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Veröffentlicht am 22.10.2020

Manhattan 2022

Die Stille
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Jim und Tessa unterhalten sich während eines Langstreckenfluges über Fluggeschwindigkeiten, Ortszeiten, Essen. Belangloses. Sie sind zu Freunden unterwegs, wollen mit ihnen das Finale der American Football-League ...

Jim und Tessa unterhalten sich während eines Langstreckenfluges über Fluggeschwindigkeiten, Ortszeiten, Essen. Belangloses. Sie sind zu Freunden unterwegs, wollen mit ihnen das Finale der American Football-League 2022 schauen. Es gibt eine Bruchlandung, in Manhattan bricht Chaos aus. Martin, Diane und Max stellen verwundert den Ausfall der Fernsehübertragung und der Kommunikationssysteme fest. In der Stadt bleiben Fahrstühle stecken, U- Bahnen fahren nicht, Geschäfte sind verbarrikadiert, die Infrastruktur bricht zusammen. Don DeLillo zeichnet ein wenig schönes, aber vorstellbares Szenario.
Was machen die Protagonisten? Martin kommentiert den schwarzen Bildschirm wie ein Sportreporter und imitiert Werbeslogans. Max spricht mit und über sich selbst, ohne Anwesende zu beachten. Sie begreifen nichts. Irgendwann treffen Jim und Tessa ein.
Es folgen Theorien über Cyberangriff, digitale Invasion, biologische Angriffe. Anthrax, Pocken, Pathogene. Tote und Versehrte. Hunger, Seuchen, Verschwörungstheorien, Kryptowährungen, Mikroplastik. Gefahren auf jeder Ebene.
Real möglich scheinende Ausgangssituation, langweilig umgesetzt von
Don DeLillo. Aus dem amerikanischen Englisch von Frank Heibert.

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Veröffentlicht am 27.07.2020

Katzenärger

Die große Katzenverschwörung
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Es beginnt damit, dass Chris (wer ist Chris?) drei ausgesetzte Katzenkinder an einem zugefrorenen See entdeckt. Zuhause gibt es schon vier Katzen, jetzt hat er sieben.
Er muss entdecken, dass die Neuen ...

Es beginnt damit, dass Chris (wer ist Chris?) drei ausgesetzte Katzenkinder an einem zugefrorenen See entdeckt. Zuhause gibt es schon vier Katzen, jetzt hat er sieben.
Er muss entdecken, dass die Neuen nicht nur sprechen können, sondern auch aufmerksame und sehr lernfähige Fernsehzuschauer sind. Nach einer Holzfällerreportage ahmen sie die Arbeiter nach, indem sie den Tisch und den Weihnachtsbaum zersägen und mit Holzverkauf reich werden wollen. Erstaunlicherweise merken die Eltern nichts. Auch nichts von den folgenden skurrilen Einfällen der Stubentiger. Es geschieht Unglaubliches, Chrisˋ Schwierigkeiten hören nicht auf.
Agnieszka Stelmanszyk hat sehr kreativ Katzenabenteuer erfunden. Sie bringen Kinder sicher zum Staunen, die Tiere sind aber meines Erachtens rücksichtslos und egoistisch und geben ein schlechtes Beispiel für Verhaltensweisen. Auch Chris mangelndes Vertrauen zu seinen Eltern ist fragwürdig. Das Buchcover ist schön, die anderen Illustrationen von Marta Kurvewska finde ich nett.

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Veröffentlicht am 27.05.2020

Eine unbedarfte Frau

Das Netz
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Unbestritten ist, dass die Bankenkrise 2010 viele Opfer forderte. Auch in Island. Aber Sonja gehört definitiv nicht dazu. Wer ist Sonja? Eine unbedarfte Frau, die, als sie beim Liebesspiel mit einer anderen ...

