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Veröffentlicht am 30.12.2022

Ein Streifzug durch die Jahrzehnte

„Guten Abend, meine Damen und Herren“
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Es ist wohl der bekannteste Satz im Abendprogramm, wenn kurz nach dem Jingle der Tagesschau "Guten Abend, meine Damen und Herren" über die Bildschirme in die heimischen Wohnzimmer flimmert. Constantin ...

Es ist wohl der bekannteste Satz im Abendprogramm, wenn kurz nach dem Jingle der Tagesschau "Guten Abend, meine Damen und Herren" über die Bildschirme in die heimischen Wohnzimmer flimmert. Constantin Schreiber spricht mit der Ikone der Tagesschau - Dagmar Berghoff - und lässt nicht nur die Nachrichten der letzten Jahrzehnte Revue passieren, sondern ermöglicht einen sehr privaten und intimen Einblick in das Leben der Tagesschausprecherin, die für viele d a s Gesicht der Nachrichtensendung gewesen ist.

Zunächst müssen sich beide noch behutsam annähern, aber ist erst einmal das "Sie" weggefallen, entsteht eine freundschaftlich ungezwungene, und auf beiden Seiten, respektvolle Gesprächsatmosphäre, die sich auf die Lesenden überträgt. Berghoff berichtet von ihrer Kindheit, ihrem beruflichen Werdegang, Prominenten und Weggefährt:innen, die sie über die Jahre begleitet haben.

Doch so gerne ich den beiden zuhöre bzw. lese, vermisse ich ein bisschen Tiefgang. Es wird vieles nur angerissen und manches zur Anekdote degradiert, obwohl es noch so viel zu berichten gäbe. Dabei erwarte ich keine Enthüllungen, sondern einfach nur den ein oder anderen Gedankengang, der sich lohnt erneut aufzugreifen und etwas mehr zu hinterfragen.

Schreiber setzt Berghoff als Grand Dame der Nachrichten sehr charmant in Szene, stellt taktvolle Fragen und weiß sich gegenüber Berghoff sehr eloquent auszudrücken. Eine kurzweilige lesenswerte Lektüre.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Lust auf Abenteuer ?!

Lost Places in der Kurpfalz
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Eingeschlagene Fenster, rostige Eisenträger, morsche Holzverkleidungen, zerfetzte Gardinen - Gebäude, deren Flure und Gänge einst voller Leben waren, sind längst in Vergessenheit geraten, sich selbst und ...

Eingeschlagene Fenster, rostige Eisenträger, morsche Holzverkleidungen, zerfetzte Gardinen - Gebäude, deren Flure und Gänge einst voller Leben waren, sind längst in Vergessenheit geraten, sich selbst und dem Verfall überlassen. Markus Zabel erzählt mit seinem eindrucksvollen Bildband "Lost Places in der Kurpfalz" Geschichten vom Untergang, Erbstreitigkeiten und großen Ideen, die im Sand verlaufen.

Die teilweise bedrückende Atmosphäre spiegelt sich in den Aufnahmen wieder und zeigt, wie sich die Natur Stück für Stück voran wagt und die Lost Places zurückerobert. Hollywoodschaukeln, auf denen schon lange niemand mehr Füße und Seele baumeln lässt, Betten, in denen längst kein süßer Traum mehr geträumt wird oder eine Tankstelle, bei der der letzte Tropfen Sprit schon lange versiegt ist, sind stumme Zeitzeugen und sprechen eine ganz eigene Sprache. Die Aufnahmen werden von informativen Texten begleitet, die einen Einblick in das frühere "Leben" der Lost Places geben. Manchmal wirkt aber selbst die großformatigste Aufnahme verloren und verlassen, da nicht immer die Faszination der verborgenen Welt vollkommen zu spüren ist und auf die Betrachtenden wirkt. Der Gruselfaktor wird dadurch etwas beschnitten und dämpft ein wenig die Abenteuerlust.

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Veröffentlicht am 28.12.2022

Bella Ciao (Das Lied der Partisanen)

Im Schatten der Olivenbäume
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Pah, denkt Christina, das Erbe ihres Vaters kann ihr gestohlen bleiben. Ausgerechnet er, der sich keinen Deut um sie gekümmert hat, hinterlässt ihr eine kleine Olivenmanufaktur. Als würde das nicht reichen, ...

