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Veröffentlicht am 23.06.2019

La dolce Vita

Marina, Marina
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Die Geschichte beginnt in dem kleinen fiktiven Ort Sant' Amato an der ligurischen Küste in den 60er Jahren. Der Hit „Marina“ erobert gerade die Charts und der junge Nino Lanteri verliebt sich in seiner ...

Die Geschichte beginnt in dem kleinen fiktiven Ort Sant' Amato an der ligurischen Küste in den 60er Jahren. Der Hit „Marina“ erobert gerade die Charts und der junge Nino Lanteri verliebt sich in seiner ersten Schwärmerei in die Ehefrau des örtlichen Frisörs Marina. Über fast zwanzig Jahre hinweg entsteht eine facettenreiche, geschickt verwobene Geschichte von fünf Familien aus dem Ort, deren Schicksale oft tragisch verbunden sind. Denn Marina beginnt ihrerseits eine Affäre mit einem verheirateten Mann, die für beide Familien nicht ohne Folgen bleiben wird. Selbst Nino wird erst Jahre später seine Identität erfahren ...

„Marina“ - wer kennt nicht diesen Welthit, der beim Lesen fast unbemerkt immer leise im Kopf mitklang. Auch die anderen Hits aus der damaligen Zeit der 60er, die den Hauptteil des Buches ausmachen, bekommen ihren Platz und werden meist zu Beginn größerer Kapitel kurz vorgestellt. Ich muss zugeben, dass ich mir einige sogar auf Youtube angehört habe, um so einen Eindruck zu bekommen.Was für mich erst als leichte, lockere Sommerlektüre daherkam, hat sich auf den zweiten Blick zu einer echt guten empehlenswerten Lektüre entpuppt. Ich war positiv überrascht. Denn das Buch ist wirklich mehr als nur ein Sommerroman. Ich denke, die Autorin wollte hier eine persönliche Liebeserklärung an das Italien der 60er Jahre abgeben, als die deutschen Touristen die Vorzüge von Bella Italia entdeckten und in Scharen über die Alpen kamen. Dabei sind die vielen kleinen Orte und die über Jahrzehnte entstandenen eingefleischten, familiären Gemeinschaften etwas ganz Besonderes und das hat die Autorin meiner Meinung nach in ihrem Roman wunderbar verpackt und in einer gut durchdachten, nachvollziehbaren Geschichte erzählt.

Dabei gelang es der Autorin mich schnell in die Geschichte hineinzuziehen und auf eine wunderbare Zeitreise mitzunehmen. Vor allem das Lebensgefühl der damaligen Zeit wird überzeugend vermittelt. Ich konnte richtig gut in die Atmosphäre des fiktiven Ortes an der italienischen Riviera eintauchen, am Lebensgefühl der Menschen, aber auch deren persönlichen Nöte, Ängste und Geheimnisse teilhaben. Selbst die Nachwirkungen des zweiten Weltkriegs, der viele Lebenswege noch persönlich tief geprägt hat, kommt nicht zu kurz. Denn einige der Geschehnisse im Roman haben ihren Ursprung in den verzweifelten Partisanenkämpfen gegen die Besatzer – es geht um Treue und Verrat, aber auch Hass und Verzweiflung. Bis sich hier der Schleier aber lüftet, zeichnet die Autorin die Lebenswege von Nino und seinen zwei Freunden Beppe und Matteo nach, die ihren eigenen Träume einer Zukunft nachgehen – und deren Familien.

Mein Fazit: Eine wirklich überzeugende, facettenreiche Liebeserklärung an das italienische Lebensgefühl.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Herzklopfen garantiert

Wo mein Herz schlägt
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Was für ein überaus gefühlvoller, berührender Roman, der aber auch ein ernstes Thema, Organspende, aufgreift und in einer wunderbaren Geschichte über zwei Menschen, die zueinander finden, verwebt. Rose ...

