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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2017

Glas und Liebe

Winterengel
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… „Beides, Liebe und Glas, muss gefühlvoll behandelt werden, wenn es nicht zerbrechen soll. …“ So beginnt das vorliegende Buch, ein Buch über Armut, Kälte, Krankheit und über Zerbrechliches wie Glück, ...

… „Beides, Liebe und Glas, muss gefühlvoll behandelt werden, wenn es nicht zerbrechen soll. …“ So beginnt das vorliegende Buch, ein Buch über Armut, Kälte, Krankheit und über Zerbrechliches wie Glück, wie Liebe, aber auch über Stärke und Mut. Ein Buch zum Versinken, zum Abtauchen, zum Mitempfinden. Und keinesfalls nur ein Weihnachtsbuch!
Winter 1895 in Spiegelberg (übrigens nicht in Baden gelegen, wie im Buch behauptet wird, sondern in Württemberg). Die junge Anna Härtel hatte von ihrem verstorbenen Vater die Glasbläserei erlernt und verdient sich durch den Verkauf ihrer gläsernen Engel ein kleines Zubrot, um mehr schlecht als recht für die kranke Mutter und die kleine Schwester zu sorgen. Da erreicht sie ein Brief der Königin Victoria, die sie nach England einlädt, um ihre Glasengel zu zeigen. In Begleitung von John unternimmt Anna die aufregende, beschwerliche und gefährliche Reise…
Dieses Buch zu lesen war wie in einem opulenten Kinosessel zu sitzen - der schwere Samtvorhang öffnet sich und eine Geschichte beginnt, die mich hinwegträgt in eine andere Welt, in der ich mitfriere, mitleide, in der ich Gefahren ausgesetzt bin, in der ich aber auch menschlicher Wärme begegne und mich auf meine Stärke besinne. Corina Bomann schafft es in wunderbarer Weise, ein Wintermärchen zu erzählen, das unseren immanenten Wunsch nach Wohlergehen und nach Gerechtigkeit des Schicksals aufgreift, ein modernes Märchen, dessen Geschichte Können und Selbstvertrauen belohnt und nach vielen Zweifeln der Liebe eine Chance gibt. Und wenn sich der Samtvorhang wieder schließt, bleibt zurück ein wohlig-warmes Gefühl, das wir uns nicht nur zu Weihnachten wünschen.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Toller Inhalt in schäbiger Verpackung

Das verborgene Leben der Meisen
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Wieso hat man einen so gehaltvollen Inhalt zwischen zwei schäbige, dicke Pappdeckel gesteckt, ein Einband, der bereits nach wenigem In-die-Hand-Nehmen trotz sorgsamer Behandlung hässlich-schmutzig aussieht ...

Wieso hat man einen so gehaltvollen Inhalt zwischen zwei schäbige, dicke Pappdeckel gesteckt, ein Einband, der bereits nach wenigem In-die-Hand-Nehmen trotz sorgsamer Behandlung hässlich-schmutzig aussieht und angeschlagene Ecken aufweist? Soo schade…
Der Autor ist ein vielseitig interessierter Redakteur, der sich aus persönlichem Interesse der Welt der Meisen widmete und uns viel, viel Interessantes zu erzählen weiß. Er schlägt in seinem Buch einen großen Bogen von vielen persönlichen Erfahrungsberichten bis hin zu wissenschaftlichen Ergebnissen. Er erzählt locker-humorvoll vom Familienleben und von den Familiendramen bei Meisens, von deren unglaublicher Anpassungsfähigkeit, ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten, ihrer großartigen Fürsorge für den Nachwuchs und noch vieles, vieles mehr! Im Anhang gibt es spezielle Tipps, wie man z. B. einen Nistkasten selbst baut oder wie und wo die Nistkästen für Meisen am besten anzubringen sind, womit Sie füttern sollten. Die vielen farbigen Zeichnungen und Fotos unterstreichen den Text und erhöhen seinen Informationsgehalt.
Fazit: Kein trockenes Sachbuch, sondern eine persönlich-humorvoll erzählte, aber dennoch fundierte Reise in die Welt der Meisen, die wir nach Lektüre des Buches mit ganz neuen

Veröffentlicht am 10.11.2017

Ganzjahrestaugliches Lesevergnügen

Tannenglühen
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Irgendwie habe ich immer Mitleid mit Büchern, die sich auf bestimmte Feiertage oder Jahreszeiten festlegen. So auch mit „Tannenglühen“ und dem Untertitel „Bitterböse Weihnachten“. Wer wird das Buch als ...