Pah, denkt Christina, das Erbe ihres Vaters kann ihr gestohlen bleiben. Ausgerechnet er, der sich keinen Deut um sie gekümmert hat, hinterlässt ihr eine kleine Olivenmanufaktur. Als würde das nicht reichen, ist das Erbe auch noch mit einer Auflage verbunden und Christinas Wut kennt keine Grenzen. Doch je länger sich Christina mit dem Erbe befasst, desto tiefer erhält sie einen Einblick in ihre Familiengeschichte und erkennt, dass sie selbst Wurzeln schlägt...



"Im Schatten der Olivenbäume" wächst nicht nur eine wundervolle Liebesgeschichte heran, sondern das Autoren-Duo nimmt die Leser;innen mit auf eine Reise zurück in die aufgeheizte Stimmung zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Während in sehr emotionalen Rückblenden von der großen Liebe zwischen Emilia und Nicolo erzählt wird, erhalten die Lesenden einen sehr aufwühlenden Einblick in die Zeit, als Hass und Hetze das Leben regelrecht vergiftet haben. Hier gelingt es den Schreibenden sehr gut, die Gefühle und Gedanken ihrer Figuren erlebbar und zugänglich zu machen. Die Briefe von Nicolo an Emilia sprechen eine ganz eigene Sprache und sind geprägt von der Hoffnung auf ein Wiedersehen. In diesem Erzählstrang bin ich regelrecht heimisch und erlebe die Achterbahn der Gefühle hautnah mit. Spätestens dann, als Emilia die Zeilen von "Bella Ciao", dem Lied der Partisanen, in ihrem Brief findet, läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken und ich muss das Ganze erst einmal sacken lassen.

Und genau solche ergreifenden Momente hätte ich mir im Erzählstrang des Jahres 1989 gewünscht, doch hier bleibt mir Christina mitunter recht fremd. Sie wirkt sehr aufgeräumt, obwohl es innerlich in ihr bebt. Sie hat ihre Gefühle m. E. sehr gut im Zaum und wirkt dadurch recht unterkühlt.

Agata hingegen ist eine liebevolle ältere Dame, die den Schalk im Nacken hat und gehörig mit dem Finger in der Schicksalssuppe rührt. Ihr kann man einfach nicht böse sein, wenn sie sich immer einmischt und Amor spielt. Zu Christinas Mutter Anna habe ich zu keiner Zeit ein herzliches Verhältnis aufbauen könne, denn diese Frau ist einfach nur kalt und abweisend .

Sehr schön eingefangen und in plakativen Bildern wiedergegeben, zeichnet das Autorenehepaar ein Kleinod zum Wohlfühlen, in dem die Leser:innen gerne eine Pause im Schatten der Olivenbäume einlegen und miterleben können, wie diese ihre knorzigen Äste nach Christina ausstrecken, um sie in Italien willkommen zu heißen. Und so, wie die alten Bäume ihre Wurzeln tief in die südländische Erde graben, so wurzelt auch Christina und merkt, dass sie angekommen ist.

Die im Buch befindlichen Rezepte unterstreichen das mediterrane Flair des Buches und zaubern wundervolle Aromenund leckere Gerichte in die heimische Küche.

Lesenswert, wenn auch mit kleinen Abstrichen, daher 4 Sternchen

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Veröffentlicht am 25.12.2022

Es gibt viele Wege zum Glück, einer davon führt über die Alpen

Alpen, Männer und andere Hindernisse
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Tina hat sich alles in den buntesten Farben ausgemalt, als sie die Planung für ihren Heiratsantrag abgeschlossen hat. Mit dem Rad über die Alpen und dann als romantischer Höhepunkt die Fragen aller Fragen ...

Tina hat sich alles in den buntesten Farben ausgemalt, als sie die Planung für ihren Heiratsantrag abgeschlossen hat. Mit dem Rad über die Alpen und dann als romantischer Höhepunkt die Fragen aller Fragen am Gardasee. Doch aus dem Trip für zwei wird nichts, denn Freund Ulrich hat andere Pläne. Anstatt zu zweit, treten sie zu fünft kräftig in die Pedale und Tina erkennt, dass zwar nach jedem Berg auch ein Tal kommt aber ihre Talfahrt scheint kein Ende zu nehmen....

