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Veröffentlicht am 10.11.2020

Packender Auftakt einer neuen Thriller-Trilogie

Amissa. Die Verlorenen
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INHALT
In einer regnerischen Herbstnacht werden die Privatdetektive Rica und Jan Kantzius Zeugen eines grauenhaften Zwischenfalls an einer Autobahn-Raststätte: Ein panisches Mädchen rennt direkt auf die ...

INHALT
In einer regnerischen Herbstnacht werden die Privatdetektive Rica und Jan Kantzius Zeugen eines grauenhaften Zwischenfalls an einer Autobahn-Raststätte: Ein panisches Mädchen rennt direkt auf die Fahrbahn und wird von einem Auto erfasst, jede Hilfe kommt zu spät. An der Raststätte findet sich die Leiche eines Mannes, der das Mädchen offenbar entführt und sich dann erschossen hat. Die Privatdetektive stellen Nachforschungen an und finden heraus, dass es weitere Teenager gibt, die auf ähnliche Weise kurz nach einem Umzug verschwunden sind. Eine Spur führt zu "Amissa", einer Hilfsorganisation, die weltweit nach vermissten Personen sucht und für die Rica arbeitet. Plötzlich ist nichts mehr wie es war, und Rica und Jan kommen Dingen auf die Spur, von denen sie lieber nie gewusst hätten.
(Quelle: Droemer)
MEINE MEINUNG
Mit „Amissa - Die Verlorenen“ hat Frank Kodiak, ein Pseudonym des deutschen Bestseller -Autors Andreas Winkelmann, einen spannenden und knallharten Thriller vorgelegt, in dem es um vermisste Teenager und die dubiosen Machenschaften der international agierenden Hilfsorganisation AMISSA geht.
Es ist zugleich der fesselnde Auftakt einer Thriller-Trilogie, in deren Mittelpunkt Privatermittler und Ex-Polizist Jan Kantzius und seine Ehefrau Rica stehen, die im Auftrag von AMISSA weltweit vermisste Personen aufzuspüren versuchen.
Als versierter Thriller-Autor versteht es Winkelmann einfach, schon mit dem direkten Einstieg Spannung zu erzeugen und den Leser sofort mitten in die mitreißende Handlung hineinzukatapulieren. So dauert es nicht lange, bis man von den sich überschlagenden Ereignissen in einen Sog gezogen wird, dem man sich einfach nicht mehr entziehen kann.
Hierbei hält sich der Autor nicht mit vielen beschreibenden Details und einem einfühlsamen Schreibstil auf, sondern setzt auf eine tempo- und actionreiche Handlung, bei der es bisweilen schon recht derb und blutrünstig zur Sache geht und die nichts für schwache Nerven ist. Der Autor hat seine packende Geschichte sehr lebendig gestaltet und vor allem der erschreckende Realitätsbezug, der die Gefahren und Manipulationsmöglichkeiten durch Social Media insbesondere für leichtgläubige, empfängliche Jugendliche, äußerst lebensnah und glaubhaft aufgreift, wird vor allem Eltern schockieren und sehr nachdenklich stimmen. Die stetigen Wechsel der Perspektiven und Zeitebenen sowie die häufigen Cliffhanger sorgen für viel Dynamik und einen rasch steigenden Spannungsbogen. Zudem gibt es immer wieder auch Episoden, in denen man zum einen die Sicht der Opfer in ihrer Hoffnungslosigkeit und ihrem Martyrium, und zum anderen das sadistische und skrupellose Agieren der Täter miterlebt, wobei oftmals nicht klar ist ob die Einschübe Rückblicke sind oder die gegenwärtigen Geschehnisse wiedergeben. Viele dieser sehr grausamen und brutalen Szenen gehen unter die Haut, so dass man regelrecht mitfiebert und um das Schicksal der Opfer bangt.
Das im Mittelpunkt dieses Thrillers stehende Ermittlerteam Kantzius ist mit ihren Ecken und Kanten sehr lebendig und lebensnah ausgearbeitet. Beide sind vom Leben gezeichnet und haben aufgrund ihrer individuellen Vorgeschichten mit inneren Dämonen zu kämpfen. Ihre Hintergrundgeschichten und auch ihr Privatleben werden allerdings nur sehr knapp angerissen und nehmen keinen allzu großen Raum ein. Insbesondere die von Beginn an sehr sympathische Rica mit ihrer traumatischen Vergangenheit hat mich mit ihrem unermüdlichen Engagement für die verschwundenen Menschen sehr beeindruckt. Mit dem etwas unnahbaren Jan hingegen wurde ich nicht so recht warm. Auch er setzt sich sehr für das Auffinden der Opfer ein, ist allerdings bei der Wahl seiner Methoden nicht sehr zimperlich. Vor allem seine Gewaltbereitschaft und Brutalität empfand ich als abstoßend.
Bei den Nebenfiguren beschränkt sich der Autor auf eine für dieses Genre eher knappe, aber vollkommen ausreichende Figurenzeichnung.
Winkelmann ist es im Laufe der rasanten Handlung hervorragend gelungen, uns auf so manche falsche Fährte zu locken und uns mit einigen Wendungen zu überraschen. Zum großen Finale hin steigert sich die Spannung immer mehr und so findet der Fall einen zufriedenstellenden Abschluss. Die überraschende Enthüllung und der fiese Cliffhanger zum Ende hin machen allerdings sehr neugierig auf die Fortsetzung der Trilogie!
FAZIT
Ein gelungener, sehr fesselnder Auftakt einer neuen Thriller-Trilogie –rasant und actionreich geschrieben, knallhart und mit beklemmendem Realitätsbezug!

