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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2018

Eine ewig Unangepasste

Mit Vivienne Westwood an der Nähmaschine
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Die Kurzbiografie gehört zu der Reihe „Die Bibliothek der Wagemutigen“ aus der Feder von Gernot Uhl.

Der Autor setzt hier einer schillernden Persönlichkeit der Modewelt ein Denkmal: Vivienne Westwood.

Die ...

Die Kurzbiografie gehört zu der Reihe „Die Bibliothek der Wagemutigen“ aus der Feder von Gernot Uhl.

Der Autor setzt hier einer schillernden Persönlichkeit der Modewelt ein Denkmal: Vivienne Westwood.

Die 1941 geborene Engländerin gilt ja als Enfant Terrible der Modewelt. Genauso wie sie dem bürgerlichen Leben widersetzt, so stellt sie die Haute Couture in Frage. Sie polarisiert noch heute.
Mehrmals steht sie vor der Pleite, weil profane Buchhaltung nicht das Ihre ist. Sie ist der kreative Kopf. Alles andere ist lästig. Interessant ist, dass sie trotz aller Tiefschläge den Mut hat, weiterzumachen. Manchmal kommt ihr der Zufall zu Hilfe. Erst in späteren Jahren ist sie anerkannt.

Ich finde sie einfach schräg. Konvention? Das ist ein Fremdwort für sie.

Veröffentlicht am 30.09.2018

Mehr als ein Streifzug durch ein Leben

Spaziergang durch die Jahrzehnte
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Journalist Herbert Lackner stellt Heinz Fischer Fragen, die den roten Faden durch die Jahrzehnte der österreichischen Geschichte bilden. Heinz Fischer beantwortet diese manchmal auch mit einem Augenzwinkern. ...

Journalist Herbert Lackner stellt Heinz Fischer Fragen, die den roten Faden durch die Jahrzehnte der österreichischen Geschichte bilden. Heinz Fischer beantwortet diese manchmal auch mit einem Augenzwinkern.

Zwischendurch kommen Weggefährten aus anderen Parteien wie Heide Schmidt oder Wolfgang Schüssel zu Wort. Schüssel macht seinem Ruf als „Schweigekanzler“ alle Ehre und gibt nur eine wenig aussagekräftige Wortspende ab.

In diesem Buch kommt die Freude Heinz Fischers deutlich zum Ausdruck mit der er seine Ämter (u.a. Wissenschaftsminister, Erster und Zweiter Nationalratspräsident und eben Bundespräsident) er- und ausgefüllt hat.

Fischer bleibt immer am Boden der Realität, ist naturverbunden und räumt ein, dass er manches aus heutiger Sicht anders formuliert hätte. Er ist reflektiert und durchaus selbstkritisch. Ein schöner Zug, der vielen Politikern heutzutage fehlt.

Als Heinz Fischer 2004 zum Bundespräsidenten gewählt wurde, stellte er gleich das Protokoll und die Sicherheitsmannschaft vor einige Probleme, da er in seiner Wohnung im achten Bezirk wohnen bleiben wollte.

Mir hat dieser Streifzug durch die Jahrzehnte sehr gut gefallen, ist er ja ein Teil meiner Lebensgeschichte. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.09.2018

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Kommissar von St. Pauli (Alfred-Weber-Krimi 3)
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Kommissar Alfred Weber von der Politischen Polizei findet sich im März 1931 in einem Netz von Intrigen wieder. Sein Privatleben wird in diversen Schmähschriften öffentlich gemacht. Was wirft man ihm vor? ...

