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Veröffentlicht am 20.12.2017

Echte Fründe ston zesamme,....

Sterbenswort
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so heißt es in meiner Heimatstadt Köln: wahre Freunde halten zusammen, stehn füreinander. Das haben auch die WG-Kollegen, die Studenten Kathrin, Heinrich, Erik und Amélie sowie der ständige Besucher ...



so heißt es in meiner Heimatstadt Köln: wahre Freunde halten zusammen, stehn füreinander. Das haben auch die WG-Kollegen, die Studenten Kathrin, Heinrich, Erik und Amélie sowie der ständige Besucher und gemeinsame Freund Thomas so gehandhabt - bis zu einem fürchterlichen Tag, dem Todestag von Erik, nach dem nichts mehr so wie vorher war.

Langsam, peu a peu wird die Geschichte beleuchtet und erschließt sich uns, des geneigten Lesern dieses packenden Krimis, ganz allmählich, zeitlich gesehen sowohl vor- als auch rückwärts - ein meisterhaftes Konstrukt des Autors..

Doch zunächst zur gegenwärtigen Situation: Kathrin ist nun Ärztin und Mutter einer kleinen Tochter - alleinerziehend zwar, sieht sie sich trotzdem auf der Sonnenseite des Lebens und ist mit ihrem Dasein ausgesprochen zufrieden. Auch der Jurist Heinrich hat es gut getroffen, indem er sich quasi ins gemachte Nest gesetzt und die bestens laufende Kanzlei seines Vaters übernommen hat, eine blutjunge Ehefrau und ein Haufen Geld "an den Füßen" runden sein Leben ab. Amélie und Thomas dagegen haben es bei weitem nicht so gut getroffen, doch das erfahren die ehemaligen Freunde erst, als Erik, der doch seit mehr als zehn Jahren tot ist, sich wieder zurückmeldet. Kann das sein? Vor allem Kathrin und Heinrich empfangen Signale der unterschiedlichsten Art, die ganz klar als Bedrohung zu verstehen sind und sich immer mehr verdichten, doch auch die beiden anderen geraten mehr und mehr ins Kreuzfeuer von Erik oder jemandem, der sich für ihn ausgibt. Stehen die Freunde immer noch zusammen, vereinen sie sich in dieser Notlage?

Siegfried Langers Schreibstil ist reduziert und zurickhalten und dadurch umso sprachgewaltiger. Bis ins Mark trifft er den Leser mit jedem Schritt, den er sowohl vor- als auch zurückgeht, mit jedem neuen Detail, das sich uns erschließt. Ein eher unblutiger Berliner Krimi bzw. Thriller - aus meiner Sicht beinhaltet das Werk Elemente beider Genres und kann - ja, sollte - von Freunden des klassischen Whodunnit genauso wie von Thrillerfans genossen werden. Obwohl der Handlungsaufbau eher subtil ist, ist das Buch von einer Spannung durchzogen, die sich sukzessive steigert und verdichtet. Ich finde, dieses Buch sollte Krimi- und Thrillerfreunden, die des Deutschen nicht mächtig sind, nicht vorenthalten werden - es schreit geradezu nach Übersetzungen in die wichtigsten Sprachen Europas! Ich kann nur Daumen drücken und hoffen, dass meinen Freunde und Thriller-Liebhabern in Skandinavien, im angelsächsischen Raum und in Osteuropa dieses Werk nicht vorenthalten bleibt - gerade den Skandinaviern, die ja mit einer nicht unwesentlichen Menge an ausgezeichneter Kriminalliteratur aufwarten können, würde ich das "Sterbenswort" gerne als ein Juwel aus deutscher Feder präsentieren!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Eine Leiche im Herzen von Wien

Die Tote vom Naschmarkt
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Inmitten des Naschmarkts, einer der großen Touristenattraktionen Wiens, findet sich die Leiche der jungen, hübschen Studentin Monika.

Die ebenfalls junge Redakteurin des "Wiener Boten", Sarah Pauli, ...



Inmitten des Naschmarkts, einer der großen Touristenattraktionen Wiens, findet sich die Leiche der jungen, hübschen Studentin Monika.

Die ebenfalls junge Redakteurin des "Wiener Boten", Sarah Pauli, unter anderem zuständig für eine Kolumne zum Volksglauben und selbst hoffnungslos abergläubisch, erhält ein Paket mit drei Fingern zugeschickt - es zeigt sich, dass diese der Toten abgetrennt wurden...

Monika hat kurz vor ihrer Ermordung - denn schnell wird deutlich, dass sie so zu Tode kam - in einem Prozess einem der Vergewaltigung Angeklagten ein Alibi gegeben, auf dessen Grundlage er völlig unerwartet freigesprochen wurde. Die Anwälte beider Parteien, das Vergewaltigungsopfer, die Mitarbeiter und Gäste der Bar - sie alle spielen eine Rolle in diesem Kriminalfall. Doch welche?