Unbestritten ist, dass die Bankenkrise 2010 viele Opfer forderte. Auch in Island. Aber Sonja gehört definitiv nicht dazu. Wer ist Sonja? Eine unbedarfte Frau, die, als sie beim Liebesspiel mit einer anderen gesehen wurde, sofort in die Scheidung einwilligt, auf Haus, Geld und Sorgerecht für den Sohn verzichtet und zum Geld verdienen in den Drogenschmuggel einsteigt. Das allerdings zieht sie raffiniert durch und bringt kiloweise(!) Rauschgift über die Grenze. Skrupel? Nein. Ziel: Geld für ein Leben mit zurückgeholtem Sohn. Wenigstens den liebt sie. Ach ja, zweitweise auch Agla, einst erfolgreiche Bankmanagerin. Erfolgreich, weil sie durch Ausnutzung ihrer Marktkenntnisse viel Geld verdient, aber andere um ihr Guthaben gebracht hat. Skrupel? Reue?Auch hier nicht. Bei Vernehmungen durch Polizei und Untersuchungskommissionen sorgt sie sich nur darum, dass ihr lesbisches Verhältnis auffliegt. DAFÜR schämt sie sich.
Dann ist da noch Bragi, Zollbeamter kurz vor der schlecht vergüteten Pensionierung. Er fasst Sonja ins Auge, verdächtigt sie. Kann er sie überführen? Hier wurde es ein wenig spannend. Ob seine Motivation das Buch von Lilja Sigurdardottir verbessert? Das zu beurteilen, überlasse ich anderen Lesern. Meins war es nicht.
Aus dem Isländischen übersetzt von Anika Wolff, Dumont Verlag.

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Veröffentlicht am 18.03.2019

Gemächlichkeit

Mozarts Friseur
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Ein Friseursalon in Wien, eingerichtet wie ein Basar. „Wer hier eintritt, betritt ein Zauberreich.“ Der Friseur selbst kommt aus der Wüste, arm, Eltern unbekannt, von Matrosen aufgegriffen, mitgenommen. ...

Ein Friseursalon in Wien, eingerichtet wie ein Basar. „Wer hier eintritt, betritt ein Zauberreich.“ Der Friseur selbst kommt aus der Wüste, arm, Eltern unbekannt, von Matrosen aufgegriffen, mitgenommen. Das Geld seiner Frau bringt den Laden. Skurrile Dekostücke, ein Stuhl unter Palmen, Grafitti, kaputte Uhren. Hier erlebt man Zeitgeschichte, Hippies, merkwürdige Styles, Glatzen, die witzigerweise Zero Zero heißen, eigenartige Lebensgeschichten. Die Erzählung spiegelt die „Gemütsruhe, mit der der Friseur dem Weltuntergang eine Pause verordnet.“ Endlose Tiraden über die Farbe Schwarz, die drei Sperrmülluhren oder ausgewalzte kleine Ereignisse der Besucher bestimmen das Tempo.
Selten blitzen interessante Begebenheiten auf: Karottes Kamera, die Prüfung von Mozarts Perücke haben Potenzial.
Wolf Wondratschek hat es nicht geschafft, mich für dieses Buch zu begeistern. Zu langatmig, zu ausgeleiert. Die witzigen Gespräche, die unterhaltsamen Anekdoten, die ich erwartet hatte, fand ich nicht.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Es dauert und dauert

Eine dieser Nächte
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Passagiere auf einem Nachtflug von Bangkok nach Zürich. Da sind Michael und Stefan, ein schwules Paar; Emma, nach einer entmutigenden Autorenreise; Walter, verlassen von seiner plötzlich lesbischen Frau; ...

Passagiere auf einem Nachtflug von Bangkok nach Zürich. Da sind Michael und Stefan, ein schwules Paar; Emma, nach einer entmutigenden Autorenreise; Walter, verlassen von seiner plötzlich lesbischen Frau; ein junger Blogger; eine japanische Familie und Bill. Bill, der nervtötend und immer betrunkener werdend den Mitreisenden Geschichten erzählt. Sehr ausführlich, öfter abschweifend. Er spricht laut, die Passagiere müssen zuhören und versinken in eigenen Erinnerungen.
In den langatmigen Texten erkennt man viele rhetorische und echte Fragen. Allerdings gehen die unter in einem Textbrei ohne Fragezeichen. Ermüdend. Selten blitzen unterhaltsame Geschichten, kleinen Diamanten gleich, auf. Originell ist Bills Idee, alle Getränke „Martha“ zu nennen und sich mit ihnen zu unterhalten. Das war es aber auch, die Erzählungen ziehen sich genau wie der stundenlange Nachtflug wie Kaugummi. Schade, denn der Grundgedanke in Christina Viraghs Roman, herausgegeben vom Dörlemann Verlag, hat viel Potential.