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Venatrix

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Very British - ein skurriler Krimi

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Judith Potts (77) und alleinstehend hat zwei tägliche Freuden: das Nacktschwimmen in der Themse und ein Glas guten Whiskys. Daneben genießt sie ihr selbstbestimmtes Leben und generiert knifflige Kreuzworträtsel ...

Judith Potts (77) und alleinstehend hat zwei tägliche Freuden: das Nacktschwimmen in der Themse und ein Glas guten Whiskys. Daneben genießt sie ihr selbstbestimmtes Leben und generiert knifflige Kreuzworträtsel für eine Zeitung. Die Beschaulichkeit ändert sich flugs, als sie während des Schwimmens einen Schuss hört und ihren Nachbarn tot auffindet. Die herbeigerufene Polizei findet allerdings keine Leiche und hält Judith für ein wenig überspannt.

Judith beginnt Mithilfe der Hundesitterin Suzie und der Pfarrersfrau Rebecca „Becks“ auf eigenen Faust zu recherchieren. Wenig später gibt es einen zweiten Toten und die ermittelnde Polizistin Detective Sergeant Tanika Malik wirkt auf den ersten Blick ein wenig überfordert.

Erst als DS Malik aus der Not heraus das Trio zu Hilfspolizistinnen macht, kommen die Ermittlungen so richtig in Gang.

Meine Meinung:

Hier handelt es sich um einen typisch britischen Krimi, der im Aufbau an die Doyenne der Kriminalgeschichten, Agathe Christie, erinnert.
Die Geschichte wird von den skurrilen Persönlichkeiten getragen. Dennoch gibt es den einen oder anderen ernsten Gedanken, der erst das Handeln des „Marlowe Mord Club“ ermöglicht: das Kaputtsparen der polizeilichen Infrastruktur bei gleichzeitiger Vorgabe, die Verbrechen schnell aufzuklären, sodass Detective Sergeant Tanika Malik quasi als „Notmaßnahme“, das Damen-Trio zu Hilfspolizistinnen erklärt.

Gekonnt ist die malerische Umgebung in den Krimi eingeflochten. Die Art, wie die Morde verübt worden sind, habe ich erst unlängst in einem anderen Krimi gelesen. Doch das macht gar nichts, denn jeder Autor legt seine Spuren anders. Mehrmals müssen die Damen in Sackgassen umkehren, bis sie den Mechanismus und das Motiv erkennen, nachdem die Morde inszeniert werden.

Fazit:

Wer einen typisch britischen Krimi sucht, wird hier auf seine Kosten kommen. Gerne gebe ich diesem Reihenauftakt 4 Sterne.

Veröffentlicht am 20.02.2022

Weniger Krimi als Zeitgeschichte

Im Schatten der Wende
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Als im Jahr 1989 die Berliner Mauer fällt, gerät das Leben der Menschen in der DDR aus den Fugen. Endlich ist es erlaubt, in den vermeintlich Goldenen Westen zu reisen. Für die Polizisten Tobias Falck, ...

Als im Jahr 1989 die Berliner Mauer fällt, gerät das Leben der Menschen in der DDR aus den Fugen. Endlich ist es erlaubt, in den vermeintlich Goldenen Westen zu reisen. Für die Polizisten Tobias Falck, Stefanie Bach und deren Vorgesetzten Edgar Schmidt ändert sich vorerst wenig. Es wird wie bisher, mehr oder weniger gründlich ermittelt und einiges vertuscht, das in der Welt der DDR nicht vorkommen darf, wie sexuelle Belästigungen von Frauen.

Allerdings sickern langsam aber sicher Verbrecher aus Westdeutschland ein, um das Vakuum für ihre krummen Touren auszunutzen.

Als dann noch die westdeutsche Hauptkommissarin Sybille Suderberg eintrifft, um einen, nach Dresden geflüchteten Rotlichtkönig, der eine blutige Spur durch West- und Ostdeutschland zieht, zur Strecke zu bringen, steht die Welt von Falck & Co. plötzlich Kopf. Nichts ist mehr so, wie zuvor.

