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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2022

Weitschweifig erzählt, erst gegen Ende überzeugend

Grabesstern
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Die Autorin war mir bislang nicht bekannt, deshalb startete ich neugierig und unbefangen die Lektüre des vorliegenden Thrillers, des 3. Bandes rund um Kommissar Schäfer und die Journalistin Heloise Kaldan. ...


Die Autorin war mir bislang nicht bekannt, deshalb startete ich neugierig und unbefangen die Lektüre des vorliegenden Thrillers, des 3. Bandes rund um Kommissar Schäfer und die Journalistin Heloise Kaldan. Glücklicherweise verlangte diese neue Folge keinerlei Vorkenntnisse, sodass mir der Einstieg in die Geschichte mühelos gelang.

Zum Inhalt: Heloise beabsichtigt, einen Artikel über Sterbebegleitung zu schreiben. Sie begleitet den todkranken Jan Fischhof, entwickelt freundschaftliche Gefühle für ihn und beginnt, anhand seiner Hinweise einem lange zurückliegenden Fall nachzugehen, denn Jan scheint etwas aus dieser vergangenen Zeit sehr zu belasten. Kommissar Erik Schäfer, der Freund von Heloise, ist besorgt, denn Heloise begibt sich mit ihren Nachforschungen auf äußerst gefährliches Gebiet…

Das Buch liest sich angenehm leicht, weil die Geschichte folgerichtig, ohne wirre Zeitsprünge, erzählt wird. Die Sprache ist eingängig, Menschen und Landschaften werden sehr detailliert und vorstellbar geschildert. Ja, und genau diese detaillierten Schilderungen, die zwar das Kopfkino anstoßen, sind aber letztlich schuld daran, dass die Geschichte relativ spannungsarm vor sich hin plätschert. Meine Gedanken schweiften beim Lesen oftmals ab, insbesondere wenn lange Befragungen oder Dialoge hin und her gingen, ohne die Handlung wirklich weiter voranzubringen. Auch die atmosphärisch durchaus schönen Schilderungen der Örtlichkeiten wurden mir irgendwann zu viel. Von einem Thriller erwarte ich eine eher stringente, fokussierte Erzählweise, nicht weitschweifiges und damit ermüdendes Beschreiben. Erst gegen Ende nimmt die Handlung glücklicherweise Fahrt auf und zeigt, insbesondere durch das überraschende und doch schlüssige Ende, dass der Thriller im Grunde genial durchkonstruiert ist.

Fazit: Über lange Passagen hinweg ein relativ spannungsarmer Thriller, der erst zum Schluss hin Fahrt aufnimmt und die zugrunde liegende, perfekt durchkomponierte Handlung erkennen lässt.

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Veröffentlicht am 28.09.2021

Herausfordernd und aufrüttelnd

Fuchs und ich
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Welch ein seltsames Buch. Es verlangt dem Leser allerlei ab an Geduld, an Einfühlung. Und es wird verkauft als eine Mogelpackung, wie eine 400 Seiten lange Themaverfehlung. Denn der einzige winzige rote ...



Welch ein seltsames Buch. Es verlangt dem Leser allerlei ab an Geduld, an Einfühlung. Und es wird verkauft als eine Mogelpackung, wie eine 400 Seiten lange Themaverfehlung. Denn der einzige winzige rote Faden, der sich finden lässt, ist tatsächlich ein Fuchs, ein wilder Fuchs. Aber auch dieser rote Faden ist oftmals versteckt.

Der Verlag bereitet den Leser nicht ausreichend vor auf das, was das Buch dem Leser zumutet. Denn wenn eine Autorin mit Sozialphobie, mit Klaustrophobie und anderen Traumata, kurzum eine Autorin mit autistischen Zügen, ein Buch schreibt, wird es anders als man es als geübter Leser kennt. Irgendwo im Buch schreibt die Autorin: „Ich halte meine Gedanken gerne so schwerelos, dass echte Welt und Fantasiewelt verwirbeln…“ Wir, die Leser, müssen zu Recht kommen mit einer oftmals willkürlich erscheinenden, durch die Zeiten springenden Aneinanderreihung von Notizen, feinsten Beobachtungen, Gedanken, Erinnerungen und kleinen Begebenheiten, über deren Sinnhaftigkeit man diskutieren könnte. Diese Sprunghaftigkeit erschwert das Lesen erheblich. Ich gebe zu, ich habe all diese unzähligen Schilderungen irgendwelcher Gräser und Unkräuter überschlagen, weil ich als nicht biologisch geschulter Mensch kein Interesse habe daran, was in der weitgehend unberührten Natur Montanas so wächst. Ich habe immer nur auf die Begegnungen mit diesem kleinen, etwas zerzausten Fuchs gewartet, der mal kam und dann wieder viele Seiten lang verschwunden war und dessen Schicksal mir letztlich unerwartet tatsächlich ans Herz ging. Die Autorin vermenschlicht den Fuchs mehr, als sie zugeben will. Und nennt gleichzeitig abwertend die Haustiere der Menschen „Kistentiere“. Geradezu seismographisch beobachtet Catherine Raven Flora und Fauna in ihrem selbsterwählten Exil, ist mal humorvoll, mal brutal, mal urteilend, mal abschweifend, mal verstörend. Anstrengend auf jeden Fall. Doch in der Summe der Seiten steckt das Wesentliche: „Die Erde betreibt eine spezielle Form des Recycling durch Pandemien und Waldbrände.“ Die Erde rächt sich für unser unsensibles, respektloses, ich-bezogenes Verhalten. Das bringt uns Catherine Raven durch ihren schwierigen Schreibstil hindurch sehr, sehr nahe.

Fazit: Das Buch ist anstrengend, herausfordernd, aber vor allen Dingen aufrüttelnd.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Ein Buch mit der Wucht eines Vorschlaghammers

Trügerischer Sog
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Wenn ein Buch mit solch einer wütenden Kraft daher kommt wie dieses, ist es gekonnt geschrieben, keine Frage. Aber welche Intention steckt hinter dieser Geschichte? Ein Thriller soll es sein. Stimmt, denn ...

Wenn ein Buch mit solch einer wütenden Kraft daher kommt wie dieses, ist es gekonnt geschrieben, keine Frage. Aber welche Intention steckt hinter dieser Geschichte? Ein Thriller soll es sein. Stimmt, denn ein Thriller ist per definitionem eine Geschichte, die mit wenigen Auf und Ab eine Art Dauerspannung erzeugt. Und diese Dauerspannung liegt tatsächlich über den Seiten. Bis zum bitteren Ende. Aber gibt es noch etwas darüber hinaus, was dieses Buch aus der reinen Unterhaltungsliteratur hinausheben würde?

Es geht um eine Schulklasse, die geradezu vergitet ist. Da gibt es Sara, die alles beherrscht und die die Königin der Gemeinheiten ist. Ihre permanenten Bosheiten lassen bei etlichen Mitschülern ihre jeweils schlechtesten Seiten zum Vorschein kommen. Frau Hoppe ist als blutjunge Lehrerin völlig überfordert mit all dem Hass, der in dieser Klassengemeinschaft herrscht. Sie hat die Idee, eine einwöchige Klassenreise auf eine einsame Nordseeinsel zu unternehmen, um den Klassengeist zu stärken. Doch ihre guten Absichten scheitern aufs Entsetzlichste.

Ohne zu spoilern, lässt sich über die Sinnfrage dieses Buches in dieser Rezension nicht wirklich spekulieren. Ich war entsetzt über die Brutalität der Schüler untereinander, über ihre Gehässigkeit, Respektlosigkeit, über ihre fehlende Achtung für alles und jeden, aber auch über ihre Feigheiten und Unehrlichkeiten. So als würde ein vergiftender Klassengeist jegliches Moralgefühl zerstört haben, so als hätten bei jedem Schüler die Eltern generell versagt. Entsetzt war ich über die engagierte Lehrerin, die letztlich zwischen zwei Männern tändelt, statt ihrer von ihr selbst initiierten pädagogischen Aufgabe gerecht zu werden. Gut, man könnte ein klein wenig Verständnis gewinnen können für den zerstörerischen Hass, der eigentlich Trauer und Angst kaschieren soll. Aber diese Sinngebung leuchtet im Buch nur wenig auf. Nach Lektüre dieses Romans macht sich in mir als Leserin der älteren Generation neben Entsetzen nur noch Angst breit. Diesen Protagonisten möchte ich im wahren Leben nie und nimmer begegnen müssen. Und was sollen dann Jugendliche von dieser Lektüre mitnehmen? Auch das macht mir Angst.

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Veröffentlicht am 06.12.2020

Ein nervig plänkelndes Ermittlerpaar schmälert das Lesevergnügen

Zorn - Zahltag
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Seltsam, dass ich bislang den Autor noch nicht kannte, denn das vorliegende Buch ist bereits Band 10 rund um Hauptkommisar Claudius Zorn und seinen Kollegen Schröder. Somit durfte ich das Ermittlerteam ...


Seltsam, dass ich bislang den Autor noch nicht kannte, denn das vorliegende Buch ist bereits Band 10 rund um Hauptkommisar Claudius Zorn und seinen Kollegen Schröder. Somit durfte ich das Ermittlerteam in „Zahltag“ erstmalig kennen lernen. Und ich bin mir völlig unschlüssig, ob ich dieses Kennenlernen noch weiter fortsetzen möchte.

Hauptkommissar Claudius Zorn und Oberstaatsanwältin Frieda Borck sind zusammengezogen. Ein seltsames Paar, denkt sich der Leser. Und denkt sich das Gleiche bei den Kollegen Zorn und Schröder. Doch erst einmal gibt es eine Leiche im Landgericht. Sie liegt bereits seit mehreren Tagen unentdeckt in der Toilettenkabine und ist eine wichtige Zeugin für Friedas derzeitigen Prozess. Doch Zorn wird krankheitsbedingt aus den ersten Ermittlungen jäh herausgerissen und kommt in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus…

Vielleicht ist es für Leser, die die Protagonisten bereits aus früheren Büchern kennen, einfacher, sich in das Ermittler-Duo hineinzudenken. Für mich als „Neuling“ in der Zorn-Welt hatte ich zumindest anfänglich große Mühe, den eigentlichen „Fall“ herauszulösen aus dem ganzen für die Ermittlungen irrelevanten Alltags-Wust, der dem Leser breit und ausführlich serviert wird. Das endlos sich wiederholende Geplänkel zwischen dem ewig schwadronierenden egomanischen Chef Claudius Zorn und dem schlau sich durch alle Fettnäpfchen durchlarvierenden Schröder ist einerseits durchaus witzig, wird aber durch die sich wiederholenden und einander sehr ähnelnden Dialoge so sehr breitgetreten, dass es zu nerven beginnt. Ein gewisser hinterhältiger Humor zeichnet den Autor aus, was mir durchaus gefällt, doch weniger wäre mehr gewesen. Der Fall als solcher wird geschickt verwirrend aus verschiedenen Blickwinkeln dargeboten und bleibt für den Leser eine ganze Weile in seinen Zusammenhängen undurchsichtig, auch wenn der Mörder früh bekannt ist. Auch wenn mich das Buch einerseits gut unterhalten hat, lässt mich das nervig-symbiotische Ermittlerpaar und der recht gewaltsam konstruierte Fall andererseits recht zwiegespalten zurück.

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Veröffentlicht am 21.11.2020

Abstoßend brutales Katz- und Mausspiel

Der Heimweg
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Diese Rezension kann man kurz halten. Denn dass Fitzek „es drauf hat“, Thriller zu schreiben, weiß inzwischen wohl jeder. Dass er mit jedem weiteren Erfolgstitel mehr und mehr unter Druck und Leistungszwang ...


Diese Rezension kann man kurz halten. Denn dass Fitzek „es drauf hat“, Thriller zu schreiben, weiß inzwischen wohl jeder. Dass er mit jedem weiteren Erfolgstitel mehr und mehr unter Druck und Leistungszwang gerät und damit zunehmend das verliert, was ihn in seinen frühen Titeln auszeichnete, gibt mir zu denken.

Jules Tannberg ist für seinen Freund eingesprungen und hat dessen Schicht beim ehrenamtlichen Telefonbegleitservice übernommen. Es ist nach 22 Uhr und Jules spricht mit Klara, einer Frau, die sich von ihrem brutalen Mann verfolgt fühlt. Mehr Inhalt hier zu erzählen, macht keinen Sinn.

Es hätte ein faszinierendes, nervenaufreibendes Kammerspiel werden können. Aber statt auf Raffinesse setzt Fitzek auf extreme Brutalität, auf ekelerregende, abstoßend widerliche Szenerien, die übler gar nicht mehr sein könnten. Das Baden in Eiter, Blut und fauligem Gestank allein macht jedoch noch keinen guten Thriller. Klar, Fitzek weiß, wie er die Leser durch den Fleischwolf dreht, wie er sie ins Spiegelkabinett schickt, dass sie nicht mehr aus noch ein wissen vor lauter Twists und Täuschungen. Wer das alles zu schnell liest, fällt vor lauter Schwindelgefühlen von der Couch. Und ja, es gibt auch außerordentlich spannende Sequenzen, die dem Leser den Atem rauben. Und natürlich erleben wir zum Schluss des Buches, dass wir Fitzek wieder auf den Leim gegangen sind. Das ist gekonnt geschrieben, keine Frage. Dennoch fehlt es mir an Feinheiten im Ausgestalten, insbesondere die Protagonisten bleiben technisch-konstruiert künstlich und damit für den Leser fremd und fern. Ganz wunderbar dagegen sind Fitzeks Danksagungen am Ende des Buches: Man sieht beim Lesen sein verschmitztes Lächeln direkt vor sich…

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