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Veröffentlicht am 31.03.2020

Ein skurriles Werk - mal anders rezensiert

Achtsam morden
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Die Schizothekare sitzen zusammen in einem Café mit einem renommierten Journalisten, seines Zeichens für den Feuilleton einer angesehen Großstadtzeitung zuständig und begierig Informationen für seinen ...

Die Schizothekare sitzen zusammen in einem Café mit einem renommierten Journalisten, seines Zeichens für den Feuilleton einer angesehen Großstadtzeitung zuständig und begierig Informationen für seinen längst überfälligen Artikel zu sammeln. Nebst einem Vanillemacchiato und einem heißem Moccha schmücken Brownies und Cheesecake den Tisch und runden die Situation kulinarisch ab. Schmatzend und schlürfend werden Fragen beantwortet. Das Leben ist manchmal hart.



J: Zu allererst würde ich gerne wissen, wie ihr darauf kamt "Achtsam Morden" von Karsten Busse zu lesen. Erzählt mal.

T: Naja, es lag auf einem der ersten Stapel, den wir in unserer Lieblingsbuchhandlung sahen und der Klappentext klang witzig.

A: Und wir sind Opfer unserer Zwänge. Das Cover und der Titel haben es geschafft unsere Aufmerksamkeit zu erregen, somit hatte der Klappentext auch eine Chance gelesen zu werden.

J: Nun seid ihr ja echt begeistert, sagt mal beispielhaft, was die Geschichte so für euch ausmachte.

T: Puuuuh, ich glaube, für mich war es absolut die sarkastische Darstellung der Achtsamkeitsregeln. Das Ganze eingebettet in eine "Mafiageschichte" - besser geht eigentlich nicht.

A: Ja, der Humor war schon teilweise sehr schwarz. Ab und an sogar nur sehr unterschwellig. Und es gefiel, dass es kein Krimi im klassischen Sinne war - ich meine wer hier für das achtsame morden zuständig war, war von Anfang an klar.

J: Welche Stelle ist euch denn besonders im Gedächtnis geblieben, bei der ihr herzhaft losgelacht habt?

T: Am Allermeisten und Lautesten habe ich beim Entdecken der Leiche im Kofferraum via Thermometer gelacht. So absurd und trotzdem irgendwie logisch. Da musste ich wirklich den Kaffee ausspucken vor Lachen.

A: Ich glaube eine richtige Stelle kann ich gar nicht so richtig hervorheben. Immer wieder für ein Grinsen hat die ganz eigene und damit komplett ins Absurde schweifende Auslegung der Achtsamkeitsregeln geführt. Ein Juwel.

J: Gab es denn auch was Ekliges ?

A: Ohne Spoilern zu wollen, aber ein abgetrennter Ringfinger, der von einem Raben stibitz wird, ist schon recht makaber.

T: Genauso wie eine vor sich hin gammelnde, entleerte Leiche im Kofferraum.

J: Welche Person außer dem Protagonisten habt ihr besonders lieb gewonnen? Gab es so jemanden?

A: Spontan fällt mir eine absolute Randfigur ein. Eine intellektuell recht bedürftige Referendarin, die BGH Urteil mit Textmarkern ausgemalt hat. Kein Tiefgang oder ähnliches, aber doch sehr unterhaltsam.

T: Ich habe den etwas trotteligen Kommissar ins Herz geschlossen. Er hat die richtige Spur, wird aber ausgebremst von seiner Gier nach einem Kitaplatz. Das war zu gut.

J: Habt ihr denn irgendetwas aus dem Buch gelernt? Immerhin geht es um Achtsamkeit.

A: Es geht darum wie wir Achtsamkeitsgebote nutzen können um Morde vor uns selbst zu rechtfertigen. Ist das eine ernst gemeinte Frage?

T: Najaaaa, also ich hab definitiv gelernt, dass man eindeutig auch zu achtsam sein kann. Es ist wohl besser, einfach mal nicht zu oft zu denken.

J: Und für euch selbst? Gab es irgendetwas, was ihr nun verinnerlicht habt?

A: Ich verweise auf meine vorherige Antwort.

T: Ich werde sicherlich niemals ein Achtsamkeitstraining besuchen.

J: Waren denn die Handlungen von dem Protagonisten eigentlich immer nachvollziehbar für euch?

T: Immer ist wirklich sehr pauschal. Sagen wir: unter Beachtung der vorgestellten Achtsamkeitsregeln: Ja.

