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Veröffentlicht am 03.08.2021

Sexy, mitreißend, komplex und mit dem typischen Jennifer-L-Armentrout-Humor

Blood and Ash
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Nachdem sich die letzten Reihen (z.B. Die "Wicked"-Trilogie und die "Götterleuchten"-Reihe) von Jennifer L. Armentrout für mich eher als Enttäuschung herausgestellt haben, hatte ich sehr geringe Erwartungen ...

Nachdem sich die letzten Reihen (z.B. Die "Wicked"-Trilogie und die "Götterleuchten"-Reihe) von Jennifer L. Armentrout für mich eher als Enttäuschung herausgestellt haben, hatte ich sehr geringe Erwartungen an den neuen Reihenauftakt, "Blood and Ash", vor allem, da dies ihr erster Ausflug ins Genre High Fantasy war. Aber - wow -, kann sie in diesem Genre bitte für immer bleiben? Die Geschichte von Poppy und Hawke ist so mitreißend, sexy, humorvoll und komplex - die Autorin kann hier ohne Probleme an den Charme ihrer ersten Reihen wie "Dark Elements" oder "Obsidian" anknüpfen und erschließt mit einem Volltreffer ein neues Subgenre für sich!


"Mut und Angst sind oft ein und dasselbe, und man wird entweder zum Krieger oder zum Feigling. Der einzige Unterschied ist die Person, die Mut und Angst empfindet."


Auch die Gestaltung ist schon ein absoluter Volltreffer. Zusehen sind Poppys Dolch und ein Pfeil, welche sich vor dem dunklen Hintergrund eines dichten Wurzelwerks mit blutroten Blättern kreuzen. Düster, blutig, sexy - das sind Assoziationen, die mir beim Betrachten des Covers einfallen und diese passen auch ganz wunderbar zur Geschichte. Ich liebe es also, dass der Verlag den Titel und die Covergestaltung der Originalausgabe beibehalten hat. Aber was bitte soll dieser nichtssagende schwülstige Untertitel? Schon bei "Wicked" habe ich über den deutschen Untertitel "Eine Liebe zwischen Licht und Dunkelheit" nur schmunzeln können. Und jetzt "Liebe kennt keine Grenzen" - Mal im Ernst, Heyne Verlag, welcher Genius denkt sich bei Euch die Untertitel aus?


Erste Sätze: "Finley wurde heute Abend gefunden. Am Rand des Blutwaldes. Tot."


Jennifer L. Armentrout beginnt ihre neue Fantasy-Saga mit viel Sex, Mord und Totschlag und so verwirrend komplex, dass man sich gleich in ein von magischen Wesen bevölkertes Westeros versetzt fühlt. Wir lernen hier unsere Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin Penellaphe, kurz Poppy, auf einem unerlaubten Streifzug durch das Vergnügungsviertel der Burg Teerman kennen, auf dem sie Erfahrungen sammeln will, die ihr als Auserwählte, als "Jungfräuliche", nicht erlaubt sind. Muss sie sonst mit einem Schleier bedeckt ihren Studien nachgehen, um sich darauf vorzubereiten, vor die Götter zu treten und das Königreich zu retten, ist sie während ihrer Ausflüge einfach nur eine junge Frau aus der Suche nach Spaß und Abenteuer. Als jedoch ausgerechnet Hawke Flynn, mit dem sie ein prickelndes Erlebnis aus einer dieser Nächte verbindet, als ihr Leibwächter eingeteilt wird, scheint ihr Geheimnis kurz vor dem Auffliege zu sein und ihr Ruf auf dem Spiel zu stehen. Mit seinem Erscheinen in ihrem Leben werden jedoch eine Reihe anderer Vorkommnisse in Bewegung gesetzt, sodass sie schnell in größeren Schwierigkeiten steckt als eine Bestrafung für unerlaubtes Verschwinden und schon bald steht ihre ganze Welt Kopf...


"Ich schwöre Euch, Penellaphe, mit meinem Schwert und meinem Leben zu beschützen", sagte er mit tiefer, wohlklingender Stimme, die mich an vollmundige dunkle Schokolade erinnerte. "Ich gehöre Euch, von diesem Moment an bis zu meinem Tod."


Schon nach wenigen Szenen wusste ich: uhhh, das könnte gut werden, und zwar so richtig gut! Zwar passiert zu Beginn erst einmal nicht besonders viel, dennoch ist die Geschichte von der ersten Seite an spannend. Diese Spannung fußt gerade in der ersten Hälfte weniger auf einer besonders ausgeklügelten Handlung, sondern eher auf der zwischenmenschlichen Anziehungskraft zwischen Poppy und ihrem neuen Leibwächter Hawke, ihrem Unwillen, sich in die für sie vorgesehene Rolle pressen zu lassen und einigen Rätseln, die uns das Setting aufwirft. Jennifer L. Armentrout entführt hier nämlich in eine komplexe von einem lang vergangenen Krieg zerrissenen Fantasy-Welt mit verschiedenen, von hohen Mauern umgebenen Herzogtümern, die Menschen und sogenannte "Aufgestiegene" vor den Attacken der "Hungernden" beschützen, die im Blutwald leben und mit dem Nebel kommend über die Menschen herfallen. Neben den sehr greifbaren Gefahren dieser mittelalterlichen Welt spielen auch Götter, Atlantier und Wölfische eine Rolle, welche jedoch mehr Religion und Aberglaube als Realität sind - denkt Poppy zumindest. Doch im Verlauf der Geschichte muss sie immer wieder in Frage stellen, was sie zu glauben weiß und zu Beginn schwer greifbare Begriffe und Konstrukte dieser Welt werden auch für die Leser zunehmend realer. Leider bemerkt man in dem Zuge auch, dass sich hinter was auf den ersten Blick sehr fremdartig und originell erscheint, viele bekannte Fabelwesen wie Zombies, Vampyre, Werwölfe oder Fae verbergen.


"Hier gab es weder etwas zu tun noch zu finden. Außer der Wahrheit. Und was war mein Leitsatz, wenn es um die Wahrheit ging? Natürlich machte die Wahrheit oft Angst, aber mit ihr kam auch die Macht. Und ich hatte mich noch nie vor der Wahrheit versteckt."


