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Veröffentlicht am 07.12.2020

Wo andere Urlaub machen

Föhnlage
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Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ...

Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ein Unfall? Viele Gedanken werden überprüft auf Logik und Relevanz, Spekulationen unter den Einheimischen verbreiten sich wie der Wind, denn „Ratschkathln“ gibt es genug.

Mit viel Humor und einer treffenden Schreibweise setzt Maurer diesen ersten Krimi seiner „Jennerwein-Serie“ in Szene. Der Leser begleitet Ermittler und Bewohner des Dorfes durch spannende und recht unterhaltsame Episoden, die durchwegs für kurzweilige Lesestunden sorgen. Nicht knallharte Fakten und akribisch recherchierte Daten stehen hier im Mittelpunkt, sondern Wortwitz und Augenzwinkern, insbesondere, wenn es darum geht, dem Leben da und dort ein Schnippchen zu schlagen, das Gesetz ein wenig vorteilhaft zu interpretieren und einen Seitenblick auf Österreicher und Italiener zu werfen. Jennerweins Team ist eine kunterbunte, sympathische Gruppe, die man gerne bei einem weiteren Fall trifft und auch die Dorfbewohner mit ihren Ecken und Kanten passen gut ins Bild.

Insgesamt ist Föhnlage also eine tolle Mischung aus Spannung, Witz und ein wenig Sarkasmus, flott zu lesen und somit allemal eine Empfehlung wert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.04.2024

Bizarr

Der Killer in dir
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Alex hat seinen Polizeidienst quittiert und kümmert sich nun um seine kleine Tochter und den Haushalt, während seine Frau ihren Frisiersalon führt. Alles scheint perfekt, bis zu dem Tag, an dem ein sonderbarer ...

Alex hat seinen Polizeidienst quittiert und kümmert sich nun um seine kleine Tochter und den Haushalt, während seine Frau ihren Frisiersalon führt. Alles scheint perfekt, bis zu dem Tag, an dem ein sonderbarer Kerl Alex für einen Auftragskiller hält und ihn für einen Mord engagiert. Hält er sich nicht an die aufgezwungene Vereinbarung, könnte es seiner Familie an den Kragen gehen. Verzweifelt fügt sich Alex in sein Schicksal und gerät in eine Spirale, die sich unaufhörlich weiterdreht.

Für diese sehr ungewöhnliche, ja bizarre Geschichte wählt Max Reiter eine raffinierte Erzählform, nämlich die eines Tagebuchs. Auf diese Art und Weise erfährt der Leser viel über die Gedankengänge und Überlegungen von Max, die psychologischen Grundlagen für dessen Handeln sind grundsätzlich nachvollziehbar, aber dennoch kaum glaubwürdig. Wer würde sich schon zum Schutze seiner Familie als Auftragskiller anheuern lassen? Aber geringere Vergehen? Wie weit würde man gehen, wenn man erpresst würde? Wieviel Unrecht würde man in Kauf nehmen, wenn andernfalls das Leben der eigenen Ehefrau, des eigenen Kindes bedroht würde? So verfängt sich die Hauptfigur in Lügen und Täuschungen, bis der Sog nicht mehr aufzuhalten ist. Fesselnd zeigt der Autor, wie schnell es geht, bis man sich in einer Sackgasse wähnt, keinen vernünftigen Ausweg mehr sieht. Das Ende der Geschichte, nun aus der Sicht eines Erzählers, hält noch so manche Überraschung bereit, aber auch hier gilt: realistisch scheint dies nicht zu sein.

Trotz aller Absurdität hält dieses Buch großartige Gedankenspiele bereit, lädt ein zum Nachdenken, wie weit man möglicherweise selber gehen würde, wann und wie man einen Schlussstrich setzen könnte. Welche Abgründe stecken in einem Menschen, wodurch können sie geweckt werden? Interessante Fragen wirft Max Reiter auch diesmal wieder auf, für außergewöhnliche Unterhaltung ist jedenfalls gesorgt.

Veröffentlicht am 20.04.2024

DDR - Flair

Das Schweigen des Wassers
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Mecklenburg, 1991: Hauptkommissar Grothe wird aus Hamburg zurückbeordert in seine Heimat und versieht als Aufbauhelfer Ost nun seinen Dienst in der Polizeiwache Wechtershagen. Der Bootsverleiher Siegmar ...

Mecklenburg, 1991: Hauptkommissar Grothe wird aus Hamburg zurückbeordert in seine Heimat und versieht als Aufbauhelfer Ost nun seinen Dienst in der Polizeiwache Wechtershagen. Der Bootsverleiher Siegmar Eck beklagt sich, verfolgt zu werden, zwei Tage später wird er tot am örtlichen See gefunden. Ertrunken, lautet die rasche Lösung des Falles, aber die Tatsache, dass Eck ein hervorragender Schwimmer war, lässt Grothes Bauchgefühl anderes vermelden. Rasch ist der Kommissar verstrickt in ein Netz aus Schweigen und Intrigen.

Hervorragend fängt Susanne Tägder das Flair der ehemaligen DDR ein, mit Frau Schulte, einer Tüte Schrippen, Plastebeutel und Nierentisch findet man sich als Leser sofort im Osten der beginnenden 1990er-Jahre wieder, in der Zeit kurz nach der Wiedervereinigung, welche geprägt ist von Entwurzelung, Misstrauen und Verunsicherung. Durch kluge Charakterisierung zeigen sich diese Merkmale in den handelnden Figuren, wodurch eine gewisse Düsternis und Fremdheit in der eigenen Heimat entsteht. Wie nebenbei fließt der Kriminalfall ins Geschehen ein, basierend auf einer wahren Begebenheit im Jahre 1979 in einem mecklenburgischen Dorf. Die Ermittlungen sind höchst interessant, fast noch faszinierender sind jedoch die Informationen zu Politik und persönlichen Schicksalen, welche nicht nur Hauptkommissar Grothe prägen. Ohne große Ausschweifungen konzentriert sich Tägder auf Wesentliches, beschreibt Gefühle und Stimmungen kurz und prägnant, ja beschränkt sich teilweise überhaupt nur auf Andeutungen, die die Hintergründe knapp ausleuchten. Die exakte Recherche zu Örtlichkeit und Zeit spürt man in jeder Zeile der Autorin, dass ihre Familie aus der Gegend des fiktiven Krimis stammt, trägt nicht unwesentlich zur Authentizität bei. Diesbezüglich gefällt mir das Interview mit Susanne Tägder zu Beginn des Buches sehr gut, es passt perfekt als Einstimmung.

Als Erzählzeit wird das Präsens gewählt, wodurch eine ganz besondere Atmosphäre entsteht, der Leser spürt die Enge des Ostens, eine gewisse Bedrücktheit und Distanziertheit, die sich auch auf die Ermittlungstätigkeit erstreckt. Ohne Grothes Hartnäckigkeit wäre der Tod des Bootsverleihers längst als Unfall zu den Akten gewandert, so jedoch entwickeln sich interessante, wenn auch eher träge dahin dümpelde Nachforschungen, die schlussendlich auch zu einem logischen Ergebnis führen.

Fazit: ein Kriminalroman, der vor allem durch den Schreibstil und durch die atmosphärischen Szenen punkten kann.

Veröffentlicht am 18.04.2024

Flower

Der Traum der Lady Flower
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Im Schottischen Hochland, 1485: Lady Flower ist die älteste Tochter von Clanführer Gregor MacKay und soll demnächst verheiratet werden. Durch ungünstige Umstände fällt es Cailan Sinclair zu, auf einer ...

Im Schottischen Hochland, 1485: Lady Flower ist die älteste Tochter von Clanführer Gregor MacKay und soll demnächst verheiratet werden. Durch ungünstige Umstände fällt es Cailan Sinclair zu, auf einer bevorstehenden Hochzeit einen passenden Kandidaten auszuwählen. Dabei ist gerade er selbst die heimliche Jugendliebe von Flower. Bald steckt die junge Dame in einem Dilemma, denn während sie im Sinne ihres Clans Freundschaften und Ländereien erweitern soll, möchte sie selbst nichts lieber als eine Ausbildung zur Heilerin absolvieren.

Bildreich und detailgetreu zeichnet Kristin MacIver die anschaulichen Szenen in diesem Buch. Anfangs dauert es vielleicht ein wenig, bis man sich mit den vielen keltischen Namen zurechtfindet, dann aber kann man perfekt eintauchen in die damalige Zeit, mitfeiern bei ausgelassenen Festen und Ruhe finden im Pferdestall. Recht eindrücklich sind die Figuren charakterisiert, allen voran natürlich Lady Flower mit ihrer Willensstärke und ihrer Liebe zu allen Tieren sowie Lord Sinclair, der als ordentlicher Schürzenjäger bekannt ist, aber auch eine schwere Last mit sich trägt. Etliche Wendungen und Überraschungen erwarten den Leser und sorgen für beste Unterhaltung mit der Atmosphäre einer längst zurückliegenden Zeit, welche sehr gut eingefangen worden ist.

Fazit: hinter dem wunderschönen Titelbild verbirgt sich eine lesenswerte Geschichte, welche nun neugierig werden lässt auf die Fortsetzung, in der es um Flowers jüngere Schwester River gehen wird. Ich freue mich schon darauf!

Veröffentlicht am 12.04.2024

Der Anfang

Bist du nicht willig
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Beim Harburger Tageblatt lernen Reporter Jan Fischer und Fotografin Charlotte Sander einander kennen. Fünf Jahre zuvor ist eine bekannte Sängerin verschwunden, der Chefredakteur erwartet sich von den beiden ...

Beim Harburger Tageblatt lernen Reporter Jan Fischer und Fotografin Charlotte Sander einander kennen. Fünf Jahre zuvor ist eine bekannte Sängerin verschwunden, der Chefredakteur erwartet sich von den beiden eine aktuelle Sicht auf die Dinge und schlagzeilenträchtige Neuigkeiten. Bei der Recherche stoßen Charlotte und Jan auf einen pfiffigen Frauenfänger, geraten aber selbst zugleich in Gefahr.

Der Schreibstil zu Beginn ist mit seinen kurzen, abgehackten Sätzen gewöhnungsbedürftig, obwohl man die Aufregung hinter den Zeilen dadurch natürlich gut nachvollziehen kann. In den folgenden Kapiteln verbessert sich der Lesefluss deutlich, die Handlung wird viel ruhiger, während man als Leser die Figuren aus dem Buch näher kennenlernt. Unterschiedliche Szenen wechseln einander in eher kurzen Kapiteln ab, sodass Neugierde geweckt wird, durchaus humorvolle Betrachtungen runden das Ganze gut ab. Insbesondere Charlotte und Jan kann ich mir bald gut vorstellen, auch die anderen Personen sind entsprechend gut charakterisiert. Während in der ersten Hälfte alles eher gemächlich dahinplätschert und nur einzelne Szenen den Thriller widerspiegeln, so steigert sich das Tempo alsdann deutlich und einige überraschende Wendungen sorgen für angehaltenen Atem. Das Ende ist schlüssig und dieses Prequel gleichzeitig der Beginn der gesamten Reihe rund um Jan und Charlotte, welche bereits veröffentlicht ist.

Während ich besonders zu Beginn mit dem Schreibstil hadere, so ist die Handlung selbst umso fesselnder, je mehr die Geschichte voranschreitet und man genauer hinter die Kulissen blicken kann. Ich bin jetzt natürlich gespannt, was Charlotte und Jan in den anderen Bänden der Serie erleben.