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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2021

So, genau so sollte ein Kinderbuch sein

Das Karlgeheimnis
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Ja, genau so stelle ich mir das ideale Kinderbuch vor: Spannend, humorvoll, ideenreich, liebenswert und gut lesbar. Nicht nur oberflächlich unterhaltend, sondern auch mit einer ernsthaften Seite.

Emil ...



Ja, genau so stelle ich mir das ideale Kinderbuch vor: Spannend, humorvoll, ideenreich, liebenswert und gut lesbar. Nicht nur oberflächlich unterhaltend, sondern auch mit einer ernsthaften Seite.

Emil hat eine wichtige Mission: Er möchte Krimiautor werden. Ein Krimiautor verdient Geld. Und mit diesem Geld könnte er Mama helfen. Seit Papa nicht mehr bei der Familie lebt, bleibt Emil oft alleine, weil Mama so viel arbeiten muss. Mit Karl, dem Büdchen-Besitzer, hat sich Emil angefreundet. Denn der kann gut zuhören. Da taucht überraschend Finja am Büdchen auf, Finja mit Skateboard und ihrem Hund Watson. Erst ist Emil sehr skeptisch, aber als Karl über Nacht verschwindet, ist er sehr froh, bei diesem verzwickten Fall auf die Hilfe von Detektivin Finja zählen zu können.

Emil ist ein liebenswerter Junge. Er erzählt kindlich und ernsthaft zugleich von seinen Erlebnissen, und das so witzig und lebendig und lebensnah, dass ich immer wieder laut lachen musste. Dazu kommt die rätselhafte Geschichte um das plötzliche Verschwinden von Karl, was der ganzen Geschichte Spannung gibt. Jutta Wilke ist mit diesem Buch etwas richtig Gutes gelungen, weil sie neben Humor und Spannung auch so manch trauriges Thema mit ganz leichter Hand, sozusagen fast nebenbei, in die Gedanken und Empfindungen von Emil einfließen lässt. So wie das Leben halt ist. Schwer und leicht, oft lustig, manchmal traurig. Doch Freundschaft hilft und Zusammenhalt. Die Illustrationen und besonders die verschiedenen Steckbriefe der handelnden Personen ergänzen die Geschichte auf eine ganz eigene, eindrückliche Weise.
Fazit: Ein rundum gelungenes, herzerwärmendes Kinderbuch, das ich uneingeschränkt empfehle.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Pittoreskes Zeitbild spannend erzählt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Wien Ende des 19. Jahrhunderts. Eine aufregende Zeit, in der das Leben und Denken des Kaiserreiches kollidiert mit befremdlich erscheinenden technischen Neuerungen und althergebrachtem Aberglauben. Historie ...

Wien Ende des 19. Jahrhunderts. Eine aufregende Zeit, in der das Leben und Denken des Kaiserreiches kollidiert mit befremdlich erscheinenden technischen Neuerungen und althergebrachtem Aberglauben. Historie geschickt verpackt in eine spannende Handlung.

Der junge Leopold von Herzfeldt beginnt aus Graz kommend in Wien als Polizeiagent. In seinem Koffer befinden sich allerlei rätselhafte Instrumente, die zusammen mit seinem Hochdeutsch und seiner vornehmen Kleidung bei den alteingesessenen Kollegen größtes Misstrauen erregen. Als mehrere Dienstmädchen ermordet vorgefunden werden, jedes von ihnen brutal gepfählt, beginnen Herzfeldt und ein kauziger Totengräber vom Wiener Zentralfriedhof gemeinsam zu ermitteln. Der Totengräber Augustin Rothmayer ist hochgebildet und weiß alles über Todesarten und Verwesungsstufen. Und dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten…

Oliver Pötzsch versteht es meisterhaft, den Leser auf bildhaft-eindrückliche Weise in die dunkle Seite des nach außen hin so glamourösen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu entführen. Er schreibt so eindringlich, dass man Moder und Unrat in den dunklen Gassen zu riechen glaubt. Das Buch ist nichts für Zartbesaitete! Es ist die Zeit der beginnenden Elektrifizierung, erster Automobile, erster Telefone, was mit Neugier und Angst gleichermaßen aufgenommen wird. Kein Wunder also, dass Leopold von Herzfeldt mit seiner Leidenschaft für moderne Kriminalistik Missfallen erregt. Der Autor machte mir das enorme Spannungsfeld zwischen modernen Errungenschaften und dem Festhalten am Altbekannten sehr augenfällig. Erschreckend auch der allgegenwärtige Antisemitismus und die Brutalität, die sich hinter Unwissenheit, Angst und Aberglauben versteckt. Geschickt werden überlieferte und sorgfältig recherchierte historische Details und rückständiges Denken dieser Zeit im Buch eingestreut, ohne dass die immanente Spannung des Kriminalromans darunter leidet. Ein Kriminalroman mit Mehrwert, farbig-lebendig erzählt.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Wie Schweres leicht wird

Solupp 1: Sommer auf Solupp
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Ein zauberhaft schönes Kinderbuch ist Annika Scheffel hier gelungen. Leicht und schwer.. Aufregend und beschaulich. Lustig und ernsthaft. Dazu passt die sorgfältige Ausstattung, die der Verlag dem Buch ...


Ein zauberhaft schönes Kinderbuch ist Annika Scheffel hier gelungen. Leicht und schwer.. Aufregend und beschaulich. Lustig und ernsthaft. Dazu passt die sorgfältige Ausstattung, die der Verlag dem Buch verpasst hat mit Leinenbindung, Lesebändchen und einer trefflichen Titel-Illustration.

Die winzige Insel Solupp liegt versteckt irgendwo im Meer. Wenn man sie sucht, wird man sie kaum finden. Dass die Mutter von Mari, Kurt und Bela diese Insel entdeckte und mit der gesamten Familie den 6-wöchigen Sommerurlaub dort verbringen will, findet nur wenig Gegenliebe. Denn die 12-jährige Mari wollte sich in den Ferien unbedingt in einem Fußballcamp austoben und ihr großer Bruder will nichts als seine Kopfhörer und in Ruhe gelassen werden. Auch der kleine Bela ist erst einmal wenig begeistert. Und Papa schläft nur. Im Grunde befindet sich die gesamte Familie in einer Art von Schockstarre, denn Papa war lebensbedrohlich erkrank und erholt sich nur ganz langsam. Wie tief solch ein Ereignis in das Familiengefüge eingreift, wird im Laufe der Geschichte immer klarer. Ich hatte beim Lesen zu Beginn immer ein leises Gefühl der Bedrücktheit, doch je weiter die Geschichte fortschritt, umso befreiter fühlte ich mich. Solupp, seine liebenswerten Bewohner, Sonne und Meer haben eine tiefgreifende Wirkung auf jeden einzelnen. Und spannende Abenteuer gibt es natürlich auch.

Der Autorin ist ein Buch gelungen, das wunderbar die Waage hält zwischen Urlaubsleichtigkeit und Tiefgang. Es wird unterhaltsam erzählt, wie im Sommersonnenlicht Schweres leicht wird und wie die Meereswellen Festgefahrenes in Bewegung bringen. Das Erlebnis von Freundschaft und neuen Erfahrungen, das Bestehen von gefährlichen Situationen und dadurch gewonnenem neuen Mut und Selbstvertrauen verändert alles. Annika Scheffel erzählt in einer bildhaften, intensiven Sprache und zaubert mit lyrisch schönen Beschreibungen lebendige Bilder und tiefe Empfindungen in den Kopf des Lesers. Wenn die Stille im Raum „in den Ohren beißt“ zum Beispiel, oder das „kratzige Wort Keilkliff“ ein Geheimnis birgt, bleiben solche Sätze nicht ohne Wirkung. Und wer hätte nicht gerne einen Freund wie Joon, dessen Grinsen Wut und Enttäuschung einfach wegzaubert. Das Buch ist ideenreich, herausfordernd und tröstend und vor allen Dingen spannend zu lesen.
Absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 25.05.2021

Schauder der Nähe

Ich will dir nah sein
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Dieser Psychothriller hat mich fasziniert und mir Schauder über den Rücken gejagt. Weil er subtil ist. Weil er seine Wirkung aus dem Alltäglichen zieht, aus der Tatsache, dass das Erzählte so oder ähnlich ...

Dieser Psychothriller hat mich fasziniert und mir Schauder über den Rücken gejagt. Weil er subtil ist. Weil er seine Wirkung aus dem Alltäglichen zieht, aus der Tatsache, dass das Erzählte so oder ähnlich in der Realität stattfinden könnte. Wenn man Nachbarn hat zum Beispiel…

Lester Sharp liebt seinen Job. Er arbeitet im Fundbüro des öffentlichen Nahverkehrs. Und entwickelt zu den Fundstücken, die er zu archivieren hat, ein ganz persönliches Verhältnis, insbesondere wenn sie ihm bei näherer Betrachtung eine Geschichte erzählen. Oder Begehren wecken. Lester ist hochgradig kontaktscheu, sein wahres Leben findet in seinen Vorstellungen statt. Als die junge Tänzerin Erin seine neue Nachbarin wird, richten sich seine Gedanken mehr und mehr auf sie. Sie weckt Erinnerungen an eine frühere Liebe. Und so versinkt Lester zunehmend in eine irreale Beziehung, die alle Grenzen überschreiten lässt…

Geschrieben ist der Thriller aus verschiedenen Perspektiven. So kommt nicht nur Lester zu Wort, auch Erin, die Tänzerin, und Rhys, ein Immobilien-Makler, schildern aus ihrer Sicht das Geschehen. Gelegentlich kommt außerdem ein neutraler Erzähler zu Wort. Dies ergibt viele einzelne kleine Szenen, was das Lesen außerordentlich kurzweilig macht, aber man braucht zumindest zu Anfang des Buches eine Weile der Anstrengung, um nicht die Orientierung zu verlieren. Der Autorin gelingt es, die einzelnen Personen sehr eindrücklich zu schildern. Man fühlt die geistige Stärke von Erin, die trotz eines entzündeten Fußgelenks und großer Schmerzen ihr Engagement bis zum letzten Tag erfüllen will. Man spürt den Sog der Einsamkeit und die abstoßende Besessenheit von Lester. Und man weiß nicht recht, wie man Rhys einschätzen soll, denn er bleibt in seiner Darstellung irgendwie vage. Der Spannungsbogen baut sich sehr schnell auf. Ich konnte das Buch nicht weglegen, weil die Handlung in mir eine Fülle von unterschiedlichen Gefühlen weckte, Ekel, Abscheu, Angst, Trotz, Mut und Mitgefühl zum Beispiel. Im letzten Drittel steigt die Spannung noch erheblich an, denn die Handlung erfährt eine unglaubliche, eine unfassbare Wendung…

Fazit: Ein subtiler, spannender, überraschender Psychothriller, der den Leser schaudern lässt, ganz ohne Blutvergießen.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Ein Debütroman von bedrückender Kraft

Der Verdacht
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Eine Fülle von Begriffen fällt mir zu diesem Buch ein: beeindruckend, schaurig, kraftvoll, schonungslos, mitreißend, beängstigend, erschütternd, intensiv, bedrückend, spannend und lange nachwirkend. ...



Eine Fülle von Begriffen fällt mir zu diesem Buch ein: beeindruckend, schaurig, kraftvoll, schonungslos, mitreißend, beängstigend, erschütternd, intensiv, bedrückend, spannend und lange nachwirkend. Kurzum: großartig.

Blythe bekommt endlich ihr Wunschkind Violet. Doch irgendetwas fühlt sich falsch an, wenn Blythe ihr Neugeborenes anschaut. Obwohl sie alle Liebe geben wollte, wächst mehr und mehr die Ablehnung, ja sogar Angst vor ihrem Kind, was ihr Mann Fox, der seine Tochter abgöttisch liebt, nicht begreifen kann. Doch Blythe wird sich immer sicherer, dass Violet böse ist, von Grund auf und mit voller Absicht. Bis etwas Entsetzliches geschieht…

Fast möchte ich diesen Roman einen Psychothriller nennen. Denn es liegt auf den Seiten von Beginn an eine unheilvolle Spannung, die sich zunehmend steigert. Wir lernen Blythe im Laufe des Buches sehr gut kennen, ihr großes Bemühen, alles gut und richtig zu machen, eine liebevolle, fürsorgliche Mutter zu sein. Wir erfahren von ihrer eigenen Kindheit und wir erfahren die Geschichte ihrer Mutter. Und je mehr man eindringt in die Vergangenheit, umso verschwommener wird die Sicht des Lesers auf Blythe in der Gegenwart. Was ist Realität? Was ist irreale Angst? Was diktieren frühe Traumata? Gibt es tatsächlich Kinder, die aus sich heraus von Geburt an böse sind, die von zerstörerischen Kräften getrieben werden? Das Thema Mutterschaft wird dem Leser ohne Weichzeichner in allen Facetten auf schonungslose Weise zugemutet, und dies in einer direkt-klaren Sprache, die unter die Haut geht. Eine aufwühlende Leseerfahrung!

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