Ich liebe die Regio-Krimis von Heidi Troi und habe mir ganz verblüfft die Augen gerieben, dass die Autorin den Weg der Romanze einschlägt und mit gefragt, ob sie Romantik undGefühl genauso rüberbringen kann wie Nervenkitzel und Spannung. Und die Antwort lautet eindeutig: Ja, sie kann. Auch wenn hier und da noch ein paar kleine Schnitzer vorhanden sind, mag ich ihren Ausflug in das andere Genre und habe das Buch innerhalb weniger Stunden regelrecht durchgesuchtet.

Dabei macht sie es ihren Leser;innen wahrlich nicht einfach, alle Figuren in ihrem Roman zu mögen. Ulrich ist ein Volldepp in Personalunion, der , wenn er den Mund aufmacht, einfach nur gequirlten Mist von sich gibt. Wie Tina überhaupt auf ihn hereinfallen konnte ist mir schleierhaft. Obwohl, er weiß geschickt zu manipulieren und seiner Freundin Schuld- & Minderwertigkeitsgefühle einzureden, dass ich nicht anders kann, als diese Beziehung als überaus toxisch zu betiteln.

Tina hingegen braucht ein paar Anläufe um zu erkennen, dass hinter dem Traumprinzen Ulrich ein ganz gewöhnlicher Frosch mit ungeahnten Aufschneiderqualitäten steckt. Er kann sich unglaublich gut aufblasen, aber es steckt nichts dahinter außer heißer Luft.

Die Alpenüberquerung mit dem Rad wird von Troi sehr plakativ beschrieben, sodass die Leser;innen nicht nur die Schönheit der Landschaft regelrecht in sich aufsaugen können, sondern auch das Gefühl haben, dass die eigenen Sitzhöcker arg in Mitleidenschaft gezogen werden und die Waden zwicken. Dazu kommen noch die ständigen Sticheleien, die am Nervenkostüm nagen und die mentale Konstitution beeinträchtigen.

Es ist schön zu lesen, wie aus der ewig Ja sagenden Tina eine selbstbewusste Frau wird, die mit jedem Höhenmeter mehr an sich glaubt und sich gegen ihren Ex behaupten kann. Mit Vinz an ihrer Seite merkt sie, dass die Liebe so viel mehr zu bieten hat als Machtspielchen, Herabsetzungen und dusselige Kosenamen.

Die Schreibende lässt die einzelnen Streckenabschnitte der Alpenüberquerung wie einen Film für ihre Leser:innen vor dem inneren Augen vorbeiziehen, zeigt Gefahren und Unwägbarkeiten auf und beendet alle Strapazen der Radtour und der Selbstfindung mit einem Schuss Romantik.

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Veröffentlicht am 20.12.2022

Der vergessene Held

Hans Becker O5
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Vor nicht allzu langer Zeit habe ich einen außergewöhnlichen Reiseführer über Wien gelesen und dort bin ich das erste Mal auf den Namen Hans Becker aufmerksam geworden. Wer war dieser Mann, der Großes ...

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich einen außergewöhnlichen Reiseführer über Wien gelesen und dort bin ich das erste Mal auf den Namen Hans Becker aufmerksam geworden. Wer war dieser Mann, der Großes getan hat , aber vollkommen in Vergessenheit geraten ist ? Auf der Suche nach mehr Informationen bin ich im Czernin Verlag fündig geworden und habe mich dem Buch von Erhard Stackel voller Neugier und gespannter Erwartungen gewidmet.

Die Lebensgeschichte von Hans Becker liest sich wie ein Kinofilm und Stackl ermöglicht seinen Leser;innen, Leben und Wirken von Hans Becker genauer kennenzulernen. Spannende Eindrücke, die seinen Einsatz im Widerstand gegen Hitler und seinen braunen Sumpf mehr als deutlich belegen. Ich frage mich immer wieder, warum sich der Name Hans Becker bisher nicht in das geschichtliche Gedächtnis eingebrannt hat. Der Autor zeichnet ein sehr lebendiges und authentisches Bild, auch deshalb, weil er anhand Beckers Aufzeichnungen ganz nah dran ist - am Geschehen, an der Person und an detailreichen Fakten.

Eine lesenswerte Biografie, die einen vergessenen Helden ehrt

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