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Veröffentlicht am 25.04.2024

Tod eines Serienstars

Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording (St. Peter-Mording-Reihe 3)
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Ein neuer Fall für die Polizei in St Peter-Ording lässt auch Insellehrerin Ilva nicht ruhen. Die Hobby-Detektivin will die Aufklärung des Todes des Seriendarstellers Titus Frank nicht allein ihrem Bruder, ...

Ein neuer Fall für die Polizei in St Peter-Ording lässt auch Insellehrerin Ilva nicht ruhen. Die Hobby-Detektivin will die Aufklärung des Todes des Seriendarstellers Titus Frank nicht allein ihrem Bruder, dem Inselpolizisten Ernie und dessen Kollegen Fred überlassen. Schließlich hatte sie schon in den vorangegangenen Fällen die Spürnase vorn.

In "Tödliche Tide in St Peter (M)Ording" von Tanja Janz erhält das Team aber zudem Verstärkung; Freds Vater, der eigentlich Familienurlaub machen wollte und aus Gelsenkirchen zu Besuch ist, ist als Kommissar im Ruhestand nicht zu bremsen und begibt sich als verdeckter Ermittler unter die Filmleute, die in St Peter Ording eine beliebte Krimireihe drehen. Bis eben eine echte Leiche alles durcheinander bringt. Und schnell steht fest: Der Tod des Serienstars war Mord.

So einiges ist in diesem Cozy-Krimi ziemlich überzeichnet und dramatisiert, einige Personen sind schon früh so verdächtig, dass Krimileser gleich wissen: der/die kann es nicht sein! Das Ermittlerteam ist liebenswert und verbreitet Familienidylle, ganz im Gegensatz zu den privaten Untiefen, die sich nach und nach im Leben des toten Schauspielers offenbaren.

Wer die vorangegangenen Bände gelesen hat, befindet sich im Vorteil, aber es ist problemlos möglich, auch ohne jede Vorkenntnis den Protagonisten dieses Nordseekrimis zu folgen. Manches Klischee zwischen Fischköppen und Ruhris wird hier gepflegt, überhaupt ist dieser Krimi eher harmlos-unterhaltsam und nicht sonderlich brutal - gute Strandkorb-Lektüre eben.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Kulturclash und Vaterpflichten für Münchner Kommissar an der Nordsee

Marconi und der tote Krabbenfischer
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Viele Urlauber kommen wegen der Weite der Landschaft, dem Blick zum Horizont, wegen frischer Brise und Watt an die Nordsee - und St Peter Ording mit seinem breiten Strand ist für viele ein Sehnsuchtsort. ...

Viele Urlauber kommen wegen der Weite der Landschaft, dem Blick zum Horizont, wegen frischer Brise und Watt an die Nordsee - und St Peter Ording mit seinem breiten Strand ist für viele ein Sehnsuchtsort. Nichts so für Massimo Marconi, bislang Kriminalhauptkommissar in München, der italienischsten aller deutschen Großstädte und dort durchaus zufrieden. Nun muss der überzeugte Single sein Leben beruflich wie privat gründlich umkrempeln und obendrein Vaterpflichten übernehmen: In "Marconi und der tote Krabbenfischer" von Daniele Palu können die Leser*innen den Kulturschock plus Mordermittlung mitverfolgen.

Marconis Stimmung zu Beginn des Buches ist ähnlich grautrüb wie der Himmel über der Nordsee: Nach dem plötzlichen Tod seines verwitweten Bruders soll er sich um die plötzlich verwaisten Kinder, Klara und Stefano, kümmern. Da sich die Brüder vor Jahren zerstritten haben, hat er keinerlei Verbindung zu den beiden, in seinem eigenen Leben spielte das Thema Familienplanung eh keine Rolle. Entsprechend groß ist die Überforderung auf beiden Seiten.

Auch beruflich sieht sich der ehrgeizige Kommissar plötzlich in einer ungewollten Situation: Um die Kinder nicht nach dem Tod der Eltern auch noch aus der gewohnten Umgebung zu reißen, wechselte er in die Position des Dienststellenleiters des kleinen Polizeirevier. Von der Kripo zurück in den Dienst in Uniform an einem verregneten Ort, wo sich die Polizisten die Zeit mit falsch geparkten Touristenautos und dem gelegentlichen Taschendiebstahl in der Saison vertreiben müssen, so sieht es Marconi. Und dann dieses Geduze im hohen Norden, ungefragt und unerwünscht! Zwischen Schafen, Deich und Dauerregen wächst die Sehnsucht ins alte Leben ins Unermessliche.

