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jules_jude

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2022

Wendungsreicher Spionagethriller ohne viel Spannung

EAST. Welt ohne Seele
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"EAST - Welt ohne Seele" von Jens Henrik Jensen ist ein Agententhriller, der mich leider nicht so begeistern konnte wie erhofft. Ein langsamer Spannungsaufbau, ausführliche Ortsbeschreibungen und ein häufiger ...

"EAST - Welt ohne Seele" von Jens Henrik Jensen ist ein Agententhriller, der mich leider nicht so begeistern konnte wie erhofft. Ein langsamer Spannungsaufbau, ausführliche Ortsbeschreibungen und ein häufiger Perspektive- und Ortswechsel sorgen für einen holprigen Start in die Handlung rund um den Protagonisten und CIA-Agenten Jan Jordi Kazanski und nimmt erst zu Ende hin an Fahrt auf.

Jan Jordi Kazanski ertrinkt seine Trauer um seine tote Frau und Tochter in Alkohol und ist deswegen auch von seiner Tätigkeit als CIA-Agent entbunden. Doch dann wird er zurück in den Dienst beordert, um eine in der Krakauer Unterwelt bekannte Größe mit dem Decknamen "Das Weib" ausfindig zu machen. Ehe er sich versehen kann, gerät er in ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel zwischen verschiedenen kriminellen Akteuren und verschiedener Geheimdienst.

Auch wenn die Handlung alles bereithält, was ein spannender Spionagethriller auszeichnet, lässt die Umsetzung zu Wünschen übrig. Der Anfang des als Thriller bezeichneten Spionageromans gestaltet sich sehr langatmig, die teils ausschweifenden Ortsbeschreibungen und die häufigen Wechsel zwischen verschiedenen Handlungsorten und handelnden Charakteren sorgen mehr für Verwirrung als für einen fesselnden Lesegenuss. Erschwerend kommt hinzu, dass es schwerfällt, mit Kazanski als Protagonist warm zu werden. Entweder trinkt er oder er hat Sex. Die Suche nach dem "Weib" scheint da eher eine Nebentätigkeit in Krakau darzustellen.
So richtig Fahrt nimmt der Thriller erst Richtung Ende hin auf, wenn alle Fäden zusammenlaufen und deutlicher wird, wer Freund und Feind ist. Für mich leider etwas zu spät, um mich restlos begeistern zu können.

Liebhaber von Spionagegeschichten, die an die Zeit des Kalten Krieges erinnern, könnten vielleicht Gefallen an der Geschichte finden.

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Veröffentlicht am 29.10.2022

Kurzweiliger Roman über eine Meerjungfrau und das Erbe des Kolonialismus in der Karibik

Die Meerjungfrau von Black Conch
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"Die Meerjungfrau von Black Conch" erzählt die Geschichte von Aycayia, einer jungen Frau, die wegen ihrer Schönheit dazu verflucht wurde, eine Meerjungfrau zu sein. Eines Tages wird sie von amerikanischen ...

"Die Meerjungfrau von Black Conch" erzählt die Geschichte von Aycayia, einer jungen Frau, die wegen ihrer Schönheit dazu verflucht wurde, eine Meerjungfrau zu sein. Eines Tages wird sie von amerikanischen Fischern vor der fiktiven Karibikinsel Black Conch gefangen genommen. Wie Trophäenjäger machen die Männer Fotos mit ihr; sie empfinden eine Mischung aus Abscheu und sexueller Anziehung. Ist sie ein Fisch oder ein Objekt der Begierde? In der jüngeren Vergangenheit erinnert sich David Baptiste in seinen Tagebuchaufzeichnungen an die folgenden Ereignisse. Er hielt Aycayia zunächst in seiner Badewanne, wo sie nach und nach ihren Meerjungfrauschwanz verliert und sich wieder in eine Frau zurückverwandelt.

Das Setting des Romans in der Karibik und die Geschichte rund um eine Meerjungfrau haben mein Interesse geweckt, jedoch die Umsetzung konnte mich nicht wirklich überzeugen. Einerseits erzählt der Roman eine relativ einfache Geschichte, die sowohl spezifisch für die Geschichte der Karibik steht als auch eine universelle Wahrheit über die Fähigkeit der Menschen zu tiefer Liebe und die Fähigkeit, einander tiefe Narben zuzufügen, enthält. Andererseits fiel die Geschichte rund um die Hauptfigur und ihre Liebesbeziehung ziemlich flach. Auch fehlten den handelnden Personen in ihrer Charakterisierung an Tiefe und ihre Darstellung war teilweise ziemlich stereotyphaft. Zudem musste ich mich zunächst an den Schreibstil des Buches gewöhnen, da Teile des Textes im lokalen Dialekt und in Gedichtform geschrieben sind.

Eine kurzweilig erzählte Geschichte über eine Meerjungfrau, die das Thema Kolonialismus und Rassismus behandelt, aber auch nicht viel mehr.

