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Veröffentlicht am 11.01.2019

Kann man durchaus lesen, nur ist das Original halt so verdammt gut...

Verschwörung
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Investigativjournalist Mikael Blomkvist wird in aller Öffentlichkeit als ausgebrannt verhöhnt, gleichzeitig ist seine Zeitschrift Millennium in großen Schwierigkeiten: es fehlt der zündende Artikel, von ...


Investigativjournalist Mikael Blomkvist wird in aller Öffentlichkeit als ausgebrannt verhöhnt, gleichzeitig ist seine Zeitschrift Millennium in großen Schwierigkeiten: es fehlt der zündende Artikel, von Mikael kam lange nichts, die Abonnentenzahl sinkt, der zuerst kooperative Investor zieht die Daumenschrauben an. Da bringt ein Anrufer Mikael den Tipp, sich unbedingt mit dem Zahlengenie und Experten für Künstliche Intelligenz Frans Balder zu treffen: dieser habe Unglaubliches zu berichten. Frans Balder hat Angst und sein Haus in eine Festung zu wandeln versucht. Seinen Rechner jedoch wollte er genauer überprüfen lassen und ist so bei Lisbeth Salander gelandet. Bald führen die Ereignisse zu einem kleinen Jungen mit besonderen Begabungen, einem trinksüchtigen Schauspieler, einem Hacker-Angriff auf die NSA, einer verschlüsselten Datei und einer Geheimorganisation, die keine Skrupel kennt.

Dieser Band ist der erste „nach“ Stieg Larsson. Der Investigativjournalist hatte den Sensationserfolg seiner drei erst postum veröffentlichten Kriminalromane (Millenium-Trilogie) nicht mehr miterleben können, nachdem er 2004 plötzlich gestorben war. Geplant waren tatsächlich zehn Bände, einige als Exposé vorliegend, der vierte fast fertig. Der Verlag entschied sich zu einer Fortsetzung, ohne Zustimmung von Larssons Lebensgefährtin, jedoch mit der seiner gesetzlichen Erben, seines Vaters und Bruders. Der Band erschien ohne Verwendung des vorliegendes Entwurfs im Jahr 2015 als "Det som inte dödar oss" (= Was uns nicht umbringt; deutscher Titel: „Verschwörung“ – vergleiche https://de.wikipedia.org/wiki/Stieg_L...

Wie lässt sich das nun lesen beziehungsweise hören? Ich fand, gut. Ich hatte durch Zufälle beziehungsweise durch die völlig sinnbefreiten deutschen Titel alle Bände durcheinander gehört und gelesen (wie soll man aus den Titeln auf den Inhalt schließen?? Die Originaltitel ermöglichen das) und so den fünften Teil vor diesem vierten gehört und den fünften als richtig schlecht gefunden, die „Original-Trilogie“ jedoch als richtig gut. Das hier ist nun nach meiner Meinung recht anständig, verliert nur im Vergleich mit dem besseren Original.

Was ist anders? Es gibt weniger Plot-Twists (gab es eben gerade überhaupt einen?), der bei Larsson deutlich spürbare Feminismus fehlte (wurde aber nicht durch Macho-Tum ersetzt, immerhin), Lisbeth ist irgendwie zahmer, Erika Berger auch, Harriet nur mehr eine Randfigur. Es fehlt dringend der Hinweis auf Product Placement, noch mehr „Samsung Phon“ ging nicht (in Büchern hatte ich das noch nie so heftig). Dafür fehlten die teils etwas betulich wirkenden Beschreibungen der Informationstechnologie der Originale zugunsten etwas besser gewählter Beschreibungen. Ein Teil des Endes behält sich eine Wiederaufnahme vor, was hier auf mich lahm wirkte. Und hat eigentlich jemand verstanden, was die bösen Bösen denn nun wollten, also, was sie damit anzufangen gedachten (vielleicht ja, erinnernd an eine Gedankenspielerei zwischen Lisbeth und Mikael, selbst bald ersetzt werden)? Die Einbeziehung der USA und eines deutschen Reiseziels wirkten auf mich als Versuch von Extra-Streicheleinheiten für treue Leser.