Kommissar Alfred Weber von der Politischen Polizei findet sich im März 1931 in einem Netz von Intrigen wieder. Sein Privatleben wird in diversen Schmähschriften öffentlich gemacht. Was wirft man ihm vor? Dass er geschieden ist und mit Johanna, einer Arbeiterin, liiert ist? Wer ist dafür verantwortlich? Kollege Pohl, der dem rechten Spektrum zuzurechnen ist und einen jüdischen Vorgesetzten niederschießt? Die Gangster von St. Pauli, denen Weber mehrfach auf die Zehen getreten ist? Und was hat die Serie mysteriöser Todesfälle auf der Hamburger Hochbahn damit zu tun? Wer desavouiert die Polizei? Kommunisten oder Nazis?
Denn trotz des Verbotes marschieren die Leute der SA und liefern sich mit Kommunisten und Sozialisten Straßenschlachten.
Alfred Weber weiß nicht mehr, wem er trauen kann. Auch sein direkter Vorgesetzter scheint vom neuen politischen Wind infiziert zu sein. Wer deckt Pohl, der immer wieder entwischen kann?

Meine Meinung:

Dies ist der dritte Krimi rund um den Hamburger Kommissar Alfred Weber. Er reiht sich nahtlos in die Serie der Kriminalromane der Zwischenkriegszeit wie Volker Kutschers „Gedeon Rath“ in Berlin oder Andreas P. Pittlers „David Bronstein“ in Wien ein. Allerdings führt Robert Brack nicht die feine, subtile Feder, sondern zeigt die grobe Seite der Medaille. Die langsam aber stete Unterwanderung von Militär, Polizei und Gericht lasst mich schaudern. Alfred Weber sind die Kommunisten zu radikal. Daher will er mit ihnen so wenig wie möglich zu tun haben. Das ist genau das Dilemma, warum den Nationalsozialisten so wenig Widerstand geleistet wurde. Die Angst vor ähnlichen Zuständen wie in der Sowjetunion.

Fazit:

Ein Krimi, der mit dem Wissen von heute noch beängstigender wirkt. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.09.2018

Herrlich schräg - beste Krimiunterhaltung

Der letzte Sterz
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Welch ein Sakrileg! Der Erzherzog Johann ist im weststeirischen Stainz vom Sockel gestürzt worden. Also, natürlich nicht er persönlich, sondern seine Statue. An deren Stelle ist eine recht eigenwillige ...

Welch ein Sakrileg! Der Erzherzog Johann ist im weststeirischen Stainz vom Sockel gestürzt worden. Also, natürlich nicht er persönlich, sondern seine Statue. An deren Stelle ist eine recht eigenwillige Skulptur errichtet worden. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das „Kunstwerk“ als einbetonierte Leiche.

Im Zuge eines Amtshilfeverfahrens müssen die Wiener Kriminalbeamten Hawelka und Schierhuber in das winterliche Stainz reisen, um den Fall zu lösen. Doch weder ist die örtliche Bevölkerung noch die steirische Polizei erbaut darüber, dass „Fremde“ die Idylle stören. Entsprechend frostig sind nicht nur die Außentemperaturen sondern auch die Gesprächsbasis. Man lässt sich ungern in die lokalpolitischen Karten schauen und trachtet danach, die eigenen Interessen vor den neugierigen Fragen der Wiener Polizisten zu schützen.
Bald ist klar, dass der Ermordete nicht unbedingt ein besonders beliebter Zeitgenosse war. Motive ihn umzubringen, gäbe es mehrere.

Wird es den externen Ermittlern gelingen, das vorweihnachtliche Rätsel zu knacken?

Meine Meinung:

Vorliegender Krimi ist der vierte mit dem bestens zusammengeschweißten Ermittlerteam Hawelka und Schierhuber.
Wie wir es von Autor Günther Pfeifer gewöhnt sind, zeichnen sich seine Figuren durch Ecken, Kanten und recht eigenwilliges verhalten aus. Vor allem Hawelka und Schierhuber, beide mit Vornamen Josef, beide aus dem Waldviertel stammend und seit Jahren als Spätberufene bei der Wiener Kriminalpolizei, laufen hier im weststeirischen Schilcherland zur Höchstform auf. Tja, den roséfarbenen Wein aus der Blauen Wildbachertraube muss man mögen. Auf den ersten Schluck ist er gewöhnungsbedürftig und es bedarf eines langsamen Herantastens. Das unkontrollierte Hineinschütten des edlen Rebensaftes verursacht höllische Kopfschmerzen, wie unsere wackeren Ermittler am eigenen Leib, äh, Kopf erleben müssen.

