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Veröffentlicht am 26.04.2024

Wenn Träume zu Albträumen werden

Supermarkt
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In seinem Debütroman erzählt der brasilianische Autor José Falero wie aus dem Traum, „viel Geld zu machen“ ein veritabler Albtraum wird.

Die beiden jungen Männer Pedro und Marques arbeiten in einem Supermarkt ...

In seinem Debütroman erzählt der brasilianische Autor José Falero wie aus dem Traum, „viel Geld zu machen“ ein veritabler Albtraum wird.

Die beiden jungen Männer Pedro und Marques arbeiten in einem Supermarkt in den rauen Favelas von Porto Alegre und träumen davon, ihr Leben zu verbessern. Dass dies nicht ausschließlich durch der Hände Arbeit geschehen kann, ist von vornherein klar. Die Gewinnmargen sind lediglich beim Rauschgifthandel recht hoch. Doch der Handel mit harten Drogen ist bereits durch diverse Gangs besetzt, so dass nur der Verkauf von Marihuana übrigbleibt. Der Coup gelingt und fast unbemerkt von den anderen Dealern und der Polizei bauen sie ein florierendes Unternehmen auf, das ihnen zunächst ihre Träume erfüllt.

"Das Problem ist, der Lebensstandard, den wir jetzt haben, der ist für Leute wie uns nicht vorgesehen, Wir haben gegen die Spielregeln verstoßen."

Dann aber, mit steigenden Umsätzen, kippt die Euphorie über das Erreichte und eine depressive Stimmung greift um sich. Statt Witz und Charme hält nach und nach Gewalt Einzug in ihre Geschäfte. Man unterscheidet sich kaum mehr von den anderen Gangs. Die Spirale der Gewalt dreht sich immer schneller und mündet in einem dramatischen Finale.

Meine Meinung:

José Falero beschreibt das Leben in einem der Elendsvierteln Brasilien eindringlich. Kaum jemand hat die Möglichkeit der Armut und Kleinkriminalität zu entfliehen. Der Autor weiß, worüber er schreibt, ist er doch selbst in Porto Alegre aufgewachsen.

Pedro und Marques philosophieren wie einst Karl Marx & Co. über ungleich verteilten Vermögen und die Ungerechtigkeit, dass Reiche auf Kosten der Armen immer reicher werden. Diese philosophischen Diskurse zu Beginn des Romans geben einen guten Einblick, dass Pedro und Marques unter anderen Lebensbedingungen ganz andere Laufbahnen einschlagen hätten können. Allerdings hemmen diese sozialkritischen Betrachtungen den Fortgang der Geschichte ein wenig.

Die Sprache ist dem Milieu angepasst - einfach, schroff und testosterongesteuert.

Der Roman kann in die Reihe der modernen Arbeiterliteratur, in der es oft um die prekären Arbeitsverhältnisse, die kaum zum Leben reichen, eingeordnet werden. Er greift auch die Bedrohung, die das gewaltsame Streben nach gesellschaftlichen Aufstieg mit sich bringt, auf. Wie weit darf oder soll man gehen, um für sich und seine Familie ein besseres Leben zu schaffen?

Fazit:

Diesem Roman, der erzählt, wie aus einem Traum schnell ein Albtraum werden kann, gebe ich gerne 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2024

gerne gelesen

Das Café ohne Namen
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Robert Seethaler nimmt uns in seinem Buch mit in das Wien des Jahres 1966. Der Gelegenheitsarbeiter Robert Simon erfüllt sich den Traum vom eigenen Café als er eine heruntergekommene Kaschemme am Wiener ...

Robert Seethaler nimmt uns in seinem Buch mit in das Wien des Jahres 1966. Der Gelegenheitsarbeiter Robert Simon erfüllt sich den Traum vom eigenen Café als er eine heruntergekommene Kaschemme am Wiener Karmelitermarkt pachtet.