Was für ein überaus gefühlvoller, berührender Roman, der aber auch ein ernstes Thema, Organspende, aufgreift und in einer wunderbaren Geschichte über zwei Menschen, die zueinander finden, verwebt. Rose Bloom ist hier eine wirkliches tolle Geschichte gelungen, die ich fast an einem Stück durchlesen konnte, weil sie nicht nur berührt, sondern auch ein Quentchen Spannung enthält.

Im Kern geht es um Claire, die ein neues Leben durch eine Herztransplantation bekommt und sich bei der Familie des Spenders bedanken möchte. Und es geht um Grant, der auf tragische Weise seinen Bruder verloren hat - den Spender - und der sich verzweifelt auf die Heimatinsel Lundy Island zurückzieht, um sich dort um die Pension seines verstorbenen Bruders zu kümmern. Claire reist nach Lundy Island, doch die erste Begegnung gestaltet sich alles andere als leicht. Claire wagt es nicht, sich zu offenbaren. So entwickelt sich, trotz aller Unterschiede, langsam eine kleine Romanze zwischen den beiden. Allerdings hängt Claire's Leben nach wie vor am seidenen Faden...

Ich fand die Idee hinter der Geschichte wunderbar und zugleich sehr berührend, zeigt sie doch, welche meist tragischen Geschichten sich hinter Organspenden verbergen. Rose Bloom gelingt es aus meiner Sicht hervorragend eine feinfühlige Geschichte zu erzählen, mit leisen Tönen und mit authentischen Figuren, die ans Herz gehen, sympathisch sind und mit denen man einfach mitfühlen kann. Dabei schafft sie es die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven, der von Claire und auf der anderen Seite aus Sicht von Grant zu erzählen. Auf diese Weise erzeugt sie Spannung und Dynamik. Ich konnte mich zudem als Leserin hervorragend in die Gefühlswelt des jeweils anderen hineinversetzen. Letztlich ist es eine gefühlvolle, unterhaltsame Geschichte für alle Leser/innen romantischer Liebesgeschichten.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Bewegende Familiensaga

Bella Ciao
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Giulia Masca verlässt als junge Frau überstürzt ihren Heimatort Borgo di Dentro, als sie herausfindet, dass ihr Verlobter und ihre beste Freundin Anita ein Paar sind. Den Verrat vergisst sie nie. Sie flieht ...

Giulia Masca verlässt als junge Frau überstürzt ihren Heimatort Borgo di Dentro, als sie herausfindet, dass ihr Verlobter und ihre beste Freundin Anita ein Paar sind. Den Verrat vergisst sie nie. Sie flieht nach New York, um sich weit entfernt von der Heimat ein neues Leben aufzubauen. Mehr als 50 Jahre später kehrt sie mit ihrem Sohn in den Heimatort zurück. Nichts ist mehr, wie es wahr. Doch wie werden sich die Freundinnen wieder begegnen. Kann man je verzeihen? Und wie verändert das Schicksal zweier Familien diese besonder Freundschaft?

