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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2021

Eine verstörende Dystopie, die zum Nachdenken anregt!

Insel der verlorenen Erinnerung
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Zum Inhalt


Yoko Ogawa entführt die Leser in eine Welt, die nachdenklich stimmt. Mit der jungen Schriftstellerin hat sie eine sehr sympathische Protagonistin geschaffen. Aus der Sicht von der jungen ...




Zum Inhalt


Yoko Ogawa entführt die Leser in eine Welt, die nachdenklich stimmt. Mit der jungen Schriftstellerin hat sie eine sehr sympathische Protagonistin geschaffen. Aus der Sicht von der jungen Frau, erleben wir das Verschwinden von Dingen und Erinnerungen. Sie bringt dem alten Mann, viel Empathie entgegen. Hat er doch auch viele Dinge, Beruf und Erinnerungen verloren. Ihr Verleger R ist ein Mensch, dem sie Vertrauen schenkt. Mit ihm kann sie offen sprechen. Als R Gefahr läuft von der Erinnerungspolizei entdeckt zu werden, schaffen der alte Mann und sie ein Versteck in ihrem Haus. Auf der Insel verschwinden immer mehr Dinge. Keiner vermisst sie hinterher. Jeder vernichtet freiwillig Dinge, die es nicht mehr gibt. Die Erinnerungspolizei weitet ihre Razzien immer mehr aus. Denn nicht bei allen Menschen sind die Erinnerungen gelöscht …..

Meine Meinung


1. Satz: Manchmal frage ich mich, was auf der Insel zuerst verschwand.

Ich habe zu lesen begonnen und war fasziniert von dieser verstörenden Insel. Die Menschen haben keine Namen. Da gibt es den Hutmacher, der seinen Beruf nicht mehr hat, weil es keine Hüte mehr gibt. Der verstorbene Vater der Schriftstellerin konnte zu Lebzeiten seinen Beruf als Ornithologe noch ausführen. Jetzt gibt es keine Vögel mehr. So verschwinden mit jedem Tag Dinge und Erinnerungen. Das Verschwinden von Rosen hat die Inselbewohner fasziniert. Alle Blütenblätter hat der Wind in den Fluss geweht, was dem Ganzen einen märchenhaften Anblick verliehen hat.


Ich habe ständig überlegt, wer für das Verschwinden von Dingen und Erinnerungen verantwortlich sein könnte. Habe mich gefragt, wie wie es sein kann, dass Dinge und Erinnerungen in kürzester Zeit in Vergessenheit geraten. Die Erinnerungspolizei hat mich irgendwie an die Gestapo erinnert. Früher wurden Juden verhaftet und weggebracht. In dieser Dystopie werden Menschen verfolgt, die ihre Erinnerungen behalten haben. Menschen wie R, die mit Leibeskräften gegen das Vergessen kämpfen.


Trotz schöner Momente hat die düstere Atmosphäre die Oberhand behalten. Früchte fallen von den Bäumen. Egal ob reif oder unreif. Sie liegen noch nicht richtig am Boden, schon sind sie vergessen. Die Nahrungsmittel werde immer weniger. Es hört kaum noch auf zu schneien. Ganze Familien werden weggebracht. Haustiere bleiben sich selbst überlassen. Kaum einer auf der Insel hinterfragt das Ganze. Alles wird hingenommen und schön geredet. Dinge verbrannt, weil es sie nicht mehr gibt und in keinem Haushalt mehr gefunden werde dürfen.

Besonders gut hat mir die Geschichte in der Geschichte gefallen. Die Schriftstellerin arbeitet an einem Manuskript. Aber was würde passieren, wenn es keine Worte mehr gibt?