Wenig später lernt er Mila kennen, die bei ihm als Aushilfe arbeiten wird. Eine Liebesbeziehung wird sich während der zehn Jahre, die das Café besteht, zwischen den beiden nicht entspinnen. Mit zahlreichen guten Ideen kann sich das Café rund zehn Jahre behaupten bis der Hauseigentümer den Pachtvertrag kündigt, weil die Liegenschaft verkauft werden muss.

Meine Meinung:

Wie schon in den anderen Romanen sind laute Töne Robert Seethalers Sache nicht. Er beschreibt die Menschen, die dieses Café für sich entdecken in berührenden Worten. Neben erfüllten Träumen lernen wir auch falsche Hoffnungen und bittere Momente jener Personen kennen, die in diesem Café einkehren. Durch die häufig wechselnden Gäste entsteht Abwechslung. Einige Stammgäste tauchen auch in regelmäßigen Abständen wieder auf. Es gibt hitzige Debatten, die sich unter dem Einfluss des Alkohols aufschaukeln und manchmal fliegen auch die Fäuste.

In seiner schnörkellosen, aber poetisch anmutenden Sprache entführt uns Robert Seethaler in eine Epoche, die ich als Kind mit erlebt habe. Das Gebiet rund um den Karmelitermarkt ist mir gut vertraut, habe ich doch fast 25 Jahre in der Nähe gewohnt, bin ums eine Eck in die Schule (Kleine Sperlgasse) gegangen und habe mehr als 40 Jahre ums andere Eck (Schiffamtsgasse) gearbeitet.

Ich habe Die Entwicklung des Karmelitermarktes und seiner Umgebung vom schmuddeligen, fast vergessenen Viertel, zur schicken Wohngegend miterlebt. Heute gibt es fast mehr Restaurants als Marktstände dort. Das Café ohne Namen hat möglicherweise zwei reale Vorbilder, die nach wie vor existieren. Eines davon war mehrfache Filmkulisse.

Fazit:

Ich habe dieses Buch gerne gelesen und gebe diesen Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit 5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Ein leicht zu lesender hist. Roman

Die Hofreiterin – Der Traum von Freiheit
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Die Spanische Hofreitschule mit ihren anachronistisch wirkenden, aber publikumswirksamen Darbietungen der Lippizaner bietet sich förmlich als Kulisse für diesen historischen Roman an, der 1898 in Wien ...

Die Spanische Hofreitschule mit ihren anachronistisch wirkenden, aber publikumswirksamen Darbietungen der Lippizaner bietet sich förmlich als Kulisse für diesen historischen Roman an, der 1898 in Wien spielt.

Worum geht’s?

Das Gestüt, das Julienne Rehberger gemeinsam mit ihren Zwillingen Irma und Anton führt, ist in schweren finanziellen Schwierigkeiten. Als dann noch Anton bei einem Unfall ums Lebens kommt, muss Novio, ein Lipizzanerhengst, an die Spanische Hofreitschule verkauft werden. Da sich Irma, die den Hengst seit seiner Geburt kennt und ihm einige der komplizierten Figuren beigebracht hat, nicht von Novio trennen will, schmiedet sie heimlich einen gewagten Plan. Sie will als Mann verkleidet, in der berühmten Reitschule als Eleve aufgenommen werden.

Zunächst scheint alles gut zu gehen, auch wenn sie als unbedarftes Landei in der Großstadt Wien ein wenig verloren wirkt. Als Konrad trifft sie auf Mizzi Kaspar, ehemalige Geliebte von Kronprinz Rudolph, die recht bald hinter ihr Geheimnis kommt.

Auch in der Spanischen Hofreitschule erfüllen sich Konrads Erwartungen, auch wenn der Tag mit harter Arbeit angefüllt ist und nicht jeder der Eleven, Konrad leiden kann. Vor allem der aufgeblasene Felix von Korthy sieht auf den nichtadeligen Konrad herab. Ausbildner Stefan Gowalka hingegen ist von seinem neuen Eleven, der mit seinem Pferd eins zu sein scheint, begeistert.

