Platzhalter für Profilbild

jules_jude

Lesejury Profi
offline

jules_jude ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit jules_jude über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2022

Kurzweiliger Roman über eine Meerjungfrau und das Erbe des Kolonialismus in der Karibik

Die Meerjungfrau von Black Conch
0

"Die Meerjungfrau von Black Conch" erzählt die Geschichte von Aycayia, einer jungen Frau, die wegen ihrer Schönheit dazu verflucht wurde, eine Meerjungfrau zu sein. Eines Tages wird sie von amerikanischen ...

"Die Meerjungfrau von Black Conch" erzählt die Geschichte von Aycayia, einer jungen Frau, die wegen ihrer Schönheit dazu verflucht wurde, eine Meerjungfrau zu sein. Eines Tages wird sie von amerikanischen Fischern vor der fiktiven Karibikinsel Black Conch gefangen genommen. Wie Trophäenjäger machen die Männer Fotos mit ihr; sie empfinden eine Mischung aus Abscheu und sexueller Anziehung. Ist sie ein Fisch oder ein Objekt der Begierde? In der jüngeren Vergangenheit erinnert sich David Baptiste in seinen Tagebuchaufzeichnungen an die folgenden Ereignisse. Er hielt Aycayia zunächst in seiner Badewanne, wo sie nach und nach ihren Meerjungfrauschwanz verliert und sich wieder in eine Frau zurückverwandelt.

Das Setting des Romans in der Karibik und die Geschichte rund um eine Meerjungfrau haben mein Interesse geweckt, jedoch die Umsetzung konnte mich nicht wirklich überzeugen. Einerseits erzählt der Roman eine relativ einfache Geschichte, die sowohl spezifisch für die Geschichte der Karibik steht als auch eine universelle Wahrheit über die Fähigkeit der Menschen zu tiefer Liebe und die Fähigkeit, einander tiefe Narben zuzufügen, enthält. Andererseits fiel die Geschichte rund um die Hauptfigur und ihre Liebesbeziehung ziemlich flach. Auch fehlten den handelnden Personen in ihrer Charakterisierung an Tiefe und ihre Darstellung war teilweise ziemlich stereotyphaft. Zudem musste ich mich zunächst an den Schreibstil des Buches gewöhnen, da Teile des Textes im lokalen Dialekt und in Gedichtform geschrieben sind.

Eine kurzweilig erzählte Geschichte über eine Meerjungfrau, die das Thema Kolonialismus und Rassismus behandelt, aber auch nicht viel mehr.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.10.2022

Die Frage nach der Schuld und dem Umgang damit

Als die Welt zerbrach
0

"Als die Welt zerbrach" ist die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama"und richtet sich an ein erwachsenes Publikum. Es ist durchaus möglich, beide Bücher für sich allein zu lesen, aber man merkt, ...

"Als die Welt zerbrach" ist die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama"und richtet sich an ein erwachsenes Publikum. Es ist durchaus möglich, beide Bücher für sich allein zu lesen, aber man merkt, dass beide miteinander verwoben sind. Der Roman ist als eine interessante Charakterstudie angelegt und wirft komplizierte psychologische Fragen über Schuld, Vergeltung und Vergebung auf. Der Autor versucht eindeutig, diese Frage im Rahmen der Handlung zu erforschen, aber insgesamt finde ich, dass dies nicht besonders gut gelungen ist.

Die Handlung umspannt mehrere Jahrzehnte und erforscht Gretels Leben nach dem Krieg, ihren Kummer, ihre Schuldgefühle und ihr schlechtes Gewissen, während sie versucht, nach den Gräueln, die ihr Vater in Auschwitz begangen hat und denen sie nicht ganz so ignorant gegenüber war, wie sie vorgab, ein seelisches Gleichgewicht zu finden. Erzählt mittels zwei Zeitsträngen, einer zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit und einer in der Gegenwart in London, folgt man Gretel in der Vergangenheit zunächst ihr und ihrer Mutter, wie sie beide versuchen, sich in Frankreich unter die Einheimischen zu mischen, Sie ändern ihre Identitäten, um ihre deutsche Vergangenheit hinter sich zu lassen, was jedoch nicht gelingt. Nachdem Mutter und Tochter jedoch von den Einheimischen enttarnt werden, flieht Gretel nach Australien um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch auch dort holt sie ihre Vergangenheit ein. Der Erzählstrang in der Gegenwart zeigt Gretel, die inzwischen über 90 Jahre alt ist, in ihrer wohlhabenden Londoner Wohnung, in die sie gezogen ist, nachdem sie aus Australien nach England kam. Als ein kleiner Junge und seine Eltern im Erdgeschoss einziehen, wird sie erneut an ihre Vergangenheit und an ihren toten Bruder erinnert. Als sie merkt, dass der Junge ihre Hilfe braucht, gerät sie ungewollt in einen häuslichen Aufruhr, der ihr Leben völlig umkrempelt.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich ganz auf das Buch einlassen konnte. Gut gefallen hat mir der Erzählstil, der zwischen Gretels Leben als junge Frau und ihrem Leben als ältere Frau hin- und herspringt, mit gelegentlichen Zwischenspielen zu ihrer Kindheit vor Brunos Tod.
Weniger gut gefallen hat mir abgesehen von Gretel die schwache und teils klischeehafte Charakterisierung der anderen Charaktere sowie die gekünstelten Dialoge. So erfährt man zum Beispiel nicht viel darüber, was Edgar, ihr verstorbener Ehemann, zu ihr hingezogen hat und was seine Motivation war, in ihrer langen Ehe zu bleiben, obwohl er offensichtlich viel über ihre Vergangenheit wusste und diese auch später mit Caden, ihren Sohn, teilte. Auch fand ich Teile des Dramas um die neu eingezogene Familie zu konstruiert und das Ende etwas unglaubwürdig.

