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Veröffentlicht am 26.05.2018

Ein eher mittelmäßiger Thriller

Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.
0

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: B00TOFDJTG
Originaltitel: The Girl on the Train
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)



Inhalt:


Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht.
Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse ...


Bewertung:

Aufgrund des Hypes, der sich nach der Veröffentlichung um diese Geschichte ergeben hat, habe ich mir ein gebrauchtes Exemplar dieses Buches vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt zugelegt und bin nun im Urlaub endlich dazu gekommen es zu lesen. Doch obwohl ich geringe Erwartungen, viel Zeit und entspannte Geduld mitgebracht habe, konnte ich mit diesem Buch einfach nicht warm werden. Aufgrund des Klapptextes und der ganzen, kursierenden Werbung hatte ich einen rasanten Thriller erwartet. Was auf mich zukam war jedoch ein träger, gefühlsduseliger und unreflektierter Lebensbericht über die dramatischen und weniger dramatischen Probleme dreier Frauen und deren kleinkarierten Verstrickungen als eine von ihnen verschwindet. Ich kann schon verstehen, dass viele Leser diese Geschichte mögen können und will ihr gerade für das Ende auch nicht die Spannung absprechen - mich konnte sie jedoch einfach nicht überzeugen.

Das Cover ist ... passend. Das ist das erste Adjektiv, dass mir zur Gestaltung einfallen ist. Nicht etwa wunderschön oder mystisch oder interesseweckend, kein besonderer Eye-Catcher, aber auch nicht langweilig - mit dem Titel im Verwischt-Look und den Andeutungen eines fahrenden Zuges ist es thematisch einfach passend. Der Titel ist ebenfalls stimmig gewählt, für mich ist jedoch der Untertitel viel zu reißerisch für die Geschichte, genau wie der Klapptext, der es schafft in sieben Zeilen einfach gar nichts über die Geschichte zu verraten, sodass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen bin.

Erster Satz: "Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen."

Nach zwei kurzen, vorgeschobenen Szenenausschnitten, die bei mir jedoch mehr für Verwirrung als für angenehmes Gruseln gesorgt haben, steigen wir in das klägliche Leben der ausgelaugten Rachel ein, die auf ihren alltäglichen Zugfahrten nach London und wieder zurück stets ein ganz bestimmtes Haus an den Bahngleisen beobachtet. Das junge Paar, das dort lebt, stellt sie sich schwerverliebt und voller Harmonie vor - und ist geschockt, als sie eines Tages die Frau in zärtlicher Umarmung mit einem anderen Mann sieht. Kurz darauf ist die Frau verschwunden. Rachel ahnt Böses und nimmt Ermittlungen auf. Für die junge Alkoholikerin, der nach Scheidung und Jobverlust, geplagt von Gedächtnisverlusten und ihrem unkontrollierten Verhalten im Suff ein Ziel im Leben fehlt, ergibt sich so das Gefühl, endlich mal wieder gebraucht zu werden und an etwas beteiligt zu sein. Wie sehr sie selbst und ihr Exmann mitsamt neuer Familie in das tragische Schicksal des jungen Paares verstrickt sind, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch als sie bei ihren Nachforschungen hinter etliche dunkle Geheimnisse kommt, werden in ihr längst vergessene Erinnerungen wach - unter anderem auch welche der Nacht, in der die junge Megan verschwand...

Die Geschichte wird von Anfang an aus zwei Perspektiven erzählt: Rachel erzählt aus der Ich-Perspektive von ihrem verkorksten Leben und wie sich dieses nach dem Verschwind von Megan ändert, während wir zeitgleich aus der Sicht Megans geschildert bekommen, was vor ihrem Verschwinden geschah. Nach einem guten Drittel der Geschichte kommt dann als weiterer erzählender Handlungsstrang noch Anna, die neue Frau von Rachels Exmann Tom, hinzu. Zu Beginn hatte ich große Probleme damit, in die Geschichte reinzukommen, da wir hier drei scheinbar langweilige Vorstadtleben charakterisiert bekommen und die Protagonistin einem echt auf die Nerven gehen kann. Mir ist schon bewusst, dass ich das der Autorin nicht vorwerfen kann, immerhin ist Rachel -genau wie die anderen Frauen auch- nicht als Sympathieträgerin angelegt. Mich in die Geschichte einzufinden, in der eigentlich außer endlose Zugfahrten und zwanghaft wiederholte Handlungen nichts passiert, erleichterte diese Erkenntnis jedoch keineswegs.


"Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich zu erinnern versuche, wann mich zuletzt ein Mensch berührt hat und sei es nur ein Umarmung oder ein vom Herzen kommender Händedruck, und dann krampft sich mein Herz zusammen."


Verwirrend sind auch die Zeitwechsel und Zeitsprünge. Während Anna und Rachel in der Gegenwart erzählen, liegen Megans Handlungen immer einige Monate zurück. Schwierig wird das erst, wenn sich die Handlungen überschneiden und man sich bei Schlüsselszenen aus Megans Erzählperspektive plötzlich zum Verständnis an scheinbare Belanglosigkeiten aus Rachels Perspektive von ganz am Anfang erinnern muss. Zudem ist der Thriller episodenhaft erzählt und lehnt sich in der Szenenauswahl an die Fahrtzeit Rachels Züge an: morgens und abends. Was dazwischen geschieht verschwindet - sofern nicht später kurz nacherzählt - im Nebel.

Ein zusätzlich erschwerender Punkt ist, dass diese Geschichte ganz eindeutig auf ein weibliches Publikum ausgelegt ist. Die wichtigsten Krisenthemen, aus denen dieser Thriller seine Spannung schöpft sind unerfüllte Kinderwünsche, der Stress eine gute Mutter zu sein, Kindersterblichkeit, Ehekrisen, Affären, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf den Gefühlen der einzelnen Frauen - die Männer bleiben bessere Lückenfüller. Da ich mich jedoch mit keiner der Frauen identifizieren konnte, fand ich die Gefühlsduselei etwas zu dick aufgetragen und blieb während des Lesens ein eher kritischer Beobachter, der sich einfach nicht so recht auf die Geschichte einlassen konnte. Immer wieder eingestreute, neue Erkenntnisse kommen zu spät und zu fad um noch überraschen oder entsetzen zu können. So entwickelte die Geschichte erst nach guten 200 Seiten so etwas wie Anziehung oder Spannung auf mich. Die Seiten zuvor waren mir zu undurchsichtig, belanglos, langatmig - schlicht unnötiges Geplänkel.

Auch der Schreibstil konnte nicht dazu beitragen, dass ich doch noch gefesselt wurde. Diese Geschichte wird ja oft mit "Gone Girl" von Gillian Flynn verglichen, was ja auch von der grundsätzlichen Handlung und Thematik nahe liegt. Mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen habe, kam mir dieser Vergleich jedoch lächerlicher vor: denn "Girl on the Train" fehlt sowohl der psychologische Witz als auch die dunkle Grundatmosphäre von "Gone Girl" und während letzteres durch viele geschliffene Sätze und Dialoge glänzt, ist es mit Tiefgründigkeit in Paula Hawkins nüchternem und schnörkellosen Schreibstiel nicht weit her. Flüssig, ja. Einfach zu lesen, auch. Aber besonders und mitreißend? Wohl eher nicht.

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."