Ich muss zugeben, dass ich mit einer komplett anderen Erwartungshaltung an dieses Buch herangegangen bin. Ich hatte eine Frau erwartet, die verbittert nach Rache sinnt und Jahrzehnte später in ihre Heimat zurückgeht, um ähnlich wie im „Besuch der alten Dame“ mit ihren ehemaligen Freunden abzurechnen. Zugegeben das klingt ziemlich abwägig. Aber die Lektüre dieses Buches, das mich anfangs nicht so richtig packen konnte, hat mich am Ende doch eines besseren belehrt. Ja, sogar positiv überrascht. Es gelingt der Autorin die verschiedenen Handlungsstränge und die Zeitsprünge zwischen der Gegenwart, in der Giulia durch ihren Heimatort wandert und Orte ihrer Kindheit und Jugend besucht, mit der außergewöhnlichen fiktiven Geschichte des Ortes, der Region und der beiden Familien von Giulia Masca und Anita Leones' zu verbinden. Beide Frauen verbindet mehr, als sie beide ahnen. Aber ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Das Buch muss man meiner Ansicht nach einfach lesen. Und, ja, eintauchen, in die Geschichte, die einen Bogen spannt von Anfang des 20. Jahrhunderts, als Kinder noch in Seidenspinnereien hart arbeiten mussten. Über den Ersten Weltkrieg, mit seinen vielen Trägödien. Hin zum Faschismus in Italien bis zu den Wirren des Zweiten Weltkrieges mit seinen Widerstandskämpfern, die gerade in der Region Piemont hart für ihre Freiheit kämpfen und viele persönliche Opfer bringen mussten. In diese Wirren ist das Schicksal der Familie von Anita eingebettet, die für mich zu den heimlichen tragischen Helden der Geschichte werden. Der Autorin gelingt es wunderbar, den Leser auf dieser geschichtlichen Reise mitzunehmen. Man erfährt selbst sehr viel über die Geschichte der Region. Und mal abgesehen von der erzählerischen Leistung der Autorin, finde ich sowohl das Setting, als auch die Art und Weise, wie sie die Sprache einsetzt und dabei unglaublich viel Leidenschaft transportiert – einfach nur toll. Mein Fazit: Ein kleiner Schatz. Eine außergewöhnliche Familiengeschichte vor dem Hintergrund weltbewegender Ereignisse und Umwälzungen – im Kern aber auch eine bewegende Freundschaft zweier Frauen, die das Schicksal untrennbar miteinander verbindet.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Magische Welten

Clans von Cavallon (1). Der Zorn des Pegasus
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Sam Quicksilver lebt friedlich mit seinen Einhorn- und Zentraurenfreunden in der freien Stadt. Seit 100 Jahren herrscht Frieden. Der letzte erbitterte Krieg mit den Pegasus ist für viele nur eine Erinnerung, ...

Sam Quicksilver lebt friedlich mit seinen Einhorn- und Zentraurenfreunden in der freien Stadt. Seit 100 Jahren herrscht Frieden. Der letzte erbitterte Krieg mit den Pegasus ist für viele nur eine Erinnerung, bis am Feiertag anlässlich des Friedensvertrags die Pegasus die freie Stadt angreifen und die Stadt zerstören. Sam muss fliehen und so beginnt ein spannendes Abenteuer, das den Auftakt zu einer fantasievollen Geschichte für Jung und Alt bildet.

Ich muss sagen, dass mich diese Geschichte mitgerissen und begeistert hat. Man wird geradezu hineingezogen in eine Handlung voller Fabelwesen und Sagen, die wie ich finde wunderbar miteinander zu einer spannenden Geschichte verknüpft werden. Das Cover ist fantastisch gelungen und geradezu eine Augenweide. Hier hat der Illustrator sich wirklich austoben dürfen. Die Geschichte an sich ist in vier Handlungsstränge aufgeteilt. Wir verfolgen nicht nur die spannenden Abenteuer von Sam, der sich mit den kriegerischen Einhörnern herumschlagen muss, und dabei eine schicksalhafte Verbindung zu einem Einhorn knüpft. Sondern auch die Geschichten eines jungen Zentauren, einer Pegasus-Stute und eines jungen Mädchens, die per Zufall zu einer Kelpie wird, um fortan im Meer leben zu müssen. Man spürt auf jeder Seite die Liebe zum Detail und auch den Sagenschatz der griechischen Mythologie, aus dem die Autorin aus dem Vollen schöpft. Auch alle Hauptfiguren sind sympathische Helden, von denen jeder seinen eigenen Weg gehen muss und auch nicht selten in Konflikt mit dem eigenen Gewissen gerät. Nicht zuletzt ist aber die Freundschaft, die alle Widerstände überwindet, das zentrale Motiv. Das macht es für mich zu einem gelungenen Jugendbuch, das mit seiner bildgewaltigen Erzählweise, dem sehr leichten Schreibstil und mit viel Fantasie, Lust auf mehr Abenteuer macht. Auf jeden Fall ist das ein sehr gelungener Auftakt, dem hoffentlich noch einige spannende Abenteuer folgen werden.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Das Unbeschreibliche berührend erzählt

Stella
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"Diese Frau trug so viele Rollen in sich, das Aktmodell, die Sängerin mit der dünnen Stimme, die Schönheit in meiner Badewanne, die Büßerin, die Lügnerin, das Opfer, die Täterin. Stella Goldberg, die Greiferin, ...