Irgendwie habe ich immer Mitleid mit Büchern, die sich auf bestimmte Feiertage oder Jahreszeiten festlegen. So auch mit „Tannenglühen“ und dem Untertitel „Bitterböse Weihnachten“. Wer wird das Buch als Ostergeschenk oder als Sommerlektüre kaufen? Und dabei wäre es dem Buch so sehr zu wünschen, dass es das ganze Jahr gekauft und gelesen und verschenkt wird!
Franziska Ferstl, 60, will sich eigentlich nach schwerer Erkrankung von ihrem Job als Strafverteidigerin zurückziehen. Aber da wird einer der Kanzlei-Partner, mit einer Lichterkette erdrosselt, aufgefunden. Da Max, ihr bester Freund und ebenfalls Kompagnon in der Kanzlei, des Mordes verdächtigt wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als wieder voll anzupacken. Und das macht sie auf die ihr ganz eigene, direkte, unverblümte, oft auch unkontrollierte Art und Weise. Der Sound ihrer Harley Davidson ist ihr näher als menschliche, allzu menschliche Regungen, und mit ihrer harten, auch sich selbst nicht schonenden Vorgehensweise sticht sie mitten hinein in Offshore-Geschäfte mit der gefährlichen Russen-Mafia, deckt Hass- und Liebesbeziehungen auf und trägt doch selbst schwer an alten Wunden.
Petra K. Gungl hat mich mit ihrem Buch völlig gefangengenommen. Ihr Schreibstil, der nicht nur plastisch-farbig ist, sondern auch über die Maßen intelligent, enthält eine Fülle von großartig geglückten bildhaften Schilderungen, die mir im Gedächtnis bleiben. „Gedanken, die sich wie Holzwürmer im Fressrausch in ihrem Kopf zu schaffen machten“ ist so ein Beisiel, oder „vernetzt wie eine Kreuzspinne im Herbst“ oder der Händedruck, der sich wie eine tote Forelle anfühlt. Ich könnte noch viele Sätze anführen, die mich begeistert haben. Die Protagonisten sind sehr detailreich und psychologisch präzise-stimmig ausgearbeitet. Man spürt an vielen Stellen, dass die Autorin, die selbst promovierte Juristin ist, weiß, wovon sie schreibt, auch bringt sie so manche versteckte Kritik am Rechtswesen unter. Dabei blitzt aber stets ein feiner Humor durch, oftmals verpackt in kleine Ausflüge in den österreichischen Sprachductus. Ich fühlte mich das gesamte Buch über gleichmäßig spannend und geistreich unterhalten. Deshalb wünsche ich dem Buch viele, viele Leser an Neujahr, an Pfingsten, an heißen Sommertagen, egal wann, Hauptsache nicht nur an Weihnachten!

Veröffentlicht am 09.11.2017

Super. Spannend. Unbedingt lesen.

Crimson Lake
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Ted Conkaffey, ehemaliger Polizist, hat sich nach einem falschen Verdacht und langer Untersuchungshaft weit weg von seinem früheren Leben zurückgezogen nach Crimson Lake, ganz im Norden Australiens. Dort ...