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.11.2020

Unterhaltsame Familiensaga zur Nachkriegszeit

Und die Welt war jung
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INHALT
1. Januar 1950: In Hamburg, Köln und San Remo begrüßt man das neue Jahrzehnt. Das letzte hat tiefe Wunden hinterlassen: in den Städten, in den Köpfen und in den Herzen. Gerda und Heinrich Aldenhovens ...

INHALT
1. Januar 1950: In Hamburg, Köln und San Remo begrüßt man das neue Jahrzehnt. Das letzte hat tiefe Wunden hinterlassen: in den Städten, in den Köpfen und in den Herzen. Gerda und Heinrich Aldenhovens Haus in Köln platzt aus allen Nähten. Heinrichs Kunstgalerie wirft längst nicht genug ab, um all die hungrigen Mäuler zu stopfen. In Hamburg bei Gerdas Freundin Elisabeth und deren Mann Kurt macht man sich dagegen weniger Sorgen um Geld. Als Werbeleiter einer Sparkasse kann Kurt seiner Familie eine bescheidene Existenz sichern. Nach mehr Leichtigkeit im Leben sehnt man sich aber auch hier. Schwiegersohn Joachim ist noch immer nicht aus dem Krieg zurückgekehrt. Margarethe, geborene Aldenhoven, hat es von Köln nach San Remo verschlagen. Das Leben an der Seite ihres italienischen Mannes scheint sorgenfrei, doch die Abhängigkeit von der Schwiegermutter quält Margarethe.

So unterschiedlich man die Silvesternacht verbracht hat - auf Jöck in Köln, still daheim in Hamburg, mondän in San Remo -, die Fragen am Neujahrsmorgen sind die gleichen: Werden die Wunden endlich heilen? Was bringt die Zukunft?



