Eine Reise ganz, ganz weit in den Norden Europas
Insel der blauen Gletschernämlich nach Spitzbergen macht der Leser dieses opulenten Romans - und noch viel mehr! Was dahintersteckt? Nun, die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen - zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in der Gegenwart.
So ...
nämlich nach Spitzbergen macht der Leser dieses opulenten Romans - und noch viel mehr! Was dahintersteckt? Nun, die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen - zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in der Gegenwart.
So gibt es gleich zwei Protagonistinnen: die junge Emilie, die wir 1907 im heimatlichen Elberfeld, heute Wuppertal antreffen, wo die Tochter eines Industriellen von einem interessanteren, abenteuerlicheren Leben träumt und schließlich tatsächlich als Teilnehmerin einer Gruppe von Forschern in Norwegen landet - allerdings muss sie dafür in die Rolle ihres jüngeren Bruders Max schlüpfen.
Auf der anderen Seite steht Hanna, die 2013 in Bayern von einem Tag auf den anderen vor den Trümmern ihres Ehelebens steht: ihr Mann Thorsten, mit dem sie zwei erwachsene Kinder hat, hat sie aus heiterem Himmel verlassen und sich mit einer jungen Gespielin auf eine einjährige Segeltour begeben. Auch sie zieht es nach Norwegen: sie entschließt sich, in ihren früheren Beruf als Reisereporterin zurückzukehren und nimmt einen Auftrag für einen Bericht über Spitzbergen an.
Der Leser wird pausenlos mit Sprüngen zwischen Gegenwart und Vergangenheit konfrontiert - die Kapitel beleuchten abwechselnd die Geschicke von Hanna in den 2010ern und die von Emilie im Jahr 1907. Ein Wechsel, der durchaus gelungen ist. Vor allem über die Umstände, aber auch über den Zeitgeist, der vor dem 1. Weltkrieg herrschte, erfährt man so einiges. Auch der Kontrast der damaligen Strukturen und Einschränkungen für Frauen in Deutschland zur vergleichsweisen Freiheit eines männlichen &
34;Forscherlebens&
34; ist wirklich sehr gut, bildhaft und einfühlsam dargestellt.Der Roman hätte aus meiner Sicht gut ein paar Figuren weniger haben können, um sich mehr auf die wirklich Wichtigen und deren Geschichten zu konzentrieren. Auch sonst fand ich, dass die Prioritäten an manchen Stellen ungünstig gesetzt waren. Für mich war der Teil um Emilie mit großem Abstand der interessantere, auf den ich mich aufgrund der wunderbar recherchierten, atmosphärisch geschilderten Details aus früheren Zeiten immer sehr gefreut habe. Hanna mit ihrem plötzlich - hier sprechen wir von einigen wenigen Tagen - erfolgten kompletten Lebenswandel hat mich eher irritiert. Zudem hätte mich das Schicksal und die Entwicklung einiger Figuren - Emilies fortschrittliche Tante Fanny und ihr Bruder Max, mit dem sie zeitweise die Identität tauschte, waren hier sehr vielversprechend - vor allem 1907 interessiert, dies wurde ein wenig unter den Tisch gekehrt.
Insgesamt aber ein packender und mitreißender Roman mit viel Herz, der Freunden und vor allem Freundinnen langer Schmökerabende herzlich zu empfehlen ist!