Meine Meinung:

Ich kenne alle Bücher von Frank Goldammer, auch jene, die vor der Max-Heller-Reihe erschienen sind. Daher war ich sehr gespannt auf dieses hier, das sich als ein wenig anders als Goldammers andere Bücher entpuppt.

Es ist weniger ein Krimi im Sinne des „Whodunit“, sondern eine Milieustudie bzw. ein zeitgeschichtliches Dokument über die Wochen und Monate kurz nach dem Mauerfall, in dem vor allem die Polizisten der DDR noch nicht ganz wissen, wo es lang geht. Sehr gut ist die Unsicherheit der Polizisten beschrieben, die sich bisher mehr oder weniger gut an das Regime angepasst haben. So wird Stefanie Bach kurzerhand zum forsttechnischen Dienst versetzt, bis sie dann doch wieder zur Kriminalpolizei bzw. Zum neu geschaffenen KDD (Kriminaldauerdienst) zurückkehren darf.
Eine interessante Figur ist auch Edgar Schmidt, der zu Beginn ziemlich unsympathisch dargestellt wird und der sich mit KHK Suderberg sehr schwertut.

Es gibt Vorurteile und Missverständnisse auf beiden Seiten. So fühlen sich Schmidt & Co. Beleidigt, als Suderberg als Einstandsgeschenk einen, mit exotischen Früchten gut gefüllten Obstkorb mitbringt. Suderberg hingegen hat mit der, in ihren Augen, laschen Ermittlungsarbeit und den brutalen Verhörmethoden ihre liebe Not.

Einige Handlungsstränge deuten darauf hin, dass sie in einer Fortsetzung weitergesponnen werden. Ob es ein Wiedersehen mit Sybille Suderberg geben wird? Die Anmerkung des Verlages „Falck & Suderberg ermitteln“ lässt diesen Schluss zu. Doch wie kann das nach ihrem Alleingang sein? Da lass ich mich gerne überraschen.

Als Österreicherin habe ich natürlich wenig Einblick in das Leben der DDR-Bürger gehabt. Mir sind hauptsächlich die sportlichen Erfolge bei Großveranstaltungen ein Begriff und die staatliche „Sportlerzuchtanstalten“. Interessant finde ich die Bemerkung, dass die DDR noch 1989 Reparationszahlungen an die UdSSR zahlen muss. Soweit ich weiß, hat die BRD bis 2010 Auslandsschulden, die aus den Reparationszahlungen wegen des Ersten Weltkrieges (!) bedienen müssen.
9
Fazit:

Dieser Krimi ist mit seinem überraschenden Ende weniger Krimi als ein zeitgeschichtliches Dokument. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 05.02.2022

Sehr gut recherchiert und opulent erzählt

Keltenschwur
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Das ist der zweite Band rund um die Keltin Rowan, die einst gemeinsam mit ihrem Milchbruder Johs von römischen Soldaten verschleppt und als Sklavin auf einem Weingut am Rhein arbeiten muss.

In diesem ...

Das ist der zweite Band rund um die Keltin Rowan, die einst gemeinsam mit ihrem Milchbruder Johs von römischen Soldaten verschleppt und als Sklavin auf einem Weingut am Rhein arbeiten muss.

In diesem Band gelingt ihre Befreiung durch ihre große Liebe Drystan, den Sohn des Häuptlings. Doch die Rückkehr in das heimatliche Dorf wird von einigen Bewohnern, darunter ihre eigene Familie, mit argwöhnischen Blicken beäugt. Vor allem auch deshalb, weil Rowan nur eine Bauerntochter ist, die nur innerhalb ihres Standes heiraten darf. Drystan wäre nach den bisherigen Gepflogenheiten tabu für sie.

Doch das sind nicht die einzigen Schwierigkeiten, die auf das junge Paar warten. Drystans Vater ist während seiner langen Abwesenheit gestorben und der Nachfolger will seine Macht und Position nicht aufgeben.

Wie weit die gehässigen Neider, die aus Rowans eigener Familie kommen, gehen, wird hier eindrucksvoll beschrieben.