(Quelle: Rowohlt- Erscheinungsdatum: 29.09.2020 - ISBN: 978-3-463-40704-3)


MEINE MEINUNG
Der Roman „Und die Welt war jung" ist der gelungene Auftakt einer neuen, auf 2 Bände angelegten historischen Familiensaga von der deutschen Bestsellerautorin Carmen Korn, in der uns die Autorin tief eintauchen lässt in die spannende deutsche Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt des ersten Bands stehen drei befreundete bzw. miteinander verwandte Familien in den Städten Köln, Hamburg und San Remo leben, deren Leben wir über einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt hinweg begleiten.
Beginnend im Jahr 1950 bis hinein ins Jahr 1959 folgen wir den Familien Aldenhoven aus Köln, den Hamburger Borgfeldts und der Familie Canna in San Remo jeweils durch ihr bewegtes Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, haben Anteil an ihren Hoffnungen, Träumen und glücklichen Momenten, erleben sie aber auch mit ihren Sorgen, Enttäuschungen, herben Verlusten und Schicksalsschlägen. Es ist ein faszinierendes Jahrzehnt der Umbrüche und eine Zeit der Neuanfänge, die geprägt ist von den Nachwehen des grausamen Kriegs, dem Wunsch, die schlimmen Erlebnisse hinter sich zu lassen, verbunden mit der großen Hoffnung auf bessere Zeiten und ein glücklicheres Leben. Diese sehr unterhaltsame und abwechslungsreiche Geschichte wird zugleich getragen von bemerkenswert tatkräftige und starke Frauenfiguren, die das traditionelle Rollenbild hinter sich lassen wollen und ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben für sich suchen. Zum besseren Überblick über die vielen Charaktere und ihre Beziehungen zueinander sind dem Roman ein ausführliches Personenregister sowie die Skizze eines Familienstammbaums vorangestellt, die man zum den Einstieg in die Saga zu Rate ziehen kann.
Dank des angenehmen und lebendigen Erzählstils gelingt es der Autorin rasch, ihre Leser in die historische Vergangenheit der Nachkriegszeit eintauchen zu lassen und die verschiedenen Familienmitglieder zum Leben zu erwecken. Es gelingt der Autorin hervorragend, das damalige Zeitkolorit mit vielen, akribisch recherchierten Details und dem Einflechten einiger zeitgeschichtlicher Ereignisse einzufangen und uns sehr lebendig und authentisch zu vermitteln. Aber auch den charakteristischen Zeitgeist dieser Epoche und die allgegenwärtige Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung führt uns die Autorin anhand vieler anschaulich beschriebener Episoden aus dem Alltag und in den Dialogen ihrer Charaktere sehr nachvollziehbar und glaubhaft vor Augen. Hierbei greift sie auch emotionale, problembehaftete Themenkomplexe wie beispielsweise das Schicksal der vermissten Soldaten und ihrer in quälender Ungewissheit wartenden Angehörigen sowie der traumatisierten Kriegsheimkehrer auf. Auch gelegentliche Rückblicke auf die Nazidiktatur und die Aufarbeitung der Nazigräuel werden angesprochen.
In den sich abwechselnden Handlungssträngen verfolgen wir aus den unterschiedlichen Perspektiven, was das Leben den drei Familien an Überraschungen, Herausforderungen und Problemen bereit hält und welche Entwicklungen die einzelnen Charaktere im Lauf der Zeiten durchlaufen. Ob nun Gerda und Heinrich Aldenhoven in Köln, die durch Heinrichs schlecht laufende Kunstgalerie von Geldsorgen geplagt sind, ihre Hamburger Freunde Elisabeth und Kurt Borgfeldt, deren Tochter Nina mit ihrem kleinen Sohn immer noch auf die Heimkehr ihres in Russland vermissten Manns Joachim wartet und sich nicht auf ein neues Glück einlassen kann, oder schließlich Heinrichs Schwester Margarethe, die mit ihrer Familie in San Remo lebt und unter der herrischen Schwiegermutter Agnese zu leiden hat – die Autorin versteht es einfach, uns mit mitreißenden, abwechslungsreichen Episoden zu unterhalten. Durch ihre einfühlsamen Schilderungen erweckt die Autorin die verschiedenen Charaktere geschickt zum Leben. Ihre Figuren sind trotz der großen Vielzahl recht detailliert und liebevoll ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Marotten, Launen und Eigenheiten äußerst lebensnah wirken. Bei einigen von ihnen hätte ich mir allerdings etwas mehr Tiefgang gewünscht. Gekonnt bringt die Autorin einem auch die Gedankenwelt der Protagonisten näher, so dass mir einige von ihnen im Laufe der Saga sehr ans Herz gewachsen sind.
Für zusätzliche Spannung und Abwechslung sorgt zudem eine fesselnde, in die Handlung eingewobene Kriminalgeschichte, die uns in die Kunstszene entführt.
Nach einem überraschenden, etwas plötzlichen Ende des ersten Bands darf man sehr gespannt sein, wie sich die Geschichte für drei Familien mit den vielen Charakteren weiterentwickeln wird.

