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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.07.2018

Schöne Strickidee

Puschen im Quadrat, schnell & easy gestrickt
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Eine schöne Strickidee in ein kleines Büchlein verpackt

Welche passionierte Strickerin ist nicht stets auf der Suche nach ungewöhnlichen Strickideen, die leicht umzusetzen sind! Das vorliegende Büchlein ...

Eine schöne Strickidee in ein kleines Büchlein verpackt

Welche passionierte Strickerin ist nicht stets auf der Suche nach ungewöhnlichen Strickideen, die leicht umzusetzen sind! Das vorliegende Büchlein verspricht mit seinem Untertitel „schnell und easy gestrickt“ genau dies. Veronika Hug ist Erfolgsautorin von zahlreichen Strick- und Häkelbüchern, sodass ich mich vertrauensvoll an die Umsetzung der Quadratpuschen machte.
Nun, was das reine Stricken der Puschen angeht, so sind sie tatsächlich sehr schnell und sehr einfach zu stricken. Maschen anschlagen, rechte Maschen stricken, Maschen abketten – mehr muss man nicht können. (Anfänger können am Ende des Buches anhand eines kleinen Grundkurses Stricken und Häkeln die benötigten Kenntnisse ganz schnell auffrischen.) Die eigentliche Schwierigkeit des Nacharbeitens liegt beim Zusammennähen. Veronika Hug hat dies zwar anhand von unterschiedlichen Farbquadraten so deutlich wie möglich im Buch versucht zu veranschaulichen, aber dennoch verliert man, je mehr Quadrate man zusammengenäht hat, leicht die Orientierung bzw. die Übersicht. Ich habe mir geholfen, indem ich die zu nähenden Seiten vor Beginn des Nähens markierte. Nach dem ersten Puschenpaar hat man das System verstanden und tut sich leichter – also nicht zu schnell aufgeben! Was meines Erachtens fehlt, ist ein Hinweis darauf, dass man unbedingt sehr fest stricken muss oder besser noch, stets eine ganze Nadelstärke kleiner nehmen sollte als auf der Wollbanderole angegeben, ganz unabhängig davon, welche Wolle verwendet wird. Zu locker gestrickte Quadrate ergeben formlose, instabile Puschen.
Das Büchlein bietet eine detaillierte Grundanleitung mit Größentabelle und ein paar wenige Variationsmöglichkeiten. Der eigenen Kreativität sind jedoch bei dieser originellen Strickidee keine Grenzen gesetzt!

Veröffentlicht am 14.06.2018

Pflanzen kommunizieren

Hausbesuch vom Pflanzenarzt
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Pflanzen kommunizieren untereinander und mit uns
Der Untertitel „Tipps und Tricks für Garten und Balkon“ suggeriert einen gärtnerischen Ratgeber, ein Nachschlagewerk vielleicht sogar, versehen mit Register ...

Pflanzen kommunizieren untereinander und mit uns
Der Untertitel „Tipps und Tricks für Garten und Balkon“ suggeriert einen gärtnerischen Ratgeber, ein Nachschlagewerk vielleicht sogar, versehen mit Register und einer übersichtlichen Gliederung. Wer das erwartet, wird bitter enttäuscht. Schade, dass der Verlag auf diese Weise völlig falsche Erwartungen weckt.
Das Buch ist eher eine Art Plauderei über den Gartenzaun hinweg. Leicht und locker und amüsant erzählt der Autor von seinen diversen pflanzenärztlichen „Notfalleinsätzen“, und während er beim Erzählen vom Hundertsten ins Tausendste kommt, liest man so ganz nebenbei den einen oder anderen Ratschlag, wobei es weniger um das Bekämpfen als um das Stärken der Pflanzen geht. Oder noch eher um das Verstehen der Pflanzen, die uns deutlich zeigen, was ihnen gefällt und was nicht. Wadas gibt uns die Ermutigung, unseren eigenen Beobachtungen und Erfahrungen zu trauen, sein Buch macht Lust auf Grün, ganz ohne Stress. Und er schult unsere gärtnerische Wahrnehmungsfähigkeit auf sehr intensive Weise, einfach nur durch sein Erzählen. Da sehe ich gerne darüber hinweg, dass der Autor nicht frei von Eitelkeiten ist und bei Schilderung der Kundenkontakte auch so manches Klischee bemüht oder dass seine Plaudereien nicht immer wissenschaftlich korrektes Denken wiedergeben. Seine uneingeschränkte Liebe gilt der Natur, und das lässt er uns in seinem Buch auf unterhaltsame Weise spüren.

Veröffentlicht am 11.02.2018

Nu dawai

Berlin - Moskau
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Der Journalist Wolfgang Büscher machte sich zu Fuß auf eine ganz und gar unglaubliche Reise, beginnend an einem heißen Sommerabend in Berlin. Er geht gen Osten, über Polen weiter nach Weissrussland und ...


Der Journalist Wolfgang Büscher machte sich zu Fuß auf eine ganz und gar unglaubliche Reise, beginnend an einem heißen Sommerabend in Berlin. Er geht gen Osten, über Polen weiter nach Weissrussland und schließlich bis Moskau. Das wichtigste Utensil: eine winzige Schere zum Schneiden von Pflasterstreifen…

Das Buch ist kein Reiseführer. Und es ist doch einer, aber einer fast ohne nachschlagbare Fakten, sondern einer, der prall gefüllt ist mit skurrilen Erlebnissen, mit merkwürdigen Begegnungen, mit unglaublichen Geschichten, und immer wieder dazwischen manchmal fast beiläufig eingestreute geschichtliche oder politische Rückblicke, Meinungen, Verwunderungen. Mit einer fein nuancierten Beobachtungsgabe und schier endloser Neugier ausgestattet, erlebt der Autor sehr viel Verwunderliches, Überraschendes. Wir schauen mit ihm zusammen die Mini-Ausschnitte seines persönlichen Erlebens an und bekommen so, ganz ohne Lexikon-Wissen bemühen zu müssen, ein Gefühl für russisches Leben in jeglicher Ausprägung. Und Büscher erzählt uns davon in einer ausgesprochen schönen, stellenweise fast lyrisch anmutenden bildhaften Sprache. Ein wunderbar zu lesendes Buch, lebendig, intensiv. Erleben Sie es selbst: Nu dawai!

Veröffentlicht am 07.02.2018

Ein Buch wie Bitterschokolade

Der Sommer des Raben
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Es fällt mir schwer, diesem kleinen großen Roman gerecht zu werden.
Da gibt es eine klare Handlung: Felix stirbt durch einen unglücklichen Unfall und Siri, seine Lebensgefährtin, erlebt die dunkelste ...


Es fällt mir schwer, diesem kleinen großen Roman gerecht zu werden.
Da gibt es eine klare Handlung: Felix stirbt durch einen unglücklichen Unfall und Siri, seine Lebensgefährtin, erlebt die dunkelste Zeit ihres Lebens. Sie flieht in ohnmächtiges Verharren, lässt andere bestimmen, gewährt dem inneren Stillstand und aufblitzenden Erinnerungsbildern sehr viel Raum. Schließlich nimmt sie, von Beruf Agentin für Puppenexponate, die von Felix begonnene Suche nach der Raben-Marionette Havran aus der weltberühmten tschechischen Werkstatt Spejbl & Hurvinek wieder auf, und mit dieser geradezu besessenen Suche beginnt sich auch ihr inneres Leben wieder in Bewegung zu setzen.
Mir war beim Lesen dieses Buches meistens kalt. Die beschriebene Trauer fiel mich an wie eine plötzliche Erkältung. Und Siri’s ergebenes Stillhalten ließ auch mich erlahmen. Die sehr detailgenau erzählte Welt der Marionetten war einerseits faszinierend, andererseits blieben die Puppen und Marionetten und Raben im gesamten Buch leblos. Ursprung und Besitz, ja – aber an keiner Stelle des Buches wurden sie zum Leben erweckt, nahm sich ein Puppenspieler ihrer an und hauchte ihnen Persönlichkeit ein. Und so fühlte ich mich auch beim Lesen: An den Fäden der Autorin hängend, ihrer erzählten Geschichte folgend, aber ohne eigenes Leben. Hingerissen von ihrem intensiven, feinsinnigen Schreibstil, in dem sich eine nüchterne, fast abgehackte Schreibweise mit Stellen von lyrischer Schönheit abwechselt. Übrig bleibt mir vom Buch der Geschmack von Bitterschokolade – süß und bitter gleichermaßen.

Veröffentlicht am 16.01.2018

Literarische Herzsuche

Die Herzen der Männer
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„Die Herzen der Männer“ – ja, sie sind zu finden in diesem Buch. Man bahnt sich 480 Seiten lang schier endlos scheinende Wege durch einen Urwald von Gewalt, von Abwehr und gnadenloser Härte. Und während ...


„Die Herzen der Männer“ – ja, sie sind zu finden in diesem Buch. Man bahnt sich 480 Seiten lang schier endlos scheinende Wege durch einen Urwald von Gewalt, von Abwehr und gnadenloser Härte. Und während man sich innerlich bereits abgewendet hat, entrüstet oder angeekelt ist, blitzt es plötzlich hervor, so ein Männerherz, so weich, so verletzlich, dass es den Leser im Tiefsten berührt.

Zentrum des Geschehens, der Rote Faden im Buch, ist ein Pfadfinder-Lager in Wisconsin. Im Jahr 1962 lernen wir Nelson kennen, einen traurig-einsamen Jungen, dessen Intelligenz und Perfektionsdrang seine gesamte Umwelt auf Abstand hält oder sie herausfordert zu Quälereien sondersgleichen. „Ich muss klüger sein als die.“ Mit diesem Ansporn rückt er noch weiter weg von den anderen. Er ist auf eine ganz altmodische Weise ganz und gar rechtschaffen. Alle Prügel seines Vaters konnten daran nichts ändern. Jonathan ist der einzige Jugendliche, der auf versteckte und doch tröstliche Weise zu Nelson hält.
1996, gute 30 Jahre später leitet Nelson, der im Vietnamkrieg im Einsatz gewesen war, das Pfadfinder-Lager. Jonathan’s Sohn Trevor nimmt daran teil. Im Verlauf dieses Lageraufenthaltes lernt Trevor seinen Vater von einer Seite kennen, die seine heile Familienwelt-Vorstellung brutal zerstört.
2019 befinden wir uns wieder im gleichen Pfadfinder-Lager, in dem der alte Nelson inzwischen dauerhaft lebt. Dieses Mal lernen wir Thomas kennen, den Sohn von Trevor. Die moderne Zeit lässt das Pfadfinder-Leben fast lächerlich wirken. Das Ende dieses Sommer-Camps ist symbolhaft…

Die unglaublich intensive Sprache des Autors fängt den Leser ein und lässt ihn nicht mehr los. Sie trägt den Leser zum Beispiel durch die grenzenlose Einsamkeit eines Nelson, ohne Chance des Entkommens. Oder durch in Rückblicken angerissene Szenen vom Krieg, von erlittenen Grausamkeiten, die von den Vätern unreflektiert hart an die Söhne weitergegeben werden. Man möchte sich abwenden, will nichts mehr lesen vom schicksalhaften Gefangensein in liebloser Strenge. Man hat genug von den verzweifelten und letztlich vergeblichen Bemühungen, ein wenig Glück zu erhaschen. Aber die Sprache lässt dieses Abwenden nicht zu. Mitten im Berichten abscheuungswürdigen Geschehens gibt es plötzlich Naturschilderungen von atemberaubender Schönheit oder eingestreute kleine Momentaufnahmen aufblitzenden liebenden Verstehens, winzige Augenblicke nur. Aber dennoch sind es Blicke mitten ins Herz, in das Herz von Männern, in vom Leben beschädigte, verletzte Seelen.