Sarah ist neugierig und beginnt zu ermitteln, dabei ist sie jedoch nicht die Einzige, die neben der Polizei in die Ermittlungen eingreift: Birgit Pohn, die ebenso loyale wie leichtsinnige Freundin der Ermordeten, will ebenfalls wissen, was es mit dem Tode ihrer Freundin auf sich hat.

Brutal geht es los, doch eher gemächlich entwickelt sich die Geschichte weiter.... teilweise wird es gar zu gemütlich und die Story droht im Kleinkrieg verschiedener Beteiligter oder auch im äußerst aktiven Innenleben der Protagonistin Sarah Pauli, das hier wie auch im Vorgänger-Band "Tödliches Rendezvous" nicht zu kurz kommt, stecken zu bleiben.

Doch zum Ende wird es es wieder spannend und der Fall wird mit einer recht überraschenden Wendung abgeschlossen.

Insgesamt ein netter Krimi, in dem auch das Wiener Lokalkolorit nicht zu kurz kommt! Ich jedenfalls habe ihn trotz der kleinen Abstriche gern gelesen und freue mich schon auf den nächsten Fall, mit dem es die Journalistin Sarah Pauli zu tun bekommt!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Alte Geschichten...

Erleuchtung (Ein Karen-Stark-und-Paul-Bremer-Krimi 8)
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...beziehungsweise eine Geschichte, deren Fäden in Peru und in Deutschland, in der Vergangenheit - den "wilden" 60ern, den "ökomäßigen" 80ern - und der Gegenwart zusammenlaufen, steht im Mittelpunkt von ...

...beziehungsweise eine Geschichte, deren Fäden in Peru und in Deutschland, in der Vergangenheit - den "wilden" 60ern, den "ökomäßigen" 80ern - und der Gegenwart zusammenlaufen, steht im Mittelpunkt von Anne Chaplets neuem Kriminalroman.

Kommissar Giorgio DeLange trifft bei einer Dienstreise in Peru auf eine alte Geschichte, in der der ihm bekannte Karl-Heinz Neumann auftaucht... diese Geschichte hat mit viel Blut und Gewalt und mit großen Verlusten und nicht zuletzt mit der Terrororganisation "Leuchtender Pfad" zu tun. Karl-Heinz Neumann, einer der Player, begegnet ihm schließlich Monate später in der mondänen Umgebung des Maskenballs in der Alten Frankfurter Oper - von Seiten Neumanns ist diese Begegnung mehr als ungewollt, doch was steckt dahinter? Woher kennen sich die beiden, was sind die Hintergründe?

Wild geht es zu in der "Erleuchtung", wild und wirr - einerseits ist durchaus eine gewisse Spannung vorhanden, die sich durch die gesamte Geschichte zieht, doch zu wirr werden die Entwicklungen teilweise für meinen Geschmack, zu sehr springt die Handlung zwischen Hessen und Peru und verschiedenen Figuren hin und her.

Anne Chaplet schreibt fesselnd, literarisch anspruchsvoll und mit großer Kenntnis der internationalen Zeitgeschichte, daher ist auch ihr neues Werk auf sprachlicher Ebene ein Genuss und setzt sich wohltuend von der Masse deutscher Krimis ab. Doch leider vermag der Plot diesmal nicht Schritt zu halten mit den schriftstellerischen Fähigkeiten der Autorin, gerade zum Ende hin, wo doch eigentlich aufgelöst werden sollte, im letzten Drittel gibt es leider von allem - abgesehen von einer klaren Struktur und Auflösung - ein bisschen zu viel.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Das Leben und die Liebe gehen zuweilen seltsame Wege.

Als die Liebe zu Elise kam
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In "Als die Liebe zu Elise kam", dem neuen Roman von Natasha Solomons, sind die Windungen des Lebens von viel Trauer und Tragik überschattet., gerät doch die Titelheldin Elise 1938 als jüdischer Flüchtling ...



In "Als die Liebe zu Elise kam", dem neuen Roman von Natasha Solomons, sind die Windungen des Lebens von viel Trauer und Tragik überschattet., gerät doch die Titelheldin Elise 1938 als jüdischer Flüchtling aus Wien nach Südengland und muss dort, statt wie bisher ein behütetes Leben als höhere Tochter aus einem Intellektuellen- und Künstlerhaushalt zu führen, ihre Brötchen als Dienstmagd verdienen. Hier hat sie zwar einen steinigen Beginn, stößt aber von Anfang an auf das Verständnis des unkonventionellen und toleranten Hausherren und verliebt sich alsbald in den vielumschwärmten Sohn des Hauses, der - o Wunder - der in Wien als hässliches Entlein geltenden Elise ebenfalls Gefühle entgegenbringt. Zunächst bleibt also Elise in England trotz einiger Anfangsschwierigkeiten in einem sicheren Kokon, beschützt von Menschen, denen sie vertrauen kann, doch dann holt der Krieg sie in vollem Umfang ein und eine tragische Koinzidenz jagd die nächste... tja, und so wird aus Elise Landau Alice Land.