FAZIT
Eine kurzweilige Familiensaga zur Nachkriegszeit - abwechslungsreich erzählt, mit authentischem Zeitkolorit und vielen interessanten Charakteren, denen teilweise aber etwas mehr Tiefgang nicht geschadet hätte.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.11.2020

Solider Whodunit

Wer auf dich wartet
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem gelungenen Krimidebüt „Bis ihr sie findet“ hat die britische Autorin und mehrfach ausgezeichneten Theaterautorin Gytha Lodge nun mit „Wer auf dich wartet“ den zweiten Band ihrer ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem gelungenen Krimidebüt „Bis ihr sie findet“ hat die britische Autorin und mehrfach ausgezeichneten Theaterautorin Gytha Lodge nun mit „Wer auf dich wartet“ den zweiten Band ihrer Krimi-Reihe rund um Detective Chief Inspector Jonah Sheens und sein Ermittlerteam der Hampshire Constabulary vorgelegt.
Auch bei ihrem zweiten fesselnden Kriminalfall dreht sich alles um den Tod einer jungen Frau, der beliebten und vielversprechenden Künstlerin Zoe Swardadine. Schon bald richtet sich der Fokus ihrer Ermittlungen auf den illustren Kreis ihrer Freunde, Bekannten und einen Geliebten mit sorgsam gehüteten Geheimnissen.
Auch wenn die Autorin ihren Lesern den Einstieg durch die verwirrende Vielzahl der Charaktere im Umfeld des Opfers nicht gerade leicht macht, ist man rasch von der vielschichtigen Geschichte gefesselt und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Der lebendige, anschauliche Schreibstil der Autorin lässt sich zudem sehr angenehm lesen.
Die komplexe Handlung hat die Autorin in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen angelegt, die einander abwechseln und auf unterschiedlichen Zeitebenen laufen. Ganz typisch für einen klassischen „Whodunit“ verfolgt man zum einen die ausführlich und sehr authentisch geschilderten Ermittlungen von DCI Sheens Team in der Gegenwart. Zum anderen erhalten wir in dem in der Vergangenheit angesiedelten Handlungsstrang Rückblicke auf Zoes Leben und zugleich aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeit des Opfers, aber auch in ihre Freundschaften und Beziehungen. Die Handlung setzt etwa 20 Monate vor Zoes Tod ein, steuert allmählich auf ihren Todestag zu und rollt somit schrittweise die gesamte Vorgeschichte bis zu ihrem tragischen Tod auf.
Geschickt streut die Autorin immer neue Verdachtsmomente, legt falsche Fährten, offenbart brisante Details über die Familie, Freunde und Bekannten und lässt schließlich nahezu jeden aus Zoes Umfeld verdächtig erscheinen. Der rätselhafte Fall bietet durch den großen Kreis der Verdächtigen viel Raum für eigene Spekulationen über Täter und die möglichen Motive, wobei einiges für meinen Geschmack etwas zu konstruiert und durchschaubar war. Während der polizeilichen Nachforschungen wird immer deutlicher, dass sich fast ein jeder der Befragten durch Heimlichkeiten, dunkle Geheimnisse und wohl gehütete Ressentiments verdächtig macht, und die Beweggründe für die verhängnisvolle Tat in enttäuschter Liebe, Eifersucht, Hass, Misstrauen, Neid und anderen abgründigen Verletzlichkeiten zu finden sind.
Schrittweise kann sich der Leser aus den vielen zusammengetragenen Mosaikstückchen und den bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnissen ein vages Bild von den verhängnisvollen Ereignissen an jenem Tag machen.
Die Charakterisierung von Zoes Freunden und Bekannten sowie ihre komplizierten Beziehungsgeflechte sind von der Autorin sehr facettenreich und glaubwürdig angelegt. Gekonnt lässt sie uns in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken und offenbart schrittweise ein komplexes Geflecht von echter Freundschaft, Sympathien, Erwartungen, Abhängigkeiten und Schuldgefühlen. Sehr interessant ausgearbeitet sind auch die sympathische Hauptfigur von DCI Jonah Sheen und seinem Ermittlerteam mit der cleveren Kollegin Detective Constable Hanson, die nach und nach immer mehr Profil gewinnen. Ihr Privatleben tritt diesmal wohltuend in den Hintergrund.
Nach zahlreichen Wendungen und überraschenden Enthüllungen zieht die subtil aufgebaute Spannung zum Ende hin immer mehr an, gipfelt in einem spannenden Finale und einer sehr nachvollziehbaren und zufrieden stellenden Auflösung des Mordfalls.

