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Veröffentlicht am 19.07.2018

Zwillingsdamen unterwegs in den Norden

Meerjungfrauen morden besser
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Das ist hier durchaus im handfesten Sinne gemeint. Konny und Kriemhild sind nämlich Zwillingsschwestern, aber so zweieiig, wie man nur sein kann: während die ausladende großbusige Konny, die nie verheiratet ...

Das ist hier durchaus im handfesten Sinne gemeint. Konny und Kriemhild sind nämlich Zwillingsschwestern, aber so zweieiig, wie man nur sein kann: während die ausladende großbusige Konny, die nie verheiratet war, allen Genüssen des Lebens gegenüber offen ist, ist ihre Schwester, Krimhild, die hagere Witwe des Kommodore (nach der Lektüre wissen Sie Genaueres über ihn), der eher griesgrämige Typ (um es mal beschönigend auszudrücken). Und das hat sich im Laufe der Jahre nicht geändert: Im besten Alter, nämlich Ü60, sind die Heldinnen dieses bereits zweiten Bandes der neuen Reihe von Tatjana Kruse: die Journalistin Konny und Krimhild, von Beruf Witwe. Wobei beide gemeinsam einen Zweitberuf teilen, sie betreiben nämlich eine Pension. Die gleich zu Beginn dieses Falles zu Schutt und Asche geschlagen wird - von drei wirklich wiederlichen Typen, die behaupten, sie seien dem Schatz des Kommodore auf der Spur und ihnen stünde ein Anteil zu! Das lassen Konny und Krimhild sich natürlich nicht zweimal sagen und düsen gleich in Richtung Hamburg - dorthin weist nämlich die Spur!

Wer die Autorin Tatjana Kruse kennt, der weiß, dass sie sogenannte Cosy-Krimis schreibt, Krimis der eher beschaulichen Art. Bisher jedenfalls. Die beiden Schwestern und die Fälle, in die sie stets stolpern bringen nämlich eine ziemlich blutige Note in die ganze Sache! Folglich sollte man beim Lesen aufpassen, nämlich vor allem darauf, dass man vor Lachen nicht vom Sofa rutscht, an Originalität und Humor ist die Autorin nämlich nicht zu übertreffen. Und zwar trotz etlicher Leichen, die den Weg der Schwestern und damit auch des Lesers kreuzen.

Nach dem schwäbischen, schon in Rente befindlichen Kommissar Siggi Seifferheld und der zwar noch mit beiden Beinen im Berufsleben stehenden, aber auch nicht mehr superjungen Opernsängerin Pauline Miller nun also zweieiige Zwillingsschwestern, die in einem geerbten Haus eine Pension eingerichtet haben, die allerdings im aktuellen Band aus oben geschilderten Grund nur eine Nebenrolle spielt.

Nach dem Start in diese Reihe mit "Der Gärtner war's" ist Tatjana Kruse wieder ein toller, unterhaltsamer Krimi mit jeder Menge Alleinstellungsmerkmalen gelungen, wie wir es von ihr nicht anders kennen. Konny, Krimhild und ihre wechselnden Mitstreiter beiderlei Geschlechts sind einfach nicht zu toppen! Ich bin wieder begeistert und freue mich auf ihr nächstes Abenteuer, wen auch immer es diesmal treffen wird. Obwohl schon im besten Alter, wünsche ich den Zwillingsdamen noch ein mehr als langes Leben - in hoffentlich zahlreichen Bänden dieser wunderbaren Serie!

Veröffentlicht am 14.07.2018

Rosie, oh Rosie

Der Rosie-Effekt
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ich hoffe, Dein Papa sagt ja! sang Thomas Fritsch in den 1960ern in der Schweiz und ich - noch im tiefsten Kindergartenalter - tanzte hingebungsvoll um den Wohnzimmertisch.

Jetzt reagiere ich ähnlich ...

ich hoffe, Dein Papa sagt ja! sang Thomas Fritsch in den 1960ern in der Schweiz und ich - noch im tiefsten Kindergartenalter - tanzte hingebungsvoll um den Wohnzimmertisch.

Jetzt reagiere ich ähnlich hingebungsvoll auf meine aktuelle Lektüre: Wir befinden uns im New York der Gegenwart und die Rosie, die Don Tillman begehrt hat, hat schon längst "Ja" gesagt - sie leben immerhin in einer Zeit - nämlich der heutigen, in der die Dame das selbst tut (Siehe "Das Rosie-Projekt").

