Profilbild von Tintenwelten

Tintenwelten

Lesejury Star
offline

Tintenwelten ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Tintenwelten über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2020

Anders als gedacht, aber nicht weniger gut!

Zwischen dir und der Dunkelheit
0

Sera und ihre Freunde Jo(hanna) und Mark veröffentlichen regelmäßig YouTube-Videos über die Mythen und Sagen Bayerns. Diese sind so beliebt, dass sie die Genehmigung erhalten nachts in der Münchener Frauenkirche ...

Sera und ihre Freunde Jo(hanna) und Mark veröffentlichen regelmäßig YouTube-Videos über die Mythen und Sagen Bayerns. Diese sind so beliebt, dass sie die Genehmigung erhalten nachts in der Münchener Frauenkirche drehen zu dürfen. Als sie sich dem sogenannten Teufelstritt nähern beginnt dieser auf mysteriöse Art und Weise zu glühen und ein unerklärlicher Wind geht durch die Kathedrale. Obwohl sie alles aufgenommen haben, glaubt man ihnen nicht und sie werden als Lügner beschimpft. Das geht vor allem Sera sehr nahe und sie befürchtet schon, sich alles nur eingebildet zu haben. Sie war schon immer feinfühlig und hat mehr wahrgenommen und gesehen als andere. Als sie Nachforschungen anstellt, bietet ihr Lily unerwartet Hilfe an.

Man wird direkt in das Geschehen hineingeworfen und es geht dementsprechend aufregend los. Die Geschichte spielt in der Gegenwart, allerdings erlebt Sera auch immer wieder Visionen, in denen sie in den Körper von Margarete schlüpft, die scheinbar im Mittelalter gelebt hat. Grade diese Zeitsprünge/ Perspektivenwechsel halten die Spannung permanent aufrecht. Nach und nach deckt man zusammen mit der Protagonistin die komplexen Zusammenhänge auf und bringt Klarheit ins Dunkel.

Am Anfang handelt Sera ziemlich impulsiv und naiv. Für meine Begriffe lässt sie sich doch ein bisschen zu überstürzt auf ihr völlig fremde Personen ein. Grade wenn man bedenkt, was sie mit denen eigentlich geplant hat, standen mir die Haare zu Berge. Im Verlauf macht sie aber eine ziemlich große Veränderung durch, die mir sehr gut gefallen hat.

Leider bleiben ihre besten Freunde Jo und Mark eher ein wenig im Hintergrund, schade, denn ich mochte die beiden. Mehr im Vordergrund steht Elias, den sie durch Lily kennenlernt. Als sie ihn das erste Mal trifft, scheint es ihr als habe sie ihn schonmal gesehen. Er ist geheimnisvoll und wirkt ständig abwesend.

Interessant fand ich auch die Bezüge zu realen Plätzen in und um München. Den Teufelstritt gibt es tatsächlich, ebenso wie die Sagen, die hier im Buch aufgegriffen werden.

Die Thematik des Buches ist ganz anders als ich erwartet habe, deshalb aber nicht weniger gut. Religion und Glaube spielen eine große Rolle, Gut und Böse, Gott, Engel sowie der Teufel und seine Dämonen. Das ist etwas, worüber ich in dem Umfang bisher noch nichts in einem Jugendbuch gelesen habe. Es war mal was neues, man muss es aber mögen und/ oder sich dafür interessieren. Für mich ist es absolut lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.10.2020

Sehr atmosphärische Geistergeschichte, leider (nicht grundlos) mit enttäuschendem Ende

Mitternacht
0

Es gibt einen Ort in den Nebeln, der von Geistern bevölkert ist. Sie führen dort zuzusagen ein zweites Leben nach dem Tod und handeln mit Alpträumen und Geschichten. Der junge Autor Nicholas übertritt ...