FAZIT
Ein klassischer, recht ruhiger Whodunit mit einem verwickelten Fall und interessanten Polizeiermittlungen – fesselnd, clever konstruiert und toll geschrieben! Leider nicht ganz so gelungen wie der Auftakt der Krimi-Reihe!

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Veröffentlicht am 01.11.2020

Bewegendes Porträt des Ausnahmekünstlers Gustav Mahler

Der letzte Satz
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INHALT
An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der ...

INHALT
An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der Schiffsjunge sanft, aber resolut umsorgt, denkt er zurück an die letzten Jahre, die Sommer in den Bergen, den Tod seiner Tochter Maria, die er manchmal noch zu sehen meint. An Anna, die andere Tochter, die gerade unten beim Frühstück sitzt, und an Alma, die Liebe seines Lebens, die ihn verrückt macht und die er längst verloren hat. Es ist seine letzte Reise.
"Der letzte Satz" ist das ergreifende Porträt eines Künstlers als müde gewordener Arbeiter, dem die Vergangenheit in Form glasklarer Momente der Schönheit und des Bedauerns entgegentritt.
(Quelle: Hanser)
MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen Buch „Der letzte Satz“ ist dem österreichischen Schriftsteller Robert Seethaler erneut ein eindrucksvoller, berührender und eher stiller Roman gelungen.
Auf gerade einmal 125 Seiten widmet er sich dem Leben und Schaffen des berühmten Musikers, genialen Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler (1860–1911), der die symphonische Musik von der Spätromantik in die Moderne lenkte. Seethaler entwirft mit seinem ruhigen, ausgefeilten Erzählstil ein faszinierendes und ungewöhnliches Portrait dieses Ausnahmekünstlers und bringt uns den zerbrechlichen Menschen hinter dem Genie, einen kreativen Schöpfer und Interpreten, einen verzweifelt Liebenden sowie mit dem Schicksal ringenden Menschen nahe.
Mit einer klaren, poetischen Sprache nimmt Seethaler den Leser in seiner Rahmenhandlung mit auf Gustav Mahlers letzte Reise an Bord des Passagierschiffes „Amerika“, auf dem der berühmte Komponist mit seiner Frau Alma und Tochter Anna von New York Richtung Europa reist. Von schwerer Krankheit gezeichnet, die meiste Zeit auf dem Sonnendeck verbringend und von einem eigens abgestellten jungen Schiffsjungen umsorgt, hängt er seinen Gedanken und Erinnerungen nach. Immer wieder wird diese Rahmenhandlung durchbrochen von Rückblicken des alternden Künstlers, in denen er sein Leben in der Vorahnung seines nahenden Todes Revue passieren lässt. So folgen wir Mahlers wirren, unzusammenhängenden Gedankenstrom und assoziativen Erinnerungsfetzen, in denen er sich noch einmal auf verschiedene Episoden, kleine Anekdoten und einschneidende Geschehnisse in seinem Leben zurückbesinnt.
Ob nun sein schwieriges Verhältnis zu seiner Ehefrau Alma, die einst zu den begehrtesten Frauen Wiens zählte und sich von ihm enttäuscht einem anderen zuwendete, der tragische Tod seiner älteren Tochter Maria oder seine ihn quälenden Gedanken an seine unvollendeten Kompositionen - der Leser erhält sehr aufschlussreiche Einblicke in das Innenleben dieses eigenbrötlerischen Außenseiters und hochtalentierten, mit seinem Leben hadernden Künstlers.
