der Wahrheit in einem Mordfall ist. Wer ist der Tote, dessen Leiche schon von wilden Tieren angefressen wurde? Frank schlussfolgert schnell, dass es sich dabei um den unbeliebten Bauern des nahe gelegenen Hofes handelt. Doch nichts ist bei diesem Mordfall so, wie es auf den ersten Blick scheint. Immer tiefer dringt Frank bei seinen Ermittlungen in ein Netz aus Lügen und Sektenpolitik vor, das sich bis zur Colonia Dignidad nach Argentinien zieht und in das sogar der Bundesnachrichtendienst verwickelt ist. Leider war ich dabei so manches Mal Frank ein paar Schritte voraus. Schon beinahe von Beginn an ahnte ich, dass sich ein vermeintlicher Freund zum Schluss als Bösewicht entpuppen würde. Ich habe jedoch schon oft festgestellt, dass ich da kein Maßstab bin. Der Roman bietet solide Unerhaltung mit einem sympathischen Ermittler und kann wohl als Provinzkrimi bezeichnet werden. In was für eine Messerstecherei Frank nun genau verwickelt war, die seiner Versetzung in den Odenwald vorausging, hat sich mir nicht erschlossen. Entweder habe ich es schlicht überlesen oder die Autorin spart hier etwas für die Folgebände auf. Mir persönlich war die Namensgebung etwas zu plakativ, der Gute: Liebknecht, ein Unsympath: Neidhardt, Letzterer entpuppt sich schließlich doch noch als Guter, das wirkte auf mich nicht konsequent vorbereitet, sondern wie ein plötzlicher Bruch im Charakter. Auch die Sektenthematik ist nicht so meine Interessenwelt, insofern hat mich der Roman zwar unterhalten, aber nicht durchgängig gefesselt. Sehr schön ist der Buchumschlag mit dem blauen Schmetterling, bei dem erst auf den zweiten Blick die Nadel ins Auge fällt, und der Titel, dessen Bedeutung sich erst auf den letzten Seiten erschließt.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Wildwuchs

Der wilde Garten
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Tja, was soll ich über diesen Roman schreiben? Ich habe ihn nicht ungern gelesen, dennoch hat er mich nicht sehr gepackt. Dies lag nicht am Stil oder Aufbau, da gibt es nichts zu meckern, sondern am männlichen ...

Tja, was soll ich über diesen Roman schreiben? Ich habe ihn nicht ungern gelesen, dennoch hat er mich nicht sehr gepackt. Dies lag nicht am Stil oder Aufbau, da gibt es nichts zu meckern, sondern am männlichen Protagonisten James. Dieser verliebt sich in die früh verwitwete Tilly, die in North Carolina einen Pflanzenhandel betreibt und sich um ihren kleinen Sohn kümmert. James leidet unter einer Zwangsneurose, die ihn unter anderem Schmutz fürchten lässt. Zu meiner Verblüffung hat mir dieser James regelrecht missfallen. Verblüffung deswegen, weil mir Personen mit Tiefgang und seelischen Verwundungen sowohl im Leben als auch in Büchern viel lieber sind als aalglatte Menschen, die an der Oberfläche dahindümpeln. Für mich stand bei James aber nicht nur die Zwangsneurose im Vordergrund, sondern ich fand ihn einfach total ich-bezogen, was ihn unsympathisch wirken lässt. Er entwickelt die seltsame Idee, dass nur Tilly ihn kurieren kann, wenn sie seinen Garten gestaltet, obwohl sie keine Landschaftsgätnerin ist. Mittels Konfrontationstherapie soll sie ihn dann von seiner Schmutzangst heilen. Als sie ablehnt, verdoppelt er die ohnehin schon hohe Angebotssumme mal eben locker. Auch wenn er als reich geschildert wird, fand ich das alles etwas hanebüchen.
Tilly, die ursprünglich aus England stammt, wird wegen eines kleinen Unfalls zu ihrer Mutter nach England gerufen. Dort begegnet sie ihrer Jugendliebe Sebastian wieder, den ich wesentlich attraktiver fand. An dem hat Tilly aber so absurde Sachen auszusetzen wie dass er keine besonderen Vorlieben bei Drinks zeigt, während sie James, der Angst hat, von Erde Krebs zu bekommen, gerade dann als den verführerischsten Mann empfindet, der ihr je begegnet ist. Also das ist einfach unrealistisch. Diese Vorgehensweise erklärt sich im Interview mit der Autorin, das dem Roman nachfolgt. Ihr eigener Sohn leidet unter einer Zwangsstörung, und sie wollte sich wohl selbst vergeswissern, dass ihn das nicht schmälert, schildert hier also mit den Augen einer Mutter und nicht einer Geliebten. Das erklärt, warum James für mich total unerotisch blieb. Es gibt denn auch ein Happyend mit Tilly und James sowie mit Sebastian und Tillys Jugendfreundin, leider.
Die Idee, hier einen Zwangsgestörten zum Helden zu machen, fand ich originell, aber nicht packend gelungen. Schade angesichts dieses durchaus schön geschriebenen Romans mit herrlichem englischen Landhaus-Flair.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Nahweh