Ich empfehle übrigens die älteren Ausgaben dieses (Hör-) Buchs - die 2018er Ausgabe zur Kinoversion enthält so ein typisches "Achtung, es gibt jetzt einen Film" - Cover. Ich gehöre zu denen, die Bücher einer Serie gerne erkennbar zur Serie gehörig vor sich haben, das Kino-Cover finde ich schlicht lächerlich (in "The Crown hingegen darf mir die Schauspielerin gerne begegnen). Aber das ist sicher Geschmackssache.


Wie gesagt, im Vergleich – ohne den hätte ich hier „sehr anständig“ geschrieben. So hoffe ich eigentlich auf irgendwann eine Einigung der Erben/des Verlags/der Lebensgefährtin zu den Entwürfen….

Fazit: kann man lesen, kann man durchaus lesen/hören. Den nächsten Teil muss man eher nicht lesen…

Grandios ist wie gehabt, wie Dietmar Bär das liest. Er verleiht jeder Person ihre eigene Stimme, ich könnte ihm immer weiter zuhören. 6 Sterne hierfür.

4 Sterne insgesamt.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Das Dreckschwein

Der Mann am Grund
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Tschechien im Hochsommer. Zwei junge Männer finden beim nächtlichen Bad ein Auto am Grund des Sees, darin einen toten Mann. Osvald Zapletal ist Polizist gewesen – da sollte der ermittelnde Kriminalrat ...

Tschechien im Hochsommer. Zwei junge Männer finden beim nächtlichen Bad ein Auto am Grund des Sees, darin einen toten Mann. Osvald Zapletal ist Polizist gewesen – da sollte der ermittelnde Kriminalrat Marián Holina hauptsächlich Kriminelle als Täter vermuten. Doch Zapletal hatte „besondere Methoden“, Leiche, Wohnung und Auto ergeben überraschende Hinweise und somit haben Holina und Neuling Diviŝ Mrŝtík bald mehr Verdächtige und Verdachtsmomente, als ihnen lieb ist.

Dieser klassische Whodunnit ist in Prag und Umgebung angesiedelt, mit dem entsprechenden Lokalkolorit gerade bezüglich des Essens (ich habe selten so viel Appetit auf Knödel in allen Geschmacksrichtungen gehabt wie durch die Begleitung des permanent Hörnchen-bewertenden Holina). Dabei wird auch auf die Nuancen eingegangen, Holina ist gebürtiger Slowake mit einigen ungarischen Vorfahren, der nun einmal in Tschechien arbeitet – somit erfährt der Leser gängige Vorurteile (was mir im Gegensatz zu politisch korrekt überarbeiteten ähnlichen Werken dann vielleicht als „unschön“, aber doch realistisch erscheint). Da werden dann tschechische Wörter und ganze ungarische Sätze unübersetzt eingeworfen – ich hätte mir Fußnoten gewünscht, aber es gibt ja Google.

Mit den Namen tat ich mich überraschend wenig schwer, eher mit der für mich völlig ungewohnten Setzung von Akzenten – und wie spricht man das aus, was für einen Deutschen als gewisser Mangel an Vokalen erscheint?? Die Handlung folgt den Ermittlern bei der Fußarbeit, bei der Zusammenarbeit mit diversen Kollegen (Spurensuche, Obduktion,…), bei der Fall-Diskussion und, für Holina, in Ansätze des Privatlebens. Zwischendurch wechselt die Perspektive zum Umfeld des Toten, wodurch der Leser permanent einen Wissensvorsprung hat. Das lässt sich gut und oft humorig lesen, ist aber vielleicht das einzige Manko des Buches: ich hatte das Gefühl, zu viel zu wissen. Und wer Krimis regelmäßig liest, hat natürlich eine Vorstellung, was Tagebuchauszüge aus Täterperspektive zu bedeuten haben oder vorgesetzte Kapitel aus der Vergangenheit. Hier sind sie vielleicht ein Wink mit etwas zu vielen Zaunpfählen.