Mit viel psychologischem Feingefühl ist es dem Autor gelungen, Gustav Mahler in seiner Genialität aber auch seiner inneren Zerrissenheit, Melancholie, Trauer und Verbitterung sehr glaubhaft einzufangen. Zugleich lässt er uns auch an seinen Glücksmomenten und Schicksalsschlägen teilhaben.
Sehr einfühlsam und anschaulich zeichnet Robert Seethaler in kurz angerissenen Szenen Mahlers grandioses Wirken und einzigartiges Schaffen nach - das Arbeiten an seinen Sinfonien in seinem abgeschiedenen Kompositionshäuschen, seine Tätigkeit als Direktor der Wiener Hofoper oder seine Gedanken an die Uraufführung seines Ausnahmewerks die 8. Sinfonie. Sehr gelungen und humorvoll erzählt Seethaler beispielsweise in einer Anekdote das Modellsitzen des Maestros beim berühmten Auguste Rodin in Paris. Sehr eindrucksvoll ist auch seine Begegnung mit dem großen Sigmund Freund im holländischen Leiden geschildert, bei dem sich Mahler Hilfe für seine gescheiterte Ehe erhoffte.
Obwohl der Autor uns an einigen sehr emotionalen, tragischen Momenten in Mahlers Leben Anteil nehmen lässt, blieb für mich stets eine seltsame Distanz, die leider eine wirkliche Nähe und Anteilnahme für Gustav Mahler vermissen ließen.
Dennoch ist es Robert Seethaler gelungen, mit wenigen, aber sehr pointierten Worten eine beeindruckend skizzierte Lebensgeschichte niederzuschreiben und bei mir wieder Interesse an einem faszinierenden Ausnahmekünstler und seinen außergewöhnlich musikalischen Werken zu wecken.
FAZIT
Ein unterhaltsames und bewegendes Porträt des Ausnahmekünstlers Gustav Mahler – ruhig und einfühlsam erzählt! Nicht ganz so gelungen wie andere Werke von Seethaler, aber dennoch lesenswert!

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Mitreißender Auftakt für die vier Wunderfrauen

Die Wunderfrauen
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INHALT

„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“

1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder ...

INHALT

„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“

1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder alles geben, was das Herz begehrt. Sie sieht es schon vor sich: die lange Ladentheke mit großen Bonbongläsern darauf, eine Kühlung für Frischwaren, Nylonstrümpfe, buttriger Kuchen, sonntags frische Brötchen … und das Beste daran: endlich eigenständig sein. Endlich nicht mehr darüber nachdenken, warum ihre Ehe nicht so gut läuft, endlich sie selbst sein und etwas wagen.
Drei Frauen werden immer wieder Luises Weg kreuzen: Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin von nebenan, die junge Lehrschwester Helga Knaup und Marie Wagner, geflohen aus Schlesien. Sie alle haben in den Zeiten des Aufbruchs und des Neubeginns einen gemeinsamen Wunsch: Endlich wieder glücklich sein.