Im Freien – Abenteuer vor der Tür
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Trotz der Wortgewandtheit des Autors bin ich mit dem Buch leider nicht völlig warm geworden. Aufgrund meiner großen Naturverbundenheit und der grünen Vegetation auf dem Cover hatte ich wohl irrtümlich ...

Trotz der Wortgewandtheit des Autors bin ich mit dem Buch leider nicht völlig warm geworden. Aufgrund meiner großen Naturverbundenheit und der grünen Vegetation auf dem Cover hatte ich wohl irrtümlich angenommen, es ginge dem Autor ähnlich. Tatsächlich ist der Titel aber ganz allgemein zu verstehen und auch wörtlich zu nehmen. Im Freien bedeutet also nicht zwangsläufig in der Natur und erst recht nicht, sich mit ihr stets verbunden zu fühlen. Zwar möchte Björn Kern den Zwängen seines Alltags entfliehen und Entgrenzung erfahren, wenn ihn, so formuliert er es, dass „Nahweh“ packt. Er macht sich dann überwiegend nachts auf dem Weg, wo schon ein harmloser Fuchs oder die durchaus friedfertige Dogge aus der Nachbarschaft zu Schreckgespenstern oder, so wörtlich, „Bestien“ mutieren. Natur ist nicht immer sein Ziel, so wandert er beispielsweise auch Bahndämme entlang und trifft dabei andere Nachtschwärmer. Während sich im Jahreslauf die Umgebung wandelt, zieht es ihn immer wieder hinaus. Mein Eindruck war dabei ein seltsam zwiespältiger. Obwohl Kern die „Kippmomente“ sucht, in denen das Denken aufhört, schien er mir stets sehr bei sich und auf sich bezogen zu bleiben, sein Umfeld manchmal fast wie ein Fremdkörper durchwandernd. Da die Erzählung nun einmal zwangsläufig von Worten lebt, entstand bei mir eher ein immer „verkopfterer“ Eindruck. Zum Ende des Buches werden die Erlebnisse zudem abenteuerlicher, wie allein in einer Mitternacht in ein Eisloch zu springen oder eine zwielichtige Schwitzhüttenzeremonie mit einem kaum bekannten Nachbarn.
Interessant für mich waren die Schilderungen des Oderbruchs als Ort dieser Wanderungen. Ansonsten war das Leseerlebnis für mich so, als hätte ich zwangsweise und unerwartet Einblick in intime Gedanken eines eigentlich Unbekannten genommen. Darauf war ich nicht vorbereitet. Was ich im Freien suche und oft auch finde, unterscheidet sich so stark von dem Gelesenen, dass es für mich leider wenig Berührungspunkte gab. Ich habe das Buch daher etwas ratlos zugeschlagen.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Sehr viel Aufräumen

Räuchern, Raunacht, Rituale
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Aufräumen, räuchern und Rituale– eigentlich eine tolle, interessante Kombination. Das Buch ist hochwertig gestaltet, hat aber gleichzeitig eine sehr kühle Ausstrahlung. Alle Fotos, die Wohnsituationen ...


