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Veröffentlicht am 02.03.2023

Geistiger Lockdown?

Und erlöse uns von den Blöden
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Mann möchte weinen, wenn man all die Fakten menschlicher Dummheit so geballt präsentiert bekommt. Stichwort: Toilettenpapier, Hefe, Nudeln. Laut schreien aber könnte mann über Behördenunsinn und schlecht ...

Mann möchte weinen, wenn man all die Fakten menschlicher Dummheit so geballt präsentiert bekommt. Stichwort: Toilettenpapier, Hefe, Nudeln. Laut schreien aber könnte mann über Behördenunsinn und schlecht bis gar nicht durchdachte Anordnungen. Konkrete Beispiele werden zur Genüge aufgeführt. Ungenutzte Mäusebrücken! Schließungen dort, wo Hygiene und Abstand eingehalten werden, aber Demos ohne Schutz und Distanz! Steuernummern für eine Woche alte Babys ...

Zugespitzt, treffsicher, satirisch und mit rabenschwarzem Humor beschreiben Monika Gruber und Andreas Hock Coronafolgen, den geistigen Lockdown mancher Mitmenschen, eine neue, völlig andere Sicht auf viele Dinge. Sie thematisieren die Spaltung des Volkes in vorsichtige und gedankenlose Charaktere, bizarre Verschwörungstheorien und falsch verstandene Toleranz.

Zielsicher nehmen sie Raucher, Fleischesser, Dinkel- und Dörrobstdogmatiker ins Visier, beschreiben ihre Gedanken zum Thema Mülltrennung, Demos statt Schule , saisonales Obst, Elternzeit, Impfgegner, Transfrauen, Sozialromantiker, Influencerinnen, Männerdutts, Benehmen, Anstand, Doppel-Namen, Genderwahnsinn, Selbstdarstellern. Völlig zu recht meinen sie, dass manche Aspekte latente Aggressionen entfachen. Mit spitzer Zunge und höchst aktuellem Bezug werden Verhaltensweisen verdeutlicht, die - wie schon eingangs erwähnt - nicht unbedingt das beste in den Mitmenschen zum Vorschein bringen. Nicht immer bin ich mit der Meinung der Autoren einverstanden, habe dieses Buch aus dem Piper Verlag jedoch verschlungen und mir so meine eigenen Gedanken zur „Gesamtlage“ gemacht.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Madame Tussaud

Die Meisterin der Wachsfiguren
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London, 1842. Madame Tussaud formt ihre eigene Figur. Wachs bearbeiten, lebensechte Körper darstellen, das kann sie. Große Persönlichkeiten saßen für sie Modell: Voltaire, Ludwig XVI., Marie Antoinette, ...

London, 1842. Madame Tussaud formt ihre eigene Figur. Wachs bearbeiten, lebensechte Körper darstellen, das kann sie. Große Persönlichkeiten saßen für sie Modell: Voltaire, Ludwig XVI., Marie Antoinette, Rousseau. Sie erinnert sich.
Elsass, 1767, Marie und ihre Mutter suchen in Paris Unterschlupf bei Philippe Curtius, einem Wachsbildner und Arzt. Dort lernt Marie das Handwerk der Wachsbildnerei.
Anna-Luise Melle erklärt einzelne Arbeitsschritte bildhaft, ermöglicht dem Leser eine gute Vorstellung der Abläufe, erklärt besondere Feinheiten vorstellbar.
Unterhaltsam sind Maries Begegnungen mit den Trägern großer Namen, zu denen auch Robespierre zählt. Gekonnt bietet sie ihm und seinen philosophischen Ideen Paroli. Auch andere Persönlichkeiten, beispielsweise Benjamin Franklin und Charlotte Corday werden nahbarer durch geistreiche Gespräche.
Das Leben bei Hofe birgt Überraschungen. Sehr interessant beschrieben. Geschickt wird die Französische Revolution einbezogen. Aus der Perspektive des Adels. Originell. Spannend geht es weiter.
Die Romanbiografie ruft Bewunderung für Madame Tussaud, eine starke und mutige Frau hervor. Ihr Leben ist turbulent, interessant und sehr anschaulich beschrieben. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 22.02.2023

Im Altenheim ist was los

Sie haben Ihr Gebiss auf der Hüpfburg verloren
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Autorin Ramona Schukraft, bei der der schwäbische Zungenschlag immer wieder durchschimmert, läßt ihre Pflägeheldin Sybille Bullatschek über den Job in einem Seniorenheim plaudern. Eigenheiten der Angestellten, ...