Darüber hinaus erprobt der Kriminalrat gerade, sich verliebt zu haben und die Anwendung der Astrologie als Teil der Tat-, Täter- und Opferpsycholgie. Ich kann mit Astrologie eher wenig anfangen, finde aber ihre Passung auf Charaktereigenschaften der verschiedenen Sternzeichen mindestens unterhaltsam, häufig verblüffend (also wirklich die eher groben Astrologie-Zusammenfassungen). Das hier eingesetzte Wissen ist wohl recht in die Tiefe gehend – ich hatte so ein wenig das Gefühl wie bei „Star Trek“, die Delizium-Kristalle in der xy-Matrix sind dingens-giziert: ich verstand nix. Das muss man mögen oder es zügig überlesen, ich bin da etwas gespalten. Der Schreibstil und die Personenzeichung gefielen mir – ansonsten hat mich das Ende unerwartet überrascht hinsichtlich der Tatausführung, während mir der Täter schon etwas früh im Sinn war. Bei den speziellen Methoden bin ich eher unglücklich darüber, dass hier ein System entdeckt wird, wie es ähnlich Männer vom Kaliber Harvey Weinsteins praktizierten – sexuelle Straftaten inklusive. Jeder Ermittler sieht hier nach der x-ten Aufdeckung jedoch nicht zuerst potentielle Opfer in den Frauen aus dem Umfeld, sondern vermutet durchgängig Liebesbeziehungen. Das Männer- und Frauenbild mag ich dann so nicht wirklich – oder soll mir das auch einen Einblick in das moderne Tschechien vermitteln?

Ich würde einen zweiten Band gerne lesen wollen, dabei aber schlicht einen Hauch mehr erwarten. Ansonsten war es schön, mal einen Krimi abseits der üblichen Verdächtigen zu lesen, der den Fokus auf eines der anderen europäischen Länder lenkt.
Verdiente 4 Sterne.



Die Musik zum Buch:

Jazz von Jaroslav Ježek https://www.youtube.com/watch?v=GQn2HHt59sU&start_radio=1&list=RDEMcu3e-Xp2wXj0e83hhAKNpw

Veröffentlicht am 27.11.2018

Trouble Maker - Unruhestifter

Tödliche Wut
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Ich habe diesen Band im Original gelesen "Gone Missing", Band 4 der Reihe.

German text underneath. Deutscher Text unten

Kate Burkholder, Police Chief in Painters Mills, Ohio, is asked to consult in the ...

Ich habe diesen Band im Original gelesen "Gone Missing", Band 4 der Reihe.

German text underneath. Deutscher Text unten

Kate Burkholder, Police Chief in Painters Mills, Ohio, is asked to consult in the case of two missing teenage girls by her love interest, John Tomasetti from the Ohio Bureau of Criminal Identification and Investigation in Cleveland. Both of the cases are believed to be linked as both girls are Amish – and Kate was born and grown up to be Amish but left her family behind along with a lifestyle true to the Bible and without the comfort of modern life. She knows first-hand how the Amish deal with life and with problems, and thus may easily think in their shoes. There might have been a small chance the girls left of their own account, that is, until a pool of blood is found along with one of the girls’ satchel.

This case hits close to home for Kate: not only will she have to work side by side with John, but also will she have to face the disappearance of yet another girl: Sadie, a distant relative. Then a body is discovered and still the investigators remain clueless as to the motive behind of all this.

“Gone Missing” is number 4 in Linda Castillo’s Kate Burkholder – series and my first. I had no problems due to not knowing the other books (instead, I have rather purchased No 5 today, when I ran into it ? It is somewhat between thriller and mystery, you have all of the suspects, but will rather not be able to solve the case by means of clues. The speed is fast often, but in between plain police procedural. Some portion is pretty cruel, but without that gory in-depth description. The reader has the preface as an additional piece of information. Still, I am not 100% conviced about the plausibility of, let’s circumscribe this as, “the extent of criminal action in perspective to the culprit-background” (sorry, I cannot describe this better without spoiling). As I already mentioned, I bought the next in the series already – so, good enough to read. As with the Decker-series by Faye Kellerman where I like the background and additional information on the orthodow Jewish setting, here it is similar, with the Amish setting. 4 stars.