Wie schon erwähnt ist es mit der Sympathie für die Protagonisten auch nicht weit her. Das ist grundsätzlich kein Problem - wäre die Geschichte nicht so darauf ausgelegt, dass wir Leser mit den Charakteren mitfühlen und von unseren Emotionen geleitet Vermutungen anstellen, wer wohl wirklich hinter Megans Tod stecken kann. Denn sehr schnell ist klar, dass sich in dem kleinen Kreis der uns näher bekannten Personen ein Mörder befinden muss:

Ist es unsere problembehaftete Hauptprotagonistin Rachel, die sich bis zur Besinnungslosigkeit trinkt, deshalb ihren Job verloren hat, armselig untergemietet lebt, Geldsorgen hat, in ihrer Traumwelt lebt, nicht zu sich selbst steht, sich gehen lässt und ihren geliebten Exmann Tom einfach nicht loslassen kann?
War es Scott, der eigentlich so bedingungslos liebende Ehemann, der jedoch zu starker Eifersucht und Kontrollwut leidet, der Megans Emails überprüft und ihre Post gelesen hat und auch von Gewalt nicht abgeneigt zu sein scheint?
Oder vielleicht war es doch der ausländische Psychotherapeut Kamal Abdic, bei dem Megan in Therapie war, der mehr über sie und ihre Vergangenheit weiß, als ihr eigener Mann und mit dem sie so gerne eine Affäre angefangen hätte?
Oder der betrügerische, lügende und doch so charmante Tom, der Rachel abserviert hat und nun mit seiner neuen Frau und einem Kind im gemeinsamen Haus lebt?
Oder die perfektionistische Anna, die Rachel an Toms Seite abgelöst hat, sich von dieser gestalkt fühl, Angst um ihr Kind hat und auch Megan nicht vertraut hat?
Oder war es doch Megan selbst: eine scheinbar glücklich verheiratete Frau, die dennoch mit ihren eigenen Dämonen kämpft und mehr Geheimnisse zu verbergen hat, als man auf den ersten Blick denkt?
Wir Leser versinken in einem undurchsichtigen Strudel an Motiven, Hass, Liebe, Eifersucht und einer Menge anderer niederer Gefühle, die jede unserer drei erzählenden Frauen, ihre Ehemänner, Ex-Männer und Liebhaber zu potentiellen Mördern machen...

Das Ende, dass nach einem Finale erfolgt, das -wie der Rest der Geschichte auch- unspektakulär, langsam und auf seltsame Weise bedacht wirkt, hat mich mit einem Lächeln im Gesicht zurückgelassen. Nicht nur, weil ich mich nun endlich einer anderen Geschichte widmen kann, oder weil die aufgedeckte Wahrheit mich besonders überrascht oder entsetzt hätte, sondern weil die Autorin es in wenigen Sätze geschafft hat, allen verkorksten Charakteren noch auf die Schnelle das Ende zu geben, das sie verdient haben.


Fazit:


Ein eher mittelmäßiger Thriller, der mit seinem langatmigen Einstieg, dem schnörkellosen, einfachen Stil und den unsympathischen Charakteren nicht gerade glänzt, dennoch aber mit einem spannenden Ende unterhalten kann.
Für Freunde des Genres würde ich lieber Anderes wie unbedingt "Gone Girl" von Gillian Flynn empfehlen, wer aber auf der Suche nach einem ruhigen, überschaubaren Thriller für Zwischendurch ist, soll gerne zu dieser Geschichte greifen

Veröffentlicht am 26.05.2018

Ein eher mittelmäßiger Thriller

Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.
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Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: B00TOFDJTG
Originaltitel: The Girl on the Train
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)



Inhalt:


Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht.
Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse ...


Bewertung:

Aufgrund des Hypes, der sich nach der Veröffentlichung um diese Geschichte ergeben hat, habe ich mir ein gebrauchtes Exemplar dieses Buches vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt zugelegt und bin nun im Urlaub endlich dazu gekommen es zu lesen. Doch obwohl ich geringe Erwartungen, viel Zeit und entspannte Geduld mitgebracht habe, konnte ich mit diesem Buch einfach nicht warm werden. Aufgrund des Klapptextes und der ganzen, kursierenden Werbung hatte ich einen rasanten Thriller erwartet. Was auf mich zukam war jedoch ein träger, gefühlsduseliger und unreflektierter Lebensbericht über die dramatischen und weniger dramatischen Probleme dreier Frauen und deren kleinkarierten Verstrickungen als eine von ihnen verschwindet. Ich kann schon verstehen, dass viele Leser diese Geschichte mögen können und will ihr gerade für das Ende auch nicht die Spannung absprechen - mich konnte sie jedoch einfach nicht überzeugen.

Das Cover ist ... passend. Das ist das erste Adjektiv, dass mir zur Gestaltung einfallen ist. Nicht etwa wunderschön oder mystisch oder interesseweckend, kein besonderer Eye-Catcher, aber auch nicht langweilig - mit dem Titel im Verwischt-Look und den Andeutungen eines fahrenden Zuges ist es thematisch einfach passend. Der Titel ist ebenfalls stimmig gewählt, für mich ist jedoch der Untertitel viel zu reißerisch für die Geschichte, genau wie der Klapptext, der es schafft in sieben Zeilen einfach gar nichts über die Geschichte zu verraten, sodass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen bin.

Erster Satz: "Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen."

Nach zwei kurzen, vorgeschobenen Szenenausschnitten, die bei mir jedoch mehr für Verwirrung als für angenehmes Gruseln gesorgt haben, steigen wir in das klägliche Leben der ausgelaugten Rachel ein, die auf ihren alltäglichen Zugfahrten nach London und wieder zurück stets ein ganz bestimmtes Haus an den Bahngleisen beobachtet. Das junge Paar, das dort lebt, stellt sie sich schwerverliebt und voller Harmonie vor - und ist geschockt, als sie eines Tages die Frau in zärtlicher Umarmung mit einem anderen Mann sieht. Kurz darauf ist die Frau verschwunden. Rachel ahnt Böses und nimmt Ermittlungen auf. Für die junge Alkoholikerin, der nach Scheidung und Jobverlust, geplagt von Gedächtnisverlusten und ihrem unkontrollierten Verhalten im Suff ein Ziel im Leben fehlt, ergibt sich so das Gefühl, endlich mal wieder gebraucht zu werden und an etwas beteiligt zu sein. Wie sehr sie selbst und ihr Exmann mitsamt neuer Familie in das tragische Schicksal des jungen Paares verstrickt sind, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch als sie bei ihren Nachforschungen hinter etliche dunkle Geheimnisse kommt, werden in ihr längst vergessene Erinnerungen wach - unter anderem auch welche der Nacht, in der die junge Megan verschwand...

Die Geschichte wird von Anfang an aus zwei Perspektiven erzählt: Rachel erzählt aus der Ich-Perspektive von ihrem verkorksten Leben und wie sich dieses nach dem Verschwind von Megan ändert, während wir zeitgleich aus der Sicht Megans geschildert bekommen, was vor ihrem Verschwinden geschah. Nach einem guten Drittel der Geschichte kommt dann als weiterer erzählender Handlungsstrang noch Anna, die neue Frau von Rachels Exmann Tom, hinzu. Zu Beginn hatte ich große Probleme damit, in die Geschichte reinzukommen, da wir hier drei scheinbar langweilige Vorstadtleben charakterisiert bekommen und die Protagonistin einem echt auf die Nerven gehen kann. Mir ist schon bewusst, dass ich das der Autorin nicht vorwerfen kann, immerhin ist Rachel -genau wie die anderen Frauen auch- nicht als Sympathieträgerin angelegt. Mich in die Geschichte einzufinden, in der eigentlich außer endlose Zugfahrten und zwanghaft wiederholte Handlungen nichts passiert, erleichterte diese Erkenntnis jedoch keineswegs.


"Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich zu erinnern versuche, wann mich zuletzt ein Mensch berührt hat und sei es nur ein Umarmung oder ein vom Herzen kommender Händedruck, und dann krampft sich mein Herz zusammen."


Verwirrend sind auch die Zeitwechsel und Zeitsprünge. Während Anna und Rachel in der Gegenwart erzählen, liegen Megans Handlungen immer einige Monate zurück. Schwierig wird das erst, wenn sich die Handlungen überschneiden und man sich bei Schlüsselszenen aus Megans Erzählperspektive plötzlich zum Verständnis an scheinbare Belanglosigkeiten aus Rachels Perspektive von ganz am Anfang erinnern muss. Zudem ist der Thriller episodenhaft erzählt und lehnt sich in der Szenenauswahl an die Fahrtzeit Rachels Züge an: morgens und abends. Was dazwischen geschieht verschwindet - sofern nicht später kurz nacherzählt - im Nebel.

Ein zusätzlich erschwerender Punkt ist, dass diese Geschichte ganz eindeutig auf ein weibliches Publikum ausgelegt ist. Die wichtigsten Krisenthemen, aus denen dieser Thriller seine Spannung schöpft sind unerfüllte Kinderwünsche, der Stress eine gute Mutter zu sein, Kindersterblichkeit, Ehekrisen, Affären, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf den Gefühlen der einzelnen Frauen - die Männer bleiben bessere Lückenfüller. Da ich mich jedoch mit keiner der Frauen identifizieren konnte, fand ich die Gefühlsduselei etwas zu dick aufgetragen und blieb während des Lesens ein eher kritischer Beobachter, der sich einfach nicht so recht auf die Geschichte einlassen konnte. Immer wieder eingestreute, neue Erkenntnisse kommen zu spät und zu fad um noch überraschen oder entsetzen zu können. So entwickelte die Geschichte erst nach guten 200 Seiten so etwas wie Anziehung oder Spannung auf mich. Die Seiten zuvor waren mir zu undurchsichtig, belanglos, langatmig - schlicht unnötiges Geplänkel.

Auch der Schreibstil konnte nicht dazu beitragen, dass ich doch noch gefesselt wurde. Diese Geschichte wird ja oft mit "Gone Girl" von Gillian Flynn verglichen, was ja auch von der grundsätzlichen Handlung und Thematik nahe liegt. Mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen habe, kam mir dieser Vergleich jedoch lächerlicher vor: denn "Girl on the Train" fehlt sowohl der psychologische Witz als auch die dunkle Grundatmosphäre von "Gone Girl" und während letzteres durch viele geschliffene Sätze und Dialoge glänzt, ist es mit Tiefgründigkeit in Paula Hawkins nüchternem und schnörkellosen Schreibstiel nicht weit her. Flüssig, ja. Einfach zu lesen, auch. Aber besonders und mitreißend? Wohl eher nicht.

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."


Wie schon erwähnt ist es mit der Sympathie für die Protagonisten auch nicht weit her. Das ist grundsätzlich kein Problem - wäre die Geschichte nicht so darauf ausgelegt, dass wir Leser mit den Charakteren mitfühlen und von unseren Emotionen geleitet Vermutungen anstellen, wer wohl wirklich hinter Megans Tod stecken kann. Denn sehr schnell ist klar, dass sich in dem kleinen Kreis der uns näher bekannten Personen ein Mörder befinden muss:

Ist es unsere problembehaftete Hauptprotagonistin Rachel, die sich bis zur Besinnungslosigkeit trinkt, deshalb ihren Job verloren hat, armselig untergemietet lebt, Geldsorgen hat, in ihrer Traumwelt lebt, nicht zu sich selbst steht, sich gehen lässt und ihren geliebten Exmann Tom einfach nicht loslassen kann?
War es Scott, der eigentlich so bedingungslos liebende Ehemann, der jedoch zu starker Eifersucht und Kontrollwut leidet, der Megans Emails überprüft und ihre Post gelesen hat und auch von Gewalt nicht abgeneigt zu sein scheint?
Oder vielleicht war es doch der ausländische Psychotherapeut Kamal Abdic, bei dem Megan in Therapie war, der mehr über sie und ihre Vergangenheit weiß, als ihr eigener Mann und mit dem sie so gerne eine Affäre angefangen hätte?
Oder der betrügerische, lügende und doch so charmante Tom, der Rachel abserviert hat und nun mit seiner neuen Frau und einem Kind im gemeinsamen Haus lebt?
Oder die perfektionistische Anna, die Rachel an Toms Seite abgelöst hat, sich von dieser gestalkt fühl, Angst um ihr Kind hat und auch Megan nicht vertraut hat?
Oder war es doch Megan selbst: eine scheinbar glücklich verheiratete Frau, die dennoch mit ihren eigenen Dämonen kämpft und mehr Geheimnisse zu verbergen hat, als man auf den ersten Blick denkt?
Wir Leser versinken in einem undurchsichtigen Strudel an Motiven, Hass, Liebe, Eifersucht und einer Menge anderer niederer Gefühle, die jede unserer drei erzählenden Frauen, ihre Ehemänner, Ex-Männer und Liebhaber zu potentiellen Mördern machen...

Das Ende, dass nach einem Finale erfolgt, das -wie der Rest der Geschichte auch- unspektakulär, langsam und auf seltsame Weise bedacht wirkt, hat mich mit einem Lächeln im Gesicht zurückgelassen. Nicht nur, weil ich mich nun endlich einer anderen Geschichte widmen kann, oder weil die aufgedeckte Wahrheit mich besonders überrascht oder entsetzt hätte, sondern weil die Autorin es in wenigen Sätze geschafft hat, allen verkorksten Charakteren noch auf die Schnelle das Ende zu geben, das sie verdient haben.


Fazit:


Ein eher mittelmäßiger Thriller, der mit seinem langatmigen Einstieg, dem schnörkellosen, einfachen Stil und den unsympathischen Charakteren nicht gerade glänzt, dennoch aber mit einem spannenden Ende unterhalten kann.
Für Freunde des Genres würde ich lieber Anderes wie unbedingt "Gone Girl" von Gillian Flynn empfehlen, wer aber auf der Suche nach einem ruhigen, überschaubaren Thriller für Zwischendurch ist, soll gerne zu dieser Geschichte greifen

Veröffentlicht am 26.05.2018

Ein eher mittelmäßiger Thriller

Girl on the Train
0

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: ...

Allgemeines:

Titel: Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich
Autor: Paula Hawkins
Genre: Thriller
Verlag: Blanvalet (15. Juni 2015)
ISBN-10: 3734100518
ISBN-13: 978-3734100512
ASIN: B00TOFDJTG
Originaltitel: The Girl on the Train
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
12,99€ (Taschenbuch)



Inhalt:


Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht.
Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse ...


Bewertung:

Aufgrund des Hypes, der sich nach der Veröffentlichung um diese Geschichte ergeben hat, habe ich mir ein gebrauchtes Exemplar dieses Buches vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt zugelegt und bin nun im Urlaub endlich dazu gekommen es zu lesen. Doch obwohl ich geringe Erwartungen, viel Zeit und entspannte Geduld mitgebracht habe, konnte ich mit diesem Buch einfach nicht warm werden. Aufgrund des Klapptextes und der ganzen, kursierenden Werbung hatte ich einen rasanten Thriller erwartet. Was auf mich zukam war jedoch ein träger, gefühlsduseliger und unreflektierter Lebensbericht über die dramatischen und weniger dramatischen Probleme dreier Frauen und deren kleinkarierten Verstrickungen als eine von ihnen verschwindet. Ich kann schon verstehen, dass viele Leser diese Geschichte mögen können und will ihr gerade für das Ende auch nicht die Spannung absprechen - mich konnte sie jedoch einfach nicht überzeugen.