Fazit



Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Der Schreibstil ist leicht und locker und stellenweise poetisch und verspielt. Die kalte und verstörende Atmosphäre hat mich frösteln lassen. Was will uns die Autorin sagen? Kann es sein, dass wir uns mitten drinnen befinden? Kann es sein, dass wir uns mit zu vielen Dingen abfinden, statt sie zu hinterfragen? Wo sind unsere Insekten geblieben? Warum gibt es immer weniger Vögel? Wir wissen es. Aber wir finden uns damit ab. Vergessen sämtliche Vogelarten. Die Gletscher verschwinden. Mit ihnen der Lebensraum für die Tiere dort. Ich könnte jetzt immer weiter schreiben. Aber über was? Das habe ich jetzt vergessen ……


Eine absolute Empfehlung von mir. Vielen Dank Yoko Ogawa, für dieses Meisterstück.

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Achtsam gerösteter Kaffee hat auch etwas mit Entschleunigung zu tun.

Die Kaffeedynastie - Tage des Aufbruchs
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Zum Inhalt

Die Geschichte beginnt in der Gegenwart. Corinne befindet sich in Brasilien und erweitert ihr Wissen über die Herstellung von edlen Kaffeesorten. Während ihr Bruder das Kaffee-Imperium Ahrensberg ...

Zum Inhalt

Die Geschichte beginnt in der Gegenwart. Corinne befindet sich in Brasilien und erweitert ihr Wissen über die Herstellung von edlen Kaffeesorten. Während ihr Bruder das Kaffee-Imperium Ahrensberg in Aachen nach den Vorstellungen seines Vaters weiter führen möchte, setzt Corinne mehr auf Individualität und Ursprünglichkeit. Als sie das Tagebuch ihres Großvaters Eberhard Ahrensberg entdeckt, fühlt sie sich in ihrem Vorhaben bestärkt. Ihr Großvater musste einen beschwerlichen Weg gehen, um das Kaffee-Imperium aufzubauen.

Aachen 1945: Eberhard Ahrensberg schämt sich für seinen nationalsozialistischen Vater, der dem Hitlerwahn verfallen war und im Krieg gefallen ist. Er lädt seines Vaters Schuld auf sich, und versucht sein Leben Lang dessen Fehler auszubügeln. Nachdem er vom Krieg zurück gekehrt ist, bringt er den Rest der Familie mit Kaffeeschmuggel durch.

Meine Meinung

Achtsam gerösteter Kaffee hat auch etwas mit Entschleunigung zu tun.


>>.... guter Kaffee ist wie ein kleiner Urlaub. Man spürt die Wärme an den Händen, wenn man die Tasse hält, man atmet das Aroma zuerst ein, bevor man einen Schluck nimmt und den Kaffee über die Zunge fließen lässt.<< Seite 79


Ich habe das Gefühl, das Buch wurde für mich geschrieben. Als Kaffeetante habe ich mich in der Geschichte so richtig wohl und verstanden gefühlt. Hatte stets den herrlichen Duft von frisch gemahlenen Kaffeebohnen in der Nase. Ich habe viel von der Herstellung der verschiedenen Kaffeesorten erfahren. Corinne kommt sehr empathisch rüber. In Brasilien konnte sie für die Handernte der Kaffeebohnen große Begeisterung aufbringen. Nicht alle Sorten würden mich jedoch begeistern. Vor der Sorte Jacu Bird hat mir regelrecht geekelt. Vögel, die, die die Früchte der reifen Kaffeebohnen fressen, und von deren Kot diese Bohnen gereinigt und zu Kaffee verarbeitet werden. Danke, aber nein Danke.

Corinne hatte eigentlich ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Bruder Alexander. Nachdem ihr Vater Günther Ahrensberg wegen Krankheit in der Firmenleitung ausfällt, sollen sie beide das Imperium gleichberechtigt weiter leiten. Alexander macht es Corinne mit seiner herablassenden Art sehr schwer. Corinne möchte nun eigene Wege gehen. Eine eigene Rösterei betreiben, und in kleinen Chargen die edlen Bohnen mahlen. Hilfe erhält sie von dem charismatischen Noah Engel, der in der Aachener Innenstadt eine kleine Rösterei betreibt.