Kate Burkholder, Polizeichefin in Painters Mills, Ohio, wird um ihre Expertise gebeten im Fall zweier verschwundener Teenagerinnen durch ihren Liebhaber John Tomasetti vom Ohio Bureau of Criminal Identification and Investigation in Cleveland. Man hält beide Fälle für zusammenhängend, da beide Mädchen Amish sind - wie es Kate selbst von Geburt an war, bis sie ihre Familie verließ und einen Lebensstil getreu der Bibel und ohne jeglichen Komfort eines modernen Lebens. Sie weiß aus aus erster Hand, wie die Amishen mit dem Leben und mit Problemen umgehen und kann sich leicht in sie hineinversetzen. Es mag eine kleine Chance gegeben haben, dass die Mädchen aus freien Stücken verschwanden, das heißt, bis eine große Blutlache gefunden wird neben der Schultertasche von einem der Mädchen.

Der Fall kommt Kate nahe: nicht nur muss sie Seite an Seite mit John arbeiten, sie wird sich auch dem Verschwinden eines weiteren Mädchens stellen müssen: Sadie, eine entfernte Verwandte. Dann wird eine Leiche gefunden und immer noch haben die Ermittler keine Idee zu dem Motiv hinter allem.

“Gone Missing”/"Tödliche Wut" ist die Nummer 4 in der Kate-Burkholder-Reihe von Linda Castillo und mein erstes davon. Ich konnte mühelos einsteigen (ich habe sogar heute Band Nummer 5 erstanden, als ich zufällig darüber "stolperte" ? Das Buch liegt etwas zwischen Thriller und Krimi, man hat zwar alle Verdächtigen, kann aber eher nicht selbst mit ermitteln. Das Tempo ist oft hoch, dann gibt es wieder reine Polizei-Fußarbeit. Einiges ist recht grausam, aber ohne blutrünstige Detailversessenheit. Der Leser hat durch das Vorwort einen Wissensvorsprung. Ich bin insgesamt nicht 100 % überzeugt von der Plausibilität von, umschreiben wir es als "dem Umfang der Kriminalität bezüglich der Täter-Perspektive" (nein, nicht mehr dazu, sonst wäre das ein Spoiler). Wir bereits erwähnt, es hat ausgereicht, mir den Folgeband zu kaufen. Wie bei der Decker-Serie von Faye Kellerman, wo ich den Hintergrund und die zusätzlichen Information zum jüdisch-orthodoxen Milieu mag, ist das hier ähnlich mit den Amisch. 4 Sterne.

Veröffentlicht am 27.11.2018

Der Fall des verschwundenen Buchhalters

Ein notwendiges Übel
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Ich habe die englischsprachige Original-Ausgabe gelesen, "A Necessary Evil".

The Case of the Missing Accountant (my title was picked as an hommage to the Queen of Crime)

Der Fall des verschwundenen ...

Ich habe die englischsprachige Original-Ausgabe gelesen, "A Necessary Evil".

The Case of the Missing Accountant (my title was picked as an hommage to the Queen of Crime)

Der Fall des verschwundenen Buchhalters (Titel als Hommage an die Queen of Crime). Deutscher Text unten.

June, 1920, Calcutta. If your day includes witnessing that somebody gets murdered, that is probably not one of your best days. This is even more true if you are a member of the Imperial Police Force (that means, be part of the British reign over India) and can neither prevent the evil act from happening nor arrest the assassin. After Captain Sam Wyndham and Sergeant Surendranath “Surrender-not” Banerjee have attended an official ceremony, Wyndham is surprised to learn that his Indian subordinate, good friend, and room mate is actually the friend to a prince, son of the Maharaja of Sambalpore. When Prince Adhir get assassinated with the two policemen just next to him, naturally they wish to solve the case. But right now, the British officials in India try to bring Sambalpore closer under their influence. They do not want to stir just anything while they to set up the “Chamber of Princes” as an Indian House of Lords to suppress talks about Home Rule (India ruled by Indians). So when Wyndham and Banerjee embark on a trip to Sambalpore, they go without backup, beyond their legislation, and, furthermore, into an alien world of political ploys, intrigue, political and commercial negotiations, and shifting allies.

The book is second in a series but could be read on its own, the references to the first case hardly exist (a few “old dislikes” are mentioned but then, so are Wyndham’s experiences in the “Great War”). The references to the general political background are way less then in the first book – this makes it an easier read, but slightly less profitable in turns of learning about Anglo-Indian history. You still get a lot of an understanding about the situation of the Maharajas, the Princes States, the mutual dislike towards mixed relationships, the atmosphere, the British government trying so desperately to keep their influence that they willingly will look the other way if needed. The allusions to Gandhi and the Congress Party make me hope for a next book to cover that topic.