Ted Conkaffey, ehemaliger Polizist, hat sich nach einem falschen Verdacht und langer Untersuchungshaft weit weg von seinem früheren Leben zurückgezogen nach Crimson Lake, ganz im Norden Australiens. Dort hofft er sicher zu sein vor vorverurteilenden Bürgern und der Presse. Er lernt Amanda kennen, eine angebliche Mörderin, die ihre Haftstrafe bereits verbüßt hat. Die beiden beginnen ihre Zusammenarbeit als Privatdetektive und machen sich auf die Suche nach einem verschwundenen Schriftsteller, wobei die örtliche Polizei die beiden in ihrer Arbeit behindert, wo es nur geht. Und während das Inkognito von Conkaffey platzt und der Mob sich gegen ihn formiert, versucht er den Fall von Amanda wieder aufzurollen, aber auch sein eigener Fall beschäftigt ihn weiter…
Die Story ist großartig, denn eigentlich werden uns drei verschiedene Geschichten gleichzeitig erzählt. Wir durchwandern vielerlei Wendungen in jedem der drei Handlungsstränge und jagen voller Spannung durch die Seiten. Ich war von Anfang an voller Sympathie für Conkaffey, der unschuldig sein bisheriges Leben auf so perfide Art verliert und seither nachvollziehbar unter Angst- und Panikattacken leidet. Sein innerer und äußerer Rückzug ging mir sehr nahe, deshalb war für mich der Thriller ein besonders intensives Leseerlebnis. Als gesellschaftskritische Frage steht hinter allem Geschehen, wie bereitwillig schnell Menschen reine Verdachtsmomente als Tatsache annehmen und ihr Urteil sprechen, wie leicht Medien und Vorverurteilung ein Menschenleben zerstören können.
Ein Thriller, in dem einfach alles stimmt: Plot, Protagonisten, Gesellschaftskritik, immense Spannung. Alles perfekt verpackt und in einer fesselnden, intensiven Sprache erzählt.

Veröffentlicht am 07.11.2017

Herzerwärmend

Manche mögen's steil
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Was kann man im tristen November besseres lesen als ein Buch, bei dessen Lektüre man herzhaft lachen kann und am Ende so ein warmes, wohliges Gefühl zurückbleibt, als habe man soeben eine besonders leckere ...

Was kann man im tristen November besseres lesen als ein Buch, bei dessen Lektüre man herzhaft lachen kann und am Ende so ein warmes, wohliges Gefühl zurückbleibt, als habe man soeben eine besonders leckere Tasse heiße Schokolade getrunken.
Vicky ist die toughe, überragend fähige und hochengangierte Teamleiterin bei einer IT-Firma, die Software für Kliniken entwickelt. Ihr Leben spielt sich fast ausschließlich zwischen Smartphone und Monitoren ab, denn in der digitalen Welt fühlt sie sich sicher, hat alles unter Kontrolle, schickt Küsschen an digitale Freunde. In der realen Welt hat sie Allergien, isst nichts, was Augen hat und findet ihren Teamkollegen Konstantin in seinen Maßanzügen anziehend. Als es um die Bewerbung für einen höheren Posten geht, ruft der Personalchef zu einer gemeinsamen Klettertour auf, um soziale Kompetenz, Führungsqualitäten und die Fähigkeit, kreative Lösungsstrategien zu finden, zu testen. Etwas Schlimmeres kann Vicky gar nicht passieren: Raus aus der digitalen Welt, rein ins echte Leben – ein Drama. Und dann rücken sie näher, der Bergführer mit seinem vermüllten Auto und Konstantin, der attraktive Mitbewerber, mit seiner Designer-Sonnenbrille…
Eine nette, eine vorhersehbare Handlung, ja. Aber die Stärke des Buches liegt im Humor. Ich kann nur dringend davor warnen, das Buch an öffentlichen Orten, z. B. im Wartezimmer oder im Zug, zu lesen. Denn es könnte auf andere Menschen befremdlich wirken, wenn Sie beim Lesen entweder grinsen oder laut auflachen. Die schlagfertigen Dialoge und Pointen nehmen kein Ende und man liest und freut sich. „Wenn Frauen richtig loslegen, sitzt der Teufel daneben und lernt.“ Und dann geht die Geschichte auch noch gut aus. Und schon sind sie da, diese wunderbaren Gefühle der inneren Heiterkeit und die Wärme der heißen Schokolade.