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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2021

Bewegend und berührend

Stay away from Gretchen
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Tim Monderath ist ein erfolgreicher, sehr bekannter Nachrichtensprecher aus Köln. Er ist Single, führt ein selbstbestimmtes Leben, muss und vor allem will sich von niemandem etwas vorschreiben lassen.
Sein ...

Tim Monderath ist ein erfolgreicher, sehr bekannter Nachrichtensprecher aus Köln. Er ist Single, führt ein selbstbestimmtes Leben, muss und vor allem will sich von niemandem etwas vorschreiben lassen.
Sein Alltag ändert sich, als sich herausstellt,  dass seine fast 85-jährige Mutter Greta dement ist.
Mehr und mehr taucht Greta in ihre Vergangenheit ein und erzählt von Ereignissen und Personen, die bisher kein Thema in der Familie waren. Besonders gravierend ist die Situation, in der das Foto eines dunkelhäutigen Mädchens in Gretas Unterlagen auftaucht. Toms Mutter reagiert verstört - und nun beginnt ihr Sohn zu recherchieren.

Susanne Abel hat einen beeindruckenden und zu Tränen rührenden Roman geschrieben, der vor allem tief in die Nachkriegszeit eintaucht.
Die Autorin erzählt von den 50er-Jahren, von Hungersnöten, vom Schwarzmarkt, von den amerikanischen GIs und ihren deutschen Freundinnen. Und sie erzählt vor allem von den Kindern, die aus diesen Beziehungen entstanden sind. Kinder mit schwarzer Hautfarbe, die in Deutschland ausgegrenzt wurden.
Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Ein Erzählstrang beschreibt unsere Gegenwart im Jahr 2015 und greift die Flüchtlingskrise auf. Der andere Strang blickt zurück in die Vergangenheit und beginnt 1939 in Ostpreußen.

Das Buch hat mich zutiefst berührt und vor allem gerührt. Es ist ein Roman, den ich jedem nur ans Herz legen kann. Für mich hat er das Zeug zum Bestseller.
Absolut empfehlenswert!

Die Lektüre ist im dtv Verlag erschienen und hat 528 Seiten.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Packender Politthriller

Die Toten von Marnow
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Lona Mendt und Frank Elling - ein ungleiches Ermittler-Duo. Und doch verstehen sie sich blind.
Sie ist eine Einzelgängerin, die nicht sesshaft werden kann, immer auf der Flucht vor den Schatten der Vergangenheit. ...

Lona Mendt und Frank Elling - ein ungleiches Ermittler-Duo. Und doch verstehen sie sich blind.
Sie ist eine Einzelgängerin, die nicht sesshaft werden kann, immer auf der Flucht vor den Schatten der Vergangenheit. Ein Wohnmobil ist ihr Zuhause.
Er dagegen ist verheiratet, hat eine 18-jährige Tochter und wohnt mit seiner Familie in einem Einfamilienhaus. Sein Leben wirkt geregelt und intakt.
Beide haben eine Mordserie aufzuklären im Jahrhundertsommer 2003 in Mecklenburg-Vorpommern. Auf den ersten Blick scheint alles klar. Doch mehr und mehr wird deutlich, in welche Richtung die Spuren tatsächlich führen und welche Dimensionen dieses Verbrechen hat, in das noch vor der Wende die damalige DDR und die Bundesrepublik verwickelt waren.

Holger Karsten Schmidt hat einen fulminanten Krimi geschrieben, der einen ab der ersten Seite packt und bis zum Schluss mitreißt.
Und auch bis zuletzt stellt sich immer wieder die Frage: Wer ist gut, wer ist böse?
Der Autor, den man auch unter dem Pseudonym Gil Ribeiro mit der Reihe "Lost in Fuseta" kennt, ist dreifacher Grimme-Preisträger und hat auch zu diesem Krimi hier das Drehbuch geschrieben.
"Die Toten von Marnow" wurde bereits verfilmt und wird im März in der ARD als Vierteiler ausgestrahlt. Darauf darf man sich freuen, denn bekanntlich sind die Filme, bei denen Holger Karsten Schmidt mitwirkt, immer erstklassig. Die Reihe "Nord bei Nordwest" ist ein Beispiel dafür.
Die Lektüre ist im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienen und hat 480 Seiten.

Für mich gehört dieser Krimi bereits jetzt zu Beginn des Jahres zu meinen Favoriten 2021.
Top-Tipp! Uneingeschränkt empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Berührend und voller Magie

Herzfaden
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Wer kennt sie nicht, die Augsburger Puppenkiste? Mit ihren berühmten Figuren wie Jim Kopf und Lukas, dem Lokomotivführer, Urmel aus dem Eis und dem Kasperl.

Thomas Hettche hat einen Roman geschrieben ...

Wer kennt sie nicht, die Augsburger Puppenkiste? Mit ihren berühmten Figuren wie Jim Kopf und Lukas, dem Lokomotivführer, Urmel aus dem Eis und dem Kasperl.

Thomas Hettche hat einen Roman geschrieben über sie. Einen Roman über die Puppenkiste und über die Familie Oehmichen, die die Marionettenbühne gegründet hat, aber auch über die Zeit damals. Es ist die Zeit des 2. Weltkriegs, der so viel Leid gebracht hat und 1944 in einer Bombennacht auch Augsburg zerstörte.