Das Cover ist ... passend. Das ist das erste Adjektiv, dass mir zur Gestaltung einfallen ist. Nicht etwa wunderschön oder mystisch oder interesseweckend, kein besonderer Eye-Catcher, aber auch nicht langweilig - mit dem Titel im Verwischt-Look und den Andeutungen eines fahrenden Zuges ist es thematisch einfach passend. Der Titel ist ebenfalls stimmig gewählt, für mich ist jedoch der Untertitel viel zu reißerisch für die Geschichte, genau wie der Klapptext, der es schafft in sieben Zeilen einfach gar nichts über die Geschichte zu verraten, sodass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Geschichte gegangen bin.

Erster Satz: "Da liegt ein Kleiderhaufen an den Gleisen."

Nach zwei kurzen, vorgeschobenen Szenenausschnitten, die bei mir jedoch mehr für Verwirrung als für angenehmes Gruseln gesorgt haben, steigen wir in das klägliche Leben der ausgelaugten Rachel ein, die auf ihren alltäglichen Zugfahrten nach London und wieder zurück stets ein ganz bestimmtes Haus an den Bahngleisen beobachtet. Das junge Paar, das dort lebt, stellt sie sich schwerverliebt und voller Harmonie vor - und ist geschockt, als sie eines Tages die Frau in zärtlicher Umarmung mit einem anderen Mann sieht. Kurz darauf ist die Frau verschwunden. Rachel ahnt Böses und nimmt Ermittlungen auf. Für die junge Alkoholikerin, der nach Scheidung und Jobverlust, geplagt von Gedächtnisverlusten und ihrem unkontrollierten Verhalten im Suff ein Ziel im Leben fehlt, ergibt sich so das Gefühl, endlich mal wieder gebraucht zu werden und an etwas beteiligt zu sein. Wie sehr sie selbst und ihr Exmann mitsamt neuer Familie in das tragische Schicksal des jungen Paares verstrickt sind, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch als sie bei ihren Nachforschungen hinter etliche dunkle Geheimnisse kommt, werden in ihr längst vergessene Erinnerungen wach - unter anderem auch welche der Nacht, in der die junge Megan verschwand...

Die Geschichte wird von Anfang an aus zwei Perspektiven erzählt: Rachel erzählt aus der Ich-Perspektive von ihrem verkorksten Leben und wie sich dieses nach dem Verschwind von Megan ändert, während wir zeitgleich aus der Sicht Megans geschildert bekommen, was vor ihrem Verschwinden geschah. Nach einem guten Drittel der Geschichte kommt dann als weiterer erzählender Handlungsstrang noch Anna, die neue Frau von Rachels Exmann Tom, hinzu. Zu Beginn hatte ich große Probleme damit, in die Geschichte reinzukommen, da wir hier drei scheinbar langweilige Vorstadtleben charakterisiert bekommen und die Protagonistin einem echt auf die Nerven gehen kann. Mir ist schon bewusst, dass ich das der Autorin nicht vorwerfen kann, immerhin ist Rachel -genau wie die anderen Frauen auch- nicht als Sympathieträgerin angelegt. Mich in die Geschichte einzufinden, in der eigentlich außer endlose Zugfahrten und zwanghaft wiederholte Handlungen nichts passiert, erleichterte diese Erkenntnis jedoch keineswegs.


"Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mich zu erinnern versuche, wann mich zuletzt ein Mensch berührt hat und sei es nur ein Umarmung oder ein vom Herzen kommender Händedruck, und dann krampft sich mein Herz zusammen."


Verwirrend sind auch die Zeitwechsel und Zeitsprünge. Während Anna und Rachel in der Gegenwart erzählen, liegen Megans Handlungen immer einige Monate zurück. Schwierig wird das erst, wenn sich die Handlungen überschneiden und man sich bei Schlüsselszenen aus Megans Erzählperspektive plötzlich zum Verständnis an scheinbare Belanglosigkeiten aus Rachels Perspektive von ganz am Anfang erinnern muss. Zudem ist der Thriller episodenhaft erzählt und lehnt sich in der Szenenauswahl an die Fahrtzeit Rachels Züge an: morgens und abends. Was dazwischen geschieht verschwindet - sofern nicht später kurz nacherzählt - im Nebel.

Ein zusätzlich erschwerender Punkt ist, dass diese Geschichte ganz eindeutig auf ein weibliches Publikum ausgelegt ist. Die wichtigsten Krisenthemen, aus denen dieser Thriller seine Spannung schöpft sind unerfüllte Kinderwünsche, der Stress eine gute Mutter zu sein, Kindersterblichkeit, Ehekrisen, Affären, häusliche Gewalt, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus. Dabei liegt ein wichtiger Schwerpunkt auf den Gefühlen der einzelnen Frauen - die Männer bleiben bessere Lückenfüller. Da ich mich jedoch mit keiner der Frauen identifizieren konnte, fand ich die Gefühlsduselei etwas zu dick aufgetragen und blieb während des Lesens ein eher kritischer Beobachter, der sich einfach nicht so recht auf die Geschichte einlassen konnte. Immer wieder eingestreute, neue Erkenntnisse kommen zu spät und zu fad um noch überraschen oder entsetzen zu können. So entwickelte die Geschichte erst nach guten 200 Seiten so etwas wie Anziehung oder Spannung auf mich. Die Seiten zuvor waren mir zu undurchsichtig, belanglos, langatmig - schlicht unnötiges Geplänkel.

Auch der Schreibstil konnte nicht dazu beitragen, dass ich doch noch gefesselt wurde. Diese Geschichte wird ja oft mit "Gone Girl" von Gillian Flynn verglichen, was ja auch von der grundsätzlichen Handlung und Thematik nahe liegt. Mit jeder weiteren Seite, die ich gelesen habe, kam mir dieser Vergleich jedoch lächerlicher vor: denn "Girl on the Train" fehlt sowohl der psychologische Witz als auch die dunkle Grundatmosphäre von "Gone Girl" und während letzteres durch viele geschliffene Sätze und Dialoge glänzt, ist es mit Tiefgründigkeit in Paula Hawkins nüchternem und schnörkellosen Schreibstiel nicht weit her. Flüssig, ja. Einfach zu lesen, auch. Aber besonders und mitreißend? Wohl eher nicht.

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."


