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Veröffentlicht am 20.04.2021

Schweigen

Möwensommer
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Bezaubernd ist der Blumenladen "Blühende Phantasie" auf Norderney, in dem Lina ihre Erfüllung findet. Auch sonst ist sie voll eingebunden ins Leben und Geschehen auf der Insel, schließlich kennt hier jeder ...

Bezaubernd ist der Blumenladen "Blühende Phantasie" auf Norderney, in dem Lina ihre Erfüllung findet. Auch sonst ist sie voll eingebunden ins Leben und Geschehen auf der Insel, schließlich kennt hier jeder jeden. Lustige Mädelstreffen und entspannte Segelausflüge mit ihrem Jugendfreund Mattis erfüllen ihr Privatleben. Nur mit der Liebe hapert es noch – die Auswahl an passenden Kandidaten ist auf der Insel überschaubar – bis der fesche Standesbeamte Bent auf die Insel zieht und Mattis irgendwann noch schweigsamer wird.

Bereits der Beginn im Blumenladen ist wunderschön: die Liebe Linas zu den blühenden Lebewesen, die bildhafte und detailgetreue Beschreibung von Buketts und Sträußen, die Milchkannen neben Lilien und bunten Bändern, einfach herrlich, eine vielversprechende Mischung aus Romantik und Missverständnissen, die sympathische Lina und ein etwas brummiger Mattis begegnen uns auf den ersten Seiten von Möwensommer.

Was so traumhaft beginnt, wandelt sich jedoch bald in eine vorhersehbare Abfolge platter Klischees, wobei Tippfehler und kleine Ungereimtheiten das Ihre beitragen, um das anfängliche Lesevergnügen zu trüben. Diese Makel werden aber zumindest etwas aufgewogen durch die Lebendigkeit der Fauna und Flora Norderneys, dem Duft der Lilien, der salzigen Brise, die man einatmet beim Lesen. Schnell bekommt man Lust auf Urlaub, stille Spaziergänge und die Weite des Meeres. So versöhnt das Buch doch noch mit warmherzigen Szenen, die uns Freundschaft und Zusammenhalt spüren lassen.

Drei Sterne für nette Abwechslung an einem verregneten Wochenende.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Tarnen und Täuschen

Geiger
3

Die Enkel verabschieden sich kurz bevor das Telefon klingelt. „Geiger“, tönt es aus der Leitung, Agneta holt die Waffe, erschießt ihren Mann und winkt noch aus dem Fenster. Kommissarin Sara Nowak ist zwar ...

Die Enkel verabschieden sich kurz bevor das Telefon klingelt. „Geiger“, tönt es aus der Leitung, Agneta holt die Waffe, erschießt ihren Mann und winkt noch aus dem Fenster. Kommissarin Sara Nowak ist zwar kein Teil des Ermittlungsteams, aber sie kennt die Familie seit ihrer Kindheit und hegt daher größtes Interesse an der Aufklärung.

Während das erste Kapitel sehr spannend zu lesen ist mit vielen bildreichen Details, tritt alsdann eine überraschende Wende ein: die Geschichte entpuppt sich als Spionagethriller mit einer allzu aggressiven Sittenpolizistin Nowak. Mehrere Erzählstränge laufen nebeneinander, aber es fehlt auf weiten Strecken die Spannung, viele – für mich – langatmige Seiten füllen das Buch. Obwohl die Grundidee eine interessante ist und gewiss viel aufwändige Recherche diesem Thriller zugrunde liegt, so habe ich diese Art von Polithintergrund nicht erwartet und leider lange damit gehadert. Wo manchmal der Klappentext beinahe zu viel verrät, wird hier die Stasi nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt. Das zweite große Thema ist Prostitution und Vergewaltigung im Milieu, wodurch nicht nur über Sara Verbindungen geschaffen werden. Die einzelnen Fäden laufen auch stimmig am Ende zusammen, weshalb dieser erste Teil der Trilogie gut für sich als Einzelband stehen bleiben kann.