A: Und unter Beachtung der jeweiligen Verdrehung dieser Regeln - von mir auch ein klares Ja.

J: Nennt mir drei Wörter, die die Stimmung des Werkes beschreiben.

A: Witzig, absurd & achtsma.

T: Positiv, sonnig & entspannt.

J: Ist es ein Werk, was nachhaltig bei euch im Gedächtnis bleibt oder ist der Gedanke nach kurzer Zeit wieder verhallt?

T: Oh, es bleibt wirklich nachhaltig im Gedächtnis - wann hat man schonmal einen mordenden, gut gelaunten, stinknormalen Mafiaanwalt als Protagonisten?!

A: Man muss tatsächlich öfters daran denken. Und meist zaubert es auch ein Lächeln auf die Lippen.

J: Und nun? Würdet ihr weitere Werke dieser Art lesen?

A: Logisch.

T: Eindeutig: Ja. Ohne wenn und aber.

J: Zu guter Letzt nun - würdet ihr das Werk weiterempfehlen? Wenn es bei euch Sterne gäbe, wie viele würde es bekommen?

T: Absolute Weiterempfehlung. Wer ein kurzweiliges, sarkastisches Werk sucht, der sollte definitiv zugreifen. Würde es Sterne geben, dann bekäme es doppelt so viele wie angegeben.

A: Immer zweimal mehr als Troph. Klare Empfehlung - auch für Leute, die dem Krimigenre nicht verfallen sind.

Eine geringe Aufmerksamkeitsspanne, in diesem Fall durch Sonnenschein hervorgerufen, lässt die beiden Antwortenden nun langsam auf ihre leeren Teller und auf die Uhr schauen. Sehnsüchtige Blicke durch das Cafefenster suggerieren zudem, dass eine baldige Flucht bevorsteht. Man möchte meinen, dass sie immer noch nicht gelernt haben einen Moment mit Achtsamkeit zu begegnen. Wer hat aber auch behauptet, dass sie perfekt sind?

@karstendusse - das ist ein klarer Bildungsauftrag!

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Veröffentlicht am 04.01.2018

Endlich: ein neues, geniales Thema!!!

Neanderthal
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Danke, Jens Lubbadeh, dass wir mit „Neanderthal“ in ein wunderschönes, gesundes Deutschland reisen durften! Vorab, ohne irgendetwas zu spoilern: Wir lieben dieses absolut, durch und durch gelungene Werk!!!

Dank ...

Danke, Jens Lubbadeh, dass wir mit „Neanderthal“ in ein wunderschönes, gesundes Deutschland reisen durften! Vorab, ohne irgendetwas zu spoilern: Wir lieben dieses absolut, durch und durch gelungene Werk!!!

Dank auch von meiner Seite. Nicht nur das uns Wissen einer Sparte vermittelt wurde, die wir vorher keine Beachtung geschenkt haben – nämlich der Anthropologie. Auch wurden wir von einer Geschichte mitgerissen, die einen von perfekt platzierten Spannungsbögen lebte und somit den Leser, also uns, begeistert hat.

Ungerne, aber in diesem Fall notwendig, starten wir kurz mit dem Inhalt: Ein Leichnam wird gefunden, der außergewöhnliche DNA-Strukturen aufweist. Es könnte sich um einen der wenigen behinderten Menschen handeln, die noch in Deutschland leben, aber das wäre ja zu einfach und langweilig. Also lernen wir zwei Forscher kennen, die uns mit dem Genpool von Neandertalern vertraut machen und sich mit uns in ein kurzweiliges Abenteuer stürzen.

Und vor allem werden wir in ein zukünftiges Deutschland entführt, welches sich dem Gesundheitswahn, der Genmanipulation und der Verachtung des Andersartigen verschrieben hat. Beängstigend ist diese Zukunftsvision deshalb, weil in weiten Teilen der Ideologie schon heutige Ansatzpunkte der Politik wiederzufinden sind.

Außerdem haben wir super gezeichnete Protagonisten. Wir können nicht mal unsere Lieblingsfiguren ausmachen, da sich jede für sich in unser Leserherz geschlichen hat.

Und dennoch versuchen wir es. Ich ergreife an dieser Stelle kurz das Zepter des Wortes und beginne mit Sarah. Sie ist Doktorin der Anthropologie. In ihrem Fachgebiet, also auf der beruflichen Ebene, strotzt sie vor Selbstbewusstsein. Im Privaten dagegen kämpft sie mit sich und ihren „Makeln“. In einer Welt, in der Anderssein verpönt ist, kommt sie sich mit ihrer ungewöhnlichen Körpergöße und ihren komischen Fingernägeln, wie ein Fremdkörper vor.

