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Veröffentlicht am 16.04.2021

„Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner,bis sich die Sache durchgesetzt hat.“ Mark Twain

Die Frauen vom Jungfernstieg. Gerdas Entscheidung
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Gerda hat einen Narren an Oscar gefressen, denn der erfolgreiche Apotheker imponiert ihr mit seinen kühnen Ideen und seinem Eifer, auch diese in die Tat umzusetzen. Doch nicht überall stoßen seine Neuerungen ...

Gerda hat einen Narren an Oscar gefressen, denn der erfolgreiche Apotheker imponiert ihr mit seinen kühnen Ideen und seinem Eifer, auch diese in die Tat umzusetzen. Doch nicht überall stoßen seine Neuerungen auf Begeisterung und schon gar nicht im hanseatisch-kühlen Hamburg, als er sich in das Labor von Paul Beiersdorf einkauft. Die Tatsache, dass Oscar Jude ist, wird gerne dazu genutzt, um Schlechtwetter gegen ihn zu machen und über ihn herzuziehen. Dass kann sich Gerda nicht mehr länger mit anschauen und beginnt, zur Ehrenrettung ihres Mannes Kunstabende zu organisieren. Aber ist es mit diesen gesellschaftlichen Veranstaltungen wirklich getan, um das Ansehen von Oscar zu retten ?


Lena Johannson hat einfach ein glückliches Händchen, wenn es um das Schreiben und Veröffentlichen von historischen Romanen geht. Mit dem ersten Teil der Jungfernstieg-Saga liefert sie wieder den besten Beweis, dass sie sich sicher in diesem Genre bewegt und ihre Leserschaft immer wieder mit neuen Ideen und akribisch recherchierten Geschichten verzaubern kann.

Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht die Hamburger Firma Beiersdorf und ihre Produkte kennt und genau hier setzt die Autorin an, um die Entstehung dieses Weltkonzerns genauer unter die Lupe zu nehmen und für ihre Leser am Puls der Zeit zu sein.

Oscar ist ein pfiffiger und kluger Kopf, der sich nicht mit halben Sachen zufrieden gibt und tüfelt, frickelt und die Probe aufs Exempel macht, bis er ein Ergebnis hat, das ihn zum Strahlen bringt. Ohne seine bahnbrechenden Ideen und Erfindungen wäre die Welt rund um Pflaster, Leukoplast und die berühmte Hautpflegecreme in der blauen Dose ärmer - unvorstellbar.

Mit Gerda hat ihm die Autorin eine liebenswerte und zugleich herzensgute Frau an die Seite gestellt, die mit Geschick und Diplomatie die Ideen ihres Mannes unterstützt.

Ich bewundere Toni für ihre flammende Verteidigungsrede vor versammelter Mannschaft im Rathaus, wie sie mit Herzblut und Engagement ihren Chef verteidigt. Von der Witwe mit Köpfchen und Schneid kann sich manch einer noch eine Scheibe abschneiden.

Die Schreibende bietet ein breites Spektrum an Themen, die in der damaligen Zeit hochaktuell gewesen sind und für erhitze Gemüter gesorgt haben. Arbeiterstreik wegen unzumutbarer Belastung, Oscar als Vorreiter für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub, Reduzierung der Arbeitszeit, aufkommender Rechtspopulismus und die Stellung der Frau in der Gesellschaft sorgen für aufregende und fesselnde Lesemomente, die gekonnt Dichtung und Wahrheit miteinander verbinden.

Der Auftakt ist vielversprechend und macht somit Lust auf mehr.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Schieber, Verbrecher und zwei gewitzte Jungs

1946: In den Ruinen von Babylon
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Die Vorbereitungen zur ersten freien Wahl in Berlin wir vom Mord an der Politikerin Döring überschattet. Die beiden Kommissarsanwärter Lanke und Steinert müssen in den Trümmern ermitteln und bekommen nicht ...

Die Vorbereitungen zur ersten freien Wahl in Berlin wir vom Mord an der Politikerin Döring überschattet. Die beiden Kommissarsanwärter Lanke und Steinert müssen in den Trümmern ermitteln und bekommen nicht ganz unerwartet Schützenhilfe von zwei gewitzten Jungs, die ihnen mit manch gutem Tipp helfen. Berlin ist ein Umschlagplatz für Schieber, Verbrecher und zwielichtige Gestalten, die den beiden Kommissarsanwärtern die Ermittlungen nicht gerade einfach machen...