"Diese Frau trug so viele Rollen in sich, das Aktmodell, die Sängerin mit der dünnen Stimme, die Schönheit in meiner Badewanne, die Büßerin, die Lügnerin, das Opfer, die Täterin. Stella Goldberg, die Greiferin, meine Frau. Ich weiß nicht, ob es falsch ist, einen Menschen zu verraten, um einen anderen zu retten. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, einen Menschen zu verraten, um einen anderen zu retten. Ich wollte mich irgendwo verkriechen, weil ich wusste, dass ich dem Schicksal nicht gewachsen war, aber es mischte sich ein anderes Gefühl dazu. Ich spürte eine Verbundenheit mit Stella.[...]"

Der junge Schweizer Friedrich kommt 1942 mitten in den Wirren des Krieges nach Berlin, um seine Ausbildung als Maler fortzusetzen. Dort begegnet er der jungen, aufgeweckten Kristin, die mit ihm zusammen durch die Clubs von Berlin zieht, Cognac trinkt und die Friedrich zunehmend in ihren Bann zieht. Sie werden ein Paar. Eines Tages jedoch muss er erfahren, dass "Kristin" nicht die ist, die sie vorgibt zu sein...

Über dieses Buch wurde schon viel gesagt und geschrieben. Auch ich kann mich buchstäblich nicht dem Bann entziehen und muss sagen, dass es sehr lange in mir gearbeitet hat. Mehr noch, ich habe angefangen, mich nicht nur mit den damaligen Umständen auseinanderzusetzen, sondern mich auch mit der echten Stella Goldberg zu beschäftigen. Das ist ohne Zweifel ein mutiges und auch schon lange überfälliges Buch. Ich wusste bis dato nichts von Stella. Es beschäftigt sich mit der Frage, wie weit ein Mensch in einer echten lebensbedrohlichen Situation gehen würde, um diejenigen vor dem sicheren Tod zu retten, die er liebt. Und dabei gleichzeitig ohne Skrupel - aber vielleicht aus einem echten Übelebensinstinkt heraus, mit einem verbrecherischen Regime zu sympathisieren. Ich finde, es gelingt Takis Würger wunderbar sich dem Charakter und der Person Stella aus Sicht des (vielleicht fiktiven) Charakters Friedrich zu nähern. Erzählt wird die kurze Zeit der stürmischen Beziehung zwischen Friedrich und Stella im Jahr 1942. Dabei wird die Handlung immer wieder durch echte Zeugenaussagen aus den damaligen Gerichtsakten des Prozesses gegen Stella unterbrochen. Gerade in diesen Momenten werde ich als Leser wieder daran erinnert, dass es eben nicht die liebevolle Romanze ist. Gut fand ich auch, wie der Autor jeden Monat mit geschichtlichen Fakten und Ereignissen des Jahres 1942 beginnt und den Leser damit buchstäblich in die "brutale" Realität zurückholt. Und das war auch gut so. Takis Würger überlässt es meiner Ansicht nach durchaus dem Leser ein Urteil über Stella zu fällen. Der Schreibstil ist darüber sehr angenehm. Die Covergestaltung mit dem Foto der echten Stella ist meiner Meinung nach dezent, zurückgenommen, aber auch sehr fokussiert und dadurch irgendwie packend. Aufgrund des Themas wird hier bewusst und auch genau richtig, auf viel Schnörkel verzichtet.
Mein Fazit: Für mich sicherlich eines der Lesehighlights in diesem Jahr. Packend, nachdenklich machend und auch berührend einfach. Takis Würger gelingt es hervoragend das menschlich Unbegreifliche mit einfacher Sprache zu erzählen. Wunderbar.