Wie schon erwähnt ist es mit der Sympathie für die Protagonisten auch nicht weit her. Das ist grundsätzlich kein Problem - wäre die Geschichte nicht so darauf ausgelegt, dass wir Leser mit den Charakteren mitfühlen und von unseren Emotionen geleitet Vermutungen anstellen, wer wohl wirklich hinter Megans Tod stecken kann. Denn sehr schnell ist klar, dass sich in dem kleinen Kreis der uns näher bekannten Personen ein Mörder befinden muss:

Ist es unsere problembehaftete Hauptprotagonistin Rachel, die sich bis zur Besinnungslosigkeit trinkt, deshalb ihren Job verloren hat, armselig untergemietet lebt, Geldsorgen hat, in ihrer Traumwelt lebt, nicht zu sich selbst steht, sich gehen lässt und ihren geliebten Exmann Tom einfach nicht loslassen kann?
War es Scott, der eigentlich so bedingungslos liebende Ehemann, der jedoch zu starker Eifersucht und Kontrollwut leidet, der Megans Emails überprüft und ihre Post gelesen hat und auch von Gewalt nicht abgeneigt zu sein scheint?
Oder vielleicht war es doch der ausländische Psychotherapeut Kamal Abdic, bei dem Megan in Therapie war, der mehr über sie und ihre Vergangenheit weiß, als ihr eigener Mann und mit dem sie so gerne eine Affäre angefangen hätte?
Oder der betrügerische, lügende und doch so charmante Tom, der Rachel abserviert hat und nun mit seiner neuen Frau und einem Kind im gemeinsamen Haus lebt?
Oder die perfektionistische Anna, die Rachel an Toms Seite abgelöst hat, sich von dieser gestalkt fühl, Angst um ihr Kind hat und auch Megan nicht vertraut hat?
Oder war es doch Megan selbst: eine scheinbar glücklich verheiratete Frau, die dennoch mit ihren eigenen Dämonen kämpft und mehr Geheimnisse zu verbergen hat, als man auf den ersten Blick denkt?
Wir Leser versinken in einem undurchsichtigen Strudel an Motiven, Hass, Liebe, Eifersucht und einer Menge anderer niederer Gefühle, die jede unserer drei erzählenden Frauen, ihre Ehemänner, Ex-Männer und Liebhaber zu potentiellen Mördern machen...

Das Ende, dass nach einem Finale erfolgt, das -wie der Rest der Geschichte auch- unspektakulär, langsam und auf seltsame Weise bedacht wirkt, hat mich mit einem Lächeln im Gesicht zurückgelassen. Nicht nur, weil ich mich nun endlich einer anderen Geschichte widmen kann, oder weil die aufgedeckte Wahrheit mich besonders überrascht oder entsetzt hätte, sondern weil die Autorin es in wenigen Sätze geschafft hat, allen verkorksten Charakteren noch auf die Schnelle das Ende zu geben, das sie verdient haben.


Fazit:


Ein eher mittelmäßiger Thriller, der mit seinem langatmigen Einstieg, dem schnörkellosen, einfachen Stil und den unsympathischen Charakteren nicht gerade glänzt, dennoch aber mit einem spannenden Ende unterhalten kann.
Für Freunde des Genres würde ich lieber Anderes wie unbedingt "Gone Girl" von Gillian Flynn empfehlen, wer aber auf der Suche nach einem ruhigen, überschaubaren Thriller für Zwischendurch ist, soll gerne zu dieser Geschichte greifen!

Veröffentlicht am 22.02.2018

Eine sehr durchwachsene Fortsetzung

Ugly – Pretty – Special 2: Pretty - Erkenne dein Gesicht
0

Allgemeines:

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht
Autor: Scott Westerfeld
Verlag: Carlsen (Februar 2011)
Genre: Dystopie
ISBN-10: 3551310076
ISBN-13: 978-3551310071
ASIN: B01EHV1WB8
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht
Autor: Scott Westerfeld
Verlag: Carlsen (Februar 2011)
Genre: Dystopie
ISBN-10: 3551310076
ISBN-13: 978-3551310071
ASIN: B01EHV1WB8
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Ugly - Verlier nicht dein Gesicht;
Special - Zeig dein wahres Gesicht


Inhalt:

Tally ist von einer Ugly zur Pretty geworden. Sie sieht umwerfend aus, hat einen tollen Freund und ist wahnsinnig beliebt. Aber bei allem Spaß, den Partys, dem Luxus, spürt Tally, dass irgendetwas nicht stimmt. Dann erhält sie eine Botschaft aus ihrer Vergangenheit - und plötzlich wird ihr klar, was in der Pretty-Welt fehlt. Tally beginnt, umzudenken und begibt sich damit in tödliche Gefahr. Denn wer zu viel weiß, gerät schnell ins Visier der Behörden ...


Bewertung:

Nachdem ich der erste Band der Reihe "Ugly - Verlier nicht dein Gesicht", was mich jetzt zwar nicht umgehauen, aber mich mit doch einigen ganz interessanten Ideen unterhalten hat, vor ein paar Tagen gelesen hatte, war für mich klar, dass ich die Geschichte weiterverfolgen will. Diese Fortsetzung weist jedoch die typischen Schwächen eines Trilogie-Mittelteils auf und kann weder mit besonders viel Spannung, noch mit neuen Erkenntnissen oder einer übermäßigen Entwicklung aufwarten, was mich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht hat.


"Schatten bewegten sich im Wind und sie stellte sich vor, wie graue Gestalten dazwischen einherhuschten. "Das war mein Fehler"
"Wie meinst du das?"
"Es ist immer mein Fehler"
"Das ist doch Pfusch, Tally.", sagte Zane leise. "Es ist nicht schlimm, etwas Besonderes zu sein."


Das Cover zeigt ebenso wie das des ersten Teiles ein Mädchengesicht in Zoomaufnahme. Wo auf dem vorhergegangenen aber Linien und Pfeile anzeigten, wie eine Schönheitsoperation bestimmte Merkmale verändern würde, um es der Norm anzugleichen, sind diese Veränderungen hier schon vorgenommen werden und wir sehen ein typisches Pretty-Gesicht: große Augen, glatte Haut, perfekte Symmetrie. Spannend ist daran vor allem, dass das Gesicht zwar irgendwie ganz hübsch erscheint, gleichzeitig jedoch ein wenig langweilig, durchschnittlich und seelenlos wirkt, wenn man es mit dem Mädchen auf dem ersten Cover vergleicht. Das zeigt ganz wunderbar, wie den Uglies bei ihrer Operation neben ihren Makeln auch ihre Individualität und vor allem ihr scharfes Denken genommen werden, sodass am Ende eine gleichdenkende und gleichaussehende, hübsche Masse zurückbleibt. Insofern passt das Cover natürlich zum Inhalt wie die Faust aufs Auge, nichtsdestotrotz finde ich es optisch nicht sonderlich ansprechend. Natürlich passen Titel und Untertitel wieder ebenfalls gut.

Erster Satz: "Sich anzuziehen war immer der schwierigste Teil des Nachmittags."


Die Geschichte steigt direkt in Tallys neues perfektes Pretty-Party-Spaß-Konsum-Leben ein. Nachdem sie sich freiwillig den Specials gestellt hat, um nach der Operation das neue Heilmittel der Smokey-Rebellen an sich testen zu lassen gehört sie auch zu der schönen Seite der Zivilisation, deren größtes Problem es ist, wenn das Motto einer Party im letzten Moment noch geändert wird. Fragen um die richtige Clique, das perfekte Kostüm, den größten Kick bestimmen jetzt Tallys Leben in New Pretty Town. Doch obwohl Tallys größter Wunsch eigentlich in Erfüllung gegangen ist und sie kaum mehr Verbindungen zu ihrem vorherigen Leben hat, kommen immer wieder Erinnerungsfetzen hoch und leise Zweifel beginnen sich in ihrem verlullten Pretty-Hirn zu regen. Als sie schließlich auf einer Party einen Ugly-Freund aus ihrer Smokey-Zeit trifft und dieser ihr das Versteck zum Heilmittel gegen die Läsionen, die die Operation im Gehirn der Prettys hinterlässt, verrät, schnappt sie sich ihren Pretty-Freund Zane und sucht das Versteck auf. Doch als sie im Anschluss mehr über New Pretty Town herausfindet und ihr alles wieder einzufallen droht, gerät sie aufs Neue in den Fokus der Behörden und die einzige Möglichkeit zu entkommen ist die Flucht aus New Pretty Town...