Fremdkörper ist ein gutes Stichwort. Ein Fremdkörper in der ach so perfekten Welt ist nämlich auch unser lieber Max. Max ist taubstumm und damit einer der wenigen behinderten Menschen in dieser konstruierten Welt. Alleine die Kommunikation mit ihm ist für seine Umwelt nicht einfach. Nur wenige, um nicht zu sagen, nur Sarah versteht sich darin mit ihm in der Gebärdensprache zu kommunizieren und ihm gegenüber ein wenig Respekt zu erweisen. Natürlich gibt es technische Möglichkeiten der Kommunikation mit ihm, aber Max verweigert diese konsequent. Er ist genauso intelligent wie wütend auf die Welt. Diese Mischung macht’s und ist einfach herrlich. Einerseits löst er die verschiedensten genetischen Konstrukte, andererseits verscherzt er sich seine Entdeckungen durch sein widerspenstiges Verhalten. Dies sorgt dann auch in einer höchst komplexen Geschichte für den ein oder anderen Schmunzler.

Was ich nun natürlich unterschlagen habe sind die wissenschaftlichen Hintergründe. Ich hab sie tatsächlich verstanden, aber Apos vermag sie eindeutig besser erklären. Bei mir hängengeblieben ist: DNA von Neandertalern und Homo Sapiens ist verschieden. Homo Sapiens haben die Evolution „überlebt“ und die Neandertaler sind auf der Strecke geblieben.

Apos, dein Auftritt bitte.

Das ist fast richtig, gewissermaßen zu sehr pauschalisiert und daher eigentlich falsch, liebe Troph. Ich möchte dem zukünftigen Leser nur ungern zu viel vorweg nehmen und bleibe daher bei der richtigen, aber dennoch wagen Behauptung, dass unser heutiges Dasein nur dadurch möglich ist, dass eine Genpoolvermischung von Homo Sapiens und Homo Neanderthalensis erfolgte.

Im Grunde auch eine schöne Botschaft und daher perfekt für die Einleitung des Schlußwortes. Wenn ich bitten darf, Troph.

Ja, na ja gut. In diesem Wissenschaftszeug steck ich ja eh immer nicht 200%ig drin. Dringend gesagt werden muss nur noch: LEST DIESES BUCH !!!! Es war einfach interessant, lehrreich, zum Teil witzig und ist geprägt von nicht zu vergessenden Charakteren. Also auf auf in die Welt des Neanderthals!

Veröffentlicht am 04.01.2018

Qualityland - Garant für die Stärkung der Lachmuskulatur

QualityLand
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Qualityland – Ihr Garant für die Stärkung der Lachmuskulatur

Erinnern Sie sich noch an das Känguru? Ja genau, DAS Känguru, vorlauter Kommunist mit einer Vorliebe für Schnapspralinen – mmmmhhh lecker Schnapspralinen, ...

Qualityland – Ihr Garant für die Stärkung der Lachmuskulatur

Erinnern Sie sich noch an das Känguru? Ja genau, DAS Känguru, vorlauter Kommunist mit einer Vorliebe für Schnapspralinen – mmmmhhh lecker Schnapspralinen, die beste Art des Alkoholkonsums . Haben Sie Vorbehalte, deswegen in Qualityland – das beste Land der Welt – vorbeizuschauen?

Das kennen wir. Und können Sie beruhigen. Qualityland – das beste Land der Welt – überzeugt mit einer neuen, realen Form des Lachmuskel-Aufbaus und kommt ganz ohne tierische Unterstützung aus. Alles Vegan also.

Qualityland – das beste Land der Welt – besticht durch seine besondere Überwachung jedes Körpers und der Informationspolitik über den entsprechenden Zustand. Jeder Ihrer Wünsche wird aus Ihren Gedanken gelesen. Sie wissen nicht mal, dass Sie es sich wünschen und doch kann TheShop – der weltweit beliebteste Versandhändler – es Ihnen per Drohnenlieferung sofort zukommen lassen. Bitte vergessen Sie nicht die Drohne zu bewerten!

Auch können Sie hier alles Vergessen was in der Vergangenheit je negativ war. Kommen Sie ins Qualityland – das beste Land der Welt – und Hitler und Mussolini sind nur noch Figuren eines Schauspiels. – Heute zu sehen: Hitler! – Das Musical. Die Geschichte von Ado und Eva – Sie vergessen, dass es sie jemals gab.