Der Auftakt zur neuen Nachkriegs-Krimi-Reihe von Carlo Ferber kann sich wirklich sehen lassen, denn mit seinem bildhaften Schreibstil lässt er die grauen Gerippe der zerbombten Stadt aus den Seiten gen Himmel steigen, der feine Aschestaub ist allgegenwärtig und irgendwie fühlt es sich immer so an, als würde hinter der nächsten Häuserruine jemand stehen und den Leser beobachten. Die Atmosphäre wird sehr gut transportiert und vermittelt dem Leser das Gefühl, sich mit Atze und Günni zwischen all den Schuttbergen zu bewegen, um auf "Schatzsuche" zu gehen.

Die beiden Kommisarsanwärter sind ebenfalls gut gelungen und erinnern mich ein wenig an Derrick und Harry, denn sie ergänzen sich perfekt und haben es faustdick hinter den Ohren.

Der Fall baut sich langsam auf, hat einen dauerhaft gestrafften Spannungsbogen und mir gefallen besonders die Szenen von Hellas Flucht über die Dächer von Berlin und von der Jagd nach dem Baron. Spannende und dramatische Szenen, in den der Puls rast, das Herz gegen den Brustkorb hämmert und der Atem angehalten wird, weil man es vor Anspannung kaum noch aushält.

Die weitverzweigten Netze der Schieber sind für den Leser vom Schreibenden gut aufgedröselt, nachvollziehbar offengelegt und man bekommt einen sehr guten Einblick in den Schwarzmarkthandel.

Die Klüngeleien im Nachkriegsberlin , die neue politische Situation, die noch auf recht jungfräulichen Beinen steht und das noch sehr lückenbehaftete Netz an unbelasteten Polizisten sind vom Autor sehr gut recherchiert und bieten, neben den Kriegstrümmern der Stadt, eine perfekte Kulisse für das personifizierte Böse.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Von einer Kuh die ausbüxte, um das Leben zu genießen

Elsa büxt aus
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Wow, was für ein Abenteuer, denkt Elsa, als sich der LKW in Bewegung setzt. Aber irgendwie hat sie ein ungutes Gefühl im Bauch und dann erinnert sich Elsa auch noch an eine Geschichte, die ihr mal die ...

Wow, was für ein Abenteuer, denkt Elsa, als sich der LKW in Bewegung setzt. Aber irgendwie hat sie ein ungutes Gefühl im Bauch und dann erinnert sich Elsa auch noch an eine Geschichte, die ihr mal die Mutter erzählt hat. Eine Kuh wurde ebenfalls mit einem LKW weggebracht und ist nie, nie wieder aufgetaucht. Als der LKW anhält und die Türen geöffnet werden, rennt Elsa einfach davon und zwar so schnell und so weit, bis sie in einem Wald Unterschlupf findet. Elsa beschließt, dass sie Waldkuh wird...aber das ist einfach gesagt, als getan....


Schon allein das wunderschön gezeichnete Cover lässt die Kinder neugierig auf die Geschichte von Kuh Elsa werden und erste Vermutungen anstellen, was denn da jetzt nun alles so passiert, wenn eine Kuh im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Leben rennt.

Mit liebevollen Illustrationen werden die Tiere zu lebendigen Wegbegleitern in der Erzählung und machen so das Abenteuer von Elsa für die Kleinen und Großen erlebbar. Durch die kurzen Texte und die angenehme Schriftgröße können auch Erstleser kleine Leseerfolge feiern und so gemeinsam mit Elsa den aufregenden und interessanten Ausflug in den Wald erleben.

Der reale Hintergrund der Tiergeschichte wird im Nachgang erläutert und hält die ein oder andere Frage der größeren Kinder zum Leben der Tiere auf einem Gnadenhof bereit.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Glück nach italienischem Rezept

Das Italien-Prinzip: So geht Glück!
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Glücksratgeber gibt es viele und Stefan Maiwald distanziert sich ausdrücklich davon, dass er eben einen solchen geschrieben hat. Und er hat Recht, denn "Das Italien-Prinzip: So geht Glück"" ist nicht noch ...

Glücksratgeber gibt es viele und Stefan Maiwald distanziert sich ausdrücklich davon, dass er eben einen solchen geschrieben hat. Und er hat Recht, denn "Das Italien-Prinzip: So geht Glück"" ist nicht noch ein Ratgeber zum Glücklichsein, er ist vielmehr Impulsgeber für das Verinnerlichen von italienischen Gepflogenheiten, Selbstverständlichkeiten und dem kleinen Quäntchen Lebensfreude, das als I-Tüpfelchen quasi wie die Kirsche auf der Sahne mitgeliefert wird.

In seinem kleinen Büchlein geht es um die Rückkehr zu bewusstem Genuss, regionalem Anbau und gemeinsamem Mahlzeiten mit der Familie an einem großen Tisch, dem Pflegen von Freundschaften und von Ritualen, die das Leben auf der einen Seite zwar unglaublich berechenbar machen, aber auch für Stabilität, Verlässlichkeit und Geborgenheit sorgen.