Dann kommt es, wie es kommen muss, Konrad wird als Irma entlarvt und muss die Reitschule verlassen. Aber sie ist nicht die einzige, die ein Geheimnis mit sich herumträgt ...

Meine Meinung:

Dieser historische Roman lässt sich sehr gut lesen. Er verbindet gleich mehrere Themen. Da ist zum einen die gesellschaftliche Stellung von Frauen, die lediglich als hübscher Aufputz ihrer Männer gelten, die Töchter werden als Heiratgut gesehen, das möglichst gewinnbringend an den Mann gebracht werden muss. Die gesellschaftliche Ächtung von Frauen, die ohne Ehemann Kinder bekommen wie Julienne. Wer der unbekannte Vater der Zwillinge ist, habe ich sofort herausgefunden. Das schwungvolle „R“ als Unterschrift auf den Briefen ist eindeutig. Die Verkleidung als Mann ist ein beliebtes Sujet, wirkt aber nicht immer authentisch. Aber das macht nichts, denn die Leser wissen ja was los ist und die anderen Figuren des Romans sehen nur das, was sie sehen wollen (oder sollen). Dabei ist es spannend zu lesen, dass Konrad für seine Reitkünste gelobt und teilweise bewundert wird, aber als die Tarnung auffliegt, diese nichts mehr wert sind. Ein bisschen Liebesgeschichte darf auch sein.

Der Schreibstil von Martina Sahler, die hinter dem Pseudonym Franziska Stadler steckt, ist locker und flüssig, so dass das Buch recht schnell gelesen werden kann. Die Autorin hat viel Zeit in die Recherche gesteckt. Historische Personen wie Kaiserin Elisabeth, die kurz nach ihrem Besuch in der Hofreitschule in Genf ermordet wird, oder eben Mizzi Kaspar sind gut eingebunden.

Die auf uns heute anachronistisch wirkenden Darbietungen der weißen Pferde gelten als Touristenattraktion und fast jeder Staatsbesuch darf sich an der Hohen Schule der Reitkunst erfreuen. Jahrhunderte lang war die Spanische Hofreitschule eine ausdrückliche Männerbastion. Erst im Jahr 2008 wurden die ersten jungen Frauen als Elevinnen aufgenommen.

Wie es mit Irma und Novio weitergehen wird, erfahren wir in Teil zwei, der im Herbst 2024 erscheinen wird.

Fazit:

Ein leicht zu lesender historischer Roman rund um die berühmten weißen Hengste der Spanischen Hofreitschule. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Interessantes zum Salz

SALZ MACHT KULTUR
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Das Autoren-Duo Wilma Pfeiffer und Walter Stelzle geht der Geschichte von 3.000 Jahren Salzgewinnung zwischen Bad Reichenhall (D) und Bad Ischl (Ö) nach.

In den drei großen Abschnitten erfahren wir Wissenswertes ...

Das Autoren-Duo Wilma Pfeiffer und Walter Stelzle geht der Geschichte von 3.000 Jahren Salzgewinnung zwischen Bad Reichenhall (D) und Bad Ischl (Ö) nach.

In den drei großen Abschnitten erfahren wir Wissenswertes über das Salz an sich, seinen Abbau und die politische wie wirtschaftliche Bedeutung des „Weißen Goldes“ für die Region(en):

Salz und Wissen
Macht und Wege
Kultur und Geschichte

Es ist kein Zufall, dass der Titel mehrdeutig gelesen werden kann. Zum einen als drei gleichrangige Nomen SALZ. MACHT. KULTUR in Versalien geschrieben oder zum anderen als eigenständiger Satz „Salz macht Kultur.“ Ohne Salz kein Geld, ohne Geld ka Musi (sprich Kultur). Davon leben zahlreiche Fremdenverkehrsorte ob als Kurort oder „Europäische Kulturstädte 2024“. Nicht immer zur Freude der Einheimischen, aber wenn es in der Kassa klingelt, sieht man über diese Unbill häufig hinweg.