Meine Meinung:

Mir hat dieser historische Roman rund um Rowan, Drystan und die Römer Caius und Aurelia recht gut gefallen. Es wäre gut, die Vorgeschichte „Keltensonne“ dieser Trilogie zu kennen, denn warum Rowans Familie gar so bösartig ist, wird hier nur angedeutet.

Da es ja keine schriftlichen Zeugnisse der Kelten gibt, sondern nur Berichte der Römer und einige Artefakte, kann sich die Fantasie der Autorinnen sehr gut entfalten.

Die Trilogie ist in Rheinland-Pfalz, beim Donnersberg angesiedelt. Hier hat man Überreste einer Kreisgrabenanlage gefunden, die auf ein größeres keltisches Oppidum hinweisen.

Darauf weisen die Autorinnen in ihrem Nachwort hin. Für alle jene, die mit Latein nicht viel am Hut haben, werden die wichtigsten lateinischen Begriffe in einem Glossar dargestellt.

Die Geschichte hat mir gut gefallen. Sie zeigt, dass es nicht immer leicht ist, Anführer zu sein und, dass Nachsicht, häufig missverstanden wird.

»Eine Gemeinschaft muss sich auf alle Mitglieder verlassen können. Nur dann ist sie stark!«


Fazit:

Ein gelungener historischer Roman aus der Zeit rund um 90 vor Christus. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2022

Isadora Duncan - ein Leben für den Tanz

Der blaue Vorhang
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Das Autoren-Duo Barbara Sichtermann und Ingo Rose nehmen sich in dieser Romanbiografie einer interessanten Persönlichkeit an: Isadora Duncan (1877-1927).

Isadora Duncan, eine irischstämmige Amerikanerin ...

Das Autoren-Duo Barbara Sichtermann und Ingo Rose nehmen sich in dieser Romanbiografie einer interessanten Persönlichkeit an: Isadora Duncan (1877-1927).

Isadora Duncan, eine irischstämmige Amerikanerin hat mit ihren, an die griechische Antike angelehnten, Tänzen einen nicht nur für Furore gesorgt. Denn anders als im klassischen Ballett, das seit Jahrhunderten im Corps, auf Spitze und im Tutu getanzt wird, tritt Isadora allein auf einer Bühne, deren Bühnenbild nur blaue Vorhänge sind, auf. Sie trägt nur ein durchscheinendes, fließendes Gewand, das dem griechischen Chiton ähnelt und tanzt (shocking!) barfuß. Statt des begleitenden, großen Orchesters spielt zu Beginn ihrer Karriere nur ein Pianist.

Diese avantgardistischen Darbietungen polarisieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mehrmals wird sie mit Auftrittsverbot belegt. Selbst im Mutterland der angeblichen Freiheit, Amerika, darf sie in einigen Städten nicht auftreten. Das hat natürlich vor allem mit der bigotten und puritanischen Einstellung der Amerikaner zu tun.

Isadora feiert große Triumphe, verdient eine Menge Geld, das sie auch gleich wieder ausgibt und erlebt auch Niederlagen. Ihre Idee, Tanzschulen zu gründen, um den Kindern das neue Körpergefühl beizubringen, wird nur teilweise von Erfolg gekrönt sein.

Isadora Duncan versteht sich als Feministin. Dazu gehört auch, dass sie nicht heiraten will. So hat sie drei Kinder von drei Männern. Dieser, für die damalige Zeit skandalöse Lebenswandel kostet sie in Berlin zahlreiche empörte Gönner. In Paris sieht man darüber großzügig hinweg.

Den Unfalltod ihrer beiden älteren Kinder, Deidre und Patrick, in Paris wird sie nie verwinden. Das dritte Kind stirbt kurz nach der Geburt.

Isadora Dunacn selbst stirbt am 14. September 1927 in Nizza, als sich ihr Schal in den Speichen eines offenen Wagens verfängt und sie erdrosselt.