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Veröffentlicht am 28.10.2022

Die Frage nach der Schuld und dem Umgang damit

Als die Welt zerbrach
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"Als die Welt zerbrach" ist die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama"und richtet sich an ein erwachsenes Publikum. Es ist durchaus möglich, beide Bücher für sich allein zu lesen, aber man merkt, ...

"Als die Welt zerbrach" ist die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama"und richtet sich an ein erwachsenes Publikum. Es ist durchaus möglich, beide Bücher für sich allein zu lesen, aber man merkt, dass beide miteinander verwoben sind. Der Roman ist als eine interessante Charakterstudie angelegt und wirft komplizierte psychologische Fragen über Schuld, Vergeltung und Vergebung auf. Der Autor versucht eindeutig, diese Frage im Rahmen der Handlung zu erforschen, aber insgesamt finde ich, dass dies nicht besonders gut gelungen ist.

Die Handlung umspannt mehrere Jahrzehnte und erforscht Gretels Leben nach dem Krieg, ihren Kummer, ihre Schuldgefühle und ihr schlechtes Gewissen, während sie versucht, nach den Gräueln, die ihr Vater in Auschwitz begangen hat und denen sie nicht ganz so ignorant gegenüber war, wie sie vorgab, ein seelisches Gleichgewicht zu finden. Erzählt mittels zwei Zeitsträngen, einer zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit und einer in der Gegenwart in London, folgt man Gretel in der Vergangenheit zunächst ihr und ihrer Mutter, wie sie beide versuchen, sich in Frankreich unter die Einheimischen zu mischen, Sie ändern ihre Identitäten, um ihre deutsche Vergangenheit hinter sich zu lassen, was jedoch nicht gelingt. Nachdem Mutter und Tochter jedoch von den Einheimischen enttarnt werden, flieht Gretel nach Australien um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch auch dort holt sie ihre Vergangenheit ein. Der Erzählstrang in der Gegenwart zeigt Gretel, die inzwischen über 90 Jahre alt ist, in ihrer wohlhabenden Londoner Wohnung, in die sie gezogen ist, nachdem sie aus Australien nach England kam. Als ein kleiner Junge und seine Eltern im Erdgeschoss einziehen, wird sie erneut an ihre Vergangenheit und an ihren toten Bruder erinnert. Als sie merkt, dass der Junge ihre Hilfe braucht, gerät sie ungewollt in einen häuslichen Aufruhr, der ihr Leben völlig umkrempelt.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich ganz auf das Buch einlassen konnte. Gut gefallen hat mir der Erzählstil, der zwischen Gretels Leben als junge Frau und ihrem Leben als ältere Frau hin- und herspringt, mit gelegentlichen Zwischenspielen zu ihrer Kindheit vor Brunos Tod.
Weniger gut gefallen hat mir abgesehen von Gretel die schwache und teils klischeehafte Charakterisierung der anderen Charaktere sowie die gekünstelten Dialoge. So erfährt man zum Beispiel nicht viel darüber, was Edgar, ihr verstorbener Ehemann, zu ihr hingezogen hat und was seine Motivation war, in ihrer langen Ehe zu bleiben, obwohl er offensichtlich viel über ihre Vergangenheit wusste und diese auch später mit Caden, ihren Sohn, teilte. Auch fand ich Teile des Dramas um die neu eingezogene Familie zu konstruiert und das Ende etwas unglaubwürdig.

"Als die Welt zerbrach" ist viel emotionaler und nachdenklicher als sein Vorgänger, aber auch wie "Der Junge im gestreiften Pyjama" nicht frei von Fehlern, sodass das Buch mich im Ganzen nicht wirklich überzeugen konnte. Trotz des schwierigen Themas hatte ich beim Lesen eher das Gefühl, dass mir die Handlung und die Gedanken- und Gefühle von Gretel erzählt werden, anstatt das ich sie "fühlen" konnte. Ich hatte mir insgesamt etwas mehr Tiefe in Bezug auf Thema und Charakterbildung erhofft und bliebt ziemlich unberührt zurück.

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Veröffentlicht am 23.10.2022

Was passiert mit einer alternden Auftragskillerin, wenn sie über 60 Jahre alt ist?

Frau mit Messer
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Die 65-jährige Hornclaw führt auf den ersten Blick ein unauffälliges Leben. Sie ist einsam und lebt alleine, abgesehen von ihrem ebenfalls alternden Hund. Was sie von anderen Frauen in ihrem Alter unterscheidet, ...