Doch von wegen, in Nordfriesland ist nichts los: Marconi ist kaum da, da gibt es schon die erste Leiche: Krabbenfischer Kalle liegt am Eidersperrwerk tot auf seinem Schiff, mit einer Harpune in der Brust. Fast lebt Marconi auf, doch die Kompetenzen sind streng geregelt: Die Schutzpolizei darf den Tatort absichern und Zeugen sortieren, für die Ermittlungen sind die Kollegen von der Kripo zuständig. Zum anfänglichen Entsetzen seiner Untergebenen denkt Marconi aber gar nicht daran, sich an diese Regel zu halten und startet eigene Ermittlungen.

"Marconi und der tote Krabbenfischer" ist ganz offensichtlich der Auftakt einer Serie, denn es bleiben Fragen für die Zukunft offen und so nimmt sich der Autor viel Zeit, die Protagonisten mit ihren großen und kleinen Macken vorzustellen und Marconis Kultur-clash unter den Fischköppen auszuspielen. Das Buch ist flüssig geschrieben, die Charaktere sind liebenswert und die kulturellen Unterschiede zwischen Süd und Nord werden mit einem Augenzwinkerns ausgespielt.

Mit Umwelt- und Klimabewegung als Teil des Plots hat dieser Cozy-Krimi auch einige aktuelle Bezüge. Bei der Annäherung Marconis an Klara und Stefano spielt neben der einen oder anderen dramatischen Entwicklung auch seine italienisch-norddeutsche Fusionsküche wie "Spaghetti Krabbonara" eine Rolle. Am Ende des Buches gibt es einen kleinen Rezeptteil zum Nachkochen.

Wird sich Marconi an die Mentalität der Norddeutschen gewöhnen und den Charme blökender Schafe und weiter Landschaft entdecken? Klappt die Doppelbelastung zwischen Beruf und Familie, die Millionen von Frauen zwar tagtäglich wuppen, die für Männer aber anscheinend too much ist? Ich vermute, spätestens im kommenden Jahr werden wir mehr erfahren. Marconi plus Anhang sind jedenfalls eine nette Bereicherung des ja nicht gerade schmalen Repertoires von Küstenkrimis.

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Veröffentlicht am 05.04.2024

Frauenfreundschaft vor Toskana-Kulisse

Keine Spaghetti sind auch keine Lösung
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Pasta zur Krisenbewältigung in allen Lebenslagen - das kann ich irgendwie ganz gut nachvollziehen. Der Buchtitel "Keine Spaghetti sind auch keine Lösung" von Silke Neumayer hat mich also gleich gereizt. ...

Pasta zur Krisenbewältigung in allen Lebenslagen - das kann ich irgendwie ganz gut nachvollziehen. Der Buchtitel "Keine Spaghetti sind auch keine Lösung" von Silke Neumayer hat mich also gleich gereizt. Die Buchbeschreibung ließ einen der typischen feelgood-Frauenromane erwarten, diesmal mit bella Italia-Kulisse und der obligatorischen Pasta.

Wobei im Fall von Helikopter-Mutti Pia, der herben Karrierefrau Schröder und der emotional-chaotischen Wuchtbrumme Poppy erst mal ein Todesfall für den Ernst des Lebens sorgt. Die vierte im Bunde der Jugendfreundinnen, Amelie, ist ganz plötzlich verstorben, mit Anfang 50. Und hat den anderen dreien ihr "Castello" in der Toskana vererbt, in das sie vor mehr als einem Jahr gezogen ist. Damals wurde der Kontakt eher sporadisch, aber auch das übrige Terzett sah sich nicht mehr so häufig wie in der Jugend.

Kommen die verbliebenen drei nun wieder zusammen, oder stellen sie fest, dass sie sich nichts mehr zu sagen haben? Schließlich, wie viele Jugendfreundschaften halten tatsächlich ein Leben lang, wenn sich nach der Schule Lebenswege und -vorstellungen ganz unterschiedlich entwickeln!

Hinzu kommt - die toskanische Immobilie ist eine arg renovierungsbedürftige Bruchbude. Doch der letzte Freundschaftsdienst verpflichtet, auch wenn die Freundschaft der Frauen selbst renovierungsbedürftig ist und jede von ihnen ihre Geheimnisse hat.

Bis zum - bei diesem Genre unausweichlichem und vorausschaubarem - happy end müssen sie sich erst mal wieder zusammenraufen, auch unangenehme Wahrheiten ins Gesicht schleudern und Selbsterkenntnis üben. Mit toskanischer Kulisse macht das eine nette Urlaubslektüre, bei der auch amore nicht ganz zu kurz kommt. Nett für zwischendurch.

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Veröffentlicht am 29.03.2024

Mode, Drogen und ein Killer voll Zen

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Stoff
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"Tödlicher Stoff", der Titel des dritten Romans um Amy Achterops Amsterdamer Hausboot-Detektive, hat doppelte Bedeutung. Denn einerseits geht es - in Amsterdam eigentlich nicht so überraschend! - um Drogen, ...