Der Schreibstil ist wie immer flüssig und humorvoll. Die steirischen Dialekteinlagen sind für Außenstehende nicht einfach zu lesen. Hawelka und Schierhuber halten die steirische Mundart anfangs ja für eine Fremdsprache.

Hin und wieder mit Klischees gespielt, wie das Beispiel von Gautschs thailändischer Ehefrau zeigt.

Gut gefällt mir auch das Wortspiel mit der Bezeichnung „Sterz“. Zum einem ist das der Familienname des steirischen Politikers und zum anderen ein autochthones Gericht der Gegend, das das Mordopfer in seinem Magen hatte.

Manche Szenen sind wieder herrlich schräg. Ich habe mich bestens unterhalten!

Fazit:

Wieder ein gelungener Krimi aus der Feder von Günther Pfeifer, der mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich dafür 5 Sterne

Veröffentlicht am 18.09.2018

opulent und fesselnd erzählt

Land im Sturm
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Der für seine fesselnden historischen Romane bekannte Autor Ulf Schiewe beschenkt seine Leser wieder mit einem opulenten knapp 1.000 Seiten umfassenden Werk.
In fünf Epochen wird an Hand miteinander ...

Der für seine fesselnden historischen Romane bekannte Autor Ulf Schiewe beschenkt seine Leser wieder mit einem opulenten knapp 1.000 Seiten umfassenden Werk.
In fünf Epochen wird an Hand miteinander verknüpfter Familiengeschichten das Werden Deutschlands erzählt.
Die fünf Zeitabschnitte sind:

• Die Ungarn
• Die Wenden
• Der große Krieg
• Napoleon und Preußen
• Revolution

Der zeitliche Bogen spannt sich von 995 n. Chr. bis zur Revolution 1848. Wir erhalten Einblick in die verschiedenen Stände, lernen die Willkür der Adeligen kennen und begeben uns häufig auf Kriegsschauplätze.

Gleich zu Beginn gerät ein ungarischer Säbel in die Familie des Schmiedes Arnulf, der Generation für Generation weitergegeben wird.

Wir lernen auch Familienmitglieder, ob adelig oder nicht, kennen, die es mit der Wahrheit und dem Einhalten des 8. Gebotes (Du sollst nicht stehlen) nicht ganz so eng sehen. So basiert der Reichtum der Familie Fischer von 1848 auf einem Diebstahl von früher.
Auch das Vermögen derer von Billung hat mit dem Entwenden einer Regimentskasse zu tun.

Meine Meinung:

In seinem unnachahmlichen, bildhaften Schreibstil können die Leser den Schlachtenlärm und das Schreien der Verwundeten hören. Der Geruch von Lagerfeuern, abgefackelten Gebäuden und letztlich der Lokomotiven ziehen sich durch die Geschichte. Der ungarische Säbel zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte Deutschlands, die ja durchwegs eine Aneinanderreihung von Kriegen ist. Ganz subtil wird hier historisches Wissen vermittelt. Der Leser, der in der dramatischen Geschichte gefesselt ist, merkt das im Allgemeinen fast gar nicht.

Die Charaktere der einzelnen Protagonisten sind liebevoll gestaltet. Sie alle haben ihre Ecken und Kanten, manchmal echte Macken. Wir erleben diese Figuren in einem bestens recherchierten historischen Kontext, der einen besonderen Einblick in die jeweilige Lebensart gibt. Vom kleinen Schmied auf einer Burg bis hin zum Großindustriellen reicht die Spannweite.

Sehr gut gefällt mir, dass die Frauengestalten teilweise ziemlich aufmüpfig sind. Sie lassen sich wenig bieten – weder vom Ehemann noch von der Herrschaft. Einige nehmen ihr Leben selbst in die Hand und pfeifen auf Konventionen. Hier ist besonders Gisela Fischer zu erwähnen, die obwohl Tochter des reichen Fabrikanten 1848 mithilft, Barrikaden zu bauen.

Fazit:

Ein opulenter historischer Roman, der die Leser von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.