Meine Meinung:

Das Autorenduo Barbara Sichtermann und Ingo Rose zeichnen eine interessante Biografie der Tänzerin, die ihrer Zeit voraus war, denn an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geben nach wie vor Männer den Ton an.

Sie zeigen das Auf und Ab der Karriere, die enge Bindung des Familien-Clans zueinander und auch die Tragödien in Isadoras Leben.

Zahlreiche Zitate und einige Fotos ergänzen diese Romanbiografie.


Fazit:

Eine gelungene Romanbiografie einer außergewöhnlichen Künstlerin, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 25.01.2022

Kein Atlas im herkömmlichen Sinn

Atlas der Zukunft
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Landkarten üben eine seltsame Faszination auf viele Menschen aus. Ob Anfänger oder hauptberuflicher Kartograf - man kann Landkarten stundenlang betrachten und sich nicht daran sattsehen. Karten begegnen ...

Landkarten üben eine seltsame Faszination auf viele Menschen aus. Ob Anfänger oder hauptberuflicher Kartograf - man kann Landkarten stundenlang betrachten und sich nicht daran sattsehen. Karten begegnen uns im Alltag überall, sei es als kostbares handkoloriertes Einzelstück, oder als gedrucktes Massenprodukt oder als Grafik im Navigationssystem im Auto. Doch sie können noch viel mehr als nur die Topografie von Orten darstellen.

Mit diesem Buch zeigen die Autoren Ian Goldin und Robert Muggah welche Möglichkeiten sich durch die Verschneidung von Satellitenbildern mit Daten aller Art den Lesern bieten. Sie stellen „vorher-nachher-Bilder“ gegenüber und zeigen damit die Veränderungen, die von Menschen geschaffen, unseren Planeten veränder(te)n. Nicht immer zum Besten der Erde und seiner Bewohner.

Oder wussten Sie schon, dass die USA mehr Erdgas, das sie durch das umstrittene Fracking gewinnen, ungenutzt in die Atmosphäre blasen, als für die Beheizung von 4,25 Millionen Häusern genützt werden könnten? Diese Leuchtfackeln sind auf S. 84 sichtbar.

In 100 Karten, die nach 13 Themen geordnet sind, wird für die Leser u.a. der Raubbau an der Natur, und der damit verbundene Klimawandel, die Ungleichheit, Unzufriedenheit, Bevölkerungsentwicklung und Migration, Urbanisierung, sowie die Verslumung und Kriminalität dargestellt. Dabei fällt auf, dass manches sehr subjektiv betrachtet und vielleicht (bewusst?) verfälscht wird. Denn wie kann es sein, dass ausgerechnet die USA als weiße Fläche dargestellt wird, wenn es aus den Seiten 254 ff. um das Thema „Gewalt außerhalb von Kriegshandlungen“ geht? Keine Schulmassaker, keine Polizeigewalt, keine Unfälle mit Waffen in Privathaushalten? Es scheint als hätten die Autoren dies ausgeblendet und irrational handelnde Menschen außerhalb der USA angesiedelt.

Auch so manche andere Äußerung ist mit Vorsicht zu betrachten. So soll es um 1500 im damaligen Österreich, das bekanntlich ein wenig größer war als unsere heutige Republik, den Autoren nach, nur zwei Druckerpressen gegeben haben (S.433). Dem widerspricht allerdings die Wiener Stadtgeschichte, die bereits zwischen 1482 und 1485 die Namen von zwei Druckereien mit Druckerpressen nennt.

Das Buch ist kein Kartenwerk im Sinne der Kartografie, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Menschheit. Die Texte sind interessant, die Fragestellungen oft unbequem und kontrovers. Die Abbildungen dagegen sind häufig unscharf oder durch ungeschickte Farbwahl schlecht zu entziffern.
Daneben stört auch der Falz, der so manche grafische Information bestimmter Regionen einfach schluckt.

Fazit:

Für echte Karten-Liebhaber und Kartografen ist das Buch vermutlich eine Enttäuschung. Wer gerne aufschlussreiche Analysen grafisch aufbereitet haben möchte, kann an diesem Buch seine Freude finden. 4 Sterne.