Nein, wir sind eine ganze Stufe weiter: Don ist mit seiner Rosie über den großen Teich gezogen - von Melbourne nach New York - sie promoviert, er arbeitet an der Uni. Alles könnte so friedlich sein, da kündigt sich schon das nächste gemeinsame Projekt an, das in neun Monaten abgeschlossen sein wird - mit oder ohne weiteres Dazutun von Don. Doch Don wäre nicht Don, würde er sich der Materie des Vaterwerdens nicht auf seine ganz besondere, ungemein gründliche Art nähern und seine Umwelt - und insbesondere natürlich Rosie - immer wieder in Bedrängnis, aber auch in Schwung bringen. Seine noch so junge Ehe gerät in Gefahr - ist sie noch zu kitten?

Der originellste Unterhaltungsroman, den ich seit langem gelesen habe, hat eine Fortsetzung: und diese steht Teil 1 in nichts nach! Der Autor Graeme Simsion versteht es derart wortgewandt, warmherzig und humorvoll aus der Sicht seines Helden, des autistischen Wissenschaftlers Don Tillman zu erzählen, das man nicht genug davon bekommen kann. So viele originelle Ideen und liebenswerte Charaktere hat man selten in einem einzigen Buch versammelt. Auch ein Don Tillman hat nämlich Freunde - und was für welche! Da gibt es den Weiberhelden Gene, seinen Kollegen und Rosies Doktorvater, das New Yorker Pärchen Dean und Sonia ... und einen neuen Freund: Dons Vermieter George, seines Zeichens Schlagzeuger bei den "Dead Kings" und das seit über 40 Jahren - er bringt auf seine very britishe Art frischen Wind in die Handlung.

Wer was ganz Neues lesen, wer lachen, weinen, fassungslos den Kopf schütteln und das Buch erst aus der Hand legen will, wenn wirklich die allerletzte Zeile gelesen wurde - der sollte dieses wunderbare Buch lesen. Ein Gute-Laune-Buch der besonderen Art zum Verschenken, aber vor allem zum Selberlesen!

Veröffentlicht am 11.07.2018

Mit Menschen leben

Die Farben meines Herzens
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Das ist für uns alle ganz natürlich, denn der Mensch ist nicht gern allein. Jedenfalls nicht dauerhaft. Normalerweise ist es so. Warum also lebt Filomena, eine junge, aktive Frau, zurückgezogen in der ...

Das ist für uns alle ganz natürlich, denn der Mensch ist nicht gern allein. Jedenfalls nicht dauerhaft. Normalerweise ist es so. Warum also lebt Filomena, eine junge, aktive Frau, zurückgezogen in der Südtiroler Bergwelt? In einem ganz besonderen Gebäude, inmitten eines wunderschönen Gartens, aber eben vollkommen allein? Sie wirkt doch so normal, ja, zeitweise sogar sprühend vor Leben!

Forstwirt Mika begegnet ihr im Rahmen eines Dienstleistungsauftrags und ist sofort fasziniert von der ebenso schönen wie charismatischen Frau.

Wozu dann diese Menschen um sie herum, die sie schützen, die quasi einen Ring ums sie bilden? Dazu gehört die unweit lebende Familie Gasser, besonders deren Seniorin Meggi, eine sehr intensive, ja teilweise offensive und ausgesprochen lebenslustig scheinende Person. Und ein Geistlicher, der immer mal wieder auftaucht. Sehr geheimnisvoll, das alles.

Mika bleibt am Ball und lernt Filomena Schritt für Schritt näher kennen und verliebt sich in diese ganz besondere Frau. Doch immer wieder gibt es Rückschläge, die junge Frau leidet an Platzangst. Das kann aber doch nicht alles sein - er selbst ist , obwohl ja als Forstwirt unterwegs, auch mit einer Phobie geschlagen, nämlich mit der Höhenangst. Das kann doch wohl nicht alles sein!

Sehr, sehr langsam, ja schrittweise lernt er Filomena näher kennen, lässt sie sich mehr und mehr auf ihn ein, vertraut ihm, soweit möglich. Diesem hünenhaften Mann, der ihr so sehr entgegenkommt, die Hand reicht, wie sonst keiner! Und dann kommt es aufgrund der unterschiedlichen Interpretation einer Situation, eines Sachverhalts doch zu einem Bruch.