Wir dürfen den Autoren auf ihrer mit Anekdoten und Geschichten rund ums Salz gespickten Kulturreise folgen und erfahren dabei viel Wissenswertes, das vielleicht auch bereits bekannt ist.

Zahlreiche Abbildungen sowie Ausflugstipps ergänzen diese Spurensuche nach dem „Weißen Gold“ von dem schon Cassiodor (485-580 n. Chr,) gesagt hat

„Auf Gold kann man verzichten, nicht aber auf das Salz.“

Fazit:

Ein gelungener Streifzug durch 3.000 Jahre Salzgewinnung rund um Inn und Salzach, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 23.04.2024

Fesselnd bis zur letzten Seite

Evas Rache
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In seinem unwiderruflich (?) letzten Fall für Kriminalinspektor Paul Stainer zieht Autor Thomas Ziebula erneut alle Register.

Im Leipzig des Jahres 1922 werden Kriminalinspektor Paul Stainer und Siegfried ...

In seinem unwiderruflich (?) letzten Fall für Kriminalinspektor Paul Stainer zieht Autor Thomas Ziebula erneut alle Register.

Im Leipzig des Jahres 1922 werden Kriminalinspektor Paul Stainer und Siegfried Junghans zur Leiche einer blonden Frau gerufen. Es ist der dritte Frauenmord innerhalb kurzer Zeit. Die Zeitungen schreiben bereits von der „Bestie von Leipzig“. Da die Leipziger Technik-Messe kurz bevorsteht, ist Eile geboten, den Täter zu fangen. Dieses Mal stehen die Chancen nicht schlecht, denn der, durch einen Messerstich verletzte, Freund der Toten kann den Täter beschreiben.

In weiteren Handlungssträngen bereitet sich der Münchener Erfinder Prof. Armin Dorn darauf seine neueste Erfindung in Leipzig vorzustellen. Eine Gruppe Spione will eben diese Neuheit in ihre Finger bekommen. Und dann ist da noch Eva-Maria Dorn, die ihren Mann unbedingt auf die Leipziger Technik-Messe begleiten will und deren Leben hier eine unvorhergesehene Wendung nehmen wird.

Soweit die Gemengelage dieses vierten Bandes.

Meine Meinung:

Wie wir es von Thomas Ziebula gewöhnt sind, sind die Charaktere sehr gut herausgearbeitet, die sich auch entwickeln dürfen. Gerade diese persönlichen Veränderungen sorgen im Laufe der Handlung für so manche Überraschung und unerwartete Wendungen.

Der Schreibstil besticht durch geschliffene Dialoge, die der jeweiligen Situation bzw. Personengruppe angepasst sind und straight durch die Handlung führen. Dazu tragen auch die von Eva Dorn geschriebenen Briefe, die man als Einschub lesen kann, bei.

Die Differenzen, die Paul Stainer mit seinem Kollegen Kurt Heinze hat, werden nicht weniger. Bei den Ermittlungen kommt heraus, dass Heinze Gründungsmitglied einer der zahlreichen Ortsgruppen der (aktuell verbotenen) NSDAP ist und seine Verbindungen mehrmals nutzt, um Stainer anzuschwärzen und letztlich auszubooten.

Wie beschreibt das der Polizeidirektor so schön:

„...Doch Kopf hoch, Stainer – nur Männer ohne Profil haben keine Feinde...“

Die politischen Ereignisse wie die Morde an Matthias Erzberger, Philipp Scheidemann und Walther Rathenau durch Mitglieder der Organisation Consul sowie die ersten Anzeichen der Inflation, werden sehr gut in die Handlung eingebunden.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Krimi, der einen runden Abschluss rund um die Karriere des Kriminalinspektors Paul Stainer bildet, 5 Sterne und Leseempfehlung für die ganze Reihe.