Aufräumen, räuchern und Rituale– eigentlich eine tolle, interessante Kombination. Das Buch ist hochwertig gestaltet, hat aber gleichzeitig eine sehr kühle Ausstrahlung. Alle Fotos, die Wohnsituationen zeigen, sind in sehr minimalistisch gestalten Räumen aufgenommen, die meinen persönlichen Geschmack leider nicht treffen. Mir fehlt einfach die Gemütlichkeit. Zunächst geht es ans Aufräumen und Aussortieren in heimischer Umgebung. Wie bei der bekannten Marie Kondo soll das bleiben, woran das Herz hängt. Dazu gilt es zunächst, zahlreiche Listen aufzustellen und abzuarbeiten. Würde ich so vorgehen, käme ich nicht einmal im Urlaub zum Aufräumen. Auch bin ich so gestrickt, dass mich Listen ungeduldig machen und auf seltsame Weise in die Kindheit zurück versetzen. Bei mir geht so etwas viel flotter. Marie Kondo ist für mich zugegebenermaßen kein Vorbild, denn sie wirkt auf mich eher zwanghaft. Insofern haben mir die Kondo-Anklänge nicht gefallen. Ihr Ansatz ist mir auch zu verschwenderisch im Umgang mit Ressourcen.
Über den keltischen Jahreskreis erfährt man relativ wenig, ebenso wie über die Raunächte. Meinem Eindruck nach gehen hier munter verschiedene mythologische Kreise durcheinander. Wenn man sich wie ich mit allen tiefergehend beschäftigt hat, erfährt man nichts Neues, denn alles wird sehr knapp dargestellt.
Nach dem Aufräumen geht es ans Räuchern und Durchführen der Rituale. Wer erstmals räuchert, wird bezüglich der Wahl des Räucherwerks ziemlich allein gelassen.
Insgesamt ging es mir im Buch zu viel ums Aufräumen, während der eigentliche spirituelle Anteil eigenartig blass und oberflächlich blieb. Leider hat mich das Buch entgegen dem positiven ersten Eindruck eher enttäuscht. Trotz der originellen Kombination der unterschiedlichen vertrauten Thematiken ist für mich leider nicht der erwartete Mehrwert entstanden.

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Veröffentlicht am 24.11.2019

Lustig und erschreckend zugleich

Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello
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Dass das Wissen von Auszubildenden und ehemaligen Studierenden in meiner Berufswelt drastisch abgenommen hat, fällt mir seit langem auf. Das macht die Aufgabenerledigung wirklich schwierig, weswegen ...

Dass das Wissen von Auszubildenden und ehemaligen Studierenden in meiner Berufswelt drastisch abgenommen hat, fällt mir seit langem auf. Das macht die Aufgabenerledigung wirklich schwierig, weswegen ich das Buch quasi mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen habe. Wenn man es schafft, sich von dem Gedanken, wo das alles noch hin führen kann und dass beim Bildungsauftrag schon in der Grundschule einiges schief zu laufen scheint, frei zu machen, kann man sich trotzdem immer wieder herrlich amüsieren. Wobei die Antworten der Kids deutlich witziger daherkommen als die der doch etwas umständlich wirkenden Lehrkörper…

Die Autorinnen nehmen die Rolle von Moderatorinnen ein, die in das jeweilige Frage- und Antwortspiel einführen und auch die Lösung anscheinend nicht allgemein bekannter Wissensfragen parat haben. Das hat mir nicht immer optimal gefallen, auch wenn das bloße Aufeinanderfolgen von Frage und Replik wahrscheinlich zu sehr an ein Witzebuch erinnert hätte. Insgesamt gliedert sich das Buch hauptsächlich in die Rubriken verschiedener Schulfächer, was eigene Erinnerungen an eine tatsächlich noch wohltuend andere Schulzeit wachruft.

Einige Sprüche sind so lustig, dass sie im Gedächtnis bleiben. Insgesamt finde ich das Ausmaß des Unwissens aber ermüdend, was nicht den Autorinnen anzulasten ist.