Autorin Ramona Schukraft, bei der der schwäbische Zungenschlag immer wieder durchschimmert, läßt ihre Pflägeheldin Sybille Bullatschek über den Job in einem Seniorenheim plaudern. Eigenheiten der Angestellten, des Leiters und der Bewohner werden mit spitzer und humorvoller Feder beschrieben.
Irre Enthüllungen werden gemacht: Speeddating als Nachtbetreuung, Besuch im Rotlichtviertel, Duftdoping,… . Aufregend, bringt aber auch Punkte für den titelsüchtigen Heimleiter und unnötigen Stress für die Pflegekräfte.
Selbstironisch, satirisch und voller Komik, aber auch mit viel Verständnis, Schlagfertigkeit und einer gewissen Abgeklärtheit wird hier der ganz normale und manchmal auch der ausufernde Wahnsinn bei der Arbeit einer patenten Altenpflegerin geschildert. Eine gewisse Nervenstärke und Gelassenheit gehören wohl zum Job dazu.
Unterhaltsam und amüsant zu lesen.

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Heldinnen

Storchenherzen
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Madita hat hellrosa Haare, perfektioniert das Chaos und ist reichlich tollpatschig. Ob das ihrem Traumberuf Hebamme wirklich nützlich ist? Ob indische Geburtsgesänge oder Klangschalen hilfreich sind? Ihre ...

Madita hat hellrosa Haare, perfektioniert das Chaos und ist reichlich tollpatschig. Ob das ihrem Traumberuf Hebamme wirklich nützlich ist? Ob indische Geburtsgesänge oder Klangschalen hilfreich sind? Ihre korrekte Kollegin Helga hat da so ihre Zweifel. Auch sie liebt den Beruf und gibt oft mehr, als sie müßte. Durch ihre direkte Art eckt sie aber an, auch ihr Mann ist mit ihr nicht zufrieden und trennt sich.
Schön, dass Fritzi Teichert abwechselnd eine der beiden Frauen aus dem „Storchennest“ zu Wort kommen läßt. Dabei wird Interessantes, Emotionales, Überraschendes und Spannendes offenbart. Hilfreiche Ratschläge und originelle Problemlösungen werden angeboten. Komplikationen, die es reichlich gibt, werden offen angesprochen. Die beiden Frauen sind ein geniales Gegensatzpaar und der perfekte Beweis dafür, dass es oft nicht so ist, wie es zunächst scheint. Fazit: Hebammen sind Heldinnen!
Witzige Gedanken, fantasievolle Ideen und erstaunliche Dialoge bereichern diesen sehr unterhaltsamen und Denkanstöße gebenden Roman, in dem auch die Liebe nicht zu kurz kommt.

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Veröffentlicht am 14.02.2023

Wie wird man zu …

Mit aller Macht
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… einem Henker? Peter, im sozialistischen Sinn erzogen, macht widersprüchliche Erfahrungen. Die DDR findet er nicht so schlecht, hat durch seinen Adoptivvater einige Privilegien. Fragen tauchen während ...

… einem Henker? Peter, im sozialistischen Sinn erzogen, macht widersprüchliche Erfahrungen. Die DDR findet er nicht so schlecht, hat durch seinen Adoptivvater einige Privilegien. Fragen tauchen während des Rechtsstudiums auf, als er nicht nur Marxismus-Leninismus büffeln muß, sondern mit den juristischen Auslegungen der Todesstrafe konfrontiert wird. Von Erich Mielke persönlich gebrieft. Dann der Mauerbau, von Peter begeistert begrüßt. Das empfiehlt in geradezu für einen Job bei der Stasi. Er nimmt an, geht in seinen Spitzelaufgaben auf. Bis der große Knall kommt.
Rainer Wittkamp berichtet chronologisch über ein Leben. Die perfiden Machenschaften des Staatssicherheitsdienstes werden deutlich geschildert, Erpressung, Schikane, und Machtbesessenheit werden aufgezeigt. Wehe dem, der nicht so mitgespielt hat, wie es erwartet wurde. Hatte Peter eine Wahl?
Das ist aber nur der erste Teil. Größeren Raum nehmen die Tagebücher des Vaters ein. Beginn 1924. Hier nur einige Stichworte: Karriere, Todesstrafe, Scharfrichterhelfer, Fallschwertmaschine, täglich zehn bis zwanzig Menschen. Nicht vorstellbar. Was macht das mit Einem?
Fakten, aneinandergereiht. Das Grauen bleibt dem Leser. Nicht einverstanden mit der Aussage: es lag ihm im Blut. Jeder bilde sich seine Meinung. Zum Töten per Gesetz und zur Tätigkeit eines Henkers.

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