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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.10.2018

Ich lebe ein echtes Leben

Verschieben wir es auf morgen
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Miriam Maertens ist Schauspielerin und leidet unter der Krankheit Mukoviszidose. Es ist vor allem die Lunge, die ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Luft zum Atmen und zum Leben nimmt. Als ihre Eltern ...

Miriam Maertens ist Schauspielerin und leidet unter der Krankheit Mukoviszidose. Es ist vor allem die Lunge, die ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Luft zum Atmen und zum Leben nimmt. Als ihre Eltern die Diagnose erfahren, rät ihnen der Arzt, ihre Tochter in ein Heim zu geben, damit sich erst gar keine Beziehung aufbaut, älter als 5 Jahre würde die sowieso nicht werden. Doch es kommt anders. Durch ihre eigene Entschlossenheit, dem Leben die Krankheit unterzuordnen und nicht umgekehrt und die Unterstützung ihrer ganzen Familie gelingt es ihr, eine Kindheit zu leben und erwachsen zu werden. Sie ergreift ihren Traumberuf und gründet eine eigene Familie. Aber es wird immer schwerer und schließlich muss sie ja sagen zu einem Platz auf der Liste für ein neues Organ.
Miriam Maertens hat ihre Krankheit bisher nahezu geheim gehalten. Erst jetzt ist sie mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit getreten, in Form eines Buches, das sie selbst geschrieben hat.
Es ist ein sehr leichter Schreibstil, freundlich, nie verurteilend, ihre Gefühle sehr zurückhaltend einbringend, mit dem sie ihre Geschichte begleitet. Manchmal kommt es einem vor, als würde man ihr gemütlich gegenüber sitzen und sie würde ihr Leben erzählen, in 'freundlichem Plauderton'. Und dies ist sicher auch der Grund dafür, das man dieses Buch eigentlich erst aus der Hand legen kann, wenn man am Ende erfahren hat, wo die Autorin heute steht, nämlich mitten im Leben und sehr glücklich über das, was ihr geschenkt wurde. Man nimmt hier sehr gerne Anteil und kommt mit einem guten Gefühl aus der Geschichte heraus.

Veröffentlicht am 16.10.2018

Die 20er Jahre in einer großen amerikanischen Stadt

Chicago
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Mike Hodge ist Reporter bei der "Chicago Tribune" und er versteht etwas von seinem Fach. Er ist ein eher lockerer Typ mit flotten Sprüchen und ständig dabei, die ungeschriebenen Regeln darüber, wie nahe ...


Mike Hodge ist Reporter bei der "Chicago Tribune" und er versteht etwas von seinem Fach. Er ist ein eher lockerer Typ mit flotten Sprüchen und ständig dabei, die ungeschriebenen Regeln darüber, wie nahe man der Mafia, die die Stadt beherrscht, kommen darf, zu brechen. Und das hat Folgen. Erst eine unmissverständliche Warnung, und dann der pure Ernst. Seine Freundin Annie Walsh wird vor seinen Augen ermordet. Mike ist zutiefst erschüttert, denn mit dieser Beziehung war es ihm sehr ernst und er weiß sehr genau, er ist einen Schritt zu weit gegangen und die Schuld an Annies Tod liegt ganz allein bei ihm. Er braucht einige Zeit, um aus dem Rausch aus Trauer und Drogen heraus zurück zu wiedergewonnener Klarheit zu gelangen, dann aber gibt es nur noch eins, Annie rächen.
Und dazu begibt er sich endgültig hinein, mitten in die tiefen Abgründe der Chicagoer Unterwelt.
Ein Krimi ist diese Geschichte auch und natürlich auch spannend, aber meine fünf Sterne erhält das Buch von Pulitzer-Preisträger David Mamet für seine Dialoge, die nur so sprühen vor sprachlicher Kraft, Witz und Energie. Und dazu das eingefangene Flair der Reporterwelt einer großen Zeitung, mitten im von der Mafia beherrschten Chicago, in den 20er Jahren der USA, das ist großartig und nimmt einem eins ums andere Mal regelrecht den Atem. Für die Geschichte selbst ist das manchmal nicht von Vorteil, denn sie muss sich gegen die meisterliche Sprachgewalt behaupten und das gelingt nicht immer. Aber das, was man hier bekommt, sollte man einfach genießen, normale Mafiageschichten gibt es genug.