Das schmälert jedoch nicht die Tatsache, dass Jennifer L. Armentrout dieses neue Genre rockt! Zwischendurch hatte ich (vor allem beim männlichen Alpha-Love-Interest) sehr starke Sarah-J-Maas-Vibes und war deshalb überhaupt nicht überrascht, als JLA ihr in der Danksagung für ihre Unterstützung gedankt hat. Dennoch kann man hier in jeder Zeile die typische JLA Handschrift erkennen: "Blood and Ash" bringt mit humorvollen Anspielungen zum Lachen, mit prickelnder Liebe zum Schmachten, mit epischen Kämpfen zum Mitfiebern und mit schockierenden Wendungen und Cliffhangern zum Fluchen. Auch der schlimmste Mord und Totschlag hält Jennifer L. Armentrout nicht davon ab, uns mit einem humorvollen Unterton ab und zu zum Lachen zu bringen. Zwischen all den romantischen, actionreichen und erschreckenden Szenen nimmt sie mit ihrem treffenden Humor vielen Problemen die Spitze und macht die Geschichte trotz des eher handlungsarmen Begins unglaublich unterhaltsam. Hawkes Zweideutigkeiten, Poppys Sarkasmus, die vielen Insiderwitzen (Stichwort: Miss Willas Tagebuch) und vor allem die unglaublich lustigen und auch oft peinlichen Konversationen zwischen der erfahrungshungrigen, unerfahrenen Poppy und dem selbstsicheren Frauenhelden Hawke haben mir zusätzlich praktisch ein Dauergrinsen ins Gesicht tapeziert. Wortgewandt, witzig, dabei voller Andeutungen, Metaphern und mit grandiosen Beschreibungen von Gegebenheiten, Ereignissen, Emotionen und magischen Elementen führt sie uns durch die Geschichte, sodass die 666 Seiten wie im Flug vergehen.


"Ich bin die Jungfräuliche."
Er zog scharf die Luft ein und schloss die Augen. Ein Zittern ging durch seinen Körper. "Du bist die Auserwählte. Geboren unter dem Schleier der Götter, beschützt seit dem Mutterleib, verschleiert seit ihrer Geburt."
Ja, das war dann wohl ich."


Überrascht hat mich, dass es sich die Autorin trotz des komplizierteren Worldbuildings nicht nehmen lässt, einen sehr starken Fokus auf die Charaktere und deren Beziehung zueinander zu legen, welche im High Fantasy Genre oft zu kurz kommt. In "Blood and Ash" besteht jedoch ungefähr die Hälfe der 666 Seiten aus Interaktionen zwischen Poppy und Hawke (und ja, damit meine ich auch heiße Szenen, von denen es einige gibt, was besonders ironisch ist, da die Hauptfigur hier den Titel "die Jungfräuliche" trägt) und die andere aus blutigen Kämpfen. Das sorgt natürlich für einen wahnsinnig hohen Unterhaltungsfaktor, da die Elektrizität zwischen den beiden eine ganze Stadt mit Strom versorgen könnte, rückt aber auch die Figuren an sich in den Vordergrund. Unsere Ich-Erzählerin Poppy ist eine starke Heldin, die mit einer besonderen Gabe, einer großen Verantwortung und einer strahlenden Zukunft geboren wurde, jedoch mit ihrer Auserwählten-Rolle hadert. Die "Die Hauptperson ist ja sooo eine besondere Schneeflocke"-Idee ist ja ein sehr häufiges Motiv in Fantasy-Reihen. Wie egal Poppy ihre von den "Göttern" zugedachte Position als Jungfräuliche (was by the way irgendwie sexueller klingt als die Übersetzung "Maiden") ist, wie sie gegen ihre Rolle rebelliert, anstatt sich damit zu identifizieren und die Schwierigkeiten, in die sie sich damit manövriert, sind deshalb eine sehr erfrischende Abwechslung.


„Du bist wirklich ein faszinierendes, mörderisches kleines Ding.“


Und Hawke, was soll man zu ihm sagen... er ist mitfühlend, düster, selbstbewusst, humorvoll, stark und unverschämt heiß - einfach der Inbegriff männlicher Perfektion, die droht, Rhysand als ultimativer Bookboyfriend Konkurrenz zu machen. Leider konnte ich die Wendung, die ihn betrifft, schon sehr früh vorhersagen.


"Der Tod ist wie ein alter Freund, der zu Besuch kommt. Manchmal schaut er vorbei, wenn du es am wenigsten erwartest, und manchmal sehnst du ihn herbei. Es ist nicht das erste, und auch nicht das letzte Mal, dass du ihn siehst, aber das macht ihn nicht weniger brutal und gnadenlos."


Das Ende ist mal wieder auf die typische Armentrout´sche "haha-du-dummer-Leser-hier-hast-du-einen-krassen-Cliffhanger-jetzt-komm-damit-klar-und-zerbreche-dir-darüber-den-Kopf-bis-der-nächste-Teil-rauskommt"-Art, für die ich sie wirklich hassen könnte. Aber nur fast, denn dafür habe mich bei dieser Geschichte viel zu oft mit breitem Grinsen auf meinem Bett gesessen und mir gewünscht, in die Geschichte eintauchen zu können.



Fazit:


Sexy, mitreißend, komplex und mit dem typischen Jennifer-L-Armentrout-Humor - "Blood and Ash" ist ein vielversprechender Auftakt, mit dem die Autorin an den Charme ihrer ersten Reihen anknüpft und sich ein neues Genre erschließt!

4,5 von 5 Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2021

Ein absolutes Herzensbuch, aber mit leicht überzogenem Ende...

Be My Tomorrow
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"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All ...

"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All In - Zwei Versprechen" und "All In - Tausend Augenblicke" in mein Leseherz geschrieben hat. Wie bei jedem ihrer Bücher habe ich mich auch in die Geschichte von Zelda und Beckett Hals über Kopf verliebt, ganz an die von Thea und Jim, die ich vor ein paar Wochen gelesen habe, kommt "Be My Tomorrow" aber nicht heran.