Sie können sich auch einfach fallen lassen und den politischen Attitüden eines sympathischen Androiden lauschen. Oder Sie schaffen sich bei myRobot – Roboter für dich und mich – den neusten Androiden selbst zu und merken dann, dass Sie und Ihre Arbeitskraft absolut entbehrlich sind.

In Qualityland – das beste Land der Welt – ist alles möglich.

Buchen Sie schnellstmöglich Ihren Termin und wir garantieren, dass Sie innerhalb von zwei Tagen einen Aufbau des Lachmuskels zu verzeichnen haben. Fußnote: Jeder Versuch einer Rückgabe könnte tödlich sein.



* Ein Rückgaberecht existiert nicht. Jeder Versuch einer Rückgabe könnte tödlich sein.

Veröffentlicht am 24.05.2020

Wundervolles Werk, um Fernweh verschwinden zu lassen

Denn das Leben ist eine Reise
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Die Geschichte selbst funktioniert genauso, wie der Klappentext verspricht. Wir reisen mit Aimée und Len zum Glück ganz weit weg von ihrem Ehemann Per. Er schafft es wirklich innerhalb der ersten 50 Seiten ...

Die Geschichte selbst funktioniert genauso, wie der Klappentext verspricht. Wir reisen mit Aimée und Len zum Glück ganz weit weg von ihrem Ehemann Per. Er schafft es wirklich innerhalb der ersten 50 Seiten so unfassbar unsympathisch zu werden. Nicht nur, dass er Len nicht akzeptiert – nein ihm wäre es sogar ganz recht, würde er gar nicht existieren. Die Tatsache, dass Aimée zunächst trotzdem bleibt, kann man erstmal nicht ganz nachvollziehen, feiert aber den Schritt von ihr zu verschwinden. Der Anlass der Reise nach St. Ives ist zwar kein Schöner, aber sobald man mit den beiden im Bulli sitzt, wird man tatsächlich schon glücklich. Man spürt die neu gewonnene Freiheit einfach sofort. Dafür kann man Hanna Miller einfach nur ein großes Lob aussprechen. Jede Seite, die man mit Aimée, Len und den anderen Figuren in Cornwall verbringen darf ist ein Geschenk.

Ein Geschenk des wunderbar lockeren, trotzdem tiefgründigen Schreibstils der Autorin. Sie spielt hervorragend mit dem Bild des Meeres, der damit verbundenen Freiheit und Abgründen. Dieses Bild wird wirklich hervorragend mit dem gesamten Leben der Protagonistin verknüpft. Man spürt förmlich die Wellen, die Aimée immer wieder mitreißen, sowohl in die Höhe als auch in die Tiefe. Besonders die Rückblenden auf ihr gesamtes Leben helfen dabei sie zu verstehen und sie wirklich lieben zu lernen. Hanna Miller entwickelt Aimée wirklich von Seite zu Seite weiter und schafft es bis zum Schluss eine mutige, taffe Frau zu zeichnen, die sich gefunden hat.

Auch die Geschichten am Rande rahmen das Werk wirklich hervorragend ein. Jeder Charakter wird manchmal kurz, manchmal länger, aber immer konsequent gezeichnet. Man lernt ihre Mutter kennen und (teilweise) verstehen. Man liebt Len einfach mit jeder seiner Eigenarten. Genauso die Bewohner von St. Ives, die Aimée und ihre Familie einfach bedingungslos sofort aufnehmen. Wer immer etwas undurchsichtig bleibt ist Aimées alter Freund Daniel. So richtig schlau wird man aus ihm über den gesamten Lesezeitraum nicht, weiß aber seine liebevolle und hilfsbreite Art zu schätzen.

Alles in allem würde ich dieses Werk jedem weiterempfehlen, der gerade Fernweh hat. Mit diesem Buch auf dem Balkon wird man nach Cornwall entführt und wünscht sich, genauso wie Aimée, einfach dortbleiben zu können. Dieses Buch hat mich nicht enttäuscht. Ich habe geschmunzelt, den Kopf geschüttelt, war fassungslos und glücklich. Ein rundum gelungenes Werk!

Danke, liebe Hanna Miller, für diese Momente.

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Eine neue Gesellschaft?