Veröffentlicht am 25.09.2018

Die Realität der RAF-Zeit, ein beeindruckender Thriller.

Die letzte Terroristin
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Sandra unterstützt die RAF und hat beschlossen, sich aktiv an der Rebellion gegen die Symbole dieses zu stürzenden Staates zu beteiligen. Dazu zählt die Welt der Banken und auch die Treuhand, mit Hans ...

Sandra unterstützt die RAF und hat beschlossen, sich aktiv an der Rebellion gegen die Symbole dieses zu stürzenden Staates zu beteiligen. Dazu zählt die Welt der Banken und auch die Treuhand, mit Hans Georg Dahlmann an ihrer Spitze. Die RAF plant ihn zu liquidieren und Sandra ist dazu auserkoren, ihm nahe zu kommen. Es gelingt ihr, als Dahlmanns Assistentin eingestellt zu werden, denn sie ist eine Studienfreundin seiner Tochter. Das BKA hat nach der Ermordung des Bankers Doktor Ernst Wegener durch die RAF Kenntnis davon erhalten, das Dahlmann der nächste auf der Liste ist. Aber auf die Idee, das die Gefahr im nächsten Umfeld des Treuhandchefs zu suchen ist, drauf kommt niemand.
Ein absolut außergewöhnlicher Thriller, Fiktion verwebt mit den realen terroristischen Aktionen der RAF zu Beginn der 1990er Jahre. Diese Mischung schockiert, lässt einen kalte Schauer den Rücken hinunter laufen und wenn man diese Zeit miterlebt hat, ist plötzlich alles wieder da, hautnah. Die Angst und die Fassungslosigkeit, zu sehen, wie der Staat von der RAF fast schon in die Knie gezwungen wird, zumindest hatte man zeitweise dieses Empfinden, das alles macht dieser Roman wieder lebendig. Und für all jene, die diese Zeit noch nicht bewusst miterlebt haben, ist es jüngste Geschichte, erzählt, wie es kein Geschichtsbuch leisten kann.
Dieses Buch sollte man gelesen haben, auf jeden Fall.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Die Kunst und eine Vater-Sohn-Beziehung, die es in sich hat.

Die Gesichter
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Bavinsky, ein absoluter Ausnahmekünstler ist nicht nur bei seiner Kunst zu keinen Kompromissen bereit. Er kennt auch in seinen Beziehungen inkl. mehrerer Ehen und bei seinen zahlreichen Kinder keine Rücksichtnahme, ...