Die Geschichte spielt abwechselnd in der Gegenwart und Vergangenheit. In der Vergangenheit erleben wir wieder einmal die Machenschaften von Hitler. In dieser Familiengeschichte dominiert jedoch die Gegenwart, was mir außerordentlich gut gefallen hat. Das Tagebuch von Corinnes Großvater lässt Corinne ein Stück weit am zweiten Weltkrieg teilnehmen. Familiengeheimnisse kommen ans Tageslicht. Auch Corinnes Bruder hat ein großes Päckchen zu tragen.

Fazit

Ich werde ab sofort meinem Kaffee bewusster genießen. Die Geschichte um das schwarze Gold und dessen Herstellung konnte mich von Anfang an abholen. Ich habe mich sehr gerne im schönen Aachen aufgehalten. Leckere Backwaren und guten Kaffee in einer kleinen schnuckeligen Konditorei genossen. Den Beginn des Kaffeeimperiums Ahrensberg miterlebt. Ich habe das Buch an einem Tag gelesen. Mein Kaffeekonsum hatte an diesem Tag schwindelerregende Höhen erreicht. Na, und die Liebe kommt auch nicht zu kurz.

Von mir eine absolute Empfehlung. Danke Paula Stern. Ich habe jedes einzelne Wort genossen

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Dramatisch, spannend und mit jeder Menge Familiengeheimnisse

Schwestern fürs Leben
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Die Geschichte beginnt 1910 in Flensburg. Lene Danneberg feiert ihren 8. Geburtstag. Doch anders als andere Mädchen in ihrem Alter wünscht sie sich weder Puppen noch anderes Spielzeug. Viel ...

Zum Inhalt

Die Geschichte beginnt 1910 in Flensburg. Lene Danneberg feiert ihren 8. Geburtstag. Doch anders als andere Mädchen in ihrem Alter wünscht sie sich weder Puppen noch anderes Spielzeug. Viel lieber möchte sie sich im Rumhaus Danneberg frei bewegen dürfen. Sie liebt den Duft von Rum. Möchte später einmal den Platz von ihrem Vater einnehmen und das Rumhaus leiten. 1919 sieht sieht sich die inzwischen 17jährige Lene ihrem Ziel ein ganzes Stück näher. Der einzige Sohn der Dannebergs ist im 1. Weltkrieg gefallen. Ihr Vater möchte aber später mal keiner Frau die Leitung des Rumhauses übergeben. Doch Lene kämpft für ihren großen Traum. Mit ihren drei Schwestern geht sie durch dick und dünn. Zusammen kämpfen sie für die Rechte der Frauen.

Meine Meinung

Dramatisch, spannend und mit jeder Menge Familiengeheimnisse

Lene war mir eine ganze Zeit lang nicht besonders sympathisch. Um ihre Ziele zu erreichen war sie nicht gerade zimperlich. Sie hat selten auf die Gefühle anderer Menschen Rücksicht genommen. Die Leitung des Rumhauses Danneberg war ihr einziges und größtes Ziel. Um dieses zu erreichen heiratet sie einen Mann, den sie weder achtet noch liebt. Für ihre Schwestern Käthe, Elisabeth (Lizzie) und Henriette (Jette) ist sie ein Vorbild. Doch besonders Lizzie hat sie mit ihrer Heirat weh getan. Die Frauen leben in einer Zeit, in denen der Vater über ihren Werdegang bestimmen darf. Sogar den Ehemann aussuchen. Die vier Schwestern gehen jedoch ihre eigenen Wege. Nicht immer schlagen sie den Richtigen ein.

Ich habe eine Zeit lang gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden. Einige Dinge passieren, die für mich nicht schlüssig waren. Etwas zu viel Dramatik und Situationen, die ich mir im wahren Leben wirklich nicht vorstellen kann. Da werden Geheimnisse mit dem letzten Atemzug erzählt. Vieles kommt etwas abgehackt daher. Aber nach ca. einem Drittel nimmt die Geschichte voll an Fahrt auf. Die Schwestern gehen eine Zeit lang getrennte Wege. Als Hitler an die Macht kommt, rücken die Frauen wieder näher zusammen.

Der Schreibstil liest sich wie Butter. Man lernt die Frauen sehr gut kennen und erhält einen Einblick in ihre Gefühlswelt. Ich habe mit den Frauen gehofft und gebangt. Konnte manchmal nicht fassen, was ihnen zugemutet wird. Sie gingen ihren Weg ohne Wenn und Aber. Leider war es nicht für jede der richtige Weg. Dennoch habe ich die Schwestern für ihren Mut bewundert. Für die Liebe zu ihren Kindern und die Loyalität, die sie sich gegenseitig entgegengebracht haben. Auch Lene konnte mich letztendlich doch noch überzeugen. Sie wächst über sich selbst hinaus und muss erkennen, wie unrecht sie oftmals gehandelt hat.

Fazit

Von 1910-1945 begleiten wir die Schwestern fürs Leben. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten, konnte mich die Geschichte dann noch komplett überzeugen. Ich liebe Familiengeheimnisse. Damit hat die Autorin wahrlich nicht gespart. Jede Menge Spannung haben es mir ab einem bestimmten Zeitpunkt unmöglich gemacht, das Buch zur Seite zu legen. Das Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen.

Von mir eine absolute Empfehlung. Danke Sybille Schrödter, für diese spannende und emotionale Geschichte

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Queen Elizabeth bittet zum Tee und ermittelt nebenbei in einem Mordfall.

Das Windsor-Komplott
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Queen Elizabeth bittet zum Tee und ermittelt nebenbei in einem Mordfall.

Zum Inhalt

Kurz vor ihrem 90. Geburtstag hat Queen Elizabeth ein unliebsames Erlebnis bei einem gesellschaftlichen Ereignis auf ...

Queen Elizabeth bittet zum Tee und ermittelt nebenbei in einem Mordfall.

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Kurz vor ihrem 90. Geburtstag hat Queen Elizabeth ein unliebsames Erlebnis bei einem gesellschaftlichen Ereignis auf Schloss Windsor. Scheint die Feier auch recht recht erfolgreich zu sein, so gefällt ihr die böse Überraschung am nächsten Tag gar nicht. Hat sie doch am Abend zuvor mit dem jungen attraktiven russischen Pianist das Tanzbein geschwungen. Nun ist er nicht mehr in der Lage zu tanzen. Tot im Kleiderschrank geht das nun wirklich nicht mehr. Das Outfit des total verstummten Pianisten ist zudem mehr als peinlich. Der MI5 verspricht der Queen alles zu regeln. Möchte die alte Dame nicht aufregen. Die Queen jedoch hat ganz andere Pläne. Zusammen mit ihrer nigerianischen Privatsekretärin Rozie zeigt die Queen, welche kriminalistischen Fähigkeiten in ihr stecken.


Meine Meinung

Queen Elizabeth bittet zum Tee und ermittelt nebenbei in einem Mordfall.

Ich habe schon öfter Bücher aus dem Genre Cosy Crime gelesen. Dieser hier mutet etwas anders an. Der versteckte englische Humor kommt sehr wohl groß zu tragen. Dennoch sticht er, mit seiner intelligenten Strategie Mordfälle zu lösen, absolut aus dem Einheitsbrei heraus. Die Protagonisten, (teils real, teils fiktiv,) kommen total authentisch rüber. Besonders Prinz Phillip hat mir seiner coolen Art oftmals ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Der Prinz kommt sehr agil rüber. Spricht mit seiner Elizabeth Tacheles. Das kann die Queen von der MI5 und sämtlichen Angestellten nicht behaupten. Sie merkt sehr wohl, dass man sie mit knapp 90 nicht mehr für belastbar hält. Ihre Intuition, gepaart mit ihrem wachen Verstand, erweist sich als scharfe geheime Waffe in einem außerordentlich peinlichen Mordfall. Dabei bleibt sie stets im Hintergrund.


Besonders gut haben mir die Beschreibungen aus dem Alltag der Queen gefallen. Ich denke, so läuft es auch im realen Leben ab. Ihre Leidenschaft zu Pferden ist weltweit bekannt und bekommt auch in dieser Geschichte ihren Platz. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Anfangs haben mich die vielen Namen ein bisschen irritiert. Aber schnell war ich in der Geschichte gefangen, die ruhig und dennoch spannend daher kommt. Die Frage ob Wladimir Putins hinter dem Mord steckt, steht ziemlich lange im Raum. Die Vermutung dass es eine geheime Botschaft des russischen Präsidenten sein soll, wird vom MI5 genährt. Die Queen und ihre Privatsekretärin Rozie wissen es besser. Aber wie gesagt, die Queen ermittelt im Geheimen und verteilt die Lorbeeren an andere.

Fazit

Eine warmherzige Queen Elizabeth ermittelt in einem Mordfall. Einblicke in das britische Königshaus und eine spannende Geschichte haben mir wunderbare Lesestunden beschert. Der britische Humor ist köstlich. Die fiktiven Protagonisten passen sehr gut zu den realen (royalen) Personen. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Die Aufklärung der Mordfälle, (ja, Ihr habt richtig gelesen. Mordfälle!!!) ist sehr spannend. Besonders am Ende. Hätte ich so nicht erwartet.


Von mir eine absolute Empfehlung. Danke S J Bennett. I am amused

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Veröffentlicht am 11.01.2021

Zwei wunderbare Frauen und die Suche nach einem goldenen Käfer.

Miss Bensons Reise
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Zwei wunderbare Frauen und die Suche nach einem goldenen Käfer.

Meine Meinung

Es gibt immer wieder Wunder. Dass ich dieses Buch gelesen habe ist eins davon. Mir ekelt vor Käfern. Der Klappentext hat ...

Zwei wunderbare Frauen und die Suche nach einem goldenen Käfer.

Meine Meinung

Es gibt immer wieder Wunder. Dass ich dieses Buch gelesen habe ist eins davon. Mir ekelt vor Käfern. Der Klappentext hat mich das ekelige Insekt erst einmal vergessen lassen.

1950

Margery Benson unterrichtet in einer Londoner Schule Hauswirtschaft. Nachdem Schüler von ihr eine Karikatur gezeichnet haben, wacht die einsame Frau auf. Was hat sie in diesem Beruf verloren? Was ist mit ihren Wünschen und Träumen passiert? Vor vielen Jahren hat ihr ihr Vater in einem Naturkundebuch einen goldenen Käfer aus Neukaledonien gezeigt. Damals hat sie sich geschworen, zu der Insel im südlichen Pazifik zu reisen. Den goldenen Käfer zu finden. Margery rüstet sich für die Expedition komplett aus und sucht eine Reisebegleitung. Eine Assistentin, die genauso abkömmlich ist wie sie selbst. Die bereit ist, mit ihr bis zu einem Berggipfel, (der aussieht wie ein Weisheitszahn,) zu steigen. Nach einer weißen Orchidee Ausschau zu halten.

Enid Pretty ist nicht unbedingt die Assistentin, die sich Margery gewünscht hat. Die Sexbombe mit den blond gefärbten Haaren leidet an einer Rechtschreibschwäche. Was sich jedoch nicht auf ihren Redebedarf auswirkt. Mit ihrer Plapperei bringt sie Margery oft an den Rand des Wahnsinns. Dennoch ist ihr die gutherzige Enid einer sehr große Hilfe. Mit einem Dampfer gehts ab nach Australien. Ein großes Abenteuer beginnt. Enid, von zarter Natur und stets aufgebrezelt in sexy Klamotten. Marge, groß und stämmig, mit einer schmerzhaften Hüfte, in altmodischen Kleidern. Ihre Ansichten zu Klamotten fand ich richtig gut.


Ihr kam der Gedanke, dass ein Kleidungsstück nichts bedeutete, bis man die Person kannte, die es trug; erst dann bekam es Charakter. (Seite 184)


Die Geschichte ist im Grunde unheimlich traurig. Beide Frauen haben Schlimmes erlebt. Beide Frauen flüchten mehr oder weniger aus ihrem alten Leben.


Da kann man um die halbe Welt reisen, so viel man will: Was immer an vernichtender Traurigkeit in einem steckt, reist mit. (Seite 247)


Dennoch wird in dieser Abenteuergeschichte Humor groß geschrieben. Scheinen Margery und Enid auch total verschieden zu sein, so haben beide doch den gleichen Kampfgeist. Eine hilft der anderen. Enid dringt immer mehr zu Margery durch. Sie nennt sie liebevoll Marge. Das konnte diese gar nicht leiden. Hört sich schließlich wie Margarine an. Wer möchte schon als Ersatzbutter bezeichnet werden? Ich habe die Reise sehr genossen. Ein paar mal um beide gebangt. Viele Dinge erscheinen einem erst mal unmöglich. Anderseits könnte sich das Meiste wirklich so abgespielt haben. Wunder gibt es immer wieder. Besonders in der Nachkriegszeit.

Die Umgebungsbeschreiben hätten mir richtig Lust auf Neukaledonien gemacht, wären da nicht so viele Käfer und Eidechsen und sämtliche andere Tiere, denen ich nicht begegnen möchte. Eine Szene, bei der Enid beinahe einen Käfer verschluckt hat, löste bei mir einen regelrechten Würgereiz aus. Aber die Frauen haben dafür gesorgt, dass ich dieses unliebsame Ereignis gleich wieder vergessen habe. Ihr Humor ist einfach nur köstlich. Ich war sehr gespannt, ob die beiden Frauen den goldenen Käfer finden. Vor allem hat sich mir die Frage gestellt, ob es ihn wirklich gibt. Das Ganze mutet an, wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Die Suche auf dem Berg war sehr beschwerlich. Aber auch sehr schöne Momente haben diese Expedition zu einem wunderbaren Erlebnis gemacht.

Die Tiefsinnigkeit in der Geschichte konnte mich sehr berühren. Zeigt sie doch, hinter welchen Fassaden Menschen sich verstecken. Ein traumatisierter Kriegsveteran sorgt zusätzlich für Spannung. Da hat mir besonders gut die Empathie gefallen, die sämtliche Menschen diesem Mann entgegengebracht haben. Auch der geschichtliche Hintergrund von Neukaledonien ist sehr interessant. Zeigt er wieder mal, dass Menschen ihrer Rechte beraubt worden sind und eine systematische Zerstörung der Natur stattgefunden hat. (Seite 155 ist sehr lesenswert!)

Nein, Neukaledonien möchte ich nicht bereisen. Aber zwischen den Buchseiten war ich wirklich gerne dabei. Die Aussicht auf dem Berggipfel ist einfach nur traumhaft. (Seite 265!) Das Bungalow „Last Place“, das die Frauen bewohnt haben, hat die Bezeichnung Bungalow eigentlich gar nicht verdient. Dennoch war es ein sehr wertvoller Rückzugsort für die beiden Frauen.

Fazit

Eine absolute Empfehlung von mir, für dies warmherzige Geschichte. Abenteuer und Lachmuskeltraining sind garantiert. Viele Geheimnisse und unerwartete Wendungen verpassen der Geschichte zusätzlich Spannung. Sie spielt abwechselnd in der Gegenwart und Vergangenheit. Das Setting spiegelt die Natur Neukaledoniens. Die Protagonisten sind absolut authentisch. Die beiden Frauen haben einen ganz besonderen Charme. Man kann gar nicht anders, als sie ins Herz zu schließen. Ob mir das Ende gefallen hat? Ich muss es noch auf mich wirken lassen ….

Danke Rachel Joyce, für diese einzigartige Geschichte, die mir keine Sekunde langweilig wurde

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