(Quelle: Fischer Verlag)

MEINE MEINUNG

Bei dem historischen Roman „Die Wunderfrauen“ von der deutschen Autorin Stephanie Schuster handelt es sich um den unterhaltsamen Auftakt einer Trilogie, der zu Beginn der 1950er-Jahre in Bayern angesiedelt ist und in dessen Mittelpunkt 4 junge, starke Frauen stehen, die unterschiedlicher kaum sein können.

Es wird eine mitreißende und bewegende Geschichte über Freundschaft und Liebe, Selbstfindung und Emanzipation erzählt aber auch von den großen und kleinen Wundern im Leben sowie von kleinen Intrigen, Rivalitäten und Schicksalsschlägen.

Die Autorin zeichnet ein schillerndes, lebendiges Portrait der 1950er-Jahre und gibt uns sehr anschauliche Einblicke in das damalige Alltagsleben. Gekonnt fängt sie die Nachkriegszeit in Deutschland ein, in der immer noch starre gesellschaftliche Normen, Anstandsregeln und prüde Moralvorstellungen gelten und Männer wie selbstverständlich über das Schicksal der Frauen als Väter, Ehegatten oder Arbeitgeber bestimmen wollen. Sehr schön vermittelt sie die allgemeine Aufbruchsstimmung, die sich in dieser beginnenden Wirtschaftswunderzeit um sich griff, und reißt ebenfalls die noch spürbaren Nachwirkungen des 2. Weltkrieges an.

Wir begleiten die vier jungen Frauen von unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Lebensgeschichten, die alle nach der entbehrungsreichen Kriegszeit einen Neubeginn wagen und mutig aus ihren festgelegten Rollen ausbrechen, um ihre Träume zu verfolgen. Aus unterschiedlichen, sich abwechselnden Perspektiven erleben wir das Schicksal der vier Frauen, so dass wir ihre Innenwelt und ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte hautnah miterleben, und uns mit ihnen identifizieren können.

Ob nun Luise, die nach dem Tod ihrer Schwiegermutter einen eigenen Gemischtwarenladen eröffnet, die aus Schlesien geflohene Marie, die auf einem Gestüt als Bereiterin arbeiten möchte, die junge, lebenslustige Unternehmerstochter Helga, die nicht verheiratet werden möchte und eine Ausbildung als Krankenschwester beginnt, oder schließlich die unglückliche Chefarzt-Gattin Annabel – sie alle sind starke, authentische Frauenfiguren, die auf der Suche nach sich selbst und persönlichem Glück sind und nach ein bisschen Selbstverwirklichung streben.
Schuster hat ihre vier Protagonistinnen vielschichtig und lebensnah ausgearbeitet. Dank des lebendigen und mitreißenden Schreibstils der Autorin verfolgt man gebannt, wie sich die Lebenswege der Frauen scheinbar zufällig immer wieder kreuzen, und sie schließlich als Freundinnen zusammenfinden.
Insgesamt hätte der Handlung allerdings etwas mehr Tiefgang gut getan und auch die Vorhersehbarkeit vieler Geschehnisse störte mich etwas.

Das Ende des ersten Teils ist recht offen gehalten und macht schon sehr neugierig auf die Fortsetzung der Trilogie mit den vier Wunderfrauen Luise, Helga, Annabel und Marie!

FAZIT

Ein gelungener, unterhaltsamer Auftakt der Wunderfrauen-Trilogie mit einem faszinierenden, lebensechten Zeitporträt der Wirtschaftswunderjahre.

Empfehlenswert für Fans von Wohlfühlromanen mit tollem Zeitkolorit!

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