Bavinsky, ein absoluter Ausnahmekünstler ist nicht nur bei seiner Kunst zu keinen Kompromissen bereit. Er kennt auch in seinen Beziehungen inkl. mehrerer Ehen und bei seinen zahlreichen Kinder keine Rücksichtnahme, echtes Familienleben ist nicht gewollt, es gibt kein Bemühen, ein guter Vater zu sein. In seiner Aura 'verglüht alles andere', keiner bekommt die Chance, aus dessen Schatten herauszutreten und in seinem Leben etwas eigenes Großes zu gestalten. Das bekommen sowohl seine Frau Natalie, die durchaus künstlerische Ambitionen hatte, wie auch sein Sohn Pinch mit aller Härte zu spüren. Gerade Pinch, der seinen Vater abgöttisch liebt und ihn bewundert, beginnt selbst schon sehr früh mit dem Malen, versteckt die Bilder aber vor seinem Künstlervater. Als er dann meint, 'gut genug zu sein', wagt er es, seine Gemälde seinem Vater zu zeigen. Doch dieser wischt seine Hoffnung auf Anerkennung und Ermutigung mit einem einzigen Satz weg. Am Boden zerstört, verlässt Pinch das väterliche Umfeld, sieht die Kunst für sich als gestorben an und bestreitet sein Leben fortan als Italienischlehrer, freudlos und in einer Art Blase, einfach so dahin lebend, ohne wirklich lebendig zu sein. Doch dann stirbt Bavinsky und Pinch empfindet Trauer, fühlt sich aber gleichzeitig irgendwie befreit. Nun hat er die Chance, seine Träume und Begabungen umzusetzen und doch noch jemand zu werden, sein eigenes echtes Leben zu leben. Und genau das geschieht dann auch, in einer Weise, wie man es vielleicht nicht gedacht hätte.
Mich hat diese Geschichte mit seinen Menschen von Anfang an gepackt, was vor allem der außergewöhnlichen Erzählkunst des Autors zu verdanken ist, dem es gelungen ist, aus dieser Konfliktthematik heraus, ein intensives emotional sehr berührendes Meisterwerk zu schaffen. Man sieht Bavinsky, diesen großen Künstler vor sich , seine Genialität in der Kunst und die gleichzeitige brachiale emotionale Gewalt und das vollständige Versagen seinem privaten Umfeld gegenüber. Und man ist so nahe dran, wenn der Sohn leidet und verzweifelt versucht, einen Weg zwischen der ersehnten Nähe zu seinem Vater und seinen eigenen Träumen zu finden und dabei scheitert.
Absolut beeindruckend, dieses Buch. Es würde ihm gebühren, viel Aufmerksamkeit in der Welt des Lesens zu bekommen. Ein Lesemuss für jeden, der, neben der Geschichte selbst, die Kunst der Wortbeschreibung zu schätzen weiß.

Veröffentlicht am 02.09.2018

Ein ungewöhnliches Trio, verbunden durch südamerikanische Wurzeln und eine Leiche

Ein unvergänglicher Sommer
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In New York tobt ein Schneesturm und trotzdem ist Richard, ein allein lebender Professor, mit einer seiner vier Katzen, die anscheinend vergiftet worden ist, auf dem Weg zum Tierarzt. Durch einen vom ihm ...

In New York tobt ein Schneesturm und trotzdem ist Richard, ein allein lebender Professor, mit einer seiner vier Katzen, die anscheinend vergiftet worden ist, auf dem Weg zum Tierarzt. Durch einen vom ihm verursachten kleinen Auffahrunfall trifft er auf Evelyn, einer illegal in den USA lebenden jungen Frau aus Guatemala. Die Polizei zu rufen, ist da natürlich keine Option, zumal das Auto Evelyns Arbeitgeber gehört und im Kofferraum, da liegt eine Leiche. Die junge Frau bittet Richard um Hilfe und dieser wiederum holt Lucia, eine Gastprofessorin aus Chile und derzeit seine im Souterrain wohnende Untermieterin, mit hinein in diese kleine Zweckgemeinschaft; ihr gemeinsames Ziel, den Inhalt des Kofferraums möglichst unauffällig zu entsorgen. Und so machen sich die Drei auf den Weg zu der recht weit entfernten Hütte des Professors, um die Leiche dort in der Umgebung verschwinden zu lassen. Eine recht skurrile Situation und eigentlich sieht alles nach einem etwas schrägen Krimi aus, doch die Autorin ist nun mal Isabel Allende und so ist klar, hier geht es um Menschen und ihr Schicksal, ihr Leben im Jetzt in den USA und ihre bitteren Erinnerungen bzgl. ihres Erlebens in ihren (Heimat)-Ländern in Südamerika. Allende widmet ihren Protagonisten viel Zeit, jedem einzelnen für sich und auch in der jeweiligen Zweierkonstellation zueinander und schickt sie so, mit sehr elegantem und wunderbar kraftvollem Schreibstil, auf einen Weg, der alles verändern wird.
Mich hat das Buch absolut begeistert und ich kann es nur wärmstens empfehlen.