Alice im Wunderland? Nein, sicher nicht. Dieses Buch zeigt gar trefflich, wie es gelingt, trotz vieler trauriger Ereignisse seinen Platz zu finden und ein erfülltes Leben zu führen, das auch glückliche Phasen beinhaltet.

Fern von Kitsch und Sentimentalität baut die Autorin ihre Story auf, mit einer Leichtigkeit, die den Leser das Buch kaum aus der legen lässt. Hinter dem gefälligen, zuweilen gar humorvollen Erzählstil stecken eine große Tiefe, eine breit gefächerte Symbolik und die vielen Gedanken, die sich die Autorin bei der Entstehung ihres Buches gemacht hat. -

Eigentlich strotzt dieses Buch nur so vor Tragik: Tyneford ist ein tragischer Ort, Elises/Alices Biographie mit einer ganzen Reihe von Tragödien verbunden. Aber auch in den schlimmsten Zeiten bleibt die Liebe bei ihr und gibt ihr Zuversicht.

Die Welt braucht solche Bücher - Bücher , die Hoffnung und Wärme transportieren und so werde ich dieses Buch mit Sicherheit häufiger als Mutmacher oder einfach zum darin Schwelgen verschenken. Trotzdem bin ich nicht uneingeschränkt begeistert - das große Talent der Autorin für die Darstellung des Atmosphärischen geht einher mit einer Schwäche bei thematischen Übergängen. Zäsuren - in diesem Buch meist tragische, manchmal jedoch auch erfreuliche Ereignisse, sind aus meiner Sicht nicht scharf genug gezeichnet.

Doch das größte Manko hat nichts mit der Autorin, sondern mit dem Übersetzer zu tun, der sich meiner Ansicht nach nur halbherzig seiner Arbeit gewidmet hat - zu kraftlos sind viele Formulierungen, vor allem die Episoden, in denen Elises anfänglich stümperhaftes Englisch dargestellt werden soll. Für die Zukunft wünsche ich dieser jungen, vielversprechenden Autorin einen der wirklich guten Übersetzer englischer Literatur wie Bernhard Robben oder Patricia Klobusiczky, dann wird sie sicher auch hierzulande noch mehr begeistern können.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Eine Schülerin bringt sich um

Das Lied vom Tun und Lassen
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Die Reaktionen und das Leben an der Schule und drumherum, vorher und vor allem nachher, werden aus drei Perspektiven geschildert: vom Musik- ud Englischlehrer Immanuel Mauss, einem verwitweten Idealisten, ...

Die Reaktionen und das Leben an der Schule und drumherum, vorher und vor allem nachher, werden aus drei Perspektiven geschildert: vom Musik- ud Englischlehrer Immanuel Mauss, einem verwitweten Idealisten, der mit seinen Schülern auf Du und Du ist und wirklich versucht, auf sie einzugehen - sowohl im Alltag, als auch bei besonderen Ereignissen, wie der von ihm angebotenen Radtour durch Nordengland. Mauss ist einfühlsam, versucht zu verstehen, hadert mit seinem eigenen Schicksal und dem von anderen

Vom noch recht jungen Schulinspektor Johannes Engler, der sozusagen die Außensicht hineinbringt: er besucht die Schule erst nach dem traurigen Ereignis und ist damit empirisch gesehen am ehesten auf Augenhöhe mit dem Leser. Er ist für vieles offen, wirkt noch recht unfertig - auch die Inspektion ist quasi nur ein Zwischenjob. Obwohl er bereits Vater ist und die Dreißig schon lange überschritten hat, ist er noch nicht im Erwachsenenleben angekommen

Und von Clarissa, der Mitschülerin der Toten: obwohl sie keine Freundin war, nimmt der Verlust quasi ihr ganzes Leben ein, durchdringt Träume, Gedanken wie auch die Realität.

Ein tolles Thema, ein spannendes Buch - so schien es mir. Ein passendes Titelbild, eine vom Autor liebevoll gestaltete Website, auf der die im Buch vorkommenden, von den Schülern geschriebenen Liedtexte musisch umgesetzt wurden.

Doch ach, ich tat mich unendlich schwer, in dieses Buch reinzukommen und am Ball zu bleiben.Der Autor kann schreiben, sicher: jeder der drei Teile trägt seinen eigenen Stempel, transportiert der Charakter der erzählenden Person. Was also fehlt: für mich ist die Geschichte viel zu wenig packend, ich bin nicht hineingekommen, sondern habe bis zum Ende auf Erkenntnisse, den Clou, auf ein oder mehrere I-Tüpfelchen gewartet - kurzum, ich habe mich gelangweilt. Aus meiner Sicht konnte dieses Buch nicht mit anderen Romanen zum Thema Schule, bspw. "Der Hals der Giraffe" von Judith Schalansky oder "Schweigeminute" von Siegfried Lenz, in dem es auch um einen Todesfall geht, mithalten. Ob es daran liegt, dass Jan Böttcher nicht faszinieren vermag? Ich weiss es nicht. Vielleicht fehlt mir nur ganz einfach der Zugang zu seinen Gedanken und seinem Stil!