Die einzelnen Kapitel sind eher kurz und rasch lesbar, die Figuren bleiben aber allesamt sehr oberflächlich und distanziert. Genaueres erfährt man nur zu Sara, woher jedoch ihre angriffige und misstrauische Art rührt, bleibt offen.

Insgesamt konnte „Geiger“ mich nicht fesseln, auch wenn die Handlung im Gesamten gut durchdacht und wohl überlegt ist. Ausschweifende Erzählstränge, etliche Bilder und Namen von Politikern und TV-Größen, das Anreißen von nebensächlichen Themen und einige unglaubwürdige Szenen – es gibt genug Gründe dafür, dass ich mich freue, dass dieser Band in sich abgeschlossen scheint und die Folgebände der Trilogie nicht nötig sind, um offene Frage zu klären.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Auf der Suche

Der Klang der Wälder
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In einem abgelegenen Bergdorf wächst Tomura-kun auf, das Rauschen der Wälder begleitet ihn und prägt seine Leidenschaft für Klang und Musik. Als er eines Tages dem Klavierstimmer Itadori-san bei der Arbeit ...

In einem abgelegenen Bergdorf wächst Tomura-kun auf, das Rauschen der Wälder begleitet ihn und prägt seine Leidenschaft für Klang und Musik. Als er eines Tages dem Klavierstimmer Itadori-san bei der Arbeit zusieht und -hört, ist er von dieser Aufgabe so fasziniert, dass er selber dieses Handwerk erlernt. Umgeben von erfahrenen Kollegen, setzt er sich allerdings sehr unter Druck und fühlt sich stets minderbegabt. Erst durch die Schwestern Yuni und Kazune und deren Schicksal findet er zu sich selbst und seiner Bestimmung.

Mit klaren Worten, einfach und prägnant, dennoch aber mit einer gewissen Melodie setzt Autorin Natsu Miyashita diesen Roman in Szene. Tomura-kun trifft fern von seiner Heimat auf viele Gewohnheiten, die ihm fremd sind. Nur langsam fügt er sich mit viel Fleiß ins Erwerbsleben ein und versucht, seine vermeintlichen Schwächen durch Ausdauer und Lernbereitschaft auszugleichen.

Während das Titelbild und der Klappentext sehr einladend wirken, so plätschert die Geschichte Tomura-kuns nur langsam und gemächlich dahin. Zu Beginn ist die Technik des Klavierstimmens noch sehr interessant, mit zunehmenden Wiederholungen wird die Sache jedoch ein wenig langatmig, auch wenn hinter jedem Klavier ein ganz individueller Pianist steht und jeder Spieler sich eine andere Klangnote wünscht. Ist Klavierstimmen also nur ein Handwerk, das man erlernen kann und eine reproduzierbare Technik? Oder steckt schlussendlich doch mehr dahinter? Der Protagonist muss sich viele Monate quälen, bis er wiederum auf die beiden Schwestern trifft, bei denen er das erste Mal nach seiner Grundausbildung beim Klavierstimmen dabei sein durfte. Erst jetzt erkennt er, was seine Arbeit bewirken kann und worauf er sein Augenmerk richten möchte.

Leider erscheint vieles in diesem Roman etwas schwermütig und eintönig, die Figuren bleiben nebelhaft fern, die Entwicklung Tomura-kuns nicht so lebendig, wie es hätte sein können. Vielleicht liegt es an der ganz anderen Kultur Japans, dass hier dieser Eindruck entsteht, an den sehr höflichen und oft recht förmlichen Umgangsformen, die kaum Privates und Ungezwungenes zulassen? In Summe handelt es sich um eine interessante Geschichte, die aber kaum Emotionen bei mir auslösen kann. Schade. Aufgrund der angenehmen Sprachmelodie und der grundsätzlich schönen Idee für dieses Buch vergebe ich drei Sterne.

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Veröffentlicht am 08.02.2021

Wofür wir leben

Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
1

Theo Sandmann ist talentiert, eine verheißungsvolle Zukunft steht ihm bevor. Insbesondere sein Klavierlehrer an der Akademie stellt sich als ganz besonderer Mentor heraus. Aber dann trifft Theo auf die ...

Theo Sandmann ist talentiert, eine verheißungsvolle Zukunft steht ihm bevor. Insbesondere sein Klavierlehrer an der Akademie stellt sich als ganz besonderer Mentor heraus. Aber dann trifft Theo auf die Schauspielstudentin Aida und hat plötzlich ganz andere Ziele. Die verkrusteten und von Geld und Macht geleiteten Strukturen sollen eingerissen werden durch feurige Reden und wilde Aktionen der ZUKUNFT.

Toll und übersichtlich gestaltet sind die Abschnitte des Buches, der Schreibstil ist eingängig und flott zu lesen. Die Entwicklung Theos vom behüteten Muttersöhnchen weg über den Studenten mit leichten Eingewöhnungsschwierigkeiten bis hin zum Mitglied der ZUKUNFT wird plastisch und glaubwürdig beschrieben. Die Figuren sind rasch, aber doch erkennbar skizziert. Sehr sympathisch kommt insbesondere Professor Goldstein herüber, der höchst individuelle und auf jeden einzelnen Schüler zugeschnittene Unterrichtsstunden erteilt. Schritt für Schritt steigert sich das Tempo und unerwartete Offenbarungen treten zutage. Mit der ein oder anderen Lebensweisheit führt Oppermann schließlich zu einem recht schnellen Ende.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen kurzweiligen Jugendroman, wobei man gerade über die Gruppe ZUKUNFT und ihre Beweggründe doch gerne ein wenig mehr erfahren hätte. So werden viele Punkte eher schnell und oberflächlich abgehandelt, Gefühle, Ideen und Hintergründe bleiben verborgen. Dennoch ist die zugrunde liegende Botschaft klar. Deshalb drei Sterne.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Klimakinder

CO2 - Welt ohne Morgen
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Zwölf Kinder aus zwölf verschiedenen Nationen nehmen an einem Klimacamp in Australien teil. Aber rasch läuft etwas schief – sie werden entführt. Als Lösegeld werden nahezu unmögliche Klimaziele und sofortige ...

Zwölf Kinder aus zwölf verschiedenen Nationen nehmen an einem Klimacamp in Australien teil. Aber rasch läuft etwas schief – sie werden entführt. Als Lösegeld werden nahezu unmögliche Klimaziele und sofortige Maßnahmen erwartet. Jede Woche ist eine Nation gefordert, bei Nichteinhaltung stirbt das von dort stammende Kind. Ein Wettlauf beginnt: sind die Forderungen angemessen, ist es Erpressung, darf man Kinder opfern?

Das Thema ist brisant und spannend, Tom Roth schreibt vom fortschreitenden Klimawandel, der nun durch ein Verbrechen an unschuldigen Kindern in die täglichen Schlagzeilen rückt. Flott im Stil, übersichtlich bei Kapitelüberschriften und Zeitangaben präsentiert sich dieses Buch vom Titelbild bis zum Rückentext als stimmiges Ganzes.

Es geht um CO2, rauchende Schlote und entsprechende Zertifikate. Dass für eine Kinderkonferenz die Teilnehmer um den Erdball fliegen und dort am Riff spazieren gehen, sowie besorgte Angehörige quer durch die Welt reisen, passt da allerdings nicht mehr so optimal und glaubwürdig ins Konzept. Während man in Italien nicht einmal für nur einen einzigen Tag einen Flugstopp erwirken kann, befindet sich der besorgte Onkel viel zu oft über den Wolken. Neben einigen anderen weniger realistischen Episoden ist das Buch aber spannend geschrieben. Viele unterschiedliche Personen, Sichtweisen und Schauplätze bringen Abwechslung und lassen den Leser rasch durch die Seiten preschen. Die Sorge um Hannah und ihre Mitstreiter steigt von Tag zu Tag, bis das Ultimatum abläuft.

Gutes Konzept, durchschnittlich umgesetzt, drei Sterne.

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