Das Leben wird draußen gelebt und nicht drinnen im Verschlossen geführt, was unweigerlich dazu führt, dass man in Kontakt kommt, sich gegenseitig hilft, respektiert und so Teil einer großen Gemeinschaft wird. Und wenn ich Teil einer solchen bin, fällt das Lächeln einfach leichter, die Augen strahlen mit der Sonne um die Wette und die Sorgen gehen flöten.

Wer all diese kleine und großen Anregungen beherzigt, in seinen Alltag integriert und umsetzt - wobei hier auch gilt, dass kein Zwang dahinter steckt, sondern die Umsetzung mit Freude und Spaß zur Selbstverständlichkeit wird - wird schon bald spüren, dass das kleine große Glück Einzug hält und quasi überall zu finden ist.

Mit amüsanten Anekdoten und Wortwitz lässt Stefan Maiwald hier den Leser eine Blick in das südlich-unbeschwerte Leben erhaschen, der als Impuls fürs eigene Umdenken gelten soll...gut gemacht und kurzweilig zu lesen.

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Veröffentlicht am 13.04.2021

Gesellschaftskritische Betrachtung einer Freundschaft

Drei Kameradinnen
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Hani, Kasih und Saya verbindet eine Freundschaft, die nichts erschüttern kann, denn sie haben gelernt, für einander da zu sein und sich gegenseitig Halt zu geben. Schon als Jugendliche müssen sie die Ellenbogen ...

Hani, Kasih und Saya verbindet eine Freundschaft, die nichts erschüttern kann, denn sie haben gelernt, für einander da zu sein und sich gegenseitig Halt zu geben. Schon als Jugendliche müssen sie die Ellenbogen ausfahren, sich gegen Hetze, Hass und Häme wehren und das zieht sich bis ins Erwachsenenalter durch wie ein roter Faden. Aber die drei Frauen halten zusammen wie Pech und Schwefel, nichts kann ihre Verbundenheit erschüttern. Oder vielleicht doch ?


Wow, dieses Buch ist ein echter Knaller, den ich innerhalb weniger Stunden regelrecht durchgesuchtet habe und dessen Worte eindeutig Spuren hinterlassen. Shida Bazyar erzählt von gebrandmarkten Freundinnen, die sich immer wieder den gängigen Vorurteilen entgegensetzen und wehren müssen. Vom "stichprobenartigen Überprüfen der Taschen im Elektromarkt" über den unterschwellig ausgesprochenen Verdacht des Schwarzfahrens, obwohl man gerade erst in den Bus eingestiegen ist bis hin zum Verweigeern eines Arbeitsplatzes aufgrund der Herkunft, obwohl man mit Bestnoten die Ausbildung abgeschlossen hat, spricht die Autorin eine allgegenwärtige Intoleranz gegenüber anderen Kulturen an, die tatsächlich Einzug in unseren Alltag gefunden hat und sich dort hartnäckig hält.

Die Geschichte wird von der Schreibenden in einer sehr bildhaften Sprache wiedergegeben und projiziert so die Ereignisse auf eine Leinwand, die die stete Wiederholung von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung in bewegten und bewegenden Bildern wiedergibt. Die Freundinnen stehen hier als unumstößliches Symbol des Zusammenhaltes, den man als Rückhalt braucht, um das "Anderssein" überhaupt irgendwie durchzustehen. Durch die direkte Ansprache des Lesers von Kashi, die hier als federführende Figur durch die Erzählung führt, bekommt man den gesellschaftskritischen Spiegel immer wieder vorgehalten und hinterfragt Vieles, beginnt nachzudenken und Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit (NSU-Prozess, Hanau, Mord an Walter Lübcke, Anschlag auf die Synagoge in Halle) rücken wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Bis zum Schluß weiß Shida Bazyar die Leser an die Seiten zu fesseln und mit aufwühlenden Szenen, demonstrativ herbeigeführten Auseinandersetzungen und dem Verwischen von Realität und Fiktion in eine Geschichte hinein zukatapultieren, die mit hervorragend ausgearbeiteten Figuren überzeugt. Lediglich das Über den Kamm scheren, dass alle "Weißen" fremden Menschen und ihren Kulturen gegenüber feindlich eingestellt sind, stört mich. Denn nicht alle Bewohner unseres Landes sind in ihrer Denkweise so eindimensional und verblendet, dass sie immer noch den hirnverbrannten Ideologien eines Einzelnen nachrennen. Der größte Teil der Bevölkerung ist aufgeschlossen, freundlich und tolerant.

Es wäre schön, wenn dieses Buch ein Impulsgeber zum Umdenken ist, damit die braunen Phantasten keinen Nährboden mehr finden.

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