"Sie seufzte. Auf eins war in ihrem Leben immerhin Verlass: Es wurde immer nur noch komplizierter."


Auch wenn ich den ersten Teil erst wenige Tage zuvor beendet hatte fand ich es sehr schwer wieder in die Geschichte reinzukommen, da sich sowohl Tallys Charakter als auch ihre ganze Lebenswelt nach der Operation komplett verändert haben. Ich muss zugeben, dass mir dieser Wandel und vor allem das oberflächliche, prettyhafte Denken Tallys zu Beginn gehörig auf die Nerven gegangen ist. Auch wenn die Handlung eigentlich recht bald damit startet, dass Tally Croy wieder trifft und es an Handlung eigentlich nicht wirklich mangelt, hatte ich ein großes Problem, die Geschichte ernst zunehmen. Vor allem die ätzenden Wortwiederholungen von "prickelnd", "Pfusch", "Glücks-Faktor" und anderen Modeausdrücken, die in fast jedem Satz vorkamen, den Tally aussprach oder dachte, haben mich wirklich genervt. Ich kann durchaus verstehen, warum der Autor diese Mittel genutzt hat, um uns eindrücklich klar zu machen, dass Tally jetzt anders ist und die Läsionen in ihrem Gehirn ihr Denken vernebeln, aber das hätte ich auch nach 10 Wiederholungen des Wortes "prickelnd" schon verstanden. Gerade hier am Anfang hätte ich mir doch ein wenig mehr Abstand zu Tally gewünscht, eine etwas distanziertere Sicht auf sie und ihr Verhalten.


"Als sie hier über der Erde schwebte und ihr perfektes Gesicht von der Kapuze verborgen war, kam sie sich vor wie ein auferstandenen Geist, der neidisch die Lebenden beobachtete und versucht sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, auch am Leben zu sein."


Dazu kommt dass eigentlich nichts Neues passiert und das Buch im Aufbau sehr starke Parallelen zu "Ugly" hat. Zuerst eine lange Beschreibung des Pretty-Daseins, das Nehmen des Heilmittel und zum Ende hin auch wieder eine Flucht in die Wildnis. Klingelt es da bei jemandem? Für mich war dieser Zwischenteil ein typischer Überbrückungsband, wie man ihn leider so oft bei Trilogien findet. Ich finde es wirklich schade, dass der Autor hier nicht die Möglichkeit gefunden hat, die ganze eigentliche Story wesentlich einfacher zusammenzufassen und sofort ohne weitere unnötige Umwege in die gewünschte Richtung zu lenken. In diesem Format kam bei mir kaum Spannung auf, da die vielen Geschehnisse zwar ganz unterhaltsam zu lesen waren, die Handlung aber um kein Stück voran brachten.


"Du solltest die Welt so sehen wie ich, Tally." "Sie bieten mir einen Job an? Als Special?"
"Keinen Job. Eine komplett neue Existenz."


Besonders geärgert hat mich, dass wir hier fast gar nichts mehr über die Hintergründe des dystopischen Pretty-Ugly-Special-Systems erfahren, in dem die Geschichte spielt. Schon der erste Teil war kein tiefgründiges Meisterwerk, mir hat die dargestellte Grundidee aber sehr gut gefallen. Die Idee, die Evolution und die Gleichheit aller Menschen als gute Begründung für übergreifende Schönheitsoperationen anzusetzen, ist wirklich logisch und innovativ, genau wie die interessante Umsetzung in New Prettytown und Uglyville. Da im Anfangsband die präsentierte Gesellschaft nur recht lückenhaft angerissen wird und man nur einen groben Überblick über die Lebensweise der Menschen, die Luxusprobleme und die Oberflächlichkeit, die überhand nimmt, wenn jegliche Individualität verloren geht, bekommt, hätte ich es hier aber dringend erwartet, dass wir mehr über die Gesellschaft der Pretties und Uglies erfahren. Dass hier leider Großteils nicht viel Neues passiert und wir auch keine interessanten Hintergrundinformationen mehr präsentiert werden, die den Blick auf die Handlung nochmal verändern oder auch nur einen Schlenker oder gar Twist im Plot andeuten, hat für mich sehr viel Potential verschenkt.

Der Schreibstil ist noch schlichter und oberflächlicher als zuvor, was angesichts der Zielgruppe der Leser und dem geringen Anspruch der Handlung jedoch vollkommen in Ordnung ist. Neben der nervigen und wenig einfühlsamen Wortwahl, über die ich mich oben schon beschwert habe, lässt sich das Buch flüssig und schnell lesen. Die 400 Seiten lesen sich wie 200, hinterlassen dafür aber wenig Eindruck.


"Wir haben es geschafft, Tally. Wir sind frei!"
Sie schaute in seine Augen und die Erkenntnis, dass sie endlich hier waren, am Stadtrand, am Anfang der Freiheit, verursachte ihr ein Schwindelgefühl.
"Ja. Wir haben es geschafft."


Bei den Charakteren sehe ich ein weiteres Problem. Wieder erzählt hier Tally als personaler Er-Erzähler mit Innensicht. Seltsamerweise ist man hier aber viel näher an ihren Gefühlen und Gedanken dran, was ich genau an dieser Stelle der Handlung gar nicht verstehen konnte. Hier hätte ich mir wirklich ein wenig mehr Distanz gewünscht, um ihr Verhalten aus der Ferne begutachten zu können. Denn wo sie zuvor noch als vielfältige Person, die in verschiedenen Szenen versucht, jemand anderes zu sein - naive Bürgerin, gewitzte Rebellin, besorgte Freundin, Spionin, Heldin - präsentiert wurde, verliert sie hier durch den Gehirnschaden erstmal komplett ihr Profil und steht dann langsam als fast andere Person wieder auf. Als sie es schließlich schafft, die stupiden, idiotischen, naiven und abgekoppelten Denkweisen abzustreifen, konnte ich sie nur schwer mit der Person in Einklang bringen, die sie mal war. Mir fehlte ihre echt, ehrliche und ungeschönte Authentizität, ihre fehlerhafte Teenagerseite mit naiven Wünschen, Ängsten, unnachvollziehbaren Gedankengängen, Trotzphasen und Höhenflügen. Irgendwie scheint sie sich während der ganzen Pretty-Sache verändert, scheint sie irgendwie erwachsen geworden zu sein, ohne dass der Leser davon irgendetwas mitbekommt. Ich hatte plötzlich das Gefühl, das Gefühl für die eigene Protagonistin verloren zu haben und sie gar nicht mehr richtig zu kennen. Das wirft natürlich im Verständnis der Geschichte natürlich recht stark zurück.


"Bald würden sie springen müssen, im freien Fall, bis ihre Hubbretter das Magnetgitter der Stadt spürten und sie auffingen. Es war nicht so einfach wie ein Sturz mit einer Bungeejacke, aber auch nicht zu schwierig, hoffte Tally. Als sie nach unten sah schüttelte sie den Kopf und seufzte. Manchmal kam es ihr so vor, als sei ihr Leben eine Serie von Stürzen aus immer größerer Höhe..."


Auch David erkennt sie fast nicht mehr wieder, vom rein äußerlichen mal abgesehen. Da passt es natürlich ganz wunderbar ins Konzept, dass Tally ihn sowieso schon lange abgeschrieben und ersetzt hatte: durch den hübschen Pretty Zane. Dass sie sich nicht mehr an David erinnern kann mag ja einleuchten, dass sie sich aber sofort und ohne jedes mulmige Gefühl in die nächste Beziehung stürzt ist ein wenig fragwürdig. Jetzt hoffe ich mal, dass wir es im letzten Teil nicht mit einer Dreiecksbeziehung zu tun bekommen, dann wäre ich mit meinem Latein wirklich am Ende, was diese Geschichte anbelangt.