"Be My Tomorrow" ist in vielerlei Hinsicht ein typischer Emma-Scott-Roman. So beginnt es schon beim Cover, dass ich eigentlich genau dasselbe schreiben kann, wie bei ihren anderen Romanen auch: Grundsätzlich ist es mal wieder sehr schön anzusehen mit dem lavendelfarbenen Hintergrund, der von federartigen cremefarbenen Strukturen und helleren Lichtpunkten durchzogen ist. Wie aber bei fast allen Cover-Gestaltungen des LYX-Verlag fehlt unter der hübschen Oberfläche die tiefere Bedeutung: die Verbindung zum Inhalt. Auch den Titel, "Be My Tomorrow" finde ich eher enttäuschend. Ich habe das bestimmt mittlerweile an die 100-mal gesagt in Rezensionen, aber ich wiederhole es gerne nochmal: ich kann einfach nicht nachvollziehen, weshalb man einen bestehenden, perfekten Originaltitel ändern muss (außer aus Urheberrechtsgründen natürlich) und wenn man es doch tut, warum man dann einen anderen englischen Titel wählt. "Be My Tomorrow" ist zwar kein kompletter Griff ins Klo, da Beckett und Zelda sich zusammen gegenseitig aus ihrer Vergangenheit reißen und einen Schritt ins Morgen gehen. Da der Originaltitel "The Butterfly Project" aber etwa tausend Mal besser passt und auch einen höheren Wiedererkennungswert hat, finde ich es sehr schade, dass der Verlag nicht bei einer Version des Originals geblieben ist.


Erster Satz: "Kein Herz", flüsterte ich in meinen Mantelkragen"


Wir lernen unsere erste Hauptprotagonistin Zelda am Tiefpunkt ihres Lebens kennen. Sie hat alles auf eine Karte gesetzt, ist aus Las Vegas weg und nach New York gezogen, um ihre Graphic Novel Verlagen anzubieten. So langsam wird es mit ihren Ersparnissen knapp, es hagelt nur Absagen und als dann auch noch ihre Zeichenutensilien geklaut werden, steht sie kurz davor, ihren Traum aufzugeben. Dann trifft sie Beckett, einen gutaussehenden Fremden, der mit seiner eigenen Miete in Verzug ist, aber trotzdem einem Obdachlosen Geld gibt, der zwei Jobs hat, aber trotzdem seiner Nachbarin Essen bringt, der ein verurteilter Straftäter ist, bei dem sie sich aber trotzdem sofort wohl und sicher fühlt. Um Geld zu sparen und ihrer Heimreise Aufschub zu gewähren, zieht sie bei ihm ein, nicht wissend, dass die winzige Wohnung schon bald zu einem Zuhause und ihr Mitbewohner zu einer Chance auf Liebe, Glück, Vergebung und ein Morgen wird...


Zelda: "Mir wurde klar, dass man sich an alles gewöhnen konnte - selbst daran, jahrelang allein zu sein, - bis zu dem Moment, in dem man mit etwas in Berührung kam, was besser war als das, was man hatte."


Ich sagte bereits nach meiner Einleitung, dass "Be My Tomorrow" ein typisches Emma-Scott-Buch ist. Genau wie alle ihre Bücher ist die Geschichte zwar leise und sensibel erzählt, ruhig und ereignislos über weite Teile der Geschichte, aber dafür mit brüllend lauten Schicksalen unter der Oberfläche. Die zentralen Themen der Geschichte, auf die auch die Triggerwarnung hinweist, sind Kindesentführung, Drogenmissbrauch, Tod, Trauer und vor allem: Schuld. Während Zelda vergeblich versucht, ihre Trauer, Angst und Schuldgefühle über den Verlust ihrer Schwester in ihrer Kunst zu verarbeiten, bezahlt Beckett tagtäglich den Preis für eine dumme Entscheidung, die er aus Verzweiflung getroffen und seither bitter bereut hat. Neben den emotionalen Päckchen, die die beiden den Lesern und sich gegenseitig schon früh im Buch offenbaren, sorgt auch ihr Leben am Rand der Gesellschaft für eine melancholische Grundstimmung. Anders als in anderen Geschichten, in denen das blühende Leben und die tausend Möglichkeiten von New York gefeiert werden, zeigt uns Emma Scott hier eine Welt voller Einsamkeit, Geldsorgen, winzigen Wohnungen, abgewrackten Hostels, Bewährungshelfer und Ungerechtigkeit, sodass uns eine gewisse Schwere durch das gesamte Buch begleitet.


Beckett: "Ich öffnete das Fenster einen Spalt breit und rauchte eine Zigarette, während ich der Musik lauschte. Es war ein gutes Album. Ein bisschen kitschig, aber manchmal denke ich, dass kitschig nur bedeutet, dass etwas in einfachste Begriffe gepackt wird. "Hör niemals auf zu glauben". Das ist alles. Keine Metapher. Keine Poesie. Ein simpler Rat im Wert von fünfunddreißig Dollar bei jedem Pfandleiher."


Emma Scott erzählt hier also mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch mit schnellen Entwicklungen oder überkochender Leidenschaft, sondern lässt es gerade im ersten Drittel ruhig angehen. Arbeiten, Kochen, Überarbeiten der Graphic Novel, Schlafen... viel mehr tun die beiden Figuren nicht. Durch ihr Zusammenleben auf engem Raum wohnt jedoch allem, was sie tun eine Intensität und Intimität inne, die einen vergessen lässt, dass sie sich erst nach gut 200 Seiten langsam näherkommen. "Be My Tomorrow" ist eine ultra-slow-burn Geschichte, was angesichts der Tatsache, dass beide sich vorher nicht kannten, lange einsame Einzelkämpfer waren und sich nur Schritt für Schritt öffnen, nur natürlich erscheint. Besonders herzergreifend wird die Annäherung der beiden auch durch Emma Scotts besonderen Schreibstil. Diese Autorin schafft es wie keine Zweite, intensiv Schmerz und Liebe gegenüberzustellen und den Leser damit zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern zu bringen. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich.


Zelda: "Ich schmeckte Champagner, eine Süße, dicht gefolgt vom Biss des Alkohols. Süß und stark. Genau wie er. Ich stellte mir vor, dass er auch ohne den Champagner so schmecken würde, jeden Tag, immer, und verspürte das plötzliche Verlangen, zu wissen, ob das stimmte. Ihn im heißesten, dunkelsten Teil der Nacht zu küssen, in der schläfrigen Wärme des Morgens, oder selbst nach zehn Stunden auf dem Rad im Sommer, sodass sich sein salziger Schweiß mit dieser berauschenden Mischung verband, die ihn repräsentierte. Das bist du."