Die Gabe
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Diese Rezension wollen wir ausnahmsweise mal ganz klassisch mit der Wiedergabe des Inhalts beginnen. Der Klappentext fasst das Werk nämlich außergewöhnlich gut zusammen

Es sind scheinbar gewöhnliche Alltagsszenen: ...

Diese Rezension wollen wir ausnahmsweise mal ganz klassisch mit der Wiedergabe des Inhalts beginnen. Der Klappentext fasst das Werk nämlich außergewöhnlich gut zusammen

Es sind scheinbar gewöhnliche Alltagsszenen: ein nigerianisches Mädchen am Pool. Die Tochter einer Londoner Gangsterfamilie. Eine US-amerikanische Politikerin. Doch sie alle verbindet ein Geheimnis: Von heute auf morgen haben Frauen weltweit die Gabe – sie können mit ihren Händen starke elektrische Stromstöße aussenden. Ein Ereignis, das die Machtverhältnisse und das Zusammenleben aller Menschen unaufhaltsam, unwiederbringlich und auf schmerzvolle Weise verändern wird.
In diesem Werk steht die Frage „Wäre die Welt besser, wenn alleine Frauen herrschen würden?“

Wobei zu Beginn noch gar nicht klar ist in welche Richtung es den Leser in dieser Geschichte verschlägt. Erzählungen in drei Handlungssträngen, die sich über den ganzen Globus verteilen. Die USA, Großbritannien und Südafrika. Nach und nach verschlägt es die Protagonisten auch in den nahen Osten und in die ehemaligen Ostblockstaaten. Ein schlauer Zug die Handlung über den ganzen Globus zu zerstreuen, wenn es doch um die Frage der Weltverbesserung geht.

Das Ergebnis ist relativ schnell klar: „Nein.“ Dieser Roman kehrt die Machtverhältnisse lediglich um, ohne nennenswerte positive Auswirkungen. Wir lesen hier aus mehreren Perspektiven. Überwiegend weibliche Perspektiven, ein männlicher Protagonist. Wir lesen von einer neuen Religion, die fanatisch die „Göttin“ verehrt, von Politikerinnen, die im Wahn Kriege beginnen und von einer brutalen „Mafiabossin“. Unser männlicher Protagonist wird in dieser Gesellschaft als darstellender „Frauenreporter“ durchaus akzeptiert und kann sich zumindest anfangs in Gänze in die neue Struktur integrieren.

Der Grund seiner Integration könnte jedoch doppeldeutiger nicht sein. Er hilft die Kunde von der „Gabe“ – elektrische Entladungen können von Frauen durch Berührung eingesetzt werden – zu verbreiten und trägt so maßgeblich zur Umkehr der Machtverhältnisse bei.

Die Stimmung in diesem Werk ist typisch für eine Dystopie äußerst düster und beklemmend. Die Szenen absolut brutal und blutig dargestellt. Ohne groß zu Spoilern sei hier gesagt, dass das Verstörendste an diesem Werk die Vergewaltigungsszene an einem unschuldigen Mann war.

Und auf Grund dieser Szenen liest sich das Buch nach und nach eher wie eine antifeministische Doktrin und beschreibt Szenen, die man sich auch im schlimmsten Patriachat nicht auszumalen vermag.

Nimmt man übrigens den gesellschaftlichen und dystopischen Charakter des Werks weg und bleibt auf hoher Flugebene, reden wir von einem kurzweiligen, actionreichen Roman, der auf jeder Seite unterhält.

Und der es schafft, dass man sich wie in einem Tatsachenbericht gefangen fühlt.

Was jedoch am Ende auf jeden Fall bleibt, ist ein Gedankenspiel über die Entwicklung der Welt. Egal welcher religiöse Fanatismus, egal welche Herrschaftsform – alle sind sie inakzeptabel, sobald es sich in ein Ungleichgewicht und Extrem entwickelt.

Auch stellt das Buch unterschwellig die Frage, ob es eine reale, eine echte Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern überhaupt geben kann oder ob das Machtgefüge sich immer zu der Seite neigt, welche an körperlicher Überlegenheit mehr zu bieten hat.

Fazit: Wer ein dystopisches Werk mit Nachhall lesen will, der ist hier genau richtig und sollte zugreifen. Will man sich mit einem „Matriarchat“ beschäftigen, welches nicht zu literarisch ausschweifend ist, wie zB. Margaret Atwoods „Der Report der Magd“, sollte man es zwingend lesen und sich fragen: benötigen wir nicht eine neue Gesellschaftsform, die unabhängig von Geschlecht oder Religion vorherrscht?!

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