Ein zwölfjähriges Mädchen gelangt nach einem Besuch einer Theater-Vorstellung durch eine Tür in eine Fantasiewelt auf dem Dachboden der Augsburger Puppenkiste. Dort trifft sie auf die berühmten Marionetten und auf die junge Hatü, die Tochter von Walter Oehmichen. Und Hatü beginnt zu erzählen.

Hettche lässt die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielen. Diese werden hervorgehoben durch verschiedene Schriftfarben. Blau für die Vergangenheit, Rot für die Gegenwart.
Man ist sofort gefangen und mittendrin in der Geschichte. In einer Geschichte voller Phantasie und voller Melancholie. Und auch mittendrin in der Vergangenheit, in den Wirren des zweiten Weltkriegs.

Dieser Roman, der zurecht für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert wurde, hat mich sehr berührt und begeistert. Er ist sprachlich so fein, so leicht, so voller Poesie.
Und ein wenig erinnert das Buch mit den beiden Erzählsträngen und den farbigen Texten an Michael Endes "Unendliche Geschichte". Verwunderlich ist dies nicht, denn "Herzfaden" ist auch eine Hommage an Michael Ende.

Die Lektüre gehört definitiv schon jetzt zu meinen Lese-Highlights dieses Jahres. Und ich kann sie jedem nur wärmstens empfehlen. Ein Buch, das man gelesen haben muss und das zurecht auf der diesjährigen Shortlist des Deutschen Buchpreises steht.

"Herzfaden" von Thomas Hettche hat 288 Seiten und ist im Kiepenheuer & Witsch Verlag erschienen.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Mitreißende Story

Normale Menschen
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Connell und Marianne - zwei junge Menschen, die in derselben Stadt wohnen und in dieselbe Schule gehen. Ansonsten haben sie keine Gemeinsamkeiten. Er lebt alleine mit seiner jungen Mutter in bescheidenen ...

Connell und Marianne - zwei junge Menschen, die in derselben Stadt wohnen und in dieselbe Schule gehen. Ansonsten haben sie keine Gemeinsamkeiten. Er lebt alleine mit seiner jungen Mutter in bescheidenen Verhältnissen und ist der Star an der Schule. Sie kommt aus reichem Elternhaus, bewohnt mit ihrer Mutter und ihrem Bruder eine große Villa und ist eine Einzelgängerin. Als Connell seine Mutter von der Arbeit abholt - sie ist Haushälterin bei Mariannes Familie - kommen die Jugendlichen ins Gespräch und ihrer beider Leben verändert sich.

Sally Rooney hat mit "Normale Menschen" einen fulminanten Roman geschrieben. Episodenhaft beschreibt sie das Leben und die On-Off-Beziehung von Connell und Marianne. Ist 'Beziehung' überhaupt der richtige Begriff? In welchem Verhältnis stehen die beiden zueinander? Was verbindet sie?
Es ist eine bewegende und berührende Geschichte über Freundschaft, Faszination, Begehren und Macht.
Die Lektüre hat mich ab der ersten Seite in ihren Bann gezogen. Sie liest sich leicht und schnell, ist aber keineswegs oberflächlich, sondern sehr ernst und tiefgründig.

Das Buch, das von Zöe Beck aus dem Englischen übersetzt wurde, ist im Luchterhand Verlag erschienen und hat 320 Seiten.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein brisantes Thema

GOTT
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Richard Gärtner ist 78 Jahre alt, geistig und körperlich fit. Seit dem Tod seiner Frau, die an Krebs gestorben ist, sieht er keinen Sinn mehr in seinem Leben. Er möchte sterben und bittet seine Ärztin ...

Richard Gärtner ist 78 Jahre alt, geistig und körperlich fit. Seit dem Tod seiner Frau, die an Krebs gestorben ist, sieht er keinen Sinn mehr in seinem Leben. Er möchte sterben und bittet seine Ärztin daher um ein Medikament. Gärtner war 42 Jahre verheiratet und ist seit drei Jahren Witwer.
Die Ethikkommission diskutiert den Fall.

Ferdinand von Schirach hat sich in "Gott - Ein Theaterstück" den Themen Suizid und Sterbehilfe gewidmet.
In den Rollen finden wir neben Gärtner noch den Vorsitzenden sowie ein Mitglied des Ethikrates, einen Rechtsanwalt und einen Rechtssachverständigen, Gärtners Augenärztin - sie ist eine Art Hausärztin für ihn - sowie einen medizinischen Sachverständigen und schließlich einen theologischen Sachverständigen.

Der Anhang des Buches besteht aus Essays von drei namhaften Wissenschaftlern, die das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.
Wie schon in seinem Drama "Terror" lässt Ferdinand von Schirach am Ende den Leser entscheiden und ein Urteil fällen.

Nachdem ich schon mehrere Werke des Autors mit Begeisterung gelesen habe, war ich neugierig auf dieses Buch. Die Lektüre um dieses brisante und anspruchsvolle Thema regt sehr zum Nachdenken an.
Wer hat das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden? Wem gehört unser Leben? Ich selbst kann und möchte mich da nicht festlegen müssen. Und doch sollten wir uns Gedanken machen, was diese ethischen Fragen betreffen.
Ein sehr gutes Buch. Absolut empfehlenswert!

Die Lektüre ist im Luchterhand Verlag erschienen und hat 160 Seiten.

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