Auch die Figuren sind mir wieder in Rekordzeit ans Herz gewachsen. Zelda ist eine eher zurückhaltende, verschlossene Protagonistin, die ich zunächst noch schwer greifen konnte. Mit jedem Kapitel aus ihrer Sicht können wir sie dann jedoch besser verstehen, lernen, was sie bewegt und weshalb sie sich so verzweifelt an ihre Graphic Novel klammert. Beckett hingegen ist mal wieder eine Liebe auf den ersten Blick gewesen. Schon mit dem ersten Kapitel aus seiner Sicht und dem ersten von 40 Briefen, die er an die Leidtragende seiner dummen Entscheidung schreibt und von denen einige abgedruckt sind, war es um mich geschehen. Ich weiß auch nicht wieso, aber die Autorin hat einfach ein Händchen dafür, männliche Protagonisten zu erschaffen, die mich mit ihrer poetischen Tiefgründigkeit und gequälte Intensität immer wieder vom Hocker hauen. Nach Isaac in "Never Doubt" dachte ich, ich würde keinen New-Adult-Protagonisten mehr lieben können, aber here it is: ein neuer und noch anbetungswürdigerer Love Interest (mein armes Herz, seufz).


Zelda: "Ich gehörte ihm. Auf jede erdenkliche Weise. Und er mir. In diesem Herzschlag wusste ich, dass er es auch fühlte, und das schönste Lächeln der Welt umspielte seine Lippen, bevor er mich küsste."


Wirklich besonders wird die Geschichte jedoch erst durch die geschickte Einbindung der Graphic Novel in Handlung und Satz. Überrascht hat mich, dass hier tatsächlich einige Graphic-Novel-Illustrationen von Christopher Stewart eingefügt sind, die Beschreibungen bildlich untermauern und unterstützen. Das ist jedoch viel mehr als ein schönes Plus in der Gestaltung, oder allgemein ein interessantes Thema - die Graphic Novel ist tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, durch die essenzielle Entwicklungsschritte der Figuren abgebildet werden. Wie sich Becketts und Zeldas Weg aus Schuld, Rache, Zorn und Trauer hin zu Vergebung in der Weiterentwicklung von "Mutter, darf ich" widerspiegelt ist einfach KUNST! Und wenn wir schon bei tollen Parallelen sind - riesig gefreut habe ich mich auch über die kurzen Easter-Eggs, die mir schon in "Between Your Words" aufgefallen sind und bei denen die Autorin eine kurze Verbindung zu Theo und Jonah aus ihrer "All In"-Reihe herstellt.


Zelda: "Wir hatten uns zu oft berührt, als dass mein Körper es vergessen konnte, und jetzt litt ich den köstlichen Schmerz, etwas zu wollen, was ich nicht haben konnte. Diesen außergewöhnlichen Schmerz, wenn die Person, die man will, in Greifweite ist. Diese aufgeladene Atmosphäre, die Spannung, die sich mit einem einzigen Blick oder Wort plötzlich entladen könnte..."


Der einzige Grund, weshalb "Be My Tomorrow" einfach nicht in derselben Liga spielt wie "Between Your Words" ist das Ende. Nachdem wir zuvor in Mikroschritten Richtung Hoffnung vorangeschlichen sind, passiert hier plötzlich viel zu viel auf einmal, scheinbar alle Probleme lösen sich in Luft auf und das Happy End erscheint etwas zu perfekt. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich riesig über das schöne Ende, hier hätte aber einfach ein etwas leiseres, zurückhaltenderes Happy End besser gepasst. Zu meinem großen Glück ist "Be My Tomorrow" mal wieder der Auftakt einer Reihe. Zwar ist die Geschichte von Beckett und Zelda hier weitgehend zu Ende erzählt und in Band 2 und 3 geht es um andere Figuren, so müssen wir uns aber noch nicht ganz von ihnen verabschieden.


Zelda: "Aber war Liebe ​nicht auch eine Art Chaostheorie? Ein kurzer Blick, ein Lächeln oder ein Wort konnten den Verlauf eines Lebens für immer verändern. Beckett und ich waren der lebende Beweis."





Fazit:


Emma Scott erzählt mit "Be My Tomorrow" mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch, sondern zeigt vor der melancholischen Kulisse einer erbarmungslosen Großstadt, wie zwei verlorene Figuren zusammenfinden und ihre Schuld hinter sich lassen. Mal wieder ein wahres Herzensbuch, leider aber mit leicht überzogenem Ende

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2021

Ein absolutes Herzensbuch, aber mit leicht überzogenem Ende...

Be My Tomorrow
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"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All ...

"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All In - Zwei Versprechen" und "All In - Tausend Augenblicke" in mein Leseherz geschrieben hat. Wie bei jedem ihrer Bücher habe ich mich auch in die Geschichte von Zelda und Beckett Hals über Kopf verliebt, ganz an die von Thea und Jim, die ich vor ein paar Wochen gelesen habe, kommt "Be My Tomorrow" aber nicht heran.

"Be My Tomorrow" ist in vielerlei Hinsicht ein typischer Emma-Scott-Roman. So beginnt es schon beim Cover, dass ich eigentlich genau dasselbe schreiben kann, wie bei ihren anderen Romanen auch: Grundsätzlich ist es mal wieder sehr schön anzusehen mit dem lavendelfarbenen Hintergrund, der von federartigen cremefarbenen Strukturen und helleren Lichtpunkten durchzogen ist. Wie aber bei fast allen Cover-Gestaltungen des LYX-Verlag fehlt unter der hübschen Oberfläche die tiefere Bedeutung: die Verbindung zum Inhalt. Auch den Titel, "Be My Tomorrow" finde ich eher enttäuschend. Ich habe das bestimmt mittlerweile an die 100-mal gesagt in Rezensionen, aber ich wiederhole es gerne nochmal: ich kann einfach nicht nachvollziehen, weshalb man einen bestehenden, perfekten Originaltitel ändern muss (außer aus Urheberrechtsgründen natürlich) und wenn man es doch tut, warum man dann einen anderen englischen Titel wählt. "Be My Tomorrow" ist zwar kein kompletter Griff ins Klo, da Beckett und Zelda sich zusammen gegenseitig aus ihrer Vergangenheit reißen und einen Schritt ins Morgen gehen. Da der Originaltitel "The Butterfly Project" aber etwa tausend Mal besser passt und auch einen höheren Wiedererkennungswert hat, finde ich es sehr schade, dass der Verlag nicht bei einer Version des Originals geblieben ist.


Erster Satz: "Kein Herz", flüsterte ich in meinen Mantelkragen"


Wir lernen unsere erste Hauptprotagonistin Zelda am Tiefpunkt ihres Lebens kennen. Sie hat alles auf eine Karte gesetzt, ist aus Las Vegas weg und nach New York gezogen, um ihre Graphic Novel Verlagen anzubieten. So langsam wird es mit ihren Ersparnissen knapp, es hagelt nur Absagen und als dann auch noch ihre Zeichenutensilien geklaut werden, steht sie kurz davor, ihren Traum aufzugeben. Dann trifft sie Beckett, einen gutaussehenden Fremden, der mit seiner eigenen Miete in Verzug ist, aber trotzdem einem Obdachlosen Geld gibt, der zwei Jobs hat, aber trotzdem seiner Nachbarin Essen bringt, der ein verurteilter Straftäter ist, bei dem sie sich aber trotzdem sofort wohl und sicher fühlt. Um Geld zu sparen und ihrer Heimreise Aufschub zu gewähren, zieht sie bei ihm ein, nicht wissend, dass die winzige Wohnung schon bald zu einem Zuhause und ihr Mitbewohner zu einer Chance auf Liebe, Glück, Vergebung und ein Morgen wird...


Zelda: "Mir wurde klar, dass man sich an alles gewöhnen konnte - selbst daran, jahrelang allein zu sein, - bis zu dem Moment, in dem man mit etwas in Berührung kam, was besser war als das, was man hatte."


Ich sagte bereits nach meiner Einleitung, dass "Be My Tomorrow" ein typisches Emma-Scott-Buch ist. Genau wie alle ihre Bücher ist die Geschichte zwar leise und sensibel erzählt, ruhig und ereignislos über weite Teile der Geschichte, aber dafür mit brüllend lauten Schicksalen unter der Oberfläche. Die zentralen Themen der Geschichte, auf die auch die Triggerwarnung hinweist, sind Kindesentführung, Drogenmissbrauch, Tod, Trauer und vor allem: Schuld. Während Zelda vergeblich versucht, ihre Trauer, Angst und Schuldgefühle über den Verlust ihrer Schwester in ihrer Kunst zu verarbeiten, bezahlt Beckett tagtäglich den Preis für eine dumme Entscheidung, die er aus Verzweiflung getroffen und seither bitter bereut hat. Neben den emotionalen Päckchen, die die beiden den Lesern und sich gegenseitig schon früh im Buch offenbaren, sorgt auch ihr Leben am Rand der Gesellschaft für eine melancholische Grundstimmung. Anders als in anderen Geschichten, in denen das blühende Leben und die tausend Möglichkeiten von New York gefeiert werden, zeigt uns Emma Scott hier eine Welt voller Einsamkeit, Geldsorgen, winzigen Wohnungen, abgewrackten Hostels, Bewährungshelfer und Ungerechtigkeit, sodass uns eine gewisse Schwere durch das gesamte Buch begleitet.


Beckett: "Ich öffnete das Fenster einen Spalt breit und rauchte eine Zigarette, während ich der Musik lauschte. Es war ein gutes Album. Ein bisschen kitschig, aber manchmal denke ich, dass kitschig nur bedeutet, dass etwas in einfachste Begriffe gepackt wird. "Hör niemals auf zu glauben". Das ist alles. Keine Metapher. Keine Poesie. Ein simpler Rat im Wert von fünfunddreißig Dollar bei jedem Pfandleiher."


Emma Scott erzählt hier also mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch mit schnellen Entwicklungen oder überkochender Leidenschaft, sondern lässt es gerade im ersten Drittel ruhig angehen. Arbeiten, Kochen, Überarbeiten der Graphic Novel, Schlafen... viel mehr tun die beiden Figuren nicht. Durch ihr Zusammenleben auf engem Raum wohnt jedoch allem, was sie tun eine Intensität und Intimität inne, die einen vergessen lässt, dass sie sich erst nach gut 200 Seiten langsam näherkommen. "Be My Tomorrow" ist eine ultra-slow-burn Geschichte, was angesichts der Tatsache, dass beide sich vorher nicht kannten, lange einsame Einzelkämpfer waren und sich nur Schritt für Schritt öffnen, nur natürlich erscheint. Besonders herzergreifend wird die Annäherung der beiden auch durch Emma Scotts besonderen Schreibstil. Diese Autorin schafft es wie keine Zweite, intensiv Schmerz und Liebe gegenüberzustellen und den Leser damit zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern zu bringen. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich.


Zelda: "Ich schmeckte Champagner, eine Süße, dicht gefolgt vom Biss des Alkohols. Süß und stark. Genau wie er. Ich stellte mir vor, dass er auch ohne den Champagner so schmecken würde, jeden Tag, immer, und verspürte das plötzliche Verlangen, zu wissen, ob das stimmte. Ihn im heißesten, dunkelsten Teil der Nacht zu küssen, in der schläfrigen Wärme des Morgens, oder selbst nach zehn Stunden auf dem Rad im Sommer, sodass sich sein salziger Schweiß mit dieser berauschenden Mischung verband, die ihn repräsentierte. Das bist du."


Auch die Figuren sind mir wieder in Rekordzeit ans Herz gewachsen. Zelda ist eine eher zurückhaltende, verschlossene Protagonistin, die ich zunächst noch schwer greifen konnte. Mit jedem Kapitel aus ihrer Sicht können wir sie dann jedoch besser verstehen, lernen, was sie bewegt und weshalb sie sich so verzweifelt an ihre Graphic Novel klammert. Beckett hingegen ist mal wieder eine Liebe auf den ersten Blick gewesen. Schon mit dem ersten Kapitel aus seiner Sicht und dem ersten von 40 Briefen, die er an die Leidtragende seiner dummen Entscheidung schreibt und von denen einige abgedruckt sind, war es um mich geschehen. Ich weiß auch nicht wieso, aber die Autorin hat einfach ein Händchen dafür, männliche Protagonisten zu erschaffen, die mich mit ihrer poetischen Tiefgründigkeit und gequälte Intensität immer wieder vom Hocker hauen. Nach Isaac in "Never Doubt" dachte ich, ich würde keinen New-Adult-Protagonisten mehr lieben können, aber here it is: ein neuer und noch anbetungswürdigerer Love Interest (mein armes Herz, seufz).


Zelda: "Ich gehörte ihm. Auf jede erdenkliche Weise. Und er mir. In diesem Herzschlag wusste ich, dass er es auch fühlte, und das schönste Lächeln der Welt umspielte seine Lippen, bevor er mich küsste."


Wirklich besonders wird die Geschichte jedoch erst durch die geschickte Einbindung der Graphic Novel in Handlung und Satz. Überrascht hat mich, dass hier tatsächlich einige Graphic-Novel-Illustrationen von Christopher Stewart eingefügt sind, die Beschreibungen bildlich untermauern und unterstützen. Das ist jedoch viel mehr als ein schönes Plus in der Gestaltung, oder allgemein ein interessantes Thema - die Graphic Novel ist tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, durch die essenzielle Entwicklungsschritte der Figuren abgebildet werden. Wie sich Becketts und Zeldas Weg aus Schuld, Rache, Zorn und Trauer hin zu Vergebung in der Weiterentwicklung von "Mutter, darf ich" widerspiegelt ist einfach KUNST! Und wenn wir schon bei tollen Parallelen sind - riesig gefreut habe ich mich auch über die kurzen Easter-Eggs, die mir schon in "Between Your Words" aufgefallen sind und bei denen die Autorin eine kurze Verbindung zu Theo und Jonah aus ihrer "All In"-Reihe herstellt.


Zelda: "Wir hatten uns zu oft berührt, als dass mein Körper es vergessen konnte, und jetzt litt ich den köstlichen Schmerz, etwas zu wollen, was ich nicht haben konnte. Diesen außergewöhnlichen Schmerz, wenn die Person, die man will, in Greifweite ist. Diese aufgeladene Atmosphäre, die Spannung, die sich mit einem einzigen Blick oder Wort plötzlich entladen könnte..."


Der einzige Grund, weshalb "Be My Tomorrow" einfach nicht in derselben Liga spielt wie "Between Your Words" ist das Ende. Nachdem wir zuvor in Mikroschritten Richtung Hoffnung vorangeschlichen sind, passiert hier plötzlich viel zu viel auf einmal, scheinbar alle Probleme lösen sich in Luft auf und das Happy End erscheint etwas zu perfekt. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich riesig über das schöne Ende, hier hätte aber einfach ein etwas leiseres, zurückhaltenderes Happy End besser gepasst. Zu meinem großen Glück ist "Be My Tomorrow" mal wieder der Auftakt einer Reihe. Zwar ist die Geschichte von Beckett und Zelda hier weitgehend zu Ende erzählt und in Band 2 und 3 geht es um andere Figuren, so müssen wir uns aber noch nicht ganz von ihnen verabschieden.


Zelda: "Aber war Liebe ​nicht auch eine Art Chaostheorie? Ein kurzer Blick, ein Lächeln oder ein Wort konnten den Verlauf eines Lebens für immer verändern. Beckett und ich waren der lebende Beweis."





Fazit:


Emma Scott erzählt mit "Be My Tomorrow" mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch, sondern zeigt vor der melancholischen Kulisse einer erbarmungslosen Großstadt, wie zwei verlorene Figuren zusammenfinden und ihre Schuld hinter sich lassen. Mal wieder ein wahres Herzensbuch, leider aber mit leicht überzogenem Ende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.08.2021

Ein absolutes Herzensbuch, aber mit leicht überzogenem Ende...

Be My Tomorrow
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"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All ...

"Be My Tomorrow" ist nun mein achtes Buch von Emma Scott, welche sich schon mit ihren Liebesdramen "The Light In Us", "Bring Down The Stars", "Light Up The Sky", "Never Doubt", "Between Your Words" "All In - Zwei Versprechen" und "All In - Tausend Augenblicke" in mein Leseherz geschrieben hat. Wie bei jedem ihrer Bücher habe ich mich auch in die Geschichte von Zelda und Beckett Hals über Kopf verliebt, ganz an die von Thea und Jim, die ich vor ein paar Wochen gelesen habe, kommt "Be My Tomorrow" aber nicht heran.

"Be My Tomorrow" ist in vielerlei Hinsicht ein typischer Emma-Scott-Roman. So beginnt es schon beim Cover, dass ich eigentlich genau dasselbe schreiben kann, wie bei ihren anderen Romanen auch: Grundsätzlich ist es mal wieder sehr schön anzusehen mit dem lavendelfarbenen Hintergrund, der von federartigen cremefarbenen Strukturen und helleren Lichtpunkten durchzogen ist. Wie aber bei fast allen Cover-Gestaltungen des LYX-Verlag fehlt unter der hübschen Oberfläche die tiefere Bedeutung: die Verbindung zum Inhalt. Auch den Titel, "Be My Tomorrow" finde ich eher enttäuschend. Ich habe das bestimmt mittlerweile an die 100-mal gesagt in Rezensionen, aber ich wiederhole es gerne nochmal: ich kann einfach nicht nachvollziehen, weshalb man einen bestehenden, perfekten Originaltitel ändern muss (außer aus Urheberrechtsgründen natürlich) und wenn man es doch tut, warum man dann einen anderen englischen Titel wählt. "Be My Tomorrow" ist zwar kein kompletter Griff ins Klo, da Beckett und Zelda sich zusammen gegenseitig aus ihrer Vergangenheit reißen und einen Schritt ins Morgen gehen. Da der Originaltitel "The Butterfly Project" aber etwa tausend Mal besser passt und auch einen höheren Wiedererkennungswert hat, finde ich es sehr schade, dass der Verlag nicht bei einer Version des Originals geblieben ist.


Erster Satz: "Kein Herz", flüsterte ich in meinen Mantelkragen"


Wir lernen unsere erste Hauptprotagonistin Zelda am Tiefpunkt ihres Lebens kennen. Sie hat alles auf eine Karte gesetzt, ist aus Las Vegas weg und nach New York gezogen, um ihre Graphic Novel Verlagen anzubieten. So langsam wird es mit ihren Ersparnissen knapp, es hagelt nur Absagen und als dann auch noch ihre Zeichenutensilien geklaut werden, steht sie kurz davor, ihren Traum aufzugeben. Dann trifft sie Beckett, einen gutaussehenden Fremden, der mit seiner eigenen Miete in Verzug ist, aber trotzdem einem Obdachlosen Geld gibt, der zwei Jobs hat, aber trotzdem seiner Nachbarin Essen bringt, der ein verurteilter Straftäter ist, bei dem sie sich aber trotzdem sofort wohl und sicher fühlt. Um Geld zu sparen und ihrer Heimreise Aufschub zu gewähren, zieht sie bei ihm ein, nicht wissend, dass die winzige Wohnung schon bald zu einem Zuhause und ihr Mitbewohner zu einer Chance auf Liebe, Glück, Vergebung und ein Morgen wird...


Zelda: "Mir wurde klar, dass man sich an alles gewöhnen konnte - selbst daran, jahrelang allein zu sein, - bis zu dem Moment, in dem man mit etwas in Berührung kam, was besser war als das, was man hatte."


Ich sagte bereits nach meiner Einleitung, dass "Be My Tomorrow" ein typisches Emma-Scott-Buch ist. Genau wie alle ihre Bücher ist die Geschichte zwar leise und sensibel erzählt, ruhig und ereignislos über weite Teile der Geschichte, aber dafür mit brüllend lauten Schicksalen unter der Oberfläche. Die zentralen Themen der Geschichte, auf die auch die Triggerwarnung hinweist, sind Kindesentführung, Drogenmissbrauch, Tod, Trauer und vor allem: Schuld. Während Zelda vergeblich versucht, ihre Trauer, Angst und Schuldgefühle über den Verlust ihrer Schwester in ihrer Kunst zu verarbeiten, bezahlt Beckett tagtäglich den Preis für eine dumme Entscheidung, die er aus Verzweiflung getroffen und seither bitter bereut hat. Neben den emotionalen Päckchen, die die beiden den Lesern und sich gegenseitig schon früh im Buch offenbaren, sorgt auch ihr Leben am Rand der Gesellschaft für eine melancholische Grundstimmung. Anders als in anderen Geschichten, in denen das blühende Leben und die tausend Möglichkeiten von New York gefeiert werden, zeigt uns Emma Scott hier eine Welt voller Einsamkeit, Geldsorgen, winzigen Wohnungen, abgewrackten Hostels, Bewährungshelfer und Ungerechtigkeit, sodass uns eine gewisse Schwere durch das gesamte Buch begleitet.


Beckett: "Ich öffnete das Fenster einen Spalt breit und rauchte eine Zigarette, während ich der Musik lauschte. Es war ein gutes Album. Ein bisschen kitschig, aber manchmal denke ich, dass kitschig nur bedeutet, dass etwas in einfachste Begriffe gepackt wird. "Hör niemals auf zu glauben". Das ist alles. Keine Metapher. Keine Poesie. Ein simpler Rat im Wert von fünfunddreißig Dollar bei jedem Pfandleiher."


Emma Scott erzählt hier also mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch mit schnellen Entwicklungen oder überkochender Leidenschaft, sondern lässt es gerade im ersten Drittel ruhig angehen. Arbeiten, Kochen, Überarbeiten der Graphic Novel, Schlafen... viel mehr tun die beiden Figuren nicht. Durch ihr Zusammenleben auf engem Raum wohnt jedoch allem, was sie tun eine Intensität und Intimität inne, die einen vergessen lässt, dass sie sich erst nach gut 200 Seiten langsam näherkommen. "Be My Tomorrow" ist eine ultra-slow-burn Geschichte, was angesichts der Tatsache, dass beide sich vorher nicht kannten, lange einsame Einzelkämpfer waren und sich nur Schritt für Schritt öffnen, nur natürlich erscheint. Besonders herzergreifend wird die Annäherung der beiden auch durch Emma Scotts besonderen Schreibstil. Diese Autorin schafft es wie keine Zweite, intensiv Schmerz und Liebe gegenüberzustellen und den Leser damit zum Weinen, zum Lachen und zum Mitfiebern zu bringen. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich.


Zelda: "Ich schmeckte Champagner, eine Süße, dicht gefolgt vom Biss des Alkohols. Süß und stark. Genau wie er. Ich stellte mir vor, dass er auch ohne den Champagner so schmecken würde, jeden Tag, immer, und verspürte das plötzliche Verlangen, zu wissen, ob das stimmte. Ihn im heißesten, dunkelsten Teil der Nacht zu küssen, in der schläfrigen Wärme des Morgens, oder selbst nach zehn Stunden auf dem Rad im Sommer, sodass sich sein salziger Schweiß mit dieser berauschenden Mischung verband, die ihn repräsentierte. Das bist du."


Auch die Figuren sind mir wieder in Rekordzeit ans Herz gewachsen. Zelda ist eine eher zurückhaltende, verschlossene Protagonistin, die ich zunächst noch schwer greifen konnte. Mit jedem Kapitel aus ihrer Sicht können wir sie dann jedoch besser verstehen, lernen, was sie bewegt und weshalb sie sich so verzweifelt an ihre Graphic Novel klammert. Beckett hingegen ist mal wieder eine Liebe auf den ersten Blick gewesen. Schon mit dem ersten Kapitel aus seiner Sicht und dem ersten von 40 Briefen, die er an die Leidtragende seiner dummen Entscheidung schreibt und von denen einige abgedruckt sind, war es um mich geschehen. Ich weiß auch nicht wieso, aber die Autorin hat einfach ein Händchen dafür, männliche Protagonisten zu erschaffen, die mich mit ihrer poetischen Tiefgründigkeit und gequälte Intensität immer wieder vom Hocker hauen. Nach Isaac in "Never Doubt" dachte ich, ich würde keinen New-Adult-Protagonisten mehr lieben können, aber here it is: ein neuer und noch anbetungswürdigerer Love Interest (mein armes Herz, seufz).


Zelda: "Ich gehörte ihm. Auf jede erdenkliche Weise. Und er mir. In diesem Herzschlag wusste ich, dass er es auch fühlte, und das schönste Lächeln der Welt umspielte seine Lippen, bevor er mich küsste."


Wirklich besonders wird die Geschichte jedoch erst durch die geschickte Einbindung der Graphic Novel in Handlung und Satz. Überrascht hat mich, dass hier tatsächlich einige Graphic-Novel-Illustrationen von Christopher Stewart eingefügt sind, die Beschreibungen bildlich untermauern und unterstützen. Das ist jedoch viel mehr als ein schönes Plus in der Gestaltung, oder allgemein ein interessantes Thema - die Graphic Novel ist tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, durch die essenzielle Entwicklungsschritte der Figuren abgebildet werden. Wie sich Becketts und Zeldas Weg aus Schuld, Rache, Zorn und Trauer hin zu Vergebung in der Weiterentwicklung von "Mutter, darf ich" widerspiegelt ist einfach KUNST! Und wenn wir schon bei tollen Parallelen sind - riesig gefreut habe ich mich auch über die kurzen Easter-Eggs, die mir schon in "Between Your Words" aufgefallen sind und bei denen die Autorin eine kurze Verbindung zu Theo und Jonah aus ihrer "All In"-Reihe herstellt.


Zelda: "Wir hatten uns zu oft berührt, als dass mein Körper es vergessen konnte, und jetzt litt ich den köstlichen Schmerz, etwas zu wollen, was ich nicht haben konnte. Diesen außergewöhnlichen Schmerz, wenn die Person, die man will, in Greifweite ist. Diese aufgeladene Atmosphäre, die Spannung, die sich mit einem einzigen Blick oder Wort plötzlich entladen könnte..."


Der einzige Grund, weshalb "Be My Tomorrow" einfach nicht in derselben Liga spielt wie "Between Your Words" ist das Ende. Nachdem wir zuvor in Mikroschritten Richtung Hoffnung vorangeschlichen sind, passiert hier plötzlich viel zu viel auf einmal, scheinbar alle Probleme lösen sich in Luft auf und das Happy End erscheint etwas zu perfekt. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich riesig über das schöne Ende, hier hätte aber einfach ein etwas leiseres, zurückhaltenderes Happy End besser gepasst. Zu meinem großen Glück ist "Be My Tomorrow" mal wieder der Auftakt einer Reihe. Zwar ist die Geschichte von Beckett und Zelda hier weitgehend zu Ende erzählt und in Band 2 und 3 geht es um andere Figuren, so müssen wir uns aber noch nicht ganz von ihnen verabschieden.


Zelda: "Aber war Liebe nicht auch eine Art Chaostheorie? Ein kurzer Blick, ein Lächeln oder ein Wort konnten den Verlauf eines Lebens für immer verändern. Beckett und ich waren der lebende Beweis."





Fazit:


Emma Scott erzählt mit "Be My Tomorrow" mal wieder kein locker-leichtes Wohlfühlbuch, sondern zeigt vor der melancholischen Kulisse einer erbarmungslosen Großstadt, wie zwei verlorene Figuren zusammenfinden und ihre Schuld hinter sich lassen. Mal wieder ein wahres Herzensbuch, leider aber mit leicht überzogenem Ende.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Eine erfrischend, herzerwärmend und liebeswert erzählte Anthologie!

Blackout
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Handlung: Sofia (von Sofias kleine Bücherwelt) und ich haben schon vor unserem Buddyread festgehalten, dass wir beide eigentlich kein so großer Fan von Anthologien sind, da man dort so schnell wieder aus ...

Handlung: Sofia (von Sofias kleine Bücherwelt) und ich haben schon vor unserem Buddyread festgehalten, dass wir beide eigentlich kein so großer Fan von Anthologien sind, da man dort so schnell wieder aus einer Situation gerissen und in einen anderen Kontext geworfen wird, sobald man sich eingefunden hat. In "Blackout" gibt es jedoch nicht nur durch die Gesamtsituation des Stromausfalls inmitten des hochsommerlichen New Yorks einen klaren roten Faden, die einzelnen Kurzgeschichten stehen auch durch minimale Überschneidungen, Begegnungen, Bekanntschaft oder Verwandtschaft zwischen den einzelnen Figuren in Verbindung, sodass der Lesefluss beinahe dem einer zusammenhängenden Geschichte gleicht. Dazu trägt auch bei, dass alle der sechs Geschichten auf einen gemeinsamen Endpunkt zusteuern: das Zusammentreffen auf einer Blockparty. Man kann die einzelnen Geschichten also ohne Probleme verteilt lesen, das Format lädt aber definitiv zum Binge-Reading ein. Damit erinnerte mich "Blackout" vom Konzept her an die romantische Komödie "Tatsächlich... Liebe" - nur ohne weihnachtlichen Bezug und eben in Buchform, aber mindestens genauso erfrischend, herzerwärmend und liebeswert erzählt!

Schreibstil:
Wunderschön ist auch, dass jede der sechs Autorinnen (von denen ich einige schon aus anderen Romanen kannte) hier spürbar ihren eigenen Stil miteinfließen lässt. So sind die sechs kurzen Teile der Anthologie trotz des gemeinsamen Schwerpunkts auf verschiedenen Formen der Liebe und des erarbeiteten roten Fadens, sehr individuell und alle auf ihre Weise besonders. Wie bei fast allen Büchern dieses Formats gab es natürlich auch hier Geschichten, die mir besser und andere, die mir weniger gut gefielen (bei "Der lange Weg" hat mich die Aufteilung gestört und die Auflösung am Ende war nicht so ganz zufriedenstellend und meine Lieblingsgeschichte ist "Ohne Maske"), sie sind jedoch alle ohne Ausnahme wahnsinnig süß und raffiniert erzählt und halten die ein oder andere süße Message bereit, ohne dass dies gekünstelt oder aufdringlich wirken würde.

Figuren:
Das coolste an "Blackout" ist jedoch, dass hier eine Gruppe von Figuren im Vordergrund steht, die sonst in der Buchwelt viel zu kurz kommen: junge Protagonists of Color. Neben verschiedenen Herkünften und Schattierungen der Hautfarben treten auch eine Menge queere Figuren auf, was diesen Roman zu einem tollen Paradebeispiel für Diversität macht. Queer Love, Friends-to-Lovers, Love-at-first-sight, Ex-Friend-to-Lovers, Liebesdreieck - die sechs Autorinnen feiern hier alle möglichen Facetten der Liebe, sodass hier für alle was dabei ist.


Das Zitat


"Vielleicht passiert heute Nacht ja auch noch irgendetwas Gutes. Die Art von Magie, die nur im Dunkeln entstehen kann."



Das Urteil:

Eine erfrischend, herzerwärmend und liebeswert erzählte Anthologie, die alle möglichen Facetten der Liebe feiert und einer in der Buchwelt viel zu kurz kommenden Gruppe eine Stimme verleiht: jungen Protagonists of Color. Großes Lob für Idee, Konzept und Umsetzung!

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