Die 65-jährige Hornclaw führt auf den ersten Blick ein unauffälliges Leben. Sie ist einsam und lebt alleine, abgesehen von ihrem ebenfalls alternden Hund. Was sie von anderen Frauen in ihrem Alter unterscheidet, ist, dass sie noch arbeitet und dass sie keinen normalen Beruf ausübt. In den letzten 45 Jahren hat sie sich im Umgang mit Waffen, körperlichem Training und Überwachungsfähigkeiten geübt. Sie hat gelernt, unterzutauchen oder in einer Menschenmenge unbemerkt zu bleiben, sie ist nämlich eine Auftragsmörderin. Doch sie ist nicht mehr die erfolgreiche und gefürchtete Auftragsmörderin, die sie einmal war. Ihr ist klar, dass sie sich bald zur Ruhe setzen muss, denn nicht nur ihre körperliche Verfassung lässt nach, auch fängt die sonst so abgebrühte Hornclaw an, Fehler zu machen und Emotionen und Gefühle bei der Ausübung ihrer Aufträge zu zeigen. Wären das schon nicht genug Sorgen, mit denen sie sich herumschlagen muss, holt ihre Vergangenheit sie genau dann ein, als sie sich mit einem verwitweten Arzt und seiner jungen Tochter anfreundet.

Anders als der Inhalt zuerst vermuten lässt, geht es in der Geschichte eher um das Altern und wie es sich auf die Menschen auswirkt als um Hornclaws Job als Auftragsmörderin. Wer einen fesselnden Thriller erwartet, wird eher enttäuscht sein, ist es doch mehr eine Charakterstudie, auch wenn teils eine ziemliche blutige.
Der Schreibstil ist direkt und bisweilen geheimnisvoll, aber auch teils distanziert. Es entsteht dadurch eine mysteriöse Atmosphäre, aber leider keine emotionale Verbindung zu den Charakteren, so bleiben besonder die Motive von Hornclaw ziemlich im Dunklen in Bezug auf ihre Veränderung von einer kaltherzigen Auftragsmörderin hin zu einer, die Gefühle zeigt. Am Alter allein kann es nicht liegen. Gerne hätte ich mir hier mehr Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewünscht.Zwar erhält man Einblicke in Hornclaws Vergangenheit, insbesondere in die Umstände, die dazu führten, dass sie diesen Beruf ergriff, und in ihre Beziehung zu ihrem Mentor, doch verlässt sich die Erzählung zu sehr auf das "Erzählen" von Dingen. Ich hätte es vorgezogen, mehr Szenen zu lesen, die Hornclaw bei der Arbeit zeigen.

Nichtsdestotrotz ist Hornclaw eine faszinierende Figur und Gu Byeong-mo nutzt sie, um über die Behandlung älterer Menschen in Korea sowie über andere moderne gesellschaftliche Themen wie Armut und wirtschaftlichen Abschwung nachzudenken. Die Sozialkritik ist gut ausgearbeitet und ist vielleicht der stärkste Teil der Geschichte - was angesichts des mörderischen Themas des Buches erstaunlich ist.

Insgesamt ist "Frau mit Messer" keine schlechte Lektüre, jedoch habe ich mir nach Lesen des Klappentextes mehr erhofft. Auch ist es mehr Charakterstudie als ein spannender Thriller.

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Veröffentlicht am 21.09.2022

Kurzes und informatives Klimawissen aber auch nicht mehr

Erste Hilfe für die Erde
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"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass ...

"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass es Maslin gelungen ist, äußerst komplexe Sachverhalte auf leicht verständliche Informationen zu reduzieren. Das Sachbuch ist gut geeignet als Einführung in das Thema Klimawandel und richtet sich vor allem an all diejenigen, die bis jetzt noch wenig über das Thema wissen, noch skeptisch sind oder einfach eine kompakte Zusammenfassung dazu suchen.
Neben historischen Fakten und aktuellen Entwicklungen zeigt er auch Maßnahmen auf, die Einzelpersonen über Unternehmen bis hin zu Regierungen ergreifen können bzw. umsetzen sollten, um so gegen die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen vorzugehen.

Aber darüber hinaus hat es nicht viel mehr zu bieten. Es ist als eine bloße Darstellung von Informationen und/oder Fakten in gut zitierfähigen Sätzen geschrieben, die sich mehr wie eine PowerPoint-Präsentation lesen als ein gut verfasstes
sachliches Buch. Ein tieferes Verständnis und ein differenzierter Blick auf den Klimawandel, dessen Auswirkungen und Maßnahmen dagegen wird so nicht wirklich geschaffen, was jedoch in Bezug auf die Maßnahmen besonders wichtig wäre. So setzt er z. B. meiner Meinung nach zu viel Vertrauen in die Initiative des Einzelnen, der Unternehmen und der Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen.

Alles in allem stellt "Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" eine informative und grundlegende Zusammenfassung zum Thema Klimawandel und die Auswirkungen der Menschheit auf die Umwelt dar, aber für alle die schon ziemlich vertraut mit der Materie sind, für die ist das Buch ein wenig zu vereinfacht und zu wenig kritisch dargestellt. Außer ein paar wenig interessanten Punkten, ist nicht viel Neues dabei.

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