First-person narrator Sam Wyndham takes you directly along. I felt his tone was a bit less Sam-Spade/Marlowe/Bogart-style than in the first book, but still the general tone is laconic at best, often cynical. “It’s a fact of nature that an Englishman abhors sharing his intimate thoughts. It’s why we accepted the Reformation so readily: we find it difficult to confess, even to a priest.” P 265 The mystery unwinds slowly, with lots of weather and nature and protocol and personal issues to keep in mind. I still liked the book, but found this weaker than the first: a bit too much craving, for Annie to care, for the weather and food to become more bearable, for “O”, for a clue, for an appointment with somebody. The case is somewhat the anti-thesis to a Hercule Poirot – crime: lots of speculations, lots of wild shots from Wyndham, lots of action in reaction to his guesses. The frustration is tangible. Probably very apt for the given (political and personal) situation.

It was still above the average, but had some lengths. The actual case felt less in focus than the display of the general situation – that part was fine with me but will probably suit the standard mystery reader less than the reader of history fiction. 4 stars.

Juni 1920, Kalkutta. Falls der Tag einen zum Zeugen eines Mordes macht, ist das wahrscheinlich nicht der beste Tag. Das stimmt um so mehr, wann man ein Mitglied der "Imperial Police Force" ist (somit Teil der Herrschaft der Briten über Indien) und die Tat weder verhindern konnte noch den Attentäter verhaften. Nachdem Captain Sam Wyndham und Sergeant Surendranath “Surrender-not” Banerjee einer offiziellen Zeremonie beigewohnt haben, erfährt der erstaunte Wyndham, dass sein Mitarbeiter, guter Freund und Mitbewohner der Freund eines echten Prinzen ist, und zwar vom Sohn des Maharadschas von Sambalpore. Als nun Prinz Adhir einem Attentat zum Opfer fällt, während die zwei Polizisten genau neben ihm sind, wollen diese naturgemäß den Fall aufklären. Aber gerade eben wollen die britischen Behörden Sambalpore stärker beeinflussen. Sie wollen ganz und gar nichts aufrühren, während sie ein "Oberhaus der Prinzen" einrichten als indischen Pendant zum Oberhaus in Großbritannien, um die indische Unabhängigkeit zu verhindern. So machen sich dann Wyndham und Banerjee auf nach Sambalpore ohne Rückendeckung, außerhalb ihres Hoheitsgebietes und in eine fremde Welt voller politischer Ränke, Intrigen, Verhandlungen um Politik und Handel und wechselnden Verbündeten.

Das Buch ist das zweite einer Serie, aber könnte einzeln gelesen werden, die Rückbezüge sind fast inexistent (einige "alte Abneigungen", aber ähnlich wird auch über Wyndhams Kriegserlebnisse erzählt). Die Bezüge zum generellen politischen Hintergrund gibt es weniger als in Band 1, was das Buch leichter zu lesen macht, aber auch weniger ertragreich im Sinne eines Lernens über die britisch-indische Geschichte. Man bekommt immer noch viel Verständnis über die Situation der Maharadschas, die "Prinzen-Staaten", die beidseitige Abneigung gegen gemischte Beziehungen, die Atmosphäre und wie die britische Regierung so verzweifelt am Machterhalt hängt, dass sie geflissentlich beide Augen zudrückt, wo nötig. Die Anspielungen auf Gandhi und die Kongress-Partei lassen mich auf ein weiteres Buch mit genau diesem Schwerpunkt hoffen.

Ich-Erzähler Sam Wyndham nimmt den Leser direkt mit. Ich empfand seinen Ton etwas weniger im Stil von Sam Spade/Marlowe/Bogart als im ersten Buch, aber immer noch ist er bestenfalls lakonisch, oft zynisch “It’s a fact of nature that an Englishman abhors sharing his intimate thoughts. It’s why we accepted the Reformation so readily: we find it difficult to confess, even to a priest.” P 265 Das Geheimnis entfaltet sich langsam, mit viel zu Wetter und Natur und Etikette und persönlichen Belangen, die mit beachtet werden müssen. Ich mochte das Buch dennoch, aber fand es schwächer als das erste: etwas zu viel Bedürftigkeit, dass Annie etwas empfindet, dass Wetter und Essen erträglicher werden, nach "O", nach einem Anhaltspunkt, nach einem Termin mit jemandem. Der Fall ist irgendwie die Anti-These zu einem Poirot-Fall: viele Spekulationen, viele wilde Behauptungen durch Wyndham, viel Aktion als Reaktion auf seine Vermutungen. Die Frustration wird vermittelt. Vermutlich sehr angemessen bei der gegebenen (politischen und persönlichen) Situation.