"Tödlicher Stoff", der Titel des dritten Romans um Amy Achterops Amsterdamer Hausboot-Detektive, hat doppelte Bedeutung. Denn einerseits geht es - in Amsterdam eigentlich nicht so überraschend! - um Drogen, zum anderen um die Modeszene und den Tod eines Mäzens, der Rätsel aufgibt: Unfall oder Mord?

Die Tochter des Toten will nicht glauben, dass er im LSD-Rausch gegen ein Müllauto lief - ihr Vater sei gegen Drogen in jeder Form gewesen. Die Hausboot Detektive Arie, Maddie, Jack, Jan und Elin merken allerdings schon bald: Der Saubermann hatte irgendetwas zu verbergen. Warum handelte er mit völlig überteuerten Wollstoff, und warum war ein schwedischer Modedesigner bereit, dafür den geforderten Preis zu bezahlen?

Eine zickige Modeexpertin, eine kiffende und strickende Oma, ihr schwerverliebter und etwas lebensfremder Enkel und ein Killer mit sanfter Zen-Philosophie sind nur einige der exzentrischen Nebenfiguren, die den Charme der Bücher um die Hausboot-Detektive ausmachen. So wirklich realitätsnah sind diese Cozys zwar nicht, und wer die Bösewichte sind, merken die Leser*innen auch ohne detektivische Vorbildung sehr schnell. Aber die Hausboot-Romane versprechen Wohlfühlatmosphäre und eine eher untypische Detektei mit sympathischen Lebenskünstlern, ein wenig gescheiterten Existenzen mit Humor und Einsatz für Schwächere.

Völlig verzichtbar und etwas selbstverliebt-manieriert sind dagegen die Verweise auf die Bücher über die Hausboot-Detektei, die Elin unter dem Pseudonym Amy Achterop schreibt. Ohne diese Schlenker würden mir die Bücher viel besser gefallen. Auf die neuen Abenteuer des Teams müssen Fans nicht lange warten - im Herbst soll bereits der vierte Band erscheinen.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Faszinierend und verwirrend

Die Flucht
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Die Lektüre von "Die Flucht" von Fuminori Nakamura lässt mich zwiegespalten zurück. Denn das Buch um eine ungewöhnliche Trompete und ihre Wirkung auf die Menschen, über Japan in Vergangenheit und Gegenwart ...

Die Lektüre von "Die Flucht" von Fuminori Nakamura lässt mich zwiegespalten zurück. Denn das Buch um eine ungewöhnliche Trompete und ihre Wirkung auf die Menschen, über Japan in Vergangenheit und Gegenwart ist faszinierend und verwirrend zugleich. Vor allem der zweite Teil überzeugt mit Vielschichtigkeit und überraschenden Entwicklungen, während das Buch am Anfang eine Weile braucht, um Fahrt aufzunehmen. Manche Fragen bleiben hingegen bis zuletzt unbeantwortet.

Liebesgeschichte, Kriegsdrama, Allegorie, Warnung vor Populismus und Verführung der Massen - hier steckt viel drin. Was die titelgebende Flucht angeht: Seit der Journalist Kenji Yamamine in den Besitz der sogenannten Teufelstrompete gekommen ist, sind ihm merkwürdige Gestalten auf den Fersen - der geheimnisvolle B., der mit Folter und einem schrecklichen Tod droht, aber auch die attraktive Vertreterin einer Sekte, die sich selbst im Gegenzug für die Trompete anbietet. Yamamine hat den Rechtsruck der japanischen Gesellschaft kritisch beobachtet, er fürchtet, die Trompete werde von Rechtsextremen als Propagandainstrument missbraucht. Schließlich hatte der legendäre Trompeter Suzuki Berichten zufolge im Zweiten Weltkrieg damit japanische Soldaten angefeuert, gegen eine amerikanische Übermacht zu kämpfen.

Doch die Jagd nach der Trompete, die Yamamine zu einer Flucht bis nach Deutschland treibt, ist nur ein Teil der Handlung. Es geht um die japanische Christenverfolgung und das Ausharren der christlichen Minderheit von Nagasaki, die Atombombe, verschlungene und miteinander verwobene Familiengeschichten, ja, den Kreislauf der Geschichte, den unterschiedlichen Blick auf Krieg: Was für die einen ruhmreich ist, ist für die anderen eine Kette von Grausamkeiten, die keinen unschuldig zurücklässt.

Hat Nakamura womöglich zu viel in dieses komplexe Buch gesteckt? Es gibt einige Rätsel auf, doch gleichzeitig überzeugt es sprachlich, Kein Buch, das sich mal eben schnell lesen lässt.

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