"Als die Welt zerbrach" ist viel emotionaler und nachdenklicher als sein Vorgänger, aber auch wie "Der Junge im gestreiften Pyjama" nicht frei von Fehlern, sodass das Buch mich im Ganzen nicht wirklich überzeugen konnte. Trotz des schwierigen Themas hatte ich beim Lesen eher das Gefühl, dass mir die Handlung und die Gedanken- und Gefühle von Gretel erzählt werden, anstatt das ich sie "fühlen" konnte. Ich hatte mir insgesamt etwas mehr Tiefe in Bezug auf Thema und Charakterbildung erhofft und bliebt ziemlich unberührt zurück.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.10.2022

Was passiert mit einer alternden Auftragskillerin, wenn sie über 60 Jahre alt ist?

Frau mit Messer
0

Die 65-jährige Hornclaw führt auf den ersten Blick ein unauffälliges Leben. Sie ist einsam und lebt alleine, abgesehen von ihrem ebenfalls alternden Hund. Was sie von anderen Frauen in ihrem Alter unterscheidet, ...

Die 65-jährige Hornclaw führt auf den ersten Blick ein unauffälliges Leben. Sie ist einsam und lebt alleine, abgesehen von ihrem ebenfalls alternden Hund. Was sie von anderen Frauen in ihrem Alter unterscheidet, ist, dass sie noch arbeitet und dass sie keinen normalen Beruf ausübt. In den letzten 45 Jahren hat sie sich im Umgang mit Waffen, körperlichem Training und Überwachungsfähigkeiten geübt. Sie hat gelernt, unterzutauchen oder in einer Menschenmenge unbemerkt zu bleiben, sie ist nämlich eine Auftragsmörderin. Doch sie ist nicht mehr die erfolgreiche und gefürchtete Auftragsmörderin, die sie einmal war. Ihr ist klar, dass sie sich bald zur Ruhe setzen muss, denn nicht nur ihre körperliche Verfassung lässt nach, auch fängt die sonst so abgebrühte Hornclaw an, Fehler zu machen und Emotionen und Gefühle bei der Ausübung ihrer Aufträge zu zeigen. Wären das schon nicht genug Sorgen, mit denen sie sich herumschlagen muss, holt ihre Vergangenheit sie genau dann ein, als sie sich mit einem verwitweten Arzt und seiner jungen Tochter anfreundet.

Anders als der Inhalt zuerst vermuten lässt, geht es in der Geschichte eher um das Altern und wie es sich auf die Menschen auswirkt als um Hornclaws Job als Auftragsmörderin. Wer einen fesselnden Thriller erwartet, wird eher enttäuscht sein, ist es doch mehr eine Charakterstudie, auch wenn teils eine ziemliche blutige.
Der Schreibstil ist direkt und bisweilen geheimnisvoll, aber auch teils distanziert. Es entsteht dadurch eine mysteriöse Atmosphäre, aber leider keine emotionale Verbindung zu den Charakteren, so bleiben besonder die Motive von Hornclaw ziemlich im Dunklen in Bezug auf ihre Veränderung von einer kaltherzigen Auftragsmörderin hin zu einer, die Gefühle zeigt. Am Alter allein kann es nicht liegen. Gerne hätte ich mir hier mehr Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewünscht.Zwar erhält man Einblicke in Hornclaws Vergangenheit, insbesondere in die Umstände, die dazu führten, dass sie diesen Beruf ergriff, und in ihre Beziehung zu ihrem Mentor, doch verlässt sich die Erzählung zu sehr auf das "Erzählen" von Dingen. Ich hätte es vorgezogen, mehr Szenen zu lesen, die Hornclaw bei der Arbeit zeigen.