Noa C. Walker beschreibt das Südtiroler Setting in einer eindringlichen, farbenfrohen, prallen Darstellung, so das ich als Leserin beinahe neidisch wurde auf die Lebensbedingungen von Filomena - aber eben nur fast. Denn das Päckchen, das sie auf ihrem Lebensweg tragen muss, ist keins. Es ist vielmehr ein riesiges Paket, so groß, dass es sie zu erdrücken droht, ohne dass ihr jemand helfen könnte. Dass es im Leben immer einen Weg gibt, der weiterführt und bei dem nicht nur die Liebe und die Wertschätzung anderer Menschen, sondern auch die Kraft, die man durch die Liebe Gottes (wie immer man diesen auch nennen mag) erfährt, eine tragende Rolle spielen - das lernt nicht nur Filomena, sondern auch Mika.

Ein schönes und kluges Buch, bei dem es wie immer bei Noa C. Walker um Menschlichkeit in ihren unterschiedlichen Facetten geht, vor allem ums Vertrauen, aber auch um das Wertschätzen dessen, was - und vor allem auch wen - man um sich hat. Ein warmherziges, stimmiges Buch mit kraftvollen Elementen und wunderschönen Naturerlebnissen.

Wer etwas für den Geist, für die Seele sucht, wer in der Stimmung für etwas besonders Stimmungsvolles ist und keine Angst davor hat, auch mal eine Träne zu verdrücken, der wird von diesem Buch, von seiner Warmherzigkeit und Kraft, sicher nicht enttäuscht sein! Ich jedenfalls empfehle es von ganzem Herzen!

Veröffentlicht am 04.06.2018

Drei Generationen von Frauen unter einem Dach

Der Mut zur Freiheit
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Eine dramatische und bewegende Familiengeschichte schildert die Autorin Katja Maybach in ihrem Roman "Der Mut zur Freiht" und taucht dabei tief ein in die Geschichte Spaniens unter General Franco. Konkret ...

Eine dramatische und bewegende Familiengeschichte schildert die Autorin Katja Maybach in ihrem Roman "Der Mut zur Freiht" und taucht dabei tief ein in die Geschichte Spaniens unter General Franco. Konkret geht es um das Jahr 1947.

Thematisiert wird - wie eigentlich immer in Katja Maybachs Romanen - vor allem das Leben der Frauen in dieser schweren Zeit der Diktatur, die mit dem zweiten Weltkrieg nicht endete, sondern im Gegenteil noch gestärkt wurde. Im Mittelpunkt stehen diesmal drei Generationen einer Familie: Wäschereibesitzerin Margarita, die gezwungenermaßen in Madrid einen Neuanfang starten musste und sich zu einer wohlhabenden Frau hochgearbeitet hat, ihre Tochter Valentina, ausgebildete Fotografin, jetzt jedoch für die Regierung tätig und deren Tochter Olivia, die bereits in jungen Jahren der neue Star am Flamenco-Himmel von Madrid, nein, von ganz Spanien ist. Sie teilen sich ein Haus, quasi eine Festung der Frauen, denn keine von ihnen lebt mit einem Mann zusammen. Doch das bedeutet nicht, dass es in dem Leben dieser drei Frauen keine Männer gibt.

Ein Konzept, das nicht neu ist bei Katja Maybach, doch der historische und auch dramatische Kontext ist wie jedesmal vollkommen unterschiedlich zu den Gegebenheiten der vorherigen Romane und wird wie immer eindringlich geschildert.Wie immer bei Katja Maybach - und das mag ich ganz besonders gern - sind es die Frauen, denen eine ganz besondere Rolle und Relevanz zukommt.

Katja Maybach ist eine Autorin, auf die man sich verlassen kann, sowohl hinsichtlich der historischen Einbettung als auch der Erzählkunst, die so gekonnt ist, dass es schwer ist, die Lektüre vor dem eigentlichen Ende zu unterbrechen. Was ich noch an den Romanen von Katja Maybach schätze: ihre Protagonisten sind keineswegs durchgehend Sympathieträger. Im vorliegenden Buch fiel es mir bis zum Schluss schwer, Verständnis für einige Handlungen ganz besonders der Tochter bzw. Enkelin Olivia zu entwickeln, was aber meiner Lesebegeisterung keinen Abbruch tat.

Hier weicht die Autorin ein wenig von ihren Gepflogenheitenab. Auch diesmal steht sie wie so oft nicht unbedingt für ein überraschendes Ende. Doch anders als sonst hält sie auf dem Weg dorthin eine ganze Menge von überraschenden Wendungen und Einschüben für den Leser parat.


Alles in allem macht dieses Buch große Lust auf weitere Roman von Katja Maybach, soweit man diese noch nicht alle verschlungen hat. Ich habe das Gefühl, ich treffe eine langjährige (beste) Freundin im neuen Kleid oder mit einer neuen Frisur! All das Vertraute, was ich an der Autorin Maybach so gerne mag, ist komplett vorhanden, doch es fehlt auch nicht an Neuem, Besonderem, womit ich mich bei einem neuen Buch gerne überraschen lasse.

Das vorliegende ist wärmstens zu empfehlen für jeden, der gerne mal einen hochwertigen, ausgezeichnet recherchierten historischen Roman liest und beim sich beim Lesen nicht nur in vergangene Zeiten, sondern auch in fremde Länder entführen lässt. Ein sehr dichtes, kluges, anschauliches und spannungsreiches Buch, das eher die weibliche Leserschaft adressiert, doch aufgrund der atmosphärischen Schilderung und der vorzüglichen Rechercheleistung auch dem ein oder anderen historisch interessierten Herren - sofern er einer süffigen Erzählweise mit romantischen Elementen nicht abgeneigt ist - eine interessante Lektüre bescheren könnte. Ich jedenfalls habe das Buch über die mutigen und kraftvollen Frauen im Madrid der 1940er Jahre erst nach der letzten Seite aus der Hand legen können. Ich fühle mich sowohl bewegt als auch in vielerlei Hinsicht bereichert und fiebere schon dem nächsten Maybach-Roman entgegen!

Veröffentlicht am 27.05.2018

Weiblichkeit über drei Generationen hinweg

Die Frauen von Long Island
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indet sich urplötzlich in einem gemeinsamen Haushalt versammelt und zwar völlig unverhofft. Denn Maggie und ihre kleine Tochter Lucy sind nicht verwandt mit Edith, die bereits in dem schönen Haus in den ...

indet sich urplötzlich in einem gemeinsamen Haushalt versammelt und zwar völlig unverhofft. Denn Maggie und ihre kleine Tochter Lucy sind nicht verwandt mit Edith, die bereits in dem schönen Haus in den Hamptons lebt und über die neuen Mitbewohner zunächst gar nicht freut. Dabei sind die zunächst am Zuge, denn Maggie hat das Haus von Ediths Tochter Liza, einer ehemaligen Freundin geerbt, allerdings unter der Bedingung, dass sie sich um deren demente Mutter - nämlich ebenjene Edith - kümmert, die bis zu ihrem Lebensende das Wohnrecht dort genießt. Wohl oder übel müssen sich die drei weiblichen Wesen zusammenraufen, wobei sie gottseidank von Esther, Ediths Jugendfreundin, eskortiert werden.

Ein warmherziger und sensibler, aber nicht zu gefühlvoller Roman, in dem die Protagonistinnen durchaus realistisch und auch einfühlsam dargestellt werden. Themen wie Krankheit, Verlust, Ehrlichkeit und Zusammenhalt werden hier ungeschönt, aber umso realitätsnäher thematisiert. Gerade dadurch empfinde ich die Handlung als ausgesprochen glaubwürdig.

Mir gefällt besonders die Botschaft, dass eine Familie nicht unbedingt blutsverwandt sein muss, es reicht das entsprechende Selbstverständnis und ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Bereitschaft, füreinander einzustehen. Dass sich beides nicht von heute auf morgen entwickeln kann, sondern im Gegenteil als sensibles Pflänzchen daherkommt, das gehegt und gepflegt werden muss und man immer wieder mit Rückschlägen - auch unerwarteten - rechnen muss, macht die Autorin Zoe Fishman immer wieder deutlich.

Vor allem aber wird deutlich, dass man von denen am meisten überrascht werden kann, die man am besten zu kennen glaube, nicht zuletzt - aber nicht nur - von sich selbst. Obwohl es eher ein ruhiger und leiser Roman ist, ereignen sich immer wieder überraschende Entwicklungen, die die Lektüre zu einem besonderen und ungewöhnlichen Erlebnis machen, das ich nicht so schnell vergessen werde.

Die Autorin schreibt ebenso eindringlich wie süffig, was auch in der Übersetzung von Annette Hahn nachzuvollziehen ist. Das Einzige, was mich gestört hat, war die Babysprache, in der die Äußerungen der zweieinhalbjährigen Lucy transportiert wurden.

Alles in allem ein herzlicher und unterhaltsamer Roman, der viel zu schnell ausgelesen ist und den ich all denen empfehle, die - bspw. für eine Bahnfahrt oder einen Urlaub - eine Lektüre benötigen, in der sie versinken können. Und aus der sie sich erst wieder lösen können, nachdem sie am Ende angelangt sind.