Immer noch überdurchschnittlich, aber mit einigen Längen. Der eigentliche Fall war weniger im Fokus als die Darstellung der generellen Situation - das war für mich in Ordnung, aber passt vermutlich weniger für den normalen Krimi-Leser als für den Leser historischer Romane. 4 Sterne

Veröffentlicht am 27.11.2018

To Clear the Innocent - die Unschuldigen entlasten

Tod in den Wolken
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Ich habe die englische Original-Facsimile-Ausgabe ("Nachbildung" der Erstausgabe) gelesen, "Death in the Clouds".

Original Version, 1935. Appeared first in the US earlier in the same year as “Death in ...

Ich habe die englische Original-Facsimile-Ausgabe ("Nachbildung" der Erstausgabe) gelesen, "Death in the Clouds".

Original Version, 1935. Appeared first in the US earlier in the same year as “Death in the Air”. German: "Tod in den Wolken", published 1937, translated by Otto Albrecht van Bebber. My edition is the facsimile one, thus hardcover. Novel number 10 with Poirot, that is, if you do not count short stories or the play novelisation in between; novel number 17 altogether.

Some persons attract crime more than others. When Hercule Poirot goes back to London via plane, it is not on business. That is, until one of the other passengers is found dead. What begins to merely look suspicious due to a tiny item underneath the dead woman’s seat will soon lead to a murder investigation including blowpipes and exotic poisons, but no real clue (yes, even Poirot...). The murderer must have been on the plane – which puts ten passengers (including Poirot) and two stewards to close scrutiny.

I liked the focus in this story: this time, Poirot is one of the suspects – more so to the general public, being a somewhat eccentric looking foreigner. And also do the other passengers experience changes after the crime: while the young hairdresser has more customers out of sheer curiosity, nobody wants to go to a dentist under suspicion (if at all, that is). So Poirot highlights that this investigation is less about finding the murderer, but about clearing the innocent (p 155).

This story starts off as a murder mystery in a confined space aka the plane, goes over to be a courtroom crime, goes over to a lot of footwork and then finalizes with the typical Poirot technique of gathering (almost) all suspects. That was a bit too much for one story to my taste, which apart from this I liked after the somewhat very businesslike start (with lots of who sits where, goes where and when, and what is in the luggage).

Trivia:
Apart from Poirot, Scotland Yard Chief Inspector Japp is one of the investigators.
A fun reference to crime fiction writers is made by Japp concerning one of the passengers with just that strange profession: “I don’t think it’s healthy for a man to be always brooding over crime and detective stories, reading up all sorts of cases. It puts ideas into his head.” P. 81, Chaper 7. The eccentricities of the writer in question really convey the fun Christie must have had writing them!

p. 82 puts the time of the action to the year 1935, the year of publication.
In newer novels, nobody would have been officially allowed to investigate in a case he is involved with.
I liked the service concept: one plane,

References to other Christies:
Chapter 7. p. 80 “I remember a case in which I was concerned – a case of poison, where that very point arose.” (that is the point of a psychological moment) – refers to Three Act Murder.
Chapter 21. p. 197 “In one case I investigated everyone was [lying] !” hints at “Murder on the Orient Express.

Zeitgeist:
P 139 „They disliked loud voices, noisy restaurants and negroes.”
Chapter 13: p. 138 references to somebody as Ikey Andrew who has a Jewish mother, p. 135 has “…whose real name was Andrew Leech and whose claims to foreign nationality consisted of having had a Jewish mother…”.

Given one issue (contains spoiler) I have with the way the murder was committed (which I even think was superfluous to the storyline) plus the plotline style I commented on earlier: 4 stars.