Nichtsdestotrotz ist Hornclaw eine faszinierende Figur und Gu Byeong-mo nutzt sie, um über die Behandlung älterer Menschen in Korea sowie über andere moderne gesellschaftliche Themen wie Armut und wirtschaftlichen Abschwung nachzudenken. Die Sozialkritik ist gut ausgearbeitet und ist vielleicht der stärkste Teil der Geschichte - was angesichts des mörderischen Themas des Buches erstaunlich ist.

Insgesamt ist "Frau mit Messer" keine schlechte Lektüre, jedoch habe ich mir nach Lesen des Klappentextes mehr erhofft. Auch ist es mehr Charakterstudie als ein spannender Thriller.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.09.2022

Kurzes und informatives Klimawissen aber auch nicht mehr

Erste Hilfe für die Erde
0

"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass ...

"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass es Maslin gelungen ist, äußerst komplexe Sachverhalte auf leicht verständliche Informationen zu reduzieren. Das Sachbuch ist gut geeignet als Einführung in das Thema Klimawandel und richtet sich vor allem an all diejenigen, die bis jetzt noch wenig über das Thema wissen, noch skeptisch sind oder einfach eine kompakte Zusammenfassung dazu suchen.
Neben historischen Fakten und aktuellen Entwicklungen zeigt er auch Maßnahmen auf, die Einzelpersonen über Unternehmen bis hin zu Regierungen ergreifen können bzw. umsetzen sollten, um so gegen die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen vorzugehen.

Aber darüber hinaus hat es nicht viel mehr zu bieten. Es ist als eine bloße Darstellung von Informationen und/oder Fakten in gut zitierfähigen Sätzen geschrieben, die sich mehr wie eine PowerPoint-Präsentation lesen als ein gut verfasstes
sachliches Buch. Ein tieferes Verständnis und ein differenzierter Blick auf den Klimawandel, dessen Auswirkungen und Maßnahmen dagegen wird so nicht wirklich geschaffen, was jedoch in Bezug auf die Maßnahmen besonders wichtig wäre. So setzt er z. B. meiner Meinung nach zu viel Vertrauen in die Initiative des Einzelnen, der Unternehmen und der Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen.

Alles in allem stellt "Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" eine informative und grundlegende Zusammenfassung zum Thema Klimawandel und die Auswirkungen der Menschheit auf die Umwelt dar, aber für alle die schon ziemlich vertraut mit der Materie sind, für die ist das Buch ein wenig zu vereinfacht und zu wenig kritisch dargestellt. Außer ein paar wenig interessanten Punkten, ist nicht viel Neues dabei.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.09.2022

Wenn die Vergangenheit dich einholt - stimmungsvoll aber mit inhaltlichen Schwächen

Das siebte Mädchen
0

Was mein Interesse an „Das siebte Mädchen“ von Stacy Willingham gleich als Erstes geweckt hat, war, das die Geschichte aus der Sicht der Tochter eines Mörders erzählt wird, was ich so bis jetzt noch nicht ...

Was mein Interesse an „Das siebte Mädchen“ von Stacy Willingham gleich als Erstes geweckt hat, war, das die Geschichte aus der Sicht der Tochter eines Mörders erzählt wird, was ich so bis jetzt noch nicht gelesen habe.

Als Chloe zwölf Jahre alt war, verschwanden in ihrer Heimatstadt sechs Mädchen im Teenageralter, eines nach dem anderen. Der Albtraum endete schließlich, als ihr eigener Vater die Morde gestand und damit ihre Kindheit zerstörte und ihre Familie in Trümmern zurückließ. Jetzt, 20 Jahre später, werden wieder Mädchen vermisst. Und Chloe wird das Gefühl nicht los, dass es eine Verbindung zwischen den aktuellen Ereignissen und den Geschehnissen vor 20 Jahren gibt. Chloe leidet immer noch unter den Nachwirkungen ihrer Kindheit, so ist ihr Leben sehr von Angst geprägt, was sich auch in der düsteren und teils beklemmenden Stimmung im Thriller widerspiegelt.

Die Idee war gut, doch leider konnte die Umsetzung mich nicht vollständig überzeugen. Zum einen nahm der Thriller erst zum Ende hin richtig an Fahrt auf. So verbringt man anfangs viel Zeit in Chloes Kopf, wird Zeuge ihrer Ängste und paranoiden Gedanken und wie sie versucht, diese mithilfe von Alkohol und verschreibungspflichtigen Medikamenten Herr zu werden und wie sie beim Versuch mehr darüber zu erfahren, was vor 20 Jahren passiert, ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts oder nur wenig angehen. Zum anderen war mir ziemlich schnell klar, wer für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich war.

Wenn man seine Erwartungen nicht zu hoch setzt, kann man mit dem Thriller dennoch gute Lesestunden verbringen. Die Handlung wartet mit ein paar Überraschungen und Spannung besonders zum Ende hin auf, sodass sich zusammen mit dem atmosphärischen Schreibstil das Buch angenehm und schnell liest.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere