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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.11.2021

Der Vergangenheit "ins ungewaschene Gesicht" geschaut

Der Traumpalast
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Eigentlich scheue ich umfangreiche Bücher. Sie sind anstrengend zu halten und oftmals auch anstrengend zu lesen. Doch die 800 Seiten, in denen Peter Prange die Zeit zwischen 1917 und 1925 opulent vor ...



Eigentlich scheue ich umfangreiche Bücher. Sie sind anstrengend zu halten und oftmals auch anstrengend zu lesen. Doch die 800 Seiten, in denen Peter Prange die Zeit zwischen 1917 und 1925 opulent vor uns ausbreitet, ließen sich so leicht und so schnell und so unterhaltsam lesen, dass ich geradezu überrascht war, wie schnell ich das Ende des Buches erreichte.
Im Zentrum des Geschehens stehen zwei zentrale Figuren: Tino, der Bankier und Leichtfuß, und Rahel, die als Journalistin in einer Männerdomäne Fuß fassen will. Die Erlebnisse der beiden Personen, ihre recht unsteten Lebensbahnen, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch. Schwerpunkt jedoch sind die Anfänge des Kinos, zunächst als Propagandamittel, dann zunehmend als preisgünstiges Unterhaltungsmedium für die Menschen. Die Finanzierung großer Filmprojekte, überhaupt das Politikum Kunst versus Profit spielt eine zentrale Rolle in dieser von Wirtschaftskrise, Inflation und gefährlicher politischer Entwicklungen gezeichneten Zeit.
Genau diese brillant recherchierten und farbig-lebendigen, teils geradezu magisch wirkenden Darstellungen einer Epoche des Wandels, des Umbruchs, sind die absolute Stärke des Autors. Weit weg von der Tingeltangel-Welt der Zwanziger, die so oft in Romanen bemüht wird, lässt uns Peter Prange hautnah erleben, wie der bislang eher unterschwellige Antisemitismus immer lauter wird und die rechte Gesinnung der NSDAP schließlich die Oberhand gewinnt, wie die von Armut und Hunger gezeichneten Menschen einen Heilsbringer ersehnen, wie dadurch erklärbar Hitler an die Macht kommt. Da ich zu der ü70-Generation gehöre, waren mir noch viele Namen aus den Kinoanfängen bekannt, und ich las gerne darüber, wie berühmte Regisseure wie zum Beispiel Fritz Lang ihre Filmvisionen umsetzten, und welchen Kampf diese Visionäre mit den Produzenten und Geldgebern auszufechten hatten. Enttäuscht jedoch war ich von der Ausgestaltung der Personen Tino und Rahel. Hier war für mich keine stimmige psychologische Entwicklung zu erkennen, sondern ein recht wirres Mäandern zwischen nicht nachvollziehbaren Handlungen, die zu immer neuen Konflikten führten. Kurz gesagt, diese Hauptpersonen, insbesondere Rahel, nervten mich nur noch! Auch hätte ich auf die allzu reichlichen Szenenwechsel und Cliffhanger verzichten können. Das überaus kluge Nachwort des Autors jedoch hätte ich ebenso wie das Personenverzeichnis lieber am Anfang des Buches gesehen, denn hiermit macht Peter Prange klar, dass er die Zeitläufe nicht aus der „Besserwisser-Perspektive von uns Nachgeborenen“ geschrieben hat, sondern „aus dem Dunkel des gelebten Augenblicks“. Der Autor schaut der Vergangenheit quasi „ins ungewaschene Gesicht“. Genau das macht die hervorstechende Qualität des Buches aus!

Fazit: Absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 07.11.2021

Ein Kinderbuch, das ein Dauerlächeln ins Gesicht zaubert

Die Lama-Gang. Mit Herz & Spucke 1: Ein Fall für alle Felle
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Keine Frage – Lamas sind sehr individuelle Persönlichkeiten. Da gibt es auf Gut Erlenbach zum Beispiel den hell- und dunkelbraun gefleckten, überaus schlauen Einstein, der allerdings auch großen Wert ...


Keine Frage – Lamas sind sehr individuelle Persönlichkeiten. Da gibt es auf Gut Erlenbach zum Beispiel den hell- und dunkelbraun gefleckten, überaus schlauen Einstein, der allerdings auch großen Wert auf Ruhe und Gleichmaß legt. Ganz anders die schneeweiße Petersilie. Sie ist eine sehr zickige Dame, sozusagen ein Drama-Lama, das aus jeder Mücke einen Elefanten macht. Die Betreiber von Gut Erlenbach, die Familie Sonnenschein mit den Töchtern Finja und Lilly, sind in Aufregung, denn die Ankunft eines neuen Lama-Mitbewohners steht kurz bevor. Petersilie und Einstein sind gar nicht begeistert, denn der Neuzugang ist bestimmt doof und vor allen Dingen anstrengend. Ach ja, was noch wichtig ist: Lamas sind offensichtlich klüger als Menschen, denn sie können miteinander sprechen und verstehen, was die Menschen sagen. Menschen jedoch verstehen Lamas nicht. Das ist doch Beweis genug, oder? Als der rabenschwarze Neue aus dem Hänger steigt, wird er sofort aufgrund seiner sehr speziellen Frisur Vokuhila genannt, und mit seiner unerschütterlichen Fröhlichkeit erobert er alle Herzen im Nu. Dass er alle mit seinen Schlabberküssen überschüttet, ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Als eines Nachts auf dem Gut eingebrochen wird unter Mitnahme einer sehr seltsamen Beute, beschließen die drei Lamas die Gründung einer Lama-Gang, denn sie möchten unbedingt den Raub aufklären, auch wenn die Menschen wieder einmal gar nichts verstehen…

Heike Eva Schmidt ist ein wundervolles Kinderbuch gelungen, das außerordentlich lebendig und humorvoll geschrieben ist. Durch die einfache Sprache eignet es sich perfekt für Leseanfänger, ist aber auch ideal zum Vorlesen. Denn die vielen Dialoge, teils mit urkomischen Missverständnissen gewürzt, machen rundum Spaß. Und die Spannung kommt natürlich auch nicht zu kurz. Wie der erste Fall der Lama-Gang eine ganz unerwartete Aufklärung findet, müsst ihr unbedingt selber lesen!
Die liebevoll erzählte, herzerwärmende Geschichte wird enorm bereichert durch die herrlich treffenden, witzigen und ausdrucksstarken Illustrationen von Niko Renger. Besser geht es nicht, spuckeklar! Ach ja, nicht zu vergessen: Am Ende des Buches gibt es ein Rezept für Knabber-Müslistangen für Zweibeiner. Botschaft an die Erwachsenen: Unbedingt ausprobieren.

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Veröffentlicht am 28.10.2021

Spannend, fesselnd, temporeich

Meeressarg (Ein Fabian-Risk-Krimi 6)
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Allem voran: Der Autor kann schreiben, und wie! Packend, lebendig, fesselnd, spannend. Vermutlich wäre es ratsam gewesen, die Vorgängerbände um Fabian Risk zu kennen, was jedoch von Verlagsseite nicht ...


Allem voran: Der Autor kann schreiben, und wie! Packend, lebendig, fesselnd, spannend. Vermutlich wäre es ratsam gewesen, die Vorgängerbände um Fabian Risk zu kennen, was jedoch von Verlagsseite nicht kommuniziert wird.
Kim Sleizner ist der skrupellose Polizeichef von Kopenhagen und der absolute Erzfeind von Kommissar Fabian Risk. Fabians ehemalige Kollegin Dunja Hougard ist seit Monaten untergetaucht und ermittelt verdeckt gegen Kim Sleizner. Mit Unterstützung von zwei Bekannten und mittels perfekter technischer Ausstattung überwacht sie ihn rund um die Uhr. Fabian Risk unterstützt sie bei der Suche nach Beweisen. Als in einem Auto, das unter Wasser im Hafen von Kopenhagen gefunden wird, die Leichen von einem Mann und einer Frau entdeckt werden, sieht sich Kim Sleizner in akuter Gefahr…
Vermutlich hätte ich zu Dunja Hougard und Fabian Risk einen besseren, wohl auch emotionaleren Zugang gefunden, wenn ich die Vorgängerbände gelesen hätte. Doch auch ohne diese Kenntnisse nahm mich die Handlung von Anfang an gefangen. Der Kriminalroman ist ein echter Lesegenuss, spannend aufgebaut und perfekt konstruiert. . Kurze Kapitel und rasche Szenenwechsel halten den Leser permanent in Spannung. Die Zeitsprünge und verschiedenen Handlungsstränge fordern den Leser allerdings sehr. Und der durchaus anspruchsvolle Schreibstil erfordert ein sehr aufmerksames Lesen. Die Person des Ermittlers Fabian Risk, der mit dem Tod seines Sohnes zurechtkommen muss, wird meiner Meinung nach in den Beschreibungen ein wenig zu sehr vernachlässigt im Vergleich zu der undercover ermittelnden Dunja Hougard. Doch dies mag wirklich damit zusammenhängen, dass ich die Vorgängerbände nicht kenne. Dennoch hat mich alles in allem dieser Kriminalroman völlig überzeugt, denn die temporeiche und farbig-lebendig-spannende Erzählweise macht echte Lesefreude.

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Zauberhaft, liebenswert, klug und magisch schön

Ein Mädchen namens Willow 2: Waldgeflüster
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Bereits der erste Band mit Willow, dem Mädchen mit den nicht zu bändigenden roten Haaren, hat mich begeistert. Und genauso erging es mir mit „Waldgeflüster“. Ein Buch, das auf ganz wunderbare Weise Fantastisches, ...


Bereits der erste Band mit Willow, dem Mädchen mit den nicht zu bändigenden roten Haaren, hat mich begeistert. Und genauso erging es mir mit „Waldgeflüster“. Ein Buch, das auf ganz wunderbare Weise Fantastisches, Magisches und Kluges zu einer spannend zu lesenden, kindgerechten und eindrücklichen Geschichte zusammenfügt.

Wie man aus Band 1 weiß, hat Willow von ihrer Tante einen wunderschönen Wald geerbt mit Teich und Hochsitz, dazu eine Art Hexenhäuschen mit einigen merkwürdigen Dingen darin. In diesem Wald verbringen Willow und ihre Freundinnen ihre ganze Freizeit mit viel Spaß und mit dem Üben von kleinen Hexereien. Alle sind glücklich so wie es ist. Aber als Valentina mit ihrer alleinerziehenden Mutter nach Australien auswandern soll, damit sie dem vermeintlich schlechten Einfluss der Freundinnen entzogen ist, überlegen sich die kleinen Hexen einen Plan. Denn wenn Valentinas Mutter sich so richtig verlieben würde, würde sie nicht mehr wegziehen wollen und alles wäre gut und schön. Dass drei Jungs in Willows Wald auftauchen und ganz dreist ein Baumhaus bauen wollen, schafft weitere Aufregung. Die Freundinnen versuchen sehr ideenreich, die Eindringlinge zu vertreiben, wobei der Wald selbst offenbar ganz anderer Meinung ist. Grimmoor, das eigenwillige Hexenbuch, ist betrunken und zu nichts zu gebrauchen. Und dann geht auch noch etwas gewaltig schief mit dem selbstgebrauten Liebestrank…

Besser kann ein Kinderbuch gar nicht sein! Schon allein das Gedicht als Vorwort ist wunderschön und verrät die Haltung, in der das Buch geschrieben ist. Genau hinzuhören, ist in unserer lauten Zeit gar nicht so einfach. Diesen Text an den Beginn einer Vorlesestunde zu setzen, stelle ich mir als sehr wirksam vor. Aber auch all die kleinen Texte zu den Kapitelanfängen sind poetisch-klug und es wert, besonders beachtet zu werden. Die Geschichte insgesamt lebt von kurzweiligen Episoden und ist lesefreudig spannend geschrieben, humorvoll und lebendig. Unaufdringlich verpackt sind darin die großen Themen Freundschaft, Familie und Natur, vor allem die Schutzbedürftigkeit von Flora und Fauna. Die vielen überaus sensibel-feinen und ausdrucksstarken Illustrationen von Simona Ceccarelli unterstreichen auf großartige Weise die Geschichte.

Fazit: Ein rundum großartig gelungenes Kinderbuch über die Magie von Freundschaft und Natur und wunderbar geeignet, Augen und Ohren zu öffnen.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Fantasievoll, spannend, abwechslungsreich und klug

Aribella und die Feuermaske
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Ein sehr schönes Kinderbuch hat der dtv Verlag mit „Aribella und die Feuermaske“ herausgebracht. Der Autorin ist es gelungen, Fantasy und Spannung perfekt in einer Geschichte zu verbinden, so sehr, dass ...


Ein sehr schönes Kinderbuch hat der dtv Verlag mit „Aribella und die Feuermaske“ herausgebracht. Der Autorin ist es gelungen, Fantasy und Spannung perfekt in einer Geschichte zu verbinden, so sehr, dass jugendliche (und ältere) Leser sich gerne entführen lassen in die magische Welt von Aribella und auf eine Fortsetzung hoffen.

Aribella und Theo, ein Fischerjunge, sind beste Freunde. Theos Vater lässt Aribella sogar mit auf sein Fischerboot, obwohl Mädchen dort eigentlich nichts verloren haben. Der Vater von Aribella verharrt seit vielen Jahren in Trübsinn, seit er seine Frau verloren hat, was Aribella auch sehr traurig macht. Als sie Theo gegen Gian, einen unverschämten und bösen Jungen, verteidigen will, schießen ihr vor Wut Flammen aus den Fingern. Sie muss fliehen, weil man nun glaubt, sie sei eine Hexe. Ein Mann mit einer funkelnden Maske bringt sie in seiner Gondel nach Venedig, und für Aribella beginnt ein neues Leben unter Magiern, die die Stadt beschützen. Bis ein Blutmond dunkle Mächte erwachen lässt und Venedig in große Gefahr gerät…

Dies und noch viel, viel mehr erzählt uns Anna Hoghton auf außerordentlich spannende Weise. Die an Überraschungen reiche Geschichte wird bilderreich und detailfreudig geschildert. Venedig in seiner vollen Schönheit mit seinen Palästen und luxuriösen Gondeln, aber auch alle in Erscheinung tretenden Personen und Ereignisse erstehen dank der farbig-intensiven Erzählweise der Autorin plastisch-deutlich vor unserem inneren Auge. Die drohende Gefahr lässt die Spannung bis zum Schluss ständig wachsen. Aber gleichzeitig ist das Buch auch eine Huldigung an das Lesen: „Die Fähigkeit zu lesen ist die mächtigste Kraft von allen. … Lesen ist Magie.“ Dass die Menschen unterschiedliche Begabungen und Fähigkeiten haben, macht die Gemeinschaft überhaupt erst stark. Wie wertvoll Freundschaft ist, zeigt das Buch ebenso, denn gerade durch die Liebe zu den Freunden wächst Aribellas Macht. Und noch ein Satz fiel mir auf: „Bewerte ein Buch nie nach seinem Einband und einen Menschen nie nach seiner Maske.“ Wie wahr.

Fazit: Ein spannungsreiches, fantasievolles, lebendig-abwechslungsreiches Kinderbuch mit einigen klugen Botschaften.

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