"Pretties mochten keine Konflikte. Pretties gingen keine Risiken ein. Pretties sagten nicht Nein. Aber Tally war keine Pretty mehr. Sie packte ihr Hubbrett und ließ sich ins Leere fallen."


Interessant wird der Roman nur nochmal gegen Ende. Als Tally nach ihrer Flucht auf ein geheimnisvolles Reservat trifft, in dem Menschen auf ganz ursprüngliche Art und Weise leben und sie als Art Gottheit verehren. Diese Idee hat für mich das Buch gerade nochmal retten können, sodass ich dem letzten Teil "Special - Zeig dein wahres Gesicht" wohl doch nochmal eine Chance geben werde.



Fazit:

Eine sehr durchwachsene Fortsetzung, die meine Erwartungen nicht erfüllen konnte und unter den typischen Symptomen eines Trilogie-Mittelteils litt. Meine Hoffnung auf einen guten Abschluss ruht nun ganz auf dem letzten Teil!

Veröffentlicht am 22.02.2018

Eine sehr durchwachsene Fortsetzung

Ugly – Pretty – Special 2: Pretty - Erkenne dein Gesicht
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Allgemeines:

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht
Autor: Scott Westerfeld
Verlag: Carlsen (Februar 2011)
Genre: Dystopie
ISBN-10: 3551310076
ISBN-13: 978-3551310071
ASIN: B01EHV1WB8
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Pretty - Erkenne dein Gesicht
Autor: Scott Westerfeld
Verlag: Carlsen (Februar 2011)
Genre: Dystopie
ISBN-10: 3551310076
ISBN-13: 978-3551310071
ASIN: B01EHV1WB8
Seitenzahl: 400 Seiten
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Ugly - Verlier nicht dein Gesicht;
Special - Zeig dein wahres Gesicht


Inhalt:

Tally ist von einer Ugly zur Pretty geworden. Sie sieht umwerfend aus, hat einen tollen Freund und ist wahnsinnig beliebt. Aber bei allem Spaß, den Partys, dem Luxus, spürt Tally, dass irgendetwas nicht stimmt. Dann erhält sie eine Botschaft aus ihrer Vergangenheit - und plötzlich wird ihr klar, was in der Pretty-Welt fehlt. Tally beginnt, umzudenken und begibt sich damit in tödliche Gefahr. Denn wer zu viel weiß, gerät schnell ins Visier der Behörden ...


Bewertung:

Nachdem ich der erste Band der Reihe "Ugly - Verlier nicht dein Gesicht", was mich jetzt zwar nicht umgehauen, aber mich mit doch einigen ganz interessanten Ideen unterhalten hat, vor ein paar Tagen gelesen hatte, war für mich klar, dass ich die Geschichte weiterverfolgen will. Diese Fortsetzung weist jedoch die typischen Schwächen eines Trilogie-Mittelteils auf und kann weder mit besonders viel Spannung, noch mit neuen Erkenntnissen oder einer übermäßigen Entwicklung aufwarten, was mich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht hat.


"Schatten bewegten sich im Wind und sie stellte sich vor, wie graue Gestalten dazwischen einherhuschten. "Das war mein Fehler"
"Wie meinst du das?"
"Es ist immer mein Fehler"
"Das ist doch Pfusch, Tally.", sagte Zane leise. "Es ist nicht schlimm, etwas Besonderes zu sein."


Das Cover zeigt ebenso wie das des ersten Teiles ein Mädchengesicht in Zoomaufnahme. Wo auf dem vorhergegangenen aber Linien und Pfeile anzeigten, wie eine Schönheitsoperation bestimmte Merkmale verändern würde, um es der Norm anzugleichen, sind diese Veränderungen hier schon vorgenommen werden und wir sehen ein typisches Pretty-Gesicht: große Augen, glatte Haut, perfekte Symmetrie. Spannend ist daran vor allem, dass das Gesicht zwar irgendwie ganz hübsch erscheint, gleichzeitig jedoch ein wenig langweilig, durchschnittlich und seelenlos wirkt, wenn man es mit dem Mädchen auf dem ersten Cover vergleicht. Das zeigt ganz wunderbar, wie den Uglies bei ihrer Operation neben ihren Makeln auch ihre Individualität und vor allem ihr scharfes Denken genommen werden, sodass am Ende eine gleichdenkende und gleichaussehende, hübsche Masse zurückbleibt. Insofern passt das Cover natürlich zum Inhalt wie die Faust aufs Auge, nichtsdestotrotz finde ich es optisch nicht sonderlich ansprechend. Natürlich passen Titel und Untertitel wieder ebenfalls gut.

Erster Satz: "Sich anzuziehen war immer der schwierigste Teil des Nachmittags."


Die Geschichte steigt direkt in Tallys neues perfektes Pretty-Party-Spaß-Konsum-Leben ein. Nachdem sie sich freiwillig den Specials gestellt hat, um nach der Operation das neue Heilmittel der Smokey-Rebellen an sich testen zu lassen gehört sie auch zu der schönen Seite der Zivilisation, deren größtes Problem es ist, wenn das Motto einer Party im letzten Moment noch geändert wird. Fragen um die richtige Clique, das perfekte Kostüm, den größten Kick bestimmen jetzt Tallys Leben in New Pretty Town. Doch obwohl Tallys größter Wunsch eigentlich in Erfüllung gegangen ist und sie kaum mehr Verbindungen zu ihrem vorherigen Leben hat, kommen immer wieder Erinnerungsfetzen hoch und leise Zweifel beginnen sich in ihrem verlullten Pretty-Hirn zu regen. Als sie schließlich auf einer Party einen Ugly-Freund aus ihrer Smokey-Zeit trifft und dieser ihr das Versteck zum Heilmittel gegen die Läsionen, die die Operation im Gehirn der Prettys hinterlässt, verrät, schnappt sie sich ihren Pretty-Freund Zane und sucht das Versteck auf. Doch als sie im Anschluss mehr über New Pretty Town herausfindet und ihr alles wieder einzufallen droht, gerät sie aufs Neue in den Fokus der Behörden und die einzige Möglichkeit zu entkommen ist die Flucht aus New Pretty Town...


"Sie seufzte. Auf eins war in ihrem Leben immerhin Verlass: Es wurde immer nur noch komplizierter."


Auch wenn ich den ersten Teil erst wenige Tage zuvor beendet hatte fand ich es sehr schwer wieder in die Geschichte reinzukommen, da sich sowohl Tallys Charakter als auch ihre ganze Lebenswelt nach der Operation komplett verändert haben. Ich muss zugeben, dass mir dieser Wandel und vor allem das oberflächliche, prettyhafte Denken Tallys zu Beginn gehörig auf die Nerven gegangen ist. Auch wenn die Handlung eigentlich recht bald damit startet, dass Tally Croy wieder trifft und es an Handlung eigentlich nicht wirklich mangelt, hatte ich ein großes Problem, die Geschichte ernst zunehmen. Vor allem die ätzenden Wortwiederholungen von "prickelnd", "Pfusch", "Glücks-Faktor" und anderen Modeausdrücken, die in fast jedem Satz vorkamen, den Tally aussprach oder dachte, haben mich wirklich genervt. Ich kann durchaus verstehen, warum der Autor diese Mittel genutzt hat, um uns eindrücklich klar zu machen, dass Tally jetzt anders ist und die Läsionen in ihrem Gehirn ihr Denken vernebeln, aber das hätte ich auch nach 10 Wiederholungen des Wortes "prickelnd" schon verstanden. Gerade hier am Anfang hätte ich mir doch ein wenig mehr Abstand zu Tally gewünscht, eine etwas distanziertere Sicht auf sie und ihr Verhalten.


"Als sie hier über der Erde schwebte und ihr perfektes Gesicht von der Kapuze verborgen war, kam sie sich vor wie ein auferstandenen Geist, der neidisch die Lebenden beobachtete und versucht sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, auch am Leben zu sein."


Dazu kommt dass eigentlich nichts Neues passiert und das Buch im Aufbau sehr starke Parallelen zu "Ugly" hat. Zuerst eine lange Beschreibung des Pretty-Daseins, das Nehmen des Heilmittel und zum Ende hin auch wieder eine Flucht in die Wildnis. Klingelt es da bei jemandem? Für mich war dieser Zwischenteil ein typischer Überbrückungsband, wie man ihn leider so oft bei Trilogien findet. Ich finde es wirklich schade, dass der Autor hier nicht die Möglichkeit gefunden hat, die ganze eigentliche Story wesentlich einfacher zusammenzufassen und sofort ohne weitere unnötige Umwege in die gewünschte Richtung zu lenken. In diesem Format kam bei mir kaum Spannung auf, da die vielen Geschehnisse zwar ganz unterhaltsam zu lesen waren, die Handlung aber um kein Stück voran brachten.


"Du solltest die Welt so sehen wie ich, Tally." "Sie bieten mir einen Job an? Als Special?"
"Keinen Job. Eine komplett neue Existenz."


Besonders geärgert hat mich, dass wir hier fast gar nichts mehr über die Hintergründe des dystopischen Pretty-Ugly-Special-Systems erfahren, in dem die Geschichte spielt. Schon der erste Teil war kein tiefgründiges Meisterwerk, mir hat die dargestellte Grundidee aber sehr gut gefallen. Die Idee, die Evolution und die Gleichheit aller Menschen als gute Begründung für übergreifende Schönheitsoperationen anzusetzen, ist wirklich logisch und innovativ, genau wie die interessante Umsetzung in New Prettytown und Uglyville. Da im Anfangsband die präsentierte Gesellschaft nur recht lückenhaft angerissen wird und man nur einen groben Überblick über die Lebensweise der Menschen, die Luxusprobleme und die Oberflächlichkeit, die überhand nimmt, wenn jegliche Individualität verloren geht, bekommt, hätte ich es hier aber dringend erwartet, dass wir mehr über die Gesellschaft der Pretties und Uglies erfahren. Dass hier leider Großteils nicht viel Neues passiert und wir auch keine interessanten Hintergrundinformationen mehr präsentiert werden, die den Blick auf die Handlung nochmal verändern oder auch nur einen Schlenker oder gar Twist im Plot andeuten, hat für mich sehr viel Potential verschenkt.

Der Schreibstil ist noch schlichter und oberflächlicher als zuvor, was angesichts der Zielgruppe der Leser und dem geringen Anspruch der Handlung jedoch vollkommen in Ordnung ist. Neben der nervigen und wenig einfühlsamen Wortwahl, über die ich mich oben schon beschwert habe, lässt sich das Buch flüssig und schnell lesen. Die 400 Seiten lesen sich wie 200, hinterlassen dafür aber wenig Eindruck.


"Wir haben es geschafft, Tally. Wir sind frei!"
Sie schaute in seine Augen und die Erkenntnis, dass sie endlich hier waren, am Stadtrand, am Anfang der Freiheit, verursachte ihr ein Schwindelgefühl.
"Ja. Wir haben es geschafft."


Bei den Charakteren sehe ich ein weiteres Problem. Wieder erzählt hier Tally als personaler Er-Erzähler mit Innensicht. Seltsamerweise ist man hier aber viel näher an ihren Gefühlen und Gedanken dran, was ich genau an dieser Stelle der Handlung gar nicht verstehen konnte. Hier hätte ich mir wirklich ein wenig mehr Distanz gewünscht, um ihr Verhalten aus der Ferne begutachten zu können. Denn wo sie zuvor noch als vielfältige Person, die in verschiedenen Szenen versucht, jemand anderes zu sein - naive Bürgerin, gewitzte Rebellin, besorgte Freundin, Spionin, Heldin - präsentiert wurde, verliert sie hier durch den Gehirnschaden erstmal komplett ihr Profil und steht dann langsam als fast andere Person wieder auf. Als sie es schließlich schafft, die stupiden, idiotischen, naiven und abgekoppelten Denkweisen abzustreifen, konnte ich sie nur schwer mit der Person in Einklang bringen, die sie mal war. Mir fehlte ihre echt, ehrliche und ungeschönte Authentizität, ihre fehlerhafte Teenagerseite mit naiven Wünschen, Ängsten, unnachvollziehbaren Gedankengängen, Trotzphasen und Höhenflügen. Irgendwie scheint sie sich während der ganzen Pretty-Sache verändert, scheint sie irgendwie erwachsen geworden zu sein, ohne dass der Leser davon irgendetwas mitbekommt. Ich hatte plötzlich das Gefühl, das Gefühl für die eigene Protagonistin verloren zu haben und sie gar nicht mehr richtig zu kennen. Das wirft natürlich im Verständnis der Geschichte natürlich recht stark zurück.


"Bald würden sie springen müssen, im freien Fall, bis ihre Hubbretter das Magnetgitter der Stadt spürten und sie auffingen. Es war nicht so einfach wie ein Sturz mit einer Bungeejacke, aber auch nicht zu schwierig, hoffte Tally. Als sie nach unten sah schüttelte sie den Kopf und seufzte. Manchmal kam es ihr so vor, als sei ihr Leben eine Serie von Stürzen aus immer größerer Höhe..."


Auch David erkennt sie fast nicht mehr wieder, vom rein äußerlichen mal abgesehen. Da passt es natürlich ganz wunderbar ins Konzept, dass Tally ihn sowieso schon lange abgeschrieben und ersetzt hatte: durch den hübschen Pretty Zane. Dass sie sich nicht mehr an David erinnern kann mag ja einleuchten, dass sie sich aber sofort und ohne jedes mulmige Gefühl in die nächste Beziehung stürzt ist ein wenig fragwürdig. Jetzt hoffe ich mal, dass wir es im letzten Teil nicht mit einer Dreiecksbeziehung zu tun bekommen, dann wäre ich mit meinem Latein wirklich am Ende, was diese Geschichte anbelangt.


"Pretties mochten keine Konflikte. Pretties gingen keine Risiken ein. Pretties sagten nicht Nein. Aber Tally war keine Pretty mehr. Sie packte ihr Hubbrett und ließ sich ins Leere fallen."


Interessant wird der Roman nur nochmal gegen Ende. Als Tally nach ihrer Flucht auf ein geheimnisvolles Reservat trifft, in dem Menschen auf ganz ursprüngliche Art und Weise leben und sie als Art Gottheit verehren. Diese Idee hat für mich das Buch gerade nochmal retten können, sodass ich dem letzten Teil "Special - Zeig dein wahres Gesicht" wohl doch nochmal eine Chance geben werde.



Fazit:

Eine sehr durchwachsene Fortsetzung, die meine Erwartungen nicht erfüllen konnte und unter den typischen Symptomen eines Trilogie-Mittelteils litt. Meine Hoffnung auf einen guten Abschluss ruht nun ganz auf dem letzten Teil!