Es gibt einen Ort in den Nebeln, der von Geistern bevölkert ist. Sie führen dort zuzusagen ein zweites Leben nach dem Tod und handeln mit Alpträumen und Geschichten. Der junge Autor Nicholas übertritt durch einen Zufall die Grenze zwischen dieser und unserer Welt und wird dabei in Machtkämpfe und Intrigen hineingezogen.

Zwei Aspekte sind hier besonders hervorzuheben: die tollen und liebenswerten, aber manchmal auch ein wenig verschrobenen Charaktere sowie der sehr bildhafte und detaillierte Schreibstil. Ich mochte vor allem Chesterton, der Nicholas unter seine Fittiche nimmt. Szenen mit ihm haben mir immer ein Schmunzeln auf die Lippen gezaubert. Auch der sogenannte Findelgeist Agatha ist sehr interessant. Sie weiß nicht wirklich, wer sie eigentlich ist, weil sie keinerlei Erinnerung an ihr Leben hat. Aber natürlich war mir auch Nicholas selber sympathisch, auch wenn er ab und zu ein bisschen naiv und unüberlegt handelt.

Mich hat die Story mit ihrem metaphorischen Schreibstil und der düsteren, leicht gruseligen Atmosphäre sofort in ihren Bann gezogen. Wer gerne Geistergeschichten liest, dem wird auch dieses Buch gefallen.

Leider kam das Ende allerdings unerwartet zackig daher. Die letzten Seiten unterscheiden sich vom Rest des Buches wie Tag und Nacht: deutlich kürzere und „abgehacktere“, ja schon fast eher zusammenfassende Kapitel und dementsprechend auch ein völlig anders anmutender Schreibstil. Zuerst war ich etwas enttäuscht, vor allem weil ich auf Anhieb auch nicht alles verstanden habe. Dann habe ich das Nachwort des Autors gelesen. Die Erklärung ist leider traurig und tragisch: 2018 erlitt Christoph Marzi einen schweren Schlaganfall. „Mitternacht“ hat er deshalb nur unter großen Anstrengungen beenden können. Er hat meinen vollen Respekt, dass er es trotzdem geschafft hat die Geschichte von Nicholas, Agatha und Chesterton für uns Leser und wahrscheinlich besonders auch für sich selbst abzuschließen.

Übrigens ist im Nachwort auch die Rede von einem möglichen Folgeband. Vielleicht wird das Ende dort nochmal neu aufgerollt? Zu wünschen wäre es diesem ansonsten überaus überzeugenden Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2020

Tagsüber unscheinbare Studentin, nachts schillernde Tänzerin

Hiding Hurricanes
0

Lenny führt ein Doppelleben: tagsüber studiert sie an der Fletcher University, verhüllt ihren Körper mit schlabbriger Kleidung, ist eher mürrisch und abweisend. Nachts hingegen verdreht sie den Männern ...

Lenny führt ein Doppelleben: tagsüber studiert sie an der Fletcher University, verhüllt ihren Körper mit schlabbriger Kleidung, ist eher mürrisch und abweisend. Nachts hingegen verdreht sie den Männern als maskierte Tänzerin „Daisy“ in einem Edel-Stripclub den Kopf. Seit Jahren ist sie in ihren besten Freund Creed verliebt. Blöd nur, dass der sich jetzt ausgerechnet in Daisy verguckt.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der beiden Protagonisten erzählt, die man bereits aus den Vorgänger-Bänden kennt (die man unabhängig voneinander lesen kann). Ich war mega gespannt auf dieses Buch, weil ich die Charaktere dort gerne mochte und sie mich so neugierig auf sich gemacht hatten. Im Nachhinein muss ich sagen, dass die beiden es wirklich meisterhaft verstehen sich selber im Weg zu stehen.

Für mich war es faszinierend zu sehen, wie gut und schnell Lenny es geschafft hat sich in Daisy und wieder zurück zu verwandeln. Daisy führt das Leben, das sie sich immer erträumt hat und besitzt Charakterzüge, die sie selber gerne hätte. Sie ist selbstbewusst, schlagfertig, lebt ihre größte Leidenschaft - das Tanzen - aus und wird dafür gefeiert. Denn ohne all das ist sie eben „nur“ Lenny. Und diese schafft es nicht die Aufmerksamkeit von Creed auf sich zu ziehen, denn für den ist sie nur eine Art Kumpel. Als er dann plötzlich immer wieder im „Dolly House“ auftaucht und ihr Alter Ego anhimmelt, gerät ihre Welt ins Wanken. Schließlich will sie ihm nah sein, aber eben als sie selbst.

Creed auf der anderen Seite ist genauso sympathisch wie eh und je. Er tut einem schon fast ein bisschen Leid, wie er von Lenny (unbeabsichtigt) an der Nase herumgeführt wird. Als Leser ist man den beiden natürlich deutlich voraus, man weiß also wie ihre Gefühlswelt aussieht und was in der Vergangenheit passiert ist. Das macht das Ganze irgendwie noch dramatischer und manchmal auch etwas anstrengend, weil die beiden vor lauter Bäumen den Wald einfach nicht sehen.

Die Themen Tanzen, Showtanz und Striptease wurden interessant umgesetzt. Es wirkt nie „billig“, sondern zeigt eher wieviel Training, Arbeit und Leidenschaft dahinter steckt. Auch der Zusammenhalt unter den Mädchen war schön zu sehen, besonders zu erwähnen ist hier ihre Kollegin und Freundin Gigi. Allerdings zeigt sich natürlich auch teilweise Eifersucht und Missgunst. Es wird außerdem erwähnt, dass Lenny Glück hat im „Dolly House“ gelandet zu sein, weil es ein gehobeneres Etablissement ist, der Chef die Mädchen gut behandelt und auf sie Acht gibt. Das ist dementsprechend leider nicht immer der Fall.

Tami Fischer hat mich mit „Hiding Hurricanes“ wieder in ihren Bann gezogen und ich bin gespannt auf weitere Geschichten der Fletcher University.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2020

Faszinierende und düstere Traumwelt

Aus Asche & Nacht
0

Noelle wird seit dem Tod ihrer Mutter von schrecklichen Albträumen heimgesucht. Nach jahrelangen Qualen und der ständigen Angst davor die Augen zu schließen und einzuschlafen, ist sie an ihrem 18. Geburtstag ...

Noelle wird seit dem Tod ihrer Mutter von schrecklichen Albträumen heimgesucht. Nach jahrelangen Qualen und der ständigen Angst davor die Augen zu schließen und einzuschlafen, ist sie an ihrem 18. Geburtstag kurz davor aufzugeben. Doch dann trifft sie auf Nate, der mysteriös, geheimnisvoll und unnahbar ist. Allerdings behauptet er ihr helfen zu können. Da sie ansonsten niemanden hat, dem sie sich anvertrauen kann, legt sie ihre ganze Hoffnung in ihn.

Mich hat diese Traumthematik sehr interessiert und direkt in ihren Bann gezogen, weil ich selber immer wieder ziemlich krasse Albträume habe. Die Art und Weise wie das Ganze umgesetzt und schließlich aufgelöst wurde, hat mich ebenfalls überzeugen können. Sabrina Milazzo hat in „Aus Asche & das Nacht“ eine teilweise düstere und bedrohliche Traumwelt erschaffen, die auf der anderen Seite aber auch wunderschön sein kann. Sie selber und ihre Besucher unterliegen bestimmten Regeln, die es unbedingt einzuhalten gilt. Ansonsten kann dies fatale Folgen haben.

Für mich ist es völlig unverständlich wie Noelle diesen Schlafmangel und die Panik vor den nächtlichen Ereignissen so lange durchhalten konnte. Sie macht im Verlauf auf jeden Fall eine riesige Entwicklung durch, die ich sehr mochte. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihr fühlen. Generell waren mir die Charaktere sehr sympathisch. Obwohl Nate anfangs doch eher arrogant und überheblich wirkte, merkt man schnell, dass da noch mehr dahinter steckt.

Die Geschichte erschreckt, überrascht und bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Vor allem Noelle ist eine starke und mutige Protagonisten, mit der man gerne mitfiebert. Lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2020

Nicht nur für junge Leser, sondern wird auch ältere Fantasy-Fans begeistern

Milo und das Geheimnis von Polyrica
0

Milo ist Außenseiter und wird ständig schikaniert und gemobbt. Deshalb flüchtet er sich gerne in Filme, Videospiele oder Bücher. Wer hat sich nicht schon vorgestellt, wie es wäre in seine liebste Geschichte ...

Milo ist Außenseiter und wird ständig schikaniert und gemobbt. Deshalb flüchtet er sich gerne in Filme, Videospiele oder Bücher. Wer hat sich nicht schon vorgestellt, wie es wäre in seine liebste Geschichte einzutauchen und Einfluss darauf nehmen zu können? Für Milo wird dieser Traum Wirklichkeit. Er hat sogar eine Art Mission, er soll nämlich ein schreckliches Ereignis verhindern. Doch welche Folgen hat sein Eingreifen auf Personen und Handlung?

Die Idee finde ich ganz großartig. Als "Experte" für die Werke seines Lieblingsautors hat er im Gegensatz zu den anderen Charakteren, die wir in Polyrica treffen, natürlich einige Vorteile. Er besitzt einfach mehr Wissen über deren eigene Welt. Daher muss er auch besonders umsichtig vorgehen, um ihnen nicht zu viel zu verraten und damit unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen .

Er findet sich also in einer mittelalterlichen Welt wieder, die aber auch von Magie geprägt ist. So leben dort beispielsweise chimärenartige Wesen, die allerdings einen sehr schlechten Ruf haben und für einige Todesfälle verantwortlich gemacht werden. Politik spielt ebenso eine Rolle, denn die Wahl für den Hafenvorsteher steht an. Die Stadt unterscheidet arme und reiche Bürger und gliedert sich in die Viertel der verschiedenen Berufsstände. Natürlich geht dort nicht immer alles gerecht zu und Milo beteiligt sich daran, dass es der Unterschicht irgendwann besser geht.

Es ist schön zu beobachten wie unser Protagonist endlich Anschluss und Freunde findet. Wenn er seine Mission erfüllen kann, wird er sogar zum Helden seiner eigenen Lieblingsgeschichte werden. Beides etwas, das in der realen Welt bisher nicht möglich war. Endlich tut er Dinge, die er selber möchte und die ihm selber wichtig sind. Ansonsten lässt er sich nämlich ständig von seinem Vater unter Druck setzen, was ihn auf Dauer ziemlich unglücklich gemacht hat. Dementsprechend geht es in der Geschichte also nicht nur darum seinen eigenen Weg zu gehen, sondern auch um Freundschaft, Zusammenhalt und die Verarbeitung von Mobbing. Sein Wunsch ist es einfach "normal" zu sein und irgendwo dazuzugehören. Zudem spielt auch die erste Liebe eine Rolle, was wirklich süß war.

Für mich kam die Auflösung, was einen bestimmten Umstand angeht, nicht überraschend. Dennoch hält Nicolas Mueller einige spannende Wendungen für den Leser bereit. Auch die Charaktere sind interessant und vielschichtig. Die Welt ist phantasievoll ausgearbeitet und hat mir wirklich gut gefallen. Der Schreibstil ist locker und leicht zu lesen, wie man es von Jugendbüchern gewöhnt ist. Doch "Milo und das Geheimnis von Polyrica" ist nicht nur etwas für junge Leser, sondern